1401/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 11.11.2015
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EntschlieSSungsantrag

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Kollegin und Kollegen

betreffend die Unmittelbarkeit von Einvernahmen

Die Einvernahme ist einer der wesentlichsten Baustein in der Verhandlung über einen Sachverhalt. Die erste Einvernahme findet meistens bei der Polizei statt. Da diese Einvernahme in Regelfall im engsten zeitlichen Zusammenhang mit der Tat steht, sind diese Aussagen von Täter, Opfer und Zeugen am Relevantesten. Das Geschehen ist noch präsent und es gab kaum Zeit über die eigenen Aussage strategisch nachzudenken bzw die Konsequenzen zu bedenken.

Dennoch werden die Einvernahmen oft nicht unmittelbar protokolliert, es wird nicht wörtlich wiedergegeben, was die Person gesagt hat, Emotionen können im Protokoll nur unzureichend dargestellt werden. Generell ist es in einem schriftlichen Protokoll nicht möglich, die Dokumentation des tatsächlichen Eindrucks vor Ort für später zu konservieren.

In der meistens anschließenden Verhandlung kann der Richter sich nur auf der schriftliche Protokoll beziehen, dessen Qualität von der Protokollierung durch den Beamten bei der Einvernahme beeinflusst ist. Die Unmittelbarkeit, die in § 13 StPO normiert ist, verlangt die ummittelbare Aufnahme von Beweisen, wann immer dies möglich ist. Deswegen vernehmen die Richter die relevanten Personen in der Hauptverhandlung meistens erneut und es ergeben sich oft Widersprüche zum Protokoll.

Die Unmittelbarkeit könnte durch die Aufzeichnung der Einvernahmen auf Video deutlich besser gewahrt werden. So fordert es auch die Vereinigung der Strafverteidiger am 13. StrafverteidigerInnen Tag:

"Die Strafverteidiger machen sich für eine Änderung im Ermittlungsverfahren stark. Vernehmungen von Beschuldigten oder Zeugen sollen bei sonstiger Nichtigkeit des Beweismaterials auf Video aufgezeichnet werden, falls bei der Einvernahme kein Verteidiger anwesend ist. Ein entsprechender Beschluss ist am vergangenen Wochenende beim 13. StrafverteidigerInnentag in Linz gefasst worden.

"Es ist unerträglich, dass das bei den bestehenden technischen Möglichkeiten bisher nicht getan wird. Unter diesem schweren Missstand leidet die Qualität des Strafverfahrens. Dieses Manko gehört abgestellt", forderte Richard Soyer, der Sprecher der Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen, am Montag im Gespräch mit der APA.

In der Praxis stelle sich bei Einvernahmen immer wieder die Frage, wie die entsprechenden Protokolle zustande gekommen sind, erläuterte Soyer. Wurden Zeugen oder Beschuldigte ohne Rechtsbeistand befragt, kämen etliche Verteidiger später in der gerichtlichen Hauptverhandlung nicht mehr aus dem Kopfschütteln heraus: "Da passieren krasse Sachen, wo völlig klar ist, dass das, was da auf dem Papier steht, der Betreffende so nicht gesagt hat. Weil er entweder diesen Wortschatz nicht hat oder die Sprache nicht in diesem Umfang beherrscht."

Daher sollen zukünftig die vorprozessualen Einvernahmen dokumentiert werden und als Ergänzung zu den schriftlichen Protokollen in die Hauptverhandlung miteinfließen. "Dafür sind keine großen finanziellen Ressourcen erforderlich. Noch dazu wäre diese Qualitätssteigerung in der Justiz sofort umsetzbar", gab Soyer zu bedenken [...]" (APA, 23.3.2015)

Ebenso beeinträchtigt es die Unmittelbarkeit in Gerichtsverfahren, wenn die Qualität der Übersetzung durch den Dolmetscher nicht ausreichend ist. So wird in der Wiener Zeitung vom 5.5.2015 Rupert Wolff, Vorsitzender der ÖRAK, zitiert:

"Genau hier wurzeln allerdings oft sämtliche weitere Verfahrensfehler. "Falsche Übersetzungen, die bei der Ersteinvernahme passieren, sind später sehr schwer nachzuweisen", sagt Wolff, "weil es keine Video- und Tonaufnahmen gibt."

Laut Justizministerium ist zwar ein Pilotprojekt in Konzeption, das zum Ziel hat, Verhandlungen mithilfe von Videos zu protokollieren. Bis diese zur Selbstverständlichkeit werden, wird es aber noch lange dauern."

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, ein Modellprojekt für die Videoaufzeichnung von Einvernahmen zu planen und umzusetzen, Dieses Projekt soll anschließend dahingehend evaluiert werden, ob die Qualitätssteigerung und die Zufriedenheit der Betroffenen gesteigert werden konnte. Ein entsprechender Bericht über die Konzeption des Modellprojekts und über die Evaluierung ist dem Nationalrat vorzulegen."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.