1343/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 23.09.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Herbert Kickl, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter

betreffend Berücksichtigung der EuGH-Entscheidung zu Hartz IV im Zusammenhang mit der österreichischen Regelung der bedarfsorientierten Mindestsicherung

 

In den deutschen  Medien wurde die Entscheidung des EuGH von September 2015 zur Frage der Verweigerung von Hartz IV Leistungen an EU-Bürger auszugsweise folgendermaßen rezipiert:

„Was hat der Europäische Gerichtshof bislang gesagt?

EuGH hat bereits 2014 entschieden: EU-Bürger dürfen von Sozialleistungen ausgeschlossen werden, wenn sie gar nicht erst vorhaben, nach Arbeit zu suchen. Im damaligen Fall habe Deutschland einer in Leipzig lebenden Rumänin zu Recht Hartz IV verwehrt. Sie hatte sich niemals um Arbeit bemüht.

Was ist der Unterschied im aktuellen Fall?

Der 2014 entschiedene Fall war vergleichsweise einfach, weil die Klägerin ganz offensichtlich nicht nach Arbeit gesucht hatte. In diesen Fällen ist die EU-Unionsbürger-Richtlinie eindeutig. Aber es gibt noch weitere Konstellationen. Wie ist es zum Beispiel mit EU-Bürgern, die sich in Deutschland mit Kurzzeitjobs über Wasser halten, die hier also schon - zumindest zeitweise - gearbeitet haben? Um diese Frage ging es im aktuellen Fall einer aus Bosnien stammenden Frau, die inzwischen die schwedische Staatsbürgerschaft hat und mit ihren drei Kindern in Deutschland lebt. Die Kinder sind hier zur Welt gekommen. Die Mutter und die älteste Tochter hatten zwischen Sommer 2010 und Frühjahr 2011 immer wieder kurzzeitig gearbeitet. Für einige Monate hatten sie auch Hartz IV erhalten, aber dann griff die deutsche Ausschlussklausel. Der Fall ging vor Gericht.

Was hat der EuGH-Generalanwalt zum aktuellen Fall vorgeschlagen?

In seinem Schlussantrag, einer Art Gutachten für das Gericht, hatte der Generalanwalt drei Fälle unterschieden:

Fall 1: Ein EU-Ausländer reist ein, will aber gar nicht arbeiten. Hier sei ein Ausschluss von den Sozialleistungen gerechtfertigt. So hatte es der EuGH schon entschieden.

Fall 2: Ein EU-Ausländer reist ein und sucht Arbeit, hat aber noch keine gefunden. Auch hier ist ein Ausschluss gerechtfertigt.

Fall 3: In dieser Konstellation geht es darum, dass der EU-Bürger nicht nur Arbeit gesucht hat. Ein EU-Ausländer reist ein und bleibt hier länger als drei Monate. Er arbeitet kurzzeitig, verliert aber seinen Job vor Ablauf eines Jahres. Dann verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn der EU-Bürger automatisch von den Sozialleistungen wie Hartz IV ausgeschlossen werde. Zumindest müsste in diesen Fällen genau geprüft werden, ob der betreffende EU-Bürger eine tatsächliche Verbindung zum aufnehmenden Staat nachweisen könne. Die kurzzeitige Arbeit und die familiäre Situation seien dafür wichtige Kriterien.

Was hat der EuGH nun entschieden?

Der EuGH fährt in seinem Urteil eine restriktivere Linie als der Generalanwalt. Einig sind sich beide in Fall 2. Hier sei ein Ausschluss von Hartz IV gerechtfertigt.

Für EU-Bürger, die hier schon kurzzeitig gearbeitet haben (Fall 3), setzt der Gerichtshof aber enge Grenzen. Wer nach einem Kurzzeitjob arbeitslos geworden ist, behält seine Eigenschaft als "Erwerbstätiger" noch für sechs Monate. Für diese Zeit gibt es einen Anspruch auf Hartz IV. Danach nicht mehr. Es reicht die Prüfung durch die Behörden, ob der EU-Bürger kurzzeitig gearbeitet hat und aktuell Arbeit sucht. Dann gibt es Hartz IV für sechs Monate. Eine weitergehende individuelle Prüfung des Einzelfalles ist nicht erforderlich, sagt der Gerichtshof. (tagesschau.de vom 15.09.2015)“

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht zuzuleiten, der beinhalten soll, welche Möglichkeiten das EuGH-Urteil betreffend Hartz IV für eine Adaptierung der Anspruchsgrundlagen der bedarfsorientierten Mindestsicherung für EU-Bürger und Drittstaatsangehörige in Österreich hat.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrages an den Ausschuss für Arbeit und Soziales beantragt.