1420/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 12.11.2015
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Parlamentarische Materialien

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Gabriela Moser, Birgit Schatz, Ruperta Lichtenecker, Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Nachhaltige Erneuerung des Vergaberechts

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

„Die Macht des Einkaufswagens“ bezeichnet die Möglichkeit, Hersteller und Geschäfte durch nachhaltige Produktauswahl zu einem ökologisch, ökonomisch und sozial verträglichen Umdenken zu bewegen. Dieser geflügelte Begriff der 2000er Jahre[1] bezeichnet ein neues Selbstbewusstsein der Konsumenten, die mit jedem ausgegebenen Euro versuchen, das große Ganze im Blick zu behalten.

 

Der Einkaufswagen der öffentlichen Auftraggeber ist besonders groß: 2014 wurden rund 19-20% des europäischen BIP nach Schätzungen des Städtebundes[2] durch öffentliche Aufträge erwirtschaftet. 10 Jahre nach dem Startschuss für das europäische Vergaberecht für öffentliche Auftraggeber bleibt die Materie zentral für die nachhaltige Mittelverwendung öffentlicher Haushalte. Das bedeutet auch gleichzeitig: Die Gestaltung der öffentlichen Vergabe ist essentiell für die regionale Auftragslage der österreichischen KMU und damit für den nachhaltigen Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Österreich.

 

Der europäische Gesetzgeber hat die entsprechenden Richtlinien – sprich die europäischen Vergaberechtsstandards – 2014 erneuert. Dabei flossen Erfahrungen des letzten Jahrzehnts zu Transparenzregeln, der Nutzung des Bestbieterprinzips sowie der Bedeutung der Vollkostenrechnung ein.

 

Eine intensivere Berücksichtigung von sozialen und ökologisch nachhaltigen Kriterien durch eine Stärkung des Bestbieterprinzips für alle Bereiche steht hierbei im Vordergrund. Zukünftig sollen also Auswirkungen von Vergaben auf Umwelt, Kosten und die Gesellschaft über die gesamte Nutzungsdauer des Produktes oder der Dienstleistung berücksichtigt werden. Ein Beispiel: Bei der Auftragserteilung für den Bau einer Schule sind damit neben den Baukosten auch z.B. der Energieverbrauch (und die damit verbundenen Kosten) über die gesamte Lebensdauer zu berücksichtigen.

 

Externe Umweltkosten (z.B. CO2-Ausstoss), Recycling Kosten oder aber auch relevante soziale Kriterien können zukünftig in die Bewertung von Angeboten miteinbezogen werden. Bleibt man beim Beispiel des zu bauenden Schulgebäudes, so kann damit sichergestellt werden, dass der erfolgreiche Auftragnehmer kein Lohndumping betreibt oder auch sein Maschinenpark auf der Baustelle so umweltfreundlich wie möglich ist.

 

Daneben werden in den neuen Richtlinien Standards für elektronische Rechnungen bei öffentlichen Aufträgen ins Auge gefasst und die Mindestverfahrensdauern für Ausschreibungen verkürzt. Mit letzterer Maßnahme soll der von Auftraggebern und Auftragnehmern geforderten Zeitnähe in Vergabeverfahren entsprochen werden. Gänzlich neu ist die  Regelung von Konzessionsvergaben in einer eigenen EU-Richtlinie.

 

Das Richtlinienpaket der EU enthält folgende Bestandteile:

 

·        2014 / 24 / EU - "Festlegung klarer Grundregeln" | Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG, Umsetzungsfrist: 16.4.2016

·        2014 / 25 / EU -" Öffentliches Beschaffungswesen - Vorschriften für die Bereiche Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Postdienste " | Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG, Umsetzungsfrist: 16.4.2016

·        2014 / 23 / EG: Konzessionsverträge | Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe, Umsetzungsfrist: 16.4.2016

·        2014 / 55 / EG: Elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen | Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen, Umsetzungsfrist 27.11.2018.

 

Eine zeitnahe, vollständige und transparente Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinien tut Not – wertet dieses Richtlinienpaket doch die Bedeutung von Gesellschaft und Umwelt auf und führt zu einer realistischeren Kostenbetrachtung (Lebenszyklusprinzip). 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


 

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der eine zeitnahe und vollständige Umsetzung des „EU Vergaberechtspakets“ vorsieht, insbesondere die folgenden Richtlinien:

 

·        2014 / 24 / EU – Öffentliche Auftragsvergabe (Grundregeln) | Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014.

·        2014 / 25 / EU - Öffentliches Beschaffungswesen - Vorschriften für die Bereiche Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Postdienste | Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014.

·        2014 / 23 / EG: Konzessionsverträge | Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014.“

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss  vorgeschlagen.

 



[1] http://www.zeit.de/2007/01/Die_Macht_des_Einkaufswagens

[2] Kurzleitfaden zum neuen EU-Vergaberecht, Österreichischer Städtebund, 2014