1304/A XXV. GP

Eingebracht am 01.09.2015
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ANTRAG gemäß § 99 Abs. 1 GOG

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend die Durchführung einer Sonderprüfung des Rechnungshofes gemäß § 99 Abs. 1 GOG bezüglich Gewährung von freiwilligen sozialen Zuwendungen an die Bediensteten der Sozialversicherungsträger

 

Die Rechnungshofprüfung der Österreichischen Nationalbank in Bezug auf die Gewährung von sozialen Zuwendungen für Bedienstete der OeNB brachte hervor, dass dafür zwischen 2009 und 2013 Sozialleistungen im Umfang von 62,95 Millionen Euro gewährt wurden. Insbesondere fehlende Bedarfsprüfungen und damit die fragliche Zweckmäßigkeit der gewährten Leistungen wurden im Bericht Bund 2015/3 kritisch betrachtet. Nicht nur innerhalb der OeNB, sondern auch innerhalb anderer öffentlicher Rechtsträger ist die Gewährung freiwilliger sozialer Zuwendungen üblich und aufgrund von Betriebsvereinbarungen bzw. aufgrund verschiedener Richtlinien geregelt; ebenso auch innerhalb der Sozialversicherungsträger bzw. des Hauptverbandes.

Insbesondere die Frage der Zweckmäßigkeit und vor allem der Treffsicherheit müssen bei solchen öffentlichen Rechtsträgern betrachtet werden. Denn gerade die Sozialversicherungen haben eine wirtschaftliche Sonderstellungen. Denn was die Sozialversicherungsträger als Arbeitgeber wesentlich von anderen Arbeitgeber_innen unterscheidet, ist, dass sie kein Unternehmen sind, das in einem Wettbewerb mit anderen Unternehmungen steht, und dementsprechend wesentlich geringere finanzielle Restriktionen für die Bereitstellung solcher Sozialleistungen vorhanden sind. Außerdem werden die gewährten Leistungen durch Sozialversicherungsbeiträge - Beiträge von Pflichtversicherten und nicht von den Arbeitnehmer_innen innerhalb der Sozialversicherungen selber - finanziert, weshalb ein außerordentlicher Maßstab, insbesondere in Bezug auf die Transparenz und die Angemessenheit, anzusetzen ist, was die Gewährung freiwilliger Sozialleistungen auf Kosten der Versichertengemeinschaft, betrifft. Zusätzlich führt die Besetzung von Vorstandsposten innerhalb der Sozialversicherungsträger durch die Interessensvertretungen von Arbeitgeber_innen als auch Arbeitnehmer_innen dazu, dass in manchen Sozialversicherungsträgern Verhandlungen über Kollektivverträge bzw. Betriebsvereinbarungen durch die Vertreter der Arbeitnehmer_innen in den Vorständen und den Arbeitnehmer_innen der Sozialversicherungsträger selbst geführt werden. Dies stellt eine Asymmetrie in der ansonsten üblichen Verhandlungskonstellation zwischen Vertreter_innen von Arbeitgeber_innen und Arbeitnehmer_innen dar, was zu einer überzogenen Gewährung von Sozialleistungen führen kann.

Gerade durch die "Richtlinie über die Gewährung von freiwilligen sozialen Zuwendungen an die Bediensteten der Sozialversicherungsträger (des Hauptverbandes) - RFSZ" (AVSV Nr. 34/2003) ist bekannt, dass freiwillige soziale Zuwendungen in einem umfangreichen Rahmen gewährt werden können. Die Arten der Zuwendungen umfassen gem. § 3 der genannten Richtlinie Zuwendungen zur Aus- und Weiterbildung, verbilligte Mahlzeiten bzw. Getränke, Zuschüsse zu Kinderbetreuungskosten, Zuschüsse aufgrund von Eheschließungen, Geburten, Dienstjubiläen, Todesfällen und anderen Elementarereignissen, aber auch die Errichtung und den Betrieb von Einrichtungen und Anlagen zur Freizeitgestaltung und Aktionen in der Freizeit.

Durch die Bereitstellung und Finanzierung der sozialen Zuwendungen durch Sozialversicherungsbeiträge besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse über die Summe, die Wirtschaftlichkeit und die Zweckmäßigkeit dieser Leistungen. Aus diesem Grund wurden auch die Anfragen 5719/J bzw. 5720/J an das Gesundheits- bzw. das Sozialministerium gerichtet, um darüber Aufschluss zu erhalten. Wie aber die Anfragebeantwortungen 5440/AB bzw. 5540/AB zeigen, haben die entsprechenden Ministerien bzw. auch die Sozialversicherungsträger und der Hauptverband kein großes Interesse über die entsprechenden Bereiche Auskunft zu geben.

Insbesondere die Argumentation weshalb keine Beantwortung des umfangreichen Fragenkataloges möglich ist, ist bemerkenswert. Sowohl das Gesundheits- als auch das Sozialressort halten wortident fest: "Gegenstand von Interpellationen könne lediglich die Ausübung von diesbezüglichen Aufsichtsrechten durch den/die Bundesminister/in oder ein ihm/ihr weisungsabhängiges Organ sein. Dennoch bekenne ich mich (wie auch meine Amtsvorgänger/innen) grundsätzlich dazu, die an mich gestellten, die meiner Aufsicht unterworfenen Versicherungsträger betreffenden Fragen im Rahmen meiner Zuständigkeit nach Möglichkeit und im gebotenen Umfang zu beantworten. ... Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat mitgeteilt, dass auch für ihn das Interpellationsrecht eine wesentliche Säule des politischen Diskussionsprozesses ist. Daher sei er stets bemüht, die zuständigen Ministerien nach Kräften bei der Beantwortung von Anfragen zu unterstützen. Ebenso selbstverständlich sei es, dass die Aufsichtsbehörden kraft ihrer gesetzlichen Position das Recht haben, alle einschlägigen Unterlagen einzusehen (§ 449 Abs. 2 ASVG)." - Aufgrund dieser Aussagen könnte man darauf schließen, dass die Ministerien die entsprechenden Anfragen beantworten, vor allem weil sich durch vergangene Anfragen und deren Beantwortungen ein Quasi-Gewohnheitsrecht ergeben hat, dass die Sozialversicherungsträger trotz Selbstverwaltung dennoch die gestellten Anfragen beantworten. Doch in diesem Fall nehmen die Sozialversicherungsträger den Umfang der Anfrage als Vorwand, dies nicht zu tun. Wie die Stellungnahmen der Ministerien vermuten lassen besteht speziell in dem abgefragten Themenbereich kein Interesse an Transparenz. Auch der zweite wesentliche Grund für die Nicht-Beantwortung von Seiten des Hauptverbandes steht in keinem Zusammenhang mit dem eigentlichen Hintergrund der Anfrage: Die Tatsache, dass man mehrfach als familienfreundlicher Betrieb bzw. guter Arbeitgeber ausgezeichnet wurde, kann keinen Grund darstellen, nicht über den Umfang, die Ausgestaltung und die Rahmenbedingungen betreffend die Gewährung von Sozialleistungen an Beschäftigte Auskunft zu geben.

Was durch diese Anfragebeantwortung letztendlich bleibt, ist der Eindruck, dass versucht wird in bestimmten Bereichen der Sozialversicherungsträger Intransparenz zu wahren und aufgrund demokratiepolitisch bedenklicher Argumente sich vor konkreten - möglicherweise unangenehmen - Antworten zu drücken. Dies ist keine Neuigkeit, insbesondere in Bezug auf Verwaltungs- und Personalkosten versuchen die Sozialversicherungsträger, aufgrund fragwürdiger Bilanzierungen, den Verwaltungskostenaufwand schön zu rechnen, um sich vor Diskussionen über eine längst fällige Zusammenlegung der Sozialversicherungen, zu schützen. Zwar wird in der "Weisung für die Rechnungslegung und Rechnungsführung bei den Sozialversicherungsträgern und dem Hauptverband" detailliert beschrieben, wie die Erfolgsrechnungen auszusehen haben, doch die Veröffentlichung dieser ist bei den verschiedenen Sozialversicherungsträgern höchst unterschiedlich, insbesondere in Bezug auf den Detailliertheitsgrad und dementsprechend der Aussagekraft, worunter schlussendlich vor allem die Transparenz leidet.

Da über die übliche Möglichkeit der parlamentarischen Anfrage keine Auskunft und Aufarbeitung der gewährten sozialen Zuwendungen möglich ist - und offensichtlich seitens der Ressorts Gesundheit und Soziales auch nicht gewünscht ist - muss in diesem Fall der Rechnungshof mit einer Sonderprüfung beauftragt werden, um den Vertuschungsaktionen der Ministerien etwas entgegenzusetzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Rechnungshof wird gemäß § 99 Abs. 1 GOG zu einer besonderen Gebarungsprüfung beauftragt.

Der Rechnungshof möge eine Überprüfung der sozialen Zuwendungen an die Bediensteten der Sozialversicherungsträger (des Hauptverbandes) der letzten fünf Jahre vornehmen, die beispielsweise aufgrund der "Richtlinie über die Gewährung von freiwilligen sozialen Zuwendungen an die Bediensteten der Sozialversicherungen (des Hauptverbandes) - RFZS" (AVSV Nr. 34/2003) gewährt wurden, aber auch andere Zuwendungen, wie Pensionsleistungen oder bereitgestellte Dienstwohnungen. Die Prüfung soll nicht nur Aspekte der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit der gewährten Leistungen kontrollieren, sondern insbesondere die Zweckmäßigkeit bzw. die Treffsicherheit der Leistungen prüfen. Aus diesem Grund sollen auch die Kriterien zur Gewährung der genannten Leistungen geprüft werden.



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Rechnungshofausschuss vorgeschlagen.