1306/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 01.09.2015
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Entschliessungsantrag

 

der Abgeordneten Beate Meinl-Reisinger, Nikolaus Scherak und Kollegen

betreffend Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen durch die Kinder- und Jugendhilfe

 

Die Situation, wie sie sich momentan für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) in Österreich darstellt, ist inakzeptabel. Derzeit befinden sich laut Angaben der Asylkoordination etwa 1.900 UMF in den verschiedenen Bundesbetreuungsstellen des Innenministeriums (davon alleine 1.200 in der EAST Traiskirchen), wobei oftmals nicht die notwendigen Bedingungen für Minderjährige geboten werden. Die Bundeseinrichtungen sind nur als vorübergehende Unterkünfte geplant, bevor die Übernahme in die Grundversorgung durch die Bundesländer erfolgt.

In den letzten Monaten ist die Anzahl der UMF stark angestiegen und die Bundesländer haben es nicht geschafft, genügend neue Plätze für UMF in der Grundversorgung bereitzustellen. Diese Kinder und Jugendlichen verbleiben deshalb monatelang in Bundesbetreuungsstellen, was zu einer Minderung ihrer Startchancen und zu dokumentierten psychischen Problemen führt. Derzeit ist ein/e Betreuer_in in der Bundesbetreuung für mehr als 100 Jugendliche verantwortlich. In der im Anschluss auf die Bundesbetreuung folgenden Grundversorgung ist für UMF ein Betreuungsverhältnis zwischen 1:10 und 1:20 vorgesehen.

Auch Volksanwalt Günter Kräuter kritisiert diese Umstände und weist darauf hin, dass UMF nicht anders behandelt werden dürfen als österreichische Kinder und Jugendliche.  Zudem fordert er, dass der Staat über die Kinder- und Jugendhilfe die Obsorge über die UMF nach deren Eintreffen in Österreich übernehmen solle.

Organisationen, die im Rahmen der Grundversorgung der Länder schutzsuchende Kinder und Jugendliche unterbringen, bewerkstelligen diese Leistung zu einem Tagessatz, von bis zu 95 Euro (abhängig vom Betreuungsbedarf). Dieser Betrag ist bei weitem nicht kostendeckend und das Engagement von Organisationen und Privaten nur durch Spenden aufrechtzuerhalten.  Der Tagessatz der Kinder- und Jugendhilfe beträgt 120-140 Euro/Tag (wobei für traumatisierte Kinder ein höherer Betrag ausgezahlt wird).

Laut den verfassungsrechtlich verankerten Kinderrechten hat ein Kind Anspruch auf den "Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen" (Art. 1, Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern). Jedes Kind, das aus seinem familiären Umfeld herausgelöst ist, hat außerdem Anspruch auf "besonderen Schutz und Beistand des Staates" (Art. 2 Abs. 2).


Laut der EU-Verfahrensrichtlinie (2013/32/EU) müssen UMF in für "Minderjährige geeigneten Unterkünften" untergebracht werden (Art. 24 Abs. 2). Die EU-Aufnahmerichtlinie (2013/33/EU) sieht eine "adäquate Ausbildung" des Betreuungspersonals im Hinblick auf die Bedürfnisse der Minderjährigen vor (Art. 24 Abs. 4).

Abgesehen von der Diskrepanz zu den eigenen verfassungsrechtlichen Bestimmungen ist es fraglich, ob Österreich den europäischen Anforderungen derzeit nachkommt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG



Der Nationalrat wolle beschließen:


"Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Jugend und Familie werden aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ab Einbringung eines Asylantrags der Betreuung durch die Kinder- und Jugendhilfe unterstellt und österreichischen Minderjährigen rechtlich gleichgestellt werden, nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Familienausschuss vorgeschlagen.