1680/A XXV. GP

Eingebracht am 18.05.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag und Verlangen

der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Drin. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen

auf Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof gemäß § 99 Abs. 2 GOG

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen gemäß § 99 Abs. 2 GOG, dass der Rechnungshof eine Überprüfung der Finanzbehörden hinsichtlich Steuerbetrugs bei Aktiengeschäften (Cum/Ex-Deals) vornehme.

Die Cum-Ex-Deals rund um den Dividendenstichtag bei Aktiengeschäften sind einer der größten Finanzskandale in Deutschland. Die Kapitalertragsteuer wird unter bestimmten Voraussetzungen von den Finanzbehörden rückerstattet. Dieser Finanzskandal betrifft nicht nur Deutschland, sondern auch Österreich. Dies muss aufgedeckt und im Sinne der Steuerzahler/innen geahndet werden.

Bei den Cum/Ex-Deals wird eine nur einmal bezahlte Steuer doppelt rückerstattet. In Deutschland wird dieser Steuerdiebstahl, der sich auf mehr als ein Jahrzehnt (von 1999 bis 2012) erstreckt, auf rund 12 Mrd. Euro geschätzt. Die Süddeutsche Zeitung berichtete im Dezember 2015, dass über 100 verdächtige Banken und Fonds in Deutschland und anderen Staaten in die Deals verwickelt sein sollen. Seit Februar 2016 beschäftigt sich in Deutschland ein parlamentarischer Untersuchungs-

ausschuss mit den Cum/Ex-Geschäften. Eine Aktie wird an der Börse an einem

Cum-Tag (Tag der Hauptversammlung) mit Dividendenanspruch gehandelt. Am Ex- Tag (Tag nach der Hauptversammlung) wird die Aktie ohne Dividendenanspruch gehandelt. Für die Dividenden ist Kapitalertragsteuer an den Fiskus abzuführen, wobei diese direkt von der Bank abgeführt und dafür eine Bestätigung ausgestellt wird. Bei den sogenannten Cum-Ex-Aktiengeschäften kann es dazu kommen, dass eine Aktie an einem Cum-Tag zwar erworben wird, allerdings die Einlieferung der Aktie auf das Depot erst danach (an einem Ex-Tag) stattfindet. Dies kann dazu führen, dass die Bank KESt-Bestätigungen ausstellt, obwohl die KESt für die Dividende gar nicht abgeführt wurde. Es können sich verschiedene Personen als wirtschaftliche Eigentümerin der Aktie ausgeben, obwohl nur eine davon dies tatsächlich ist. Unter bestimmten Voraussetzungen (etwa aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens) kann anschließend ein Antrag auf Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer beim zuständigen Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart gestellt werden.

Am 18. September 2014 veröffentlichte das Finanzministerium eine „Information zur Rückerstattung der KESt auf Dividenden an beschränkt Steuerpflichtige“[1]. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass neben der Bankbestätigung für die

Rückerstattung der KESt auch ein Nachweis über den Einlieferungszeitpunkt der Aktie erbracht werden muss. Darin heißt es:

„Im Rahmen der Mitwirkungspflicht anlässlich der Antragstellung hat der Rückerstattungswerber nachzuweisen, dass die genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Nachweis des Einlieferungszeitpunktes muss anhand entsprechender Bankbestätigungen (insbesondere Jahresdepotauszügen, die Zu- und Abgänge vergleichbar einem Journal enthalten) erfolgen, wobei sich das Finanzamt vorbehält, deren Echtheit (auch im Wege der Amtshilfe) nachzuprüfen bzw. weitere Unterlagen (zB Verträge über Zu- Verkäufe sowie Verleih von Wertpapieren) anzufordern. “

Im auszufüllenden Beiblatt A (Dividenden)[2] zum Antrag auf Rückzahlung der österreichischen Abzugsteuer findet man in der aktuellen Version (vom 22.06.2015) folgende Frage 6:

6. Betrifft der Rückzahlungsantrag Dividenden aufgrund der Gewinnausschüttung eines börsennotierten       □      □

 Unternehmens?                                                                                                                                               ja                        nein

Falls ja, legen Sie dem Antrag Unterlagen bei, aus denen hervorgeht, auf welchem Depot sich die betroffenen Aktien am letzten Termin vor dem Ex-Tag (Tag, ab dem die Aktie nicht mehr mit Dividen- denansprueh gehandelt wird) befunden haben und wer Depotinhaber zu diesem Zeitpunkt war.

Des Werteren legen Sie einen Nachweis der Depotumsätze in Zusammenhang mit den betroffenen Aktien für den Zeitraum von einen Monat vor bis einen Monat nach dem Ex-Tag bei.

Genau der Nachweis der zugehörigen Dokumente ist entscheidend, damit es nicht zu einer doppelten Rückerstattung für einmal bezahlte Steuern kommt. Aus dem Informationsschreiben des Finanzministeriums vom 18.9.2014 geht allerdings hervor, dass diese Informationen bei der Rückerstattung in der Vergangenheit nicht geprüft wurden.

 

Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG informiert über den Hintergrund der verschärften Regelung seit 2014 folgendermaßen[3]:

 

„[...] Durch die Einführung der Beilage soll sichergestellt werden, dass nur der tatsächlich Nutzungsberechtigte den Rückerstattungsanspruch erfolgreich stellen kann. In der Vergangenheit ist es bei Veräußerungsgeschäften, die zeitnah zum Ex- Tag (Tag, an dem der Dividendenanspruch verselbständigt und vom Kurs abgeschlagen wird) erfolgten, bzw. bei Leerverkäufen zu Abgrenzungsschwierigkeiten gekommen, die mitunter auch zu mehrfacher Antragstellung in Bezug auf einen Quellensteuererstattungsanspruch geführt haben. [...]“

Das Magazin News berichtet Anfang Dezember 2015[4] über Ermittlungen wegen Cum/Ex-Geschäften. Den österreichischen und deutschen Behörden sei ein Schlag gegen eine international agierende Steuer-Mafia gelungen. Die Ermittlungen dazu laufen noch:

„Laut vorliegenden Unterlagen soll eine „internationale Tätergruppe“ über Firmen auf Malta „oftmals wiederholt vorsätzlich unrichtige Erstattungsanträge“ beim zuständigen Finanzamt in Eisenstadt eingereicht haben. Die Finanz sollte dabei um mindestens 22 Millionen Euro abgezockt werden. Gegen die Chefs der involvierten Firmen wird nun wegen des Verdachts des versuchten schweren Betrugs ermittelt.

[...] Während man bei den maltesischen Firmen noch vor der Steuerrückerstattung die Notbremse gezogen hat, dürfte in anderen Fällen ordentlich abkassiert worden sein. Die Ermittler überprüften exemplarisch Rückerstattungen in Zusammenhang mit Aktien der Börsenschwergewichte Telekom Austria und OMV. Dabei zeigte sich, dass an vorerst unbekannte Täter mehr Steuer rückerstattet wurde, als die Finanz von den börsenotierten Konzernen, die diese automatisch abführen müssen, erhalten hatte.“

Vom Rechnungshof sollen daher folgende Fragen für den Zeitraum 2000 bis jetzt geklärt werden:

1.    Wie hoch ist das Ausmaß der Cum/Ex-Geschäfte in Österreich?

2.    Wie viele Betrugsversuche gab es und über welchen Zeitraum erstrecken sich diese?

3.    Ist Österreich ein Schaden durch illegale Cum/Ex-Geschäfte entstanden?

4.    Wenn ja, wie hoch ist der dadurch entstandene Schaden?

5.    Wann lagen den Finanzbehörden erstmals Hinweise auf illegale Cum/Ex- Geschäfte vor?

6.    Welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?

7.    Wurde eine mögliche Verbindung zwischen den Verkäufern und den Käufern von österreichischen Aktien rund um den Cum/Ex-Stichtag in der Vergangenheit (vor 2014) überprüft?

8.    Wurden die notwendigen Vorkehrungen getroffen, um künftig Cum-Ex Geschäfte und ähnliche Betrugsversuche zu verhindern?

9.    Was war der Anlass für das oben genannte Informationsschreiben des Finanzministeriums vom 18. September 2014?

10. Wird die Echtheit der vorgelegten Dokumente seit 2014 - etwa im Zuge der Amtshilfe - überprüft?

11. Haben die Finanzbehörden die Rolle von österreichischen Banken bei Cum/Ex- Geschäften hinterfragt?

12. Haben die Finanzbehörden zur Abklärung von Aktiendeals mit der Börsenaufsicht oder der Bankenaufsicht kooperiert?

13. In welcher Form arbeiten die österreichischen mit ausländischen Finanzbehörden zusammen, und ist diese Zusammenarbeit ausreichend?

 

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Aslan Aygül Beivan                          Brosz Dieter                                     Brunner Christiane

 

 

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Glawischnig-Piesczek Eva              Jarmer Helene                                  Köchl Matthias

 

 

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Kogler Werner                                 Korun Alev                                        Lichtenecker Ruperta

 

 

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Maurer Sigrid                                               Moser Gabriela                                Mückstein Eva

 

 

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Öllinger Karl                                    Pilz Peter                                          Pirklhuber Wolfgang

 

 

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Rossman Bruno                                Schatz Birgit                                     Schmid Julian

 

 

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Schwendtner Judith                          Steinhauser Albert                            Walser Harald

 

 

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Willi Georg                                      Windbüchler-Souschill Tanja         Zinggl Wolfgang



[1] https://findok.bmf.gv.at/findok/resources/pdf/b871fc21-d995-4ad9-b7e5-a9f6716eb382/69424.1.X.X. pdf (zugegriffen am 8.4.2016)

[2] https://formulare.bmf.gv.at/service/formulare/inter-Steuern/pdfs/9999/ZS-RDlA.pdf (zugegriffen am 8.4.2016)

[3] https://www.kpmg.at/publikationen/newsletter/financial-services/fs-detail/2339-rueckerstattune-der-kest- auf-dividenden-an-auslaender.html (zugegriffen am 8.4.2016)

[4] http://www.news.at/a/finanz-schlag-steuer-mafia (zugegriffen am 8.4.2016)