1225/A XXV. GP

Eingebracht am 17.06.2015
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ANTRAG

der Abgeordneten Alev Korun, Wolfgang Zinggl; Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde

 

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch  BGBl. I Nr. 102/2014, wird geändert wie folgt:

 

 

1.    Artikel 148g Abs. 2 lautet:

 

„(2) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft werden vom Nationalrat bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen auf Grund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses, der ebenfalls bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen wird, gewählt.  Dem Gesamtvorschlag hat ein öffentliches Ausschreibungsverfahren voranzugehen. Die Reihung der Kandidaten nach Qualifikation erfolgt durch eine Auswahlkommission, die sich aus Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen im Bereich der Menschenrechte und aus Experten im Bereich der Verfassung, Verwaltung und der Menschenrechte zusammensetzt. Die Kandidaten stellen sich einer öffentlichen Anhörung im Hauptausschuss. Nähere Bestimmungen dazu werden in der Geschäftsordnung des Nationalrates und im Volksanwaltschaftsgesetz getroffen. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft leisten vor Antritt ihres Amtes dem Bundespräsidenten die Angelobung."

 

2.    Artikel 148g Abs. 3 erster Satz lautet:

 

„Der Vorsitz in der Volksanwaltschaft wechselt jährlich zwischen den Mitgliedern in der sich aus dem Lebensalter ergebenden Reihenfolge.“

 

3.    Artikel 148g Abs. 4 lautet:

 

„Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens eines Mitglieds der Volksanwaltschaft ist die Wahl des neuen Mitglieds gemäß Abs. 2 durchzuführen.“

 

 

 

Begründung:

 

Der mittlerweile überholte Bestellmodus der Volksanwaltschaft, der noch auf das Jahr 1977 zurückgeht, sollte angemessener und zeitgerechter gestaltet werden. Universitätsprofessor Heinz Mayer betont diesbezüglich: „Die Art der Bestellung und die Bestellungsvoraussetzungen sind für die Effektivität der Kontrolle keineswegs optimal (Personen des Vertrauens der politischen Parteien die ihrerseits –zumindest zum Teil – die zu kontrollierenden Stellen politisch tragen werden zu deren Kontrolle berufen).“ (Walter-Mayer, Bundes-Verfassungsrecht, Manz Verlag Wien, 2000, 516.) Eine Bestellung nach Parteiproporz könnte den Anschein der Parteilichkeit erwecken, da die Volksanwaltschaft über den nationalen Präventionsmechanismus (NPM) die Kontrolle vor allem staatlicher freiheitsentziehender Einrichtungen, innehat.

 

Die jüngsten Vorkommnisse innerhalb der Volksanwaltschaft haben leider aufgezeigt, dass die parteipolitische Verhaftung der den NPM kontrollierenden Volksanwälte tatsächlich zur Behinderung der Menschenrechtsarbeit des NPM führt: So hatten die Volksanwälte im März 2015 KommissionsleiterInnen nominiert, obwohl diese kaum den in §12 Volksanwaltsgesetz vorgeschriebenen Kriterien entsprachen („auf dem Gebiet der Menschenrechte anerkannten Persönlichkeiten“), gleichzeitig wurden dadurch sehr anerkannte Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Menschenrechte ersetzt. „Die rechtswidrige Auswahl der neuen Kommissionsleitungen ist nicht nur ein formales Problem, sie beraubt den NPM unverzichtbarer international anerkannter Monitoring- und Menschenrechtsexpertise und das „Menschenrechtshausder Volksanwaltschaft ihrer bis dato einzigen aktuell wirksamen Qualitätssicherung“ fasst dies Mag. Lorenz von SOS-Mitmensch zusammen. Mitglieder des Menschenrechtsbeirats sahen sich im Juni 2015 überdies gezwungen öffentlich auf intransparente und parteipolitische Entscheidungen  der Volksanwälte hinzuweisen: Menschenrechtliche Berichte und Beobachtungen der NPM-Prüfungskommissionen würden von VolksanwältInnen „laufend zusammengestrichen, einfach nicht aufgegriffen oder gar als unglaubwürdig zurückgewiesen“ so Patzelt von Amnesty International. Dies zeigt, dass die präventive Menschenrechtsarbeit des NPM ohne Absicherung, dass VolksanwältInnen aufgrund ihrer Qualifikationen und nicht aufgrund ihrer Parteifarbe ausgewählt werden, stark gefährdet ist.

 

Auch im Akkreditierungsreport des ICC-Subkomitees vom Mai 2011 wurde die parteiabhängige Bestellung der Volksanwaltschaft als einer der Gründe für die Nichtverleihung des A-Status nach den Pariser Prinzipien angeführt: „The SCA further notes that the members of the AOB [Austrian Ombudsman Board] are selected upon recommendation of the three major political parties; all current members are former elected representatives.” (ICC Sub-Committee on Accreditation Report – May 2011, S.11)

 

Aus all diesen Gründen sollte endlich ein neues, transparentes und parteiunabhängiges Auswahlverfahren geschaffen werden, das eine öffentliche Ausschreibung anhand fachlicher Qualifikationskriterien, die Reihung durch ein Auswahlkomitee und eine öffentliche Anhörung vorsieht. Der Hauptausschuss würde die geeignetsten drei BewerberInnen nach einem öffentlichen Hearing vorschlagen, der Nationalrat auf Grund des Gesamtvorschlags wählen. Beide Wahlen würden einer Zwei-Drittel Mehrheit unterliegen, um auch ein Mitspracherecht der Oppositionsparteien zu sichern. Der Antragstext wurde nicht gegendert, da das Bundes-Verfassungsgesetz dies bis heute nicht vorsieht.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.