1816/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 13.09.2016
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kollegin und Kollegen

betreffend industrielle Abwärmepotenziale besser nutzbar zu machen

Industrielle Abwärme soll besser genutzt werden – dies wäre eine effiziente Maßnahme, um die Wärmewende durchzusetzen.

Für industrielle Betriebe ist die innerbetriebliche Nutzung von Abwärme längst eine logische betriebswirtschaftliche Maßnahme. Die Rahmenbedingungen erscheinen jedoch nicht besonders förderlich, um die Abwärme und überschüssige Potenziale für Fern- und Nahwärmeversorgung zu nutzen.

Laut einer Studie der Kommunalkredit Public Consulting verfügen Österreichs Industriebetriebe über enorme Abwärmepotenziale, welche bis dato im Bereich der Fern- und Nahwärmeversorgung brachliegen. Die größten Abwärmepotenziale finden sich in den Branchen Metall und Papier sowie in der Branche Steine, Erden und Glas, vorrangig in den Bundesländern Oberösterreich, Steiermark, Niederösterreich und Tirol. Mit den berichteten Potenzialen könnten rund 70.000 Haushalte direkt beheizt und weitere 75.000 Haushalte an Nahwärmenetze angeschlossen werden. Industriebetriebe könnten so die ungenutzte Abwärme vermarkten, zusätzliche Ressourcen würden eingespart und die Kosten des Gesamtsystems optimiert.

Eine Studie der TU Wien beziffert das technische Gesamtpotenzial für Fernwärme zwischen 28,1 TWh (ca. 100 PJ) und (das reduzierte technische Potenzial) 2,8 TWh (ca. 46 PJ). Genauer wurde das technische Potenzial für Abwärmeauskopplung zur Einspeisung in Wärmenetze für die Temperaturbereiche >100°C und <100°C (Nutzung in Kombination mit Wärmepumpen oder in Niedertemperaturnetzen) ermittelt. Das technische Potenzial mit einer Abwärmetemperatur von über 100°C wurde auf fast 3 TWh geschätzt, unter 100°C ergaben die Berechnungen ein Potenzial von rund 8,5 TWh.

Dass rein technisch Abwärmepotenziale teilweise sehr effizient genutzt werden können, wird von einigen industriellen Betrieben, auch in Österreich, unter Beweis gestellt. Viele industrielle Betriebe nutzen Abwärme auch für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) Anlagen, durch welche letztlich auch ins Nah- oder Fernwärmenetz eingespeist wird. Um die Nutzung von Abwärme vermehrt und flächendeckend voran zu treiben braucht es aber zusätzliche Maßnahmen.

Umgekehrt ist es so, dass in vielen Orten Österreichs Nahwärmenetze durch die Verbrennung verschiedener Energieträger gespeist werden, welche keine industrielle Nutzung oder Verwertung beinhalten. Die Prozesse bleiben also, von der Wärmeerzeugung an sich abgesehen, ungenutzt.

Häufig werden neue Kraftwerke gebaut und gefördert, während industrielle Abwärme ungenutzt bleibt.

Der Anteil der Fernwärmeversorgung an der Wärmebereitstellung in privaten Gebäuden ist zwischen 2005 und 2015 um 40% gestiegen, ist aber, trotz den ca. 12% der gesamten Energie zur Wärmeaufbringung in privaten Haushalten, durchaus noch ausbaufähig. Vor allem dann, wenn die Energie aus industriellen Prozessen rückgewonnen wird. Insgesamt beträgt die Fernwärmeproduktion im Jahr 2014 knapp 80 PJ und hat sich, verglichen mit 1990, fast verdreifacht.  Innerhalb der letzten 25 Jahre hat sich die Erzeugungsstruktur der Fernwärme deutlich verändert. Sie ist von einem hauptsächlich auf fossilen Brennstoffen basierendem Erzeugungsmix zu einem System geworden, das vermehrt auf CO2-neutrale oder zumindest emissionsarme Primärenergieträger setzt.

Der Artikel 14 der EU Energieeffizienz-Richtlinie (Richtlinie 2012/27/EU) dient der Förderung der Effizienz bei der Wärme- und Kälteversorgung. Um die bestehenden Effizienz-Potenziale bei der thermischen Erzeugung von elektrischer Energie zu erhöhen, sollen in Zukunft nur mehr Projekte realisiert werden, die eine Abwärmenutzung beinhalten, sofern dies nach Kosten-Nutzen-Analyse machbar ist. Darüber hinaus ist eine Analyse der Potenziale für Wärmenutzung durchzuführen, die sämtliche bestehenden Möglichkeiten eines Mitgliedstaates aufzeigen soll.

In der Praxis (Absatz 5 des besagten Artikels) verpflichtet diese Richtlinie bzw. das Energieeffizienzgesetz Unternehmen, bei Genehmigungsansuchen für betroffene Investitionsprojekte unter dem Gültigkeitsbereich, eine Kosten-Nutzen-Analyse beizulegen. Dennoch führt diese Analyse bisher nicht zu der gewünschten Umsetzung, obwohl es den Unternehmen einiges an Kapital kosten kann.

Durch diese Richtlinie bzw. deren Umsetzung wissen industrielle Betriebe meist um ihr Potenzial. Genutzt wird es aber dennoch nicht, häufig deshalb, weil die finanziellen Anreize dazu fehlen. Nicht selten aber werden parallel Förderungen in Anlagen gesteckt, die speziell zur Bereitstellung von Wärme dienen. Diese Investitionsförderungen wären in Betrieben mit bestehender Wertschöpfung sinnvoller investiert, bei gleichem Ergebnis.

Nicht selten scheitert der Anschluss von industrieller Abwärme an Verteilernetze an folgenden Herausforderungen:

·        Fehlende Investitionsbereitschaft für die Schaffung eines Anschlusses.

·        Mangelnde Amortisierung bei niedrigem Energiepreis, wenn hohe Anschlussinvestitionen getätigt werden müssen.

·        Fehlende Pufferspeicherung bei Diskontinuität der Abwärme bzw. fehlende Möglichkeit von Seiten der Netze die Wärme speichern zu dürfen.

·        Strikte Verpflichtungen der Wärmeversorgung konstant nachzukommen bergen ein zu hohes unternehmerisches Risiko.

Bedenken bestehen vor allem betreffend die Wirtschaftlichkeit der notwendigen Investitionen, welche sich, bei aktuellem Marktpreis, erst nach vielen Jahren amortisieren könnten.

Für Unternehmen ist die Planbarkeit enorm wichtig. Viele industrielle Betriebe befürchten aber, dass sie durch den Anschuss an das Nah- und Fernwärme Netz, zu einer kontinuierlichen Abwärme-Lieferung verpflichtet werden. Diese Befürchtung ist besonders ausgeprägt, wenn der industrielle Betrieb der Hauptlieferant in der entsprechenden Region ist. Es ist aber für industrielle Betriebe mit diskontinuierlicher Abwärme schwierig, der konstanten Lieferung von Abwärme nachzukommen.

Bei Nahwärme Netzen kann es jedoch für industrielle Betriebe interessant sein, Abwärme zur Verfügung zu stellen. Diese könnte alternativ zur expliziten Wärmeerzeugung durch Verbrennungsprozesse eingesetzt werden. Durch entsprechende Ausschreibungen könnten industrielle Betriebe in strukturschwachen Regionen für Wärme und Arbeitsplätze sorgen.

Wichtig ist es vor allem ein Kontrakting so zu gestallten, dass für industrielle Betriebe dadurch neue Geschäftsmodelle entstehen. Zu klären sind in erster Linie die finanziellen und technischen Herausforderungen; also unter anderem die Finanzierung des Anschlusses, die Prüfung für ein geeignetes Temperaturniveau sowie faire Energielieferverträge.

 

Wärme im Vergleich zum Strom Sektor: Industrie als Teil der Lösung, nicht des Problems.

In der Strombranche sind die Einspeisetarife für Ökostrom jahrelang gängig gewesen, ab 2017 schreibt eine EU Richtlinie jedoch vor, die Einspeiseförderung durch Investitionsförderungen zu ersetzen. Analog dazu sollte allerdings nun eine Investionsförderung für Unternehmen möglich sein, wenn diese thermische Energie liefern können. Energie, die sonst ungenutzt bleiben würde, oder die durch Investitionen in den industriellen Betrieb genutzt werden könnte. Investitionszuschüsse sollten besser in bestehende Wertschöpfungsketten fließen, um Effizienzgewinne zu erzielen, als in neue Kraftwerke, die auch nach vielen Jahren nicht rentabel sein werden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert dem Nationalrat einen Fahrplan zu gesetzlichen Rahmenbedingungen vorzulegen, die Anreize für industrielle Unternehmen darstellen, ihre Abwärmepotenziale zur Verfügung zu stellen. In Folge wird die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft aufgefordert eine Strategie vorzulegen, mit dem Ziel ein Bundesgesetz zu schaffen, welches zum Ziel hat, analog zu einer Förderung von Biomasseheizwerken, Investionförderungen zur Bereitstellung von thermischer Energie aus industriellen Prozessen zu ermöglichen."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und
Industrie vorgeschlagen.