1614/A XXV. GP

Eingebracht am 17.03.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Maga. Michaela Steinacker, Dr . Johannes Jarolim

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert und die Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich aufgehoben wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert und die Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich aufgehoben wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes

Das Gerichtsorganisationsgesetz (GOG), RGBl. Nr. 217/1896, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 94/2015, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 89c Abs. 2 wird folgender Abs. 2a angefügt:

„(2a) „Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten können Unterschriften insbesondere unter Urschriften gerichtlicher Erledigungen und Protokolle elektronisch geleistet werden.“  

2. Dem § 98 wird folgender Abs. 22 angefügt:

„(22) § 89c Abs. 2a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2016 tritt mit 1. Juni 2016 in Kraft.“

Artikel 2

Aufhebung der Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich

Das Bundesgesetz, mit dem das Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien, das Bundesgesetz BGBl. Nr. 91/1993 und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich), BGBl. I Nr. 81/2012, zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2014, BGBl. I Nr. 40, wird mit 30. Juni 2016, frühestens jedoch mit der Aufhebung der Verordnung der Bundesregierung über die Zusammenlegung von Bezirksgerichten und über die Sprengel der verbleibenden Bezirksgerichte in Niederösterreich (Bezirksgerichte-Verordnung Niederösterreich 2012), BGBl. II Nr. 204/2012, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 147/2014, aufgehoben.


 

Begründung

Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen ist Folgendes zu bemerken:

Zu Artikel 1 (Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes):

Bisher müssen die Urschriften und Protokolle gerichtlicher und staatsanwaltschaftlicher Erledigungen handschriftlich unterfertigt werden, was der künftigen elektronischen Aktenführung entgegensteht. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll die elektronische Fertigung ermöglicht werden. Diese Fertigung erfolgt in einem geschlossenen System lediglich für interne Zwecke. Die Authentizität wird im Regelfall durch die Verwendung des elektronischen Dienstausweises oder anderer geeigneter Verfahren sichergestellt, die den Zugang zu den Anwendungen der Justiz ermöglichen. Ferner wird jede Benutzereingabe in einem elektronischen Protokoll festgehalten und ist damit nachträglich nachvollziehbar.

Die in der vorgeschlagenen Bestimmung aufgenommenen technischen Möglichkeiten beziehen sich auf einen im sozialgerichtlichen Verfahren am Arbeits- und Sozialgericht Wien einzurichtenden Pilotbetrieb, dessen Vorbereitungen bereits getroffen wurden und der im zweiten Quartal 2016 starten soll. Ohne Erlassung der vorgeschlagenen Bestimmung könnte der Pilotbetrieb nur durch das parallele Führen des elektronischen und des herkömmlichen (Papier-)Akts unter erheblichem Einsatz von Ressourcen bewerkstelligt werden. Geplant ist, den Pilotbetrieb zur Gewinnung weiterer Erfahrungswerte künftig auch auf andere Gerichte und Staatsanwaltschaften auszudehnen. Auf Grundlage der aus dem Pilotbetrieb gewonnenen Erfahrungen und deren Evaluierung werden sich bei Bedarf weitere Änderungen ergeben.

Aufgrund des Verweises in § 34a Abs. 5 StAG findet die Bestimmung auch auf staatsanwaltschaftliche Erledigungen Anwendung.

Zu Artikel 2 (Aufhebung der Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich):

Mit der Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich, BGBl. I Nr. 81/2012, wurde das Ziel verfolgt, durch die Zusammenlegung des Bezirksgerichts Purkersdorf mit dem größeren Bezirksgericht Hietzing das Bürger/innen-Service weiter zu optimieren, Vertretungen zu erleichtern und eine stärkere Spezialisierung besonders der Rechtsprechungsorgane auf bestimmte Fachgebiete zu ermöglichen. Die Zusammenlegung sollte mit 1. Juli 2014 erfolgen.

In weiterer Folge ergaben sich aufgrund des Übergangsrechts aus 1920 bzw. 1925 (siehe § 8 Abs. 5 lit. d des Übergangsgesetzes vom 1 Oktober 1920, BGBl. Nr. 2/1920 idF BGBl. Nr. 368/1925, geändert durch BGBl. Nr. 393/1929, BGBl. Nr. 205/1962 und BGBl. I Nr. 2/2008) eine Reihe verfassungsrechtlicher Fragestellungen, die einer abschließenden Klärung bedurften und zur Folge hatten, dass  das Inkrafttreten der Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich mit dem Budgetbegleitgesetz 2014, BGBl. I Nr. 40, auf 1. Juli 2016 verschoben wurde.

Nachdem nunmehr die offenen verfassungsrechtlichen Fragen geklärt werden konnten, sprechen gewichtige Gründe dafür, von einem gemeinsamen bzw. bundesländerübergreifenden Bezirksgerichtsprengel "Hietzing-Purkersdorf" Abstand zu nehmen: Schon die Diktion und einzelne Formulierungen des Übergangsgesetzes 1920 idF 1925 (ÜG) legen nahe, dass dieses das Verhältnis zwischen Bund und Ländern bzw. Bund und „jedem (einzelnen) Land“ zum Gegenstand hat und nicht (auch) das Verhältnis zwischen Ländern untereinander. Zudem läuft die mit einem bundesländerübergreifenden Sprengel verbundene Involvierung zweier unterschiedlicher beteiligter Länder auf eine wechselseitige Einschränkung der Organisationshoheit der beteiligten Länder im Bereich der allgemeinen staatlichen Verwaltung hinaus, die äußerst ungewöhnlich und bedenklich wäre. Wenn auch die Einschränkung im Falle Wiens als von der ÜG-Zustimmung ausgenommenem Bundesland nicht so deutlich in Erscheinung treten mag, kommt dazu, dass unklar ist, wie überhaupt erklärt werden kann, dass durch unterschiedliche Rechtsquellen (NÖ: Verordnung; Wien: Bundesgesetz) ein einziger, sich auf das Gebiet mehrerer Länder erstreckender Sprengel geschaffen werden könnte.

Vor diesem Hintergrund sollen nach eingehender Abwägung aller Für und Wider die Bezirksgerichte Hietzing und Purkersdorf am Standort Hietzing nun doch nicht zusammengelegt werden. Da somit der Status quo fortbesteht, ergeben sich daraus keine wie auch immer gearteten Mehrkosten.

In legistischer Hinsicht ist die Gerichtsorganisations-Novelle Wien-Niederösterreich, die einzig und allein die Aufnahme des Bezirksgerichts Purkersdorf durch das Bezirksgericht Hietzing zum Gegenstand hat, zur Gänze aufzuheben. Dabei schadet es auch nicht, dass damit der mit der besagten Novelle neu eingeführte, ohnehin erst mit 1. Juli 2016 in Kraft tretende § 2b StAG ersatzlos entfällt. Dieser dient lediglich der Klarstellung, dass sich der Sprengel einer Staatsanwaltschaft (vorbehaltlich der Sonderzuständigkeiten) jeweils nach jenem des Landesgerichts orientiert, an deren Sitz sie eingerichtet ist, und soll ausschließlich allfällige, aus der Zusammenlegung der Bezirksgerichte Purkersdorf und Hietzing resultierende Missverständnisse vermeiden. Würde nun § 2b StAG mit 1. Juli 2016 in Kraft treten, ohne dass es zu eben dieser Zusammenlegung kommt, könnte das erst recht wieder zu Fehlinterpretationen führen, die durch die ersatzlose Beseitigung auch dieser Bestimmung hintangehalten werden sollen.

Mit Blick darauf, dass die Gerichtsorganisationsnovelle Wien-Niederösterreich ohne entsprechende Änderung mit 1. Juli 2016 in Kraft treten würde, ist diese mit 30. Juni 2016 aufzuheben. Die entsprechende Aufhebungsregelung hat dabei aber auch auf die gleichzeitig erforderliche entsprechende Aufhebung der Bezirksgerichte-Verordnung Niederösterreich 2012, BGBl. II Nr. 204/2012 idF BGBl. II Nr. 147/2014, die durch eine neue Bezirksgerichte-Verordnung Niederösterreich 2016 ersetzt werden soll, Bedacht zu nehmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Justizausschuss