1635/A XXV. GP

Eingebracht am 27.04.2016
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INITIATIVANTRAG

Parlamentarische Materialien

 

n Sch

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend Ausweitung des Zugangs zur Polytechnischen Schule

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 wird:

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. I Nr. 76/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 104/2015, wird wie folgt geändert:

 

1.    In § 18 wird die Absatznummerierung „(1)“ eingefügt.

 

2.    An § 18 werden folgende Abs. 2 und 3 angefügt:

 

„(2) Schüler und Schülerinnen, die nach Erfüllung ihrer allgemeinen Schulpflicht die Polytechnische Schule noch nicht besucht haben, sind - ohne Rücksicht darauf, ob sie das Lehrziel der zuletzt besuchten Schule erreicht haben - berechtigt, die Polytechnische Schule in dem der Beendigung ihrer allgemeinen Schulpflicht unmittelbar folgenden Schuljahr zu besuchen.

(3) Jugendliche, die keinen positiven Pflichtschulabschluss erreicht haben oder bisher keine Schule in Österreich besucht haben, sind berechtigt, eine Polytechnische Schule zu besuchen, sofern sie zu Beginn des betreffenden Schuljahres das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.“

 

 

Begründung:

 

Die Bildungsbeteiligung der 15- bis 19-Jährigen in Österreich ist mit 79,2% im internationalen Vergleich niedrig. Im EU-21 Schnitt sind es 86,8%[1].Der Anteil an jungen Erwachsenen, die weder in Beschäftigung, noch in (Aus-)Bildung  oder Weiterbildung  sind (NEETs), beträgt 7,7%[2]. Ein verbesserter Zugang zu Bildung ist notwendig, weshalb derzeit auch ein neues Ausbildungspflichtgesetz in Ausarbeitung ist. Bevor allerdings weitere Verpflichtungen verordnet werden, wäre  es sinnvoll, bestehende Strukturen zu nutzen und den Zugang dazu zu erleichtern. Dies betrifft insbesondere die Polytechnischen Schulen.

 

Die Polytechnischen Schulen bieten die geeigneten Rahmenbedingungen, um Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren eine Vorbereitung auf den Einstieg in einen Lehrberuf, eine individuelle Berufs- und Bildungsorientierung, das Nachholen eines formalen Pflichtschulabschlusses oder auch den grundlegenden Erwerb der deutschen Sprache zu ermöglichen. Das alles sind Voraussetzungen, um eine weitere (Aus-)Bildung zu ermöglichen und damit ein wirtschaftlich unabhängiges und eigenständiges Leben in Österreich zu führen.

 

Umso problematischer ist, dass viele Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren keinen Zugang zu Polytechnischen Schule haben. Das betrifft sowohl SchülerInnen, die im 9. Schuljahr eine mittlere oder höhere Schule besucht haben und eine Neuausrichtung suchen, als auch neu nach Österreich gekommene Jugendliche, die über das Pflichtschulalter hinaus sind, aber keine ausreichende Vorbildung für eine Lehre oder den Besuch einer mittleren oder höheren Schule mitbringen.

 

Durch die Streichung des §19 des Schulpflichtgesetzes 1985, wurde eine Interpretation dieses Gesetzes möglich, dass Schülern bzw. Schülerinnen einer mittleren oder höheren Schule die Möglichkeit des Besuches einer Polytechnischen Schule nach Erfüllung der Pflichtschulzeit verwehrt werden kann. Faktum ist, dass die Landesschulräte bzw. der Stadtschulrat Wien den § 18 Schulpflichtgesetz in Verbindung mit dem § 32 Abs. 2a Schulunterrichtsgesetz unterschiedlich handhaben.

 

Mit dieser Gesetzesänderung soll nun klar geregelt werden, dass auch SchülerInnen einer mittleren oder höheren Schule berechtigt sind, in einem freiwilligen 10. Schuljahr eine Polytechnische Schule zu besuchen.

 

Jugendliche, die im Alter zwischen 14 und 18 Jahren neu nach Österreich zuziehen und keine entsprechende Vorbildung nachweisen können, um eine Lehre zu beginnen oder eine mittlere oder höhere Schule zu besuchen, haben keinen Zugang zu altersentsprechenden Bildungsangeboten. Besonders betroffen sind (unbegleitete) minderjährige Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisenregionen, die in Österreich um Asyl angesucht haben und hier ihr weiteres Leben verbringen wollen. Sie haben häufig keinen formalen Pflichtschulabschluss oder können keine Zeugnisse darüber vorweisen. In den einzelnen Bundesländern gibt es unterschiedliche Herangehensweisen, diesen Jugendlichen doch Zugang zu altersgemäßer Bildung zu eröffnen. Allerdings ist ihnen der Besuch einer Polytechnischen Schule verwehrt, wenn sie zuvor keine (Pflicht-)schule in Österreich besucht haben und sie auch nicht mehr schulpflichtig sind.

 

Um diesen Jugendlichen den Zugang zu Polytechnischen Schule und damit den Eintritt ins österreichische Bildungs- und Ausbildungssystem zu ermöglichen, soll - entsprechend den Regelungen des Schulunterrichtsgesetzes - die Möglichkeit geschaffen werden, auch ohne direkten Anschluss an eine schulische Bildung in eine Polytechnische Schule einzutreten, wenn der Aufnahmswerber bzw. die Aufnahmswerberin zum Zeitpunkt des Schulbeginns das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.



[1] Statistik Austria, „Bildung in Zahlen 2014/15“, S. 39 Tab. 29

[2] Statistik Austria, Arbeitsmarkstatistiken 2014, S. 45