1352/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 06.10.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend Überarbeitung der Definition des Verwaltungs- und Verrechnungsaufwands bei den Sozialversicherungsträgern und im Hauptverband

 

Die Verwaltungskosten und damit auch die Verwaltungsquote bei den österreichischen Sozialversicherungsträgern sind immer wieder Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Insbesondere weil die Verwaltungskosten und -quoten Aufschluss über die Effizienz der Struktur der Sozialversicherungen in Österreich geben. Von Seiten der Regierungsparteien wird stets die Effizienz der österreichischen Struktur betont, insbesondere im Vergleich mit Staaten, die andere Sozialversicherungsstrukturen aufweisen als Österreich. Im statistischen Handbuch der österreichischen Sozialversicherung wird die allgemeine Verwaltungs- und Verrechnungsquote mit 2,1% angegeben (bei der Krankenversicherung 2,8%, bei der Pensionsversicherung 1,5% und bei der Unfallversicherung 7,5%). Dadurch wird insbesondere immer wieder versucht ein Vergleich zu den auf Versicherungspflicht agierenden deutschen Krankenkassen zu ziehen, die eine offizielle Verwaltungsquote von 5,1% aufweisen.

Wesentlich für diesen Unterschied ist aber, dass unterschiedliche rechtliche Grundlagen vorhanden sind, anhand derer die Verwaltungsquote berechnet wird. In Österreich wird durch die "Weisung für die Rechnungslegung und Rechnungsführung bei den Sozialversicherungsträgern und dem Hauptverband" definiert, was unter Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand fällt. Anhand der darunter fallenden Ausgabenposten wird in Österreich die entsprechende Quote berechnet. Dass sich durch diese hoheitliche Definition der Quote entsprechend die Möglichkeit gegeben wird, ein verfälschtes Bild der tatsächliche Situation und damit Effizienz zu zeichnen, ist augenscheinlich. Mehrfach wurde von Seiten unabhängiger Gesundheitsökonomen die verfälschte Darstellung der österreichischen Sozialversicherungsverwaltungsquoten aufgezeigt. Wichtige Ausgabenposten, die eindeutig dem Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand zuzuordnen sind, werden nicht in die Quote mit einbezogen. So kommen angesprochene Gesundheitsökonomen durch eine berichtigte Darstellung der Verwaltungsausgaben auf Verwaltungsquoten von bis zu 6,1%.

Dass die Höhe der Verwaltungsausgaben in Wirklichkeit höher liegen als von Seiten der Sozialversicherungsträger angegeben, verwundert nicht. Die kleinteilige Struktur der Sozialversicherungen mit einer Vielzahl von Sozialversicherungsträgern, davon 39 Krankenversicherungen und Krankenfürsorgeanstalten etc. kann nur zu Ineffizienzen in der Verwaltung führen. Damit diese Ineffizienz aber nicht evident in den Verwaltungsquoten wird, legen sich die jeweiligen Minister in Absprache mit den Sozialversicherungsträgern und dem Hauptverband die Definition der Verwaltungsquote derartig fest, dass die Kosten klein gerechnet werden, um sich einer Diskussionen über die Struktur - die unabdingbar zu einer Diskussion über die Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern führt - zu verschließen. Dadurch wird nicht nur eine ineffiziente Struktur am leben gehalten, sondern es fließen enorme Summen an Sozialversicherungsbeiträgen in zahlreiche aufgeblähte Verwaltungsapparate. Dieses Geld könnte viel besser für wirkliche Patientenleistungen verwendet werden. Aber auch die sozialpartnerschaftliche Postenbesetzung durch SPÖ und ÖVP, die bei allen Sozialversicherungsträgern unter dem beschönigenden Label "Selbstverwaltung" vorbildlich gelebt wird, wird fortgeführt.

Eine korrekte Betrachtung und Berechnung der Verwaltungskosten muss einige typische Verwaltungsausgaben berücksichtigen, die aber derzeit gem. der RechnungsvorschriftenRV nicht zu jenen Kontogruppen hinzuzuzählen sind, die als Verwaltungsausgaben gerechnet werden. Bestes Beispiel hierfür sind die in den Kontogruppen 65 erfassten Abschreibungen auf Anlagevermögen. Denn bei den darin enthaltenen Immobilienvermögenswerten wird nicht unterschieden, ob es sich um Verwaltungs- und Wohngebäude, Ambulatorien, Krankenanstalten oder gemischt genutzte Gebäude handelt. Doch gerade die Verwaltungs- und teilweise auch die Wohngebäude bzw. die darauf entfallenden Abschreibungen sind wirtschaftlich eindeutig als Verwaltungskosten zu klassifizieren. Ebenso verhält es sich bei einer gemischten Nutzung von Gebäuden. Dort muss im Sinne einer korrekten Darstellung zumindest der Anteil des Gebäudes bzw. der anteiligen Abschreibungen, der auf den zur Verwaltung  genutzten Gebäudeteil entfällt, auch zu den Verwaltungskosten gezählt werden.

Wesentlich ist auch, dass die sonstigen betrieblichen Aufwendungen, die in der Kontengruppe 68A zusammengefasst werden, weiter differenziert werden müssen, denn darin sind wesentliche Verwaltungskosten enthalten, die einfach - weil nicht einer anderen Kontogruppe zuordenbar - nicht als Verwaltungskosten gezählt werden. Beispielsweise sollten Gerichtskosten jedenfalls als Verwaltungskosten definiert werden, aber auch Aufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit oder Repräsentationsaufgaben, der Dienstgeberbeitrag (zumindest für Verwaltungsbedienstete) zur U-Bahnsteuer. Zudem sollte auch die Praxis der Verrechnung von Ersätzen für Verwaltungsaufwendungen einer Prüfung unterzogen werden, damit allfällige Quersubventionierungen durch andere Gebietskörperschaften ausgeschlossen werden können.

Nicht nur die Höhe der Verwaltungsausgaben ist entscheidend für die Verwaltungsquote - auch die gegenübergestellte Größe, anhand derer die Quote berechnet wird, ist entscheidend: die Gesamtausgaben. Gerade bei den Gesamtausgaben ist offensichtlich, dass zur Berechnung der Verwaltungsquote nicht die richtige Größe den Verwaltungsausgaben gegenübergestellt wird - denn, um auch seriöse Vergleiche anstellen zu können, sind den Verwaltungsausgaben die steuerbaren Gesamtausgaben gegenüberzustellen. Steuerbare Ausgaben umfassen jedenfalls nicht jene Ausgaben, die ohne Einfluss der Krankenkassen überwiesen werden müssen. Beispiele für nicht steuerbare Ausgaben sind die Überweisungen an den Krankenanstalten-Fonds bzw. den Ausgleichsfonds.

Alle diese Beispiele zeigen, dass es enormen Bedarf gibt, die Berechnung der Verwaltungskosten und -quoten, insbesondere in Hinblick auf die internationale Vergleichbarkeit, zu überarbeiten. Mit einer korrekten Kostendarstellungen werden die gebetsmühlenartigen Behauptungen von Vertretern aus SPÖ, ÖVP, Sozialpartnern und Sozialversicherungen zur angeblich hohen Effizienz der Verwaltungsstruktur der Sozialversicherungsträger auch offiziell widerlegt sein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Gesundheit wird beauftragt - in Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz - eine Änderung der Definition des Verwaltungs- und Verrechnungsaufwandes - auch in der "Weisung für die Rechnungslegung und Rechnungsführung bei den Sozialversicherungsträgern und dem Hauptverband" - vorzunehmen, die die tatsächlichen Verwaltungsaufwendungen erfasst und eine Verwaltungskostenquote definiert wird, wobei die tatsächlichen Verwaltungskosten an den steuerbaren Gesamtausgaben zu berechnen sind. Hierbei soll die internationale Vergleichbarkeit der Verwaltungsquoten in den Vordergrund gerückt werden."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.