1626/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 27.04.2016
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Matthias Köchl, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Reduktion der Wirtschaftskammerumlagen

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Wirtschaftskammerpräsident Leitl ist dieser Tage dabei, fleißig die Ungerechtigkeit und Komplexität des österreichischen Staates und seiner unternehmensfeindlichen Regelungen anzuprangern[1]. In einer ersten Spontanreaktion ist man geneigt, dem WKO-Präsidenten an einigen Punkten zuzustimmen. Allerdings muss man auch an die kafkaesken Zustände in Sachen Mitteleinhebung der Wirtschaftskammer selbst erinnern.

 

So werden die Grundumlagen nicht nur je Fachgruppe (daher Branche) einzeln bestimmt, sie unterscheiden sich auch je Bundesland[2]. Dazu kommen neben der üblichen Berechnungslogik auch noch zusätzliche Komponenten der Grundumlagen:

·         Die Grundumlage von Molkereien berechnet sich anhand der verarbeiteten Milchmenge.

·         Müller und Tierfutterhersteller bezahlen ihre Grundumlagen anhand der Tonnagen (wobei beispielsweise die WKO Oberösterreich bei der Herstellung von Fertigfutter Kategorie F3 geringere Aufschläge verlangt als für die Herstellung von Mehl für den menschlichen Genuss).[3]

·         BestatterInnen müssen ihre Grundumlage in einigen Bundesländern anhand der Geschäftsfälle (diplomatische Umschreibung) bzw. der Anzahl der Sterbefälle berechnen (ohne etwaige Indexierungen seit der letzten Vereinbarung) :

BestatterInnen: Grundumlagen WKO

Hauptstandort (Einzelfirma / OG, KG)

weiterer Standort

je Geschäftsfall

Grundumlage bei 450 Sterbefällen
(1 Standort, Einzelunternehmen)

Burgenland

€ 225,00

€ 175,00

€ 4,00

€ 2.025,00

Kärnten

€ 240,00

 

€ 0,00

€ 240,00

Niederösterreich

€ 130,00

€ 40,00

€ 4,00

€ 1.930,00

Oberösterreich

€ 100,00

 

€ 3,00

€ 1.450,00

Salzburg

€ 325,00

 

€ 0,00

€ 325,00

Steiermark

€ 240,00

€ 120,00

€ 1,70

€ 1.005,00

Tirol

€ 225,00

 

€ 1,00

€ 675,00

Vorarlberg

€ 150,00

 

€ 3,00

€ 1.500,00

Wien

€ 800,00

 

€ 0,00

€ 800,00

 

 

Das bedeutet: Ein Bestattungsunternehmen mit 450 jährlichen Beerdigungen bezahlt in Kärnten 240.- Grundumlage[4], im Burgenland hingegen 2.025.- (bei gleicher Betriebsgröße).

 

Diese erheblichen Unterschiede an Grundumlagen zeigen sich in vielen Branchen. Ein anderes Beispiel: Die Werbeagentur:

 

Werbung (Werbeagentur)

Einzelfirma, OG, KG

Burgenland

€ 247,00

Kärnten

€ 180,00

Niederösterreich*

€ 195,00

Oberösterreich

€ 150,00

Salzburg

€ 101,74

Steiermark

€ 200,00

Tirol

€ 125,00

Vorarlberg

€ 235,00

Wien

€ 85,00

*im niederösterreichischen Wert  ist ein etwaiger Wertsicherungsaufschlag nicht enthalten

 

Auch der VfGH geht davon aus, dass die Beiträge laut Wirtschaftskammergesetz einheitlich sein müssen und hob daher im April 2015 die beiden Verordnungen zu den Grundumlagen in der Holzindustrie in Oberösterreich und Niederösterreich auf[5].

 


 

Die Taktik, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ihre Mitglieder zu belasten, sollte die Wirtschaftskammer auch aus Eigeninteresse hinterfragen. Es überrascht, dass zahlreiche Grundumlagen anhand der Lohnsumme bestimmt werden, obwohl diese nichts über die Gesundheit eines Betriebes aussagt. Im Gegenteil: Agiert ein Unternehmen arbeitnehmerfreundlich und beschäftigt MitarbeiterInnen auch in schlechten Zeiten weiter, so wird dieses volkswirtschaftlich begrüßenswerte Verhalten von der WKO somit bestraft.

 

Dazu werden Selbständige mit Wachstumskurs doppelt oder noch öfter belastet: Hat ein Unternehmen beispielsweise seinen Sitz in Wien und eröffnet eine Filiale in Niederösterreich, so ist in der Regel in jedem Bundesland die Grundumlage extra fällig.

 

Die vom VfGH getroffene Entscheidung in Bezug auf unterschiedliche Grundumlagen sollte zum Anlass genommen werden, eine Deckelung der Grundumlage mit 100 Euro pro Unternehmen und Jahr österreichweit vorzunehmen. Uns ist bewusst, dass damit der Wirtschaftskammer Einnahmen entgehen. Dies bedeutet aber nur, dass die WKO endlich ihre Kosten senken muss – wie beispielsweise mit einer Abschaffung der 10-fach Struktur (Länderkammern und Bundeskammer) der WKO.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine gesetzliche Regelung vorzulegen, der folgende Punkte beinhaltet:

·         Die verpflichtende einheitliche Berechnung der Grundumlagen in allen Bundesländern.

·         Die Verpflichtung der Wirtschaftskammer, die Grundumlage mit 100 Euro pro Unternehmen und Jahr österreichweit zu deckeln (ungeachtet der Anzahl der Gewerbescheine und der Anzahl der Standorte).

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie  vorgeschlagen.

 



[1] Siehe z.B. http://www.tt.com/wirtschaft/wirtschaftspolitik/11037883-91/leitl-hemmschuh-b%C3%BCrokratie-abbauen.csp

[2] https://www.wko.at/Content.Node/wir/oe/Grundumlagen.html

[3] https://www.wko.at/Content.Node/wir/oe/3-Grundumlagen-2016-Oberoesterreich.pdf

[4] Ohne refundierbarem Ausbildungsbeitrag: https://www.wko.at/Content.Node/wir/oe/7-Grundumlagen-2016-Kaernten.pdf

[5] http://derstandard.at/2000034720104/Unterschiedliche-Beitraege-OGH-holzt-Kammer-Gestruepp-aus