1421/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 12.11.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Michael Pock, Kollegin und Kollegen

betreffend Maßnahmen gegen die weitere Ausweitung von Teilzeitarbeit bei Frauen

Teilzeitbeschäftigung scheint in Österreich insbesondere bei Frauen langsam zum Normalfall zu werden. Gerade der Vergleich innerhalb der Europäischen Union zeigt, dass Österreich hier im Spitzenfeld liegt. Österreich weist 2014 gemäß Eurostat gemeinsam mit Deutschland mit 46,3% die zweithöchste Teilzeitquote in der gesamten europäischen Union auf. Dies ist insbesondere dahingehend kritisch zu sehen, weil der Unterschied zur Teilzeitquote bei Männern enorm ist. Die Teilzeitquote bei Männern betrug im selben Zeitraum in Österreich nur 9,6%. Damit liegt die Teilzeitquote bei Frauen fünfmal höher als bei Männern. Ein so großer Unterschied in der geschlechterspezifischen Teilzeitquote führt in Österreich deshalb zu einer entsprechenden Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt, die sich durch die gesamte Erwerbskarriere ziehen kann.

Insbesondere kritisch ist diese Entwicklung auch im zeitlichen Verlauf zu betrachten. Auch wenn innerhalb der gesamten Europäischen Union eine Steigerung der Teilzeitquote bei Frauen um 1,9 Prozentpunkte (von 30,3% auf 32,2%) innerhalb der letzten zehn Jahre zu sehen war, so ist die Entwicklung in Österreich wesentlich stärker ausgeprägt: Seit 2005 stieg die Teilzeitquote bei Frauen von 39,3% um sieben Prozentpunkte auf 46,3% an - in keinem anderen Land stieg die Teilzeitquote in Prozentpunkten so stark an.

Dieser Umstand ist größtenteils politisch verschuldet, weil es die Regierung nicht schafft Rahmenbedingungen zu schaffen, die diesem Trend entgegenwirken. Diese Entwicklung kann also nicht nur auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurückgeführt werden, sondern viel mehr auf familienpolitische, aber auch steuer- und abgabenrechtliche Umstände.

Der Hauptgrund weshalb Frauen in Österreich in Teilzeit arbeiten war 2014 zu 39,2% auf Betreuungspflichten gegenüber Kindern (oder erwerbsunfähigen Personen) zurückzuführen. Auch hier liegt Österreich nur knapp an zweiter Stelle innerhalb der gesamten Europäischen Union und dies zeigt eine wesentliche Handlungsnotwendigkeit auf. Auch wenn die Bundesregierung innerhalb der letzten Jahre enorme Anstrengungen in den Ausbau der Kinderbetreuung gesteckt hat, so scheinen diese nicht ausreichend zu sein. Vor allem führt ein rein quantitativer Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen nicht dazu, dass diese den Bedürfnissen von erwerbstätigen Müttern (aber auch Vätern) gerecht werden. Denn gerade die Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen sind wesentlich dafür ausschlaggebend, ob Mütter voll erwerbstätig sein können. Gerade hier zeigt sich, dass die Öffnungszeiten nicht den arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen angepasst sind: Nur 57,5% der Kinderbetreuungseinrichtungen haben zumindest neun Stunden täglich geöffnet (diese Quote ist aber vor allem auf die überdurchschnittlich hohe Quote in Wien mit 97,7% zurückzuführen) und nur 62% der Einrichtungen habe weniger als fünf Wochen geschlossen (wobei wiederum Wien mit 98% die Quote enorm verbessert). Doch gerade längere Öffnungszeiten und weniger Schließtage sind unumgänglich zur Förderung der Vollerwerbstätigkeit von Frauen.

Grundsätzlich problematisch ist, dass Frauen bei nicht vorhandenen Betreuungseinrichtungen die Betreuung der Kinder fast automatisch übernehmen. Die Väterbeteiligung hinkt dabei hinterher, was aber auch wieder auf die Ausgestaltung der familienpolitischen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist. Im Oktober 2015 waren noch immer nur 4,6% der Kinderbetreuungsgeldbezieher_innen männlich und das oftmals in einem viel eingeschränkteren Maße als Frauen. Denn die Dauer des Kinderbetreuungsgeldbezuges bei Männern liegt in keiner der vorhanden Kinderbetreuungsgeldvarianten wesentlich über der Mindestanspruchsdauer. Auch hier gilt es anzusetzen.

Bedauerlich ist, dass gem. Eurostat 89,7% der Frauen freiwillig teilzeitbeschäftigt sind. Das ist ein Umstand der der Politik zu denken geben sollte - warum sind Frauen freiwillig nicht vollerwerbstätig? Auch hier liegt ein Hauptgrund auf der Hand, der sich in den steuer- und abgabenrechtlichen Rahmenbedingungen widerspiegelt: Gerade beim Übergang von einer Teilzeit- zu einer Vollzeitbeschäftigung kommt es zu einer derart hohen Grenzsteuerbelastung, dass sich eine solche Ausweitung des Arbeitsausmaßes oft nicht auszahlen würde. Damit ist es attraktiver in Teilzeit zu arbeiten. Die Grenzsteuerbelastung führt damit zu einer freiwilligen Verknappung des Angebots in Bezug auf das Arbeitsausmaß. Gleichzeitig führen scheinbar gut gemeinte Regelungen, wie die Verdreifachung der Negativsteuer im Rahmen der Steuerreform, zu einer weiteren Manifestierung dieser Problematik.

Die Folge von Teilzeitarbeit - insbesondere von langen Perioden einer Teilzeitbeschäftigung - von Frauen liegen auf der Hand: Finanzielle Abhängigkeitsverhältnisse, geringere Aufstiegschancen und damit langfristig schwierigere Absicherung der Erwerbstätigkeit bzw. der Position am Arbeitsmarkt gegenüber Männern, langfristig negative Arbeitsmarktchancen im Verlauf der gesamten Erwerbsbiographie sowie grundsätzlich geringere Pensions- bzw. Sozialleistungsansprüche. Damit wird diese Teilzeitproblematik auch langfristig zu einer frauenspezifischen Armutsfalle.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert gemeinsam mit der der Bundesregierung einen Maßnahmenplan zu erarbeiten, der gesetzliche Maßnahmen gegen die Ausweitung von Teilzeitarbeit bei Frauen vorsieht. Insbesondere sollen dabei folgende Punkte berücksichtigt werden:

·        Evaluierung des Steuer- und Abgaberechts im Hinblick auf negative Erwerbstätigkeitsanreize in Bezug auf eine Ausweitung des Erwerbstätigkeitsausmaßes;

·        Verstärkte Berücksichtigung der Ausweitung von flexiblen Kinderbetreuungsmodellen, die an die Arbeitsrealitäten angepasst sind, im Rahmen von 15a-Vereinbarungen beim Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung;

·        Steigerung der Väterbeteiligung an der Betreuungsarbeit durch entsprechende Anreize im Bereich von nicht nur Kinderbetreuungsgeldregelungen, sondern auch in einer gleichberechtigten Ausgestaltung der Karenzzeiten, die auch mehr Zeiträume der gemeinsamen Inanspruchnahme zulassen."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss vorgeschlagen.