1279/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 08.07.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

EntschlieSSungsantrag

 

der Abgeordneten Schimanek, Kitzmüller
und weiterer Abgeordneter

betreffend Maßnahmen zur raschen Ermöglichung einer Familienorientierten Rehabilitation

 

Bei einigen schweren Krankheitsfällen ist es unumgänglich, dass Patienten eine Rehabilitationsklinik aufsuchen. Neben Krebserkrankungen betrifft dies vor allem schwere chronische Erkrankungen des Herzens oder der Lunge, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates, psychosomatische Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen, Hauterkrankungen und Unfallfolgen.

Eine solche Situation ist niemals angenehm, besonders, wenn Kinder von solchen Erkrankungen betroffen sind: Wenn ein Kind über mehrere Wochen eine Rehabilitationsklinik besuchen muss, kommt es nicht selten vor, dass darunter das gesamte Sozialgefüge in der Familie leidet. Durch die besonderen Belastungen der Akuttherapie entstehen beim kranken Kind und in der Familienbeziehung zwischen krankem Kind und Restfamilie schwere psychische Reaktionen und Belastungen. Die zunehmende Verkürzung der stationären Aufenthalte bei gleichzeitig intensiver werdenden Behandlungsformen verlagert dabei einen großen Anteil der Behandlung in die stationäre Rehabilitation. Es ist daher ein absolutes Muss, die gesamte Familie nach Abschluss der Intensivtherapie psychisch und physisch zu stabilisieren und aufzubauen. Die jungen Betroffenen sollen sich mit ihren Eltern und Geschwistern wieder als normale Familie finden und erleben können.

Um diese spezielle Situation für Familien besser zu bewältigen, gibt es in Deutschland bereits mehrere Rehabilitationskliniken, die sich auf Familien und Jugendliche spezialisiert haben. Gesetzlich sind entsprechende Rahmenbedingungen vorgesehen. Dabei haben sich zwei Rehabilitationskonzepte entwickelt: Für Kinder bis zum vollendeten 15. Lebensjahr (bei speziellen Indikationen auch für ältere Kinder) die sogenannte „Familienorientierte Rehabilitation (FOR). Als wesentliche Indikationskriterien für eine familienorientierte Rehabilitation gelten die Lebensbedrohung des erkrankten Kindes sowie die durchgeführte stationäre Krankenhausbehandlung. Die Rehabilitationsbedürftigkeit der Eltern und gegebenenfalls der Geschwisterkinder resultiert aus der auf das kranke Kind bezogenen familiären Belastungssituation.

Für Jugendliche besteht die Möglichkeit einer kleingruppenorientierte Rehabilitation. Das heißt, dass Jugendliche in drei Altersgruppen (15 – 17 Jahre, 18 - 20 Jahre und 21 – ca. 28 Jahre) ohne Begleitung eines Elternteils zur Reha kommen. Gleichzeitig bestehende Belastungen der Familie dieser Patienten müssen hierbei individuell ambulant oder stationär behandelt werden.

Auch viele Patienten aus Österreich reisen nach Deutschland, um diese Zentren zu besuchen, da es in Österreich kein einziges Reha-Zentrum gibt, das sich auf Kinder, Jugendliche und deren Familienangehörigen spezialisiert hat. Es wäre soziologisch gesehen sinnvoller, wenn jugendliche Reha-Patienten mit Gleichaltrigen und ihren Familienmitgliedern gemeinsam eine schwere Krise bewältigen. Das bestätigen schon allein die vielen positiven Reaktionen auf die Familienorientierten Rehabilitationszentren (FOR) in Deutschland.

Es wäre daher ein sinnvoller Beitrag zum Zusammenleben der betroffenen Familien, wenn man auch in Österreich eine Familienorientierte Rehabilitation anbieten würde, die sich an dem erfolgreichen Deutschen Modell orientiert.

Ein Problem dabei ist allerdings die Komplexität der Kostenübernahme-Regelung für die Rehabilitation in Österreich: Bei angeborenen Erkrankungen ist eine finanzielle Unterstützung durch die Bundesländer und bei erworbenen Erkrankungen durch die Sozialversicherungen vorgesehen. Weil verschiedene Erkrankungen nicht eindeutig als „angeboren“ bzw. als „erworben“ zugeordnet werden können, gibt es bisweilen erhebliche Verzögerungen. In Deutschland ist die Kostenübernahme längst geklärt. Die Kliniken bekommen pro betreutem Kind und Jugendlichen einen Tagessatz von 122 Euro inkl. Medikamente und pro mitbetreutem Familienmitglied 75 Euro.

Die rechtlichen Grundlagen für die Familienorientierte Rehabilitation in Deutschland bieten § 40 SGB V und § 31 SGB XI, wobei Krankenkassen und Rentenversicherungen gleichrangig zuständig sind, d.h. wird der Antrag bei einem SV-Träger gestellt, kann dieser ihn nicht an den anderen SV-Träger verweisen, sondern muss über den Antrag selbst entscheiden.

Gemäß § 40 Abs. 2 SGB V kann die Krankenkasse eine stationäre Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer anerkannten Rehabilitationseinrichtung genehmigen, sofern eine ambulante Rehabilitation nicht ausreicht.

Beide Rechtsgrundlagen sind Ermessens-Bestimmungen, wobei dieses Ermessen faktisch nicht die Frage, ob die FOR gewährt wird, sondern nur das „Wie“ der Leistung betrifft. § 40 Abs. 3 S. 1 SGB V enthält diesbezüglich Einzelregelungen zur Ausübung des Ermessens durch die Krankenkasse. Danach bestimmt diese die Einzelheiten der Leistung nach pflichtgemäßem Ermessen. Da insoweit eine nähere Regelung der Frage, ob die Leistung gewährt wird, nicht in § 40 SGB V enthalten ist, wird zur Bestimmung der Ermessensgrenzen auf das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgegriffen. Dort ist das Ermessen im Ergebnis ebenfalls auf das „Wie“ der Leistung beschränkt, also auf Art, Ort, Beginn und Dauer der Reha-Maßnahme (Gestaltungsermessen). Liegen die gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen im Übrigen vor, also z.B. auch medizinische Notwendigkeit und Erfolgsaussicht, so darf eine Reha-Maßnahme allenfalls in Ausnahmefällen versagt werden.

 

Ein diesbezüglicher Antrag wurde zuletzt am 15. Oktober 2014 im Gesundheitsausschuss behandelt und seitens der Regierungsfraktionen abgelehnt.

Dies obwohl sich unter anderem der ÖVP-Abgeordnete Johann Rädler diesem Anliegen anschloss, da „er es für eine Schande hielt, dass es in dieser Frage noch immer keine Fortschritte gibt. Auch der frühere Minister Stöger habe sich zu wenig engagiert“, kritisierte er.

In der genannten Ausschusssitzung bekräftigte auch die nunmehrige Gesundheitsministerin Oberhauser die Notwendigkeit einer eigenen, qualitätsgesicherten Kinder-Rehabilitation. Über Standorte müsse man unabhängig vom Eigeninteresse diskutieren, mahnte die Bundesministerin.

Dem Vernehmen nach soll nun Anfang Dezember dieses Jahres  bei einer Sitzung der Bundeszielsteuerungskommission die Frage von möglichen Standorten geklärt werden.

Im Sinne einer raschen diesbezüglichen Einigung im Interesse der betroffenen Kinder und Familien stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, jene notwendigen Maßnahmen einzuleiten bzw. zu unterstützen sowie Schritte zu setzen, um in Österreich rasch eine Familienorientierte Rehabilitation zu ermöglichen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung dieses Antrages an den Familienausschuss ersucht.