1820/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 13.09.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kollegin und Kollegen

betreffend Ausbau der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- und
-bildungskosten durch Zusammenfassung steuerlicher Familienleistungen

Familienpolitik verfolgt viele verschiedene Ziele und muss auch in einem Spannungsfeld mit Beschäftigung, Demographie, genereller Sozialpolitik und auch Gleichbehandlungspolitik betrachtet werden.

Gerade deshalb muss für eine effektive Ausgestaltung der Familienförderung Klarheit über die verfolgten Ziele bestehen und versucht werden diese möglichst einfach mit einer geringer Anzahl an Steuerungsinstrumenten zu erreichen. Aus unserer Sicht lassen sich grundsätzlich folgende Ziele der Familienpolitik ableiten, die in Zukunft noch zielgerichteter und koordiniert verfolgt werden sollten:

·        Vereinbarkeit von Familie und Beruf

·        Gleichstellung von Frauen bzw. Müttern am Arbeitsmarkt und damit verbundene volkswirtschaftliche Effekte

·        Bewältigung demographischer Herausforderungen

·        soziale Absicherung von Kindern und Herstellung von Chancengerechtigkeit, insbesondere im Hinblick auf ihre Bildungschancen

Betrachtet man die verschiedensten steuerpolitischen Familienleistungen erkennt man eine zu wenig koordinierte Wirkung der Maßnahmen in eine Richtung. Zu den steuerlichen Familienleistungen gehören (und sind mit den Anfragen erfasst) folgende:

·        Alleinverdienerabsetzbetrag

·        Alleinerzieherabsetzbetrag

·        Kinderabsetzbetrag (nur bedingt eine steuerliche Familienleistung, da direkt mit Familienbeihilfe ausbezahlt)

·        Unterhaltsabesetzbetrag

·        Kinderfreibetrag

·        Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten

Konterkarierende Wirkungen ergeben sich beispielsweise bei der gemeinsamen Betrachtung des Alleinverdienerabsetzbetrages und der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten: erstes versucht Ein-Verdiener-Familien zu fördern, während die zweite Maßnahme Rahmenbedingungen schafft, damit beide Elternteile arbeiten können.

Der Kinderabsetzbetrag wird gleichzeitig mit der Familienbeihilfe ausbezahlt und hat in dem Sinne keine sonderliche Wirkung innerhalb der steuerlichen Familienleistungen, sondern kann eigentlich als eine direkte Geldleistung betrachtet werden, lediglich die soziale Absicherung der Kinder wird damit verstärkt, anderen eigentlichen Zielen der Familienpolitik wird damit nicht gerecht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass wenn mit dem Kinderabsetzbetrag das Ziel der sozialen Absicherung verfolgen sollte, es aufgrund mit der Bezahlung einhergehender ökonomischer Wirkungen, dieses wiederum wirkungslos ist. Erhöhte monetäre Transfers können nämlich im Gegenzug zu einer Reduktion des Erwerbsausmaßes führen und die sozial (bzw. finanzielle Absicherung) von Kindern nicht unbedingt erhöhen. (http://www.sueddeutsche.de/politik/studie-zu-kindergeld-und-kinderfreibetrag-teuer-und-wirkungslos-aber-gewollt-1.1661149) Ähnlich verhält es sich auch mit dem Kinderfreibetrag. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass durch die Reduktion der Arbeitszeit (aufgrund höherer monetärer Transfers) die Zeit für die Kinder erhöht wird - es ist also vor allem auch eine gesellschaftspolitische Frage, in welche Richtung gefördert werden soll.

Die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten verfolgt im Vergleich zu den anderen steuerlichen Familienleistungen die wesentlichen Ziele einer modernen Familienpolitik: neben der Familienarbeit wird eine Erwerbstätigkeit erleichtert, wovon vor allem Frauen profitieren. Die individuelle Entscheidungsfreiheit und tatsächliche Wahlfreiheit wird gewährleistet, was auch demographisch positive Effekte hat (was internationale vergleichende Studien zeigen). Die soziale Absicherung wird vor allem auch deshalb gewährleistet, weil die Familien aufgrund des eigenen Einkommens der Eltern in einer besseren finanziellen Situation wären. Gleichzeitig ergibt sich durch diese Maßnahme mehr Chancengerechtigkeit, da gerade elementarpädagogische Einrichtungen und entsprechende Bildungsangebote genützt werden können bzw. ein finanzieller Anreiz zur Inanspruchnahme gewährleistet wird.

2014 wurden von Österreichs Familien eine Vielzahl an steuerlichen Familienleistungen geltend gemacht, wie die Anfragebeantwortung (8537/AB XXV.GP). Insgesamt holten sich die Familien damit rund 1,75 Milliarden Euro ab. Pro Familie (mit Kindern unter 18 Jahren) bedeutet sind dies rund 1.950 Euro bzw. für jedes Kind rund 986 Euro.

Den Großteil dieser steuerlichen Familienleistungen macht dabei der Kinderabsetzbetrag aus mit einem Volumen von 1,265 Milliarden Euro aus. D.h. die anderen Absetz- und Freibeträge machen lediglich 486 Millionen Euro aus – insgesamt teilen sich die Volumina der verschiedenen steuerlichen Familienleistungen wie folgt auf:

Alleinverdienerabsetzbetrag

162.214.000 Euro

Alleinerzieherabsetzbetrag

89.467.000 Euro

Kinderfreibetrag

81.231.000 Euro

Absetzbare Kosten für Kinderbetreuung

91.028.000 Euro

Kinderabsetzbetrag

1.264.922.000 Euro

Unterhaltsabsetzbetrag

62.567.000 Euro

Summe

1.751.429.000 Euro

Wie oben aufgezeigt führt aus unserer Sicht kein Weg an einer verbesserten Förderung und Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen vorbei. Gerade durch einen weiteren Ausbau dieser Möglichkeiten werden auch die verschiedenen Ziele einer modernen Familienpolitik berücksichtigt.

Es ist deshalb an der Zeit den Wildwuchs an steuerlichen Familienleistungen zu beseitigen und die Mittel zielgerichtet einzusetzen. Deshalb sollen die verschiedenen steuerlichen Familienleistungen (auch der Kinderabsetzbetrag) zu einer einzigen Leistung zusammengefasst werden: die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- UND -bildungskosten.

Bereit jetzt besteht die Möglichkeit verschiedene Kinderbetreuungskosten steuerlich abzusetzen, doch die Möglichkeiten hierzu sind aus unserer Sicht stark ausbaufähig. Insbesondere soll nicht mehr nur die Kinderbetreuung an und für sich im Fokus stehen, sondern auch die bildungspolitischen Begleitmaßnahmen mit bedacht werden. Deshalb soll ein Ausbau der bisherigen Möglichkeiten einen verstärkten Fokus auch auf (freiwillige) Bildungskosten haben und damit einen Bildungsanreiz bieten. Diese Möglichkeiten können vor allem Kinder zu gute kommen die aus Familien kommen die diese spezifischen Angebote ansonsten weniger in Anspruch nehmen. Mehr Chancengerechtigkeit ist damit erreicht.

Gegenwärtig bestehen bereits einige Möglichkeiten zur Absetzbarkeit die natürlich weiterhin bestehen sollen. Abgesetzt werden können Kosten für:

·        die Betreuung muss in einer privaten oder öffentlichen Kinderbetreuungseinrichtung (z.B. Kindergarten, Hort, Internat) oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person erfolgen

·        die Betreuungskosten müssen tatsächlich entstanden sein. Abzugsfähig sind die Kosten für die Kinderbetreuung (auch Fahrtkosten einer Tagesmutter/eines Tagesvaters bei Abholung des Kindes zur Betreuung) sowie Kosten für Verpflegung und das Bastelgeld.

·        die Kosten für die Betreuung während der schulfreien Zeit (z.B. Nachmittagsbetreuung, Ferienbetreuung) sind abzugsfähig, sofern die Betreuung durch eine pädagogisch qualifizierte Person oder institutionelle Kinderbetreuungseinrichtung erfolgt. Für die Ferienbetreuung (Ferienlager) können sämtliche Kosten (z.B. auch jene für Verpflegung und Unterkunft, Sportveranstaltungen, Fahrtkosten für den Bus zum und vom Ferienlager) berücksichtigt werden, sofern die Betreuung durch eine pädagogisch qualifizierte Person erfolgt.

Konkret müsste bei der gegenwärtigen Absetzbarkeit dieser Kosten einiges geändert werden:

·        Anspruch bis zum 15./18. Lebensjahr (je nachdem ob in Ausbildung) statt bisher bis zum 10. Lebensjahr

·        Ausbau der Absetzbarkeit für Bildungsförderungsmaßnahmen wie Nachhilfe (von zertifizierten Einrichtungen), Spracherwerb, Musikerziehung, Förderung von Bewegung und sportlicher Betätigung und Erhöhung des Anspruchsmöglichkeit, Sport, Musik, etc.

Die übrigen Mittel sollen vor allem für einen weiteren Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten verwendet werden und damit auch unsere Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen passenden Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag gewährleistet werden. Dabei geht es aber nicht nur um den Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung im frühpädagogischen Bereich, sondern auch in Bezug auf Nachmittagsbetreuungsmöglichkeiten und schulische Ganztagesbetreuungsangebote.

Wesentlich an dieser Forderung und Umschichtung der Mittel ist, dass dadurch eine weit stärkere Subjekt- statt Objektförderung erreicht wird. Ein Paradigmenwechsel bei Kinderbetreuungs- und -bildungsangeboten könnte damit zumindest in ersten Schritten erprobt und getestet werden. "Zweifellos muss der Übergang von der Objektförderung zur Subjektförderung (...), sorgsam vorbereitet und eingeführt werden." (S. 218, Heft 12/2004 der Schriftreihe des Österreichischen Instituts für Familienforschung).

Einige Argumente sprechen für diesen Paradigmenwechsel: So würde etwa Kaufkraft der Eltern für Betreuungs- und -bildungseinrichtungen geschaffen und damit auch das Kostenbewusstsein gestärkt. Darüber hinaus können Eltern besser über die Mittelverwendung und die für die Familie passenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung und -Bildung entscheiden. Dadurch entstünde auch ein größerer Wettbewerb zwischen den Anbietern solcher Betreuungs- und Bildungsmöglichkeiten für Kinder. Gleichzeitig bedarf es natürlich auch der Sicherstellung der Qualität (z.B. Zertifizierungsprogramme, ...).

Die aufgezeigten Entwicklungspotenziale der steuerlichen Familienleistungen verfolgen die Ziele einer modernen, zukunftsorientierten und sozioökonomisch ausgleichenden Familienpolitik. Die Zusammenfassung der Leistungen gewährt einen leichten Überblick über die steuerlichen Möglichkeiten und ermöglicht es trotzdem verschiedenste familienpolitische Ziele gleichzeitig zu erreichen.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird erleichtert, da auf die individuellen Betreuungsbedürfnisse der Familien von ihnen selbst eingegangen werden kann. Dadurch erleichtert sich auch die Möglichkeit, dass Frauen überhaupt am Arbeitsmarkt partizipieren können. Was wiederum der finanziellen Absicherung der Familien und ihrer ökonomischen Unabhängigkeit hilft. Durch die bereitgefächerte Möglichkeit der Absetzbarkeit verschiedenster (privater) Bildungs- und Betreuungsausgaben wird auch eine entsprechende Chancengerechtigkeit aller Kinder gewährleistet.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 


Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung - insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend und der Bundesminister für Finanzen - wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Zusammenführung verschiedener steuerlicher Familienleistungen vorsieht. Die damit neu geschaffene steuerliche Familienleistung soll sich ausschließlich auf einen Ausbau und eine Vereinfachung Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs- und -bildungskosten konzentrieren. Insbesondere soll dadurch der Kreis der Anspruchsberechtigten Familien, der geförderten Kinder und der förderbaren Bildungsförderungs- und Betreuungsmaßnahmen erweitert werden."

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Familienausschuss vorgeschlagen.