1450/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 26.11.2015
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EntschlieSSungsantrag

Parlamentarische Materialien

n

der Abgeordneten Matthias Köchl, Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Reduktion von Teilgewerben

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Die Liste der wenig plausiblen Bestimmungen in der Gewerbeordnung ist lang. Berichte von der „Nageldesignerin, die nur Fingernägel lackieren darf, jedoch keine Fußnägel“ oder von „vielsprachigen AbsolventInnen von Tourismus-Universitätslehrgängen, die kein Reisebüro aufmachen dürfen, bevor sie nicht ein Jahr Praktikum in einem Reisebüro absolviert haben“[1] belegen dies.

 

Dabei liegen die Vorteile der Reduktion reglementierter Gewerbe auf der Hand:

 

·        Leichterer Einstieg von potentiellen NachfolgerInnen und QuereinsteigerInnen in Mangelbranchen. Erleichterte und frühzeitige Integration von Entrepreneuren mit Migrationshintergrund. So meinte z.B. Wifo Chef Karl Aiginger am 29.9.15: „Eine Lockerung der Gewerbeordnung könnte zu mehr Firmengründungen beitragen. Zumindest in Gegenden, in denen gewisse Leistungen nicht mehr angeboten werden, sollen Betriebe von Asylwerbern einspringen.“[2]

·        Ermöglichung des Anbietens niedrigschwelliger Universaldienstleistungen auf legalem Wege (Vermeidung von Pfusch, Sicherstellung von Nahversorgung), insbesondere im ländlichen Raum.

Während die Bundesregierung allgemein seit den 70er Jahren[3] eine Überarbeitung der Gewerbeordnung in Aussicht stellt, kündigt Minister Mitterlehner zumindest seit 2010 die konkrete Neugestaltung der Gewerbeordnung an: „Wir arbeiten an einer echten Liberalisierung und werden das Projekt noch vor dem Sommer der Öffentlichkeit präsentieren.“

 

Das Wirtschaftsministerium scheint aber inzwischen die eigenen Vorsätze vergessen zu haben und beruft sich statt gesetzlicher Änderungen auf die EU-Transparenzinitiative im Sinne des Artikels 59 der EU-Berufsqualifikationrichtlinie. Diese bringt laut Anfragebeantwortung 2125 vom 22.9.14 „eine kritische Auseinandersetzung mit reglementierten Berufen mit sich bringt“. Dieser Verweis kann als Ausflucht und Verzögerungstaktik interpretiert werden – denn die Intention des Europäischen Rates zur Initiierung der Transparenzinitiative lautete: „Der Europäische Rat ... betont, wie wichtig es ist, bei der Verbesserung der gegenseitigen Anerkennung beruflicher Qualifikationen, der Verringerung der Zahl der reglementierten Berufe und der Beseitigung ungerechtfertigter regelungsbedingter Hemmnisse Fortschritte zu erzielen."

 

Der Europäische Rat (und später auch das EP) fordern also eindeutig eine Reduktion der reglementierten Gewerbe. Das Aufräumen in der – sehr umfangreichen - österreichischen Liste wäre auch ganz einfach. Legen wir den Grundsatz, dass lediglich Gewerbe dereguliert werden sollten, die weder der Umwelt, der Gesellschaft oder der Gesundheit schaden sollen, an, so kann man bereits zahlreiche regulierten Gewerbe der Gewerbeordnung im Schnellverfahren ausrangieren.

 

Noch einfacher wird es, sobald man den versteckten Bonuslevel der Reglementierungs-Auswüchse erreicht: Neben der in der Gewerbeordnung in §94 geregelten 82 Gewerbe existiert noch eine vom BMWFW begebene "Teilgewerbeverordnung", die weitere 21 Gewerbe mit geringerer Qualifikationserfordernis beinhaltet.[4]

 

Darin verstecken sich beispielsweise die Qualifikations- und Erfahrungserfordernisse für die selbständige Ausübung von Tätigkeiten wie:

 

·        Wäschebügeln

·        Änderungsschneiderei

·        das Entkalken von Heißwasserkesseln

·        den Zusammenbau von Möbelbausätzen

·        Einbau von Radios

Bei diesen Tätigkeiten bestehen keine Gefahren für Gesundheit, Gesellschaft oder Umwelt.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert, innerhalb von 6 Monaten eine Neuformulierung der den Teilgewerben zu Grunde liegenden Regelungsmaterien (insbesondere der 1. Teilgewerbe-Verordnung) vorzunehmen.

Dabei haben insbesondere folgende „Teilgewerbe“ zukünftig unreglementiert zu sein (sie sollen daher in gänzlich „freie Gewerbe“ umgewandelt werden):

 

 

·        Änderungsschneiderei,

·        Anfertigung von Schlüsseln mittels Kopierfräsmaschinen,

·        Einbau von Radios, Telefonen und Alarmanlagen in Kraftfahrzeuge,

·        Entkalken von Heißwasserbereitern,

·        Friedhofsgärtnerei,

·        Gürtel- und Riemenerzeugung sowie Reparatur von Lederwaren und Taschen,

·        Instandsetzen von Schuhen,

·        Nähmaschinentechnik,

·        Reinigung von Polstermöbeln und nicht fest verlegten Teppichen,

·        Schleifen von Schneidewaren,

·        Wäschebügeln,

·        Zusammenbau von Möbelbausätzen.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie  vorgeschlagen.

 



[1]

                        [1] http://derstandard.at/2000012012624/Die-Gewerbeordnung-gehoert-entruempelt

[2]

                        [2] http://derstandard.at/2000022967218/Fluechtlinge-Oekonomen-fuer-rasche-Arbeitsmarktoeffnung

[3]

                        [3] http://kurier.at/wirtschaft/wirtschaftspolitik/wirtschaft-von-innen-land-der-hemmer/159.028.274

[4]

                        [4] „Bei Teilgewerben handelt es sich um Tätigkeiten reglementierter Gewerbe, deren selbstständige Ausführung auch von Personen erwartet werden kann, die die Befähigung dafür auf vereinfachte Art nachweisen (z.B. Lehrabschlussprüfung, Praxiszeiten).“ – abgerufen von: https://www.wko.at/Content.Node/Service/Wirtschaftsrecht-und-Gewerberecht/Gewerberecht/Gewerberecht-allgemein/Welche_Gewerbe_gibt_es_.html