1663/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 27.04.2016
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Entschließungsantrag

 

 

des Abgeordneten  Dr. Andreas Karlsböck

und  weiterer Abgeordneter

betreffend  „Mystery Shopping“ durch Sozialversicherung

Schwerwiegende Auswirkungen auf Ärzte und Patienten befürchtet – Steinhart: „Wir werden Gang zum Verfassungsgerichtshof antreten“

 

Wien (OTS) - Es ist ein Vertrauensbruch in der Beziehung zwischen Arzt und Patient, der heute politisch genehmigt wird: Die Sozialversicherung hat in der heutigen Sitzung der Trägerkonferenz Richtlinien für die Durchführung, Dokumentation und Qualitätssicherung des „Mystery Shoppings“ erlassen. „Es ist dies ein Beschluss, der an alte DDR-Zeiten erinnert. Die Sozialversicherung, das heißt der Österreichische Gewerkschaftsbund und die Wirtschaftskammer, haben heute den Spitzelstaat in Österreich genehmigt“, betont Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer. Auch für Johannes Steinhart, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien sowie der Österreichischen Ärztekammer, bedeutet „Mystery Shopping“ in Arztordinationen den „unwiderruflichen Vertrauensbruch in der Beziehung zwischen Arzt und Patient“. Wenn Ärztinnen und Ärzte nicht mehr sicher sein könnten, ob ihnen Patienten oder Schauspieler, die die Sozialversicherung als Testpatienten engagieren will, mit gefakten E-Cards gegenüberstehen, bedeute dies nicht nur zusätzliche Untersuchungen sowie „Sicherheitsüberweisungen“ an Spezialisten – und damit eine zusätzliche Belastung für die Patienten -, sondern es werde auch den Steuerzahlern „eine Menge zusätzliches Geld kosten“, betont Steinhart. Schon derzeit könnten zahlreiche Kassenplanstellen nicht – oder nur nach mehrmaligem Ausschreiben – nachbesetzt werden. Steinhart gratuliert der österreichischen Sozialversicherung, den Beruf des Kassenarztes nun wieder um ein Stück unattraktiver gemacht zu haben. „Das ist schon eine bemerkenswerte Leistung“, ätzt Steinhart.

 

Gutachten unterstützen Rechtsweg

Die Ärztekammer bereitet nun die entsprechenden Schritte vor, um das „Mystery Shopping“ auch vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen. Unterstützt wird der Rechtsweg bereits von zwei Gutachten, die der Regelung eindeutig Verfassungswidrigkeit bescheinigen.

Der anerkannte Verfassungsrechtler Heinz Mayer kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass der entsprechende Paragraf 32a im ASVG und die auf dessen Basis nun erlassene Richtlinie "ohne Zweifel verfassungswidrig" seien. Begründet wird dies damit, dass die Krankenkassen ohne Anfangsverdacht einen Lockspitzel in die Ordinationen schicken könnten. Diese Lockspitzel dürften aber nicht so weit gehen, dass sie den Arzt zu einer Straftat verleiteten, so Mayer.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Alois Birklbauer vom Institut für Strafrecht der Uni Linz. Er verweist in seinem Gutachten darauf, dass verdeckte Ermittler auch im Bereich des Straf- und Sicherheitspolizeirechts nur bei einem Anfangsverdacht und einer bestimmten Mindestschwere einer Straftat eingesetzt werden dürften. Wenn verdeckte Ermittlungen nun auch ärztliche Qualitätskontrollen umfassten, sei diesen Prinzipien nicht hinreichend entsprochen. Ähnlich wie Mayer betont auch Birklbauer, dass verdeckte Ermittler keine Tat provozieren dürften.

Steinhart appelliert nun „ein letztes Mal“ an die verantwortlichen Politiker, die Umsetzung der von Kassenfunktionären erstellten Richtlinien sofort zu stoppen. Ansonsten werde die Ärztekammer den Gang zum Verfassungsgerichtshof antreten, sowie einen entsprechenden Aktionsplan in den Ordinationen starten und sich auch bei Überschreitungen mit allen rechtlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten gegen die Kassenspitzel wehren. „Es kann doch nicht sein, dass der Einsatz von Spitzel im öffentlichen Bereich sonst nur in einem klaren rechtsstaatlichen Verfahren zulässig ist, die Bespitzelung von Ärztinnen und Ärzten sowie Patienten aber jeder Abteilungsleiter der kontrollierenden Stelle anordnen darf.“ (lsd)

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat  wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Gesundheit, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die den in seiner jetzigen Formulierung von Verfassungsjuristen als verfassungswidrig beurteilten  § 32a ASVG dahingehend abändert, dass diese Verfassungswidrigkeit und der Eingriff in fundamentale Grundlagen des Rechtsstaates saniert wird.

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen.