1823/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 21.09.2016
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kollegin und Kollegen

betreffend Pendlerpauschale reformieren

Der Staat lässt sich die Förderung der Pendler_innen einiges kosten. Im Schnitt sind es in den vergangenen Jahren rund 1-1,2 Mrd Euro (ohne Pendlereuro), wie die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage (5601/AB) zeigt. Dies ist besonders bedauerlich, da die Maßnahmen um das Pendlerpauschale hinsichtlich des sozialen Ausgleichs als wenig treffsicher gesehen werden. Da es rund 1-1,2 Mio Profiteure gibt, liegt das Pendlerpauschale im Schnitt also bei ziemlich genau 1000 Euro pro Nutznießer_in pro Jahr.

Allgemein ist die Differenzierung der Höhe auf die unterschiedlichen Pendlerpauschalen schwierig, denn "Grundsätzlich ist in den Datenbeständen der Finanzverwaltung nicht gespeichert, welche Pauschale der einzelne Steuerpflichtige im Auswertungszeitraum in Anspruch genommen hat," so das BMF.

Im letzten Jahrzehnt wurde das Pendlerpauschale mehrmals ausgeweitet, meist wurde dies mit hohen Spritpreisen argumentiert. Als diese jedoch abfielen blieb das Pauschale unverändert. Hinzu kommt, dass das Pendlerpauschale 2013 um den "Pendlereuro" ergänzt wurde. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Gesamtkosten für den Staat bzw. den Steuerzahler:

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Quelle: BMF, bei Pendlereuro: Aus Werbematerial der ÖAAB.

Immerhin 9,1 Prozent all jener, die 2014 das kleine Pauschale bezogen haben, kommen aber auf mehr als 70.000 Euro Jahreseinkommen, und 2,6 Prozent gar auf über 100.000 Euro. Im Jahr 2015 waren es bereits 11,3 Prozent und 2,9 Perzent respektive. Bei dem großen Pauschale kommen 2014 5,3 Prozent auf mehr als 70.000, 2015 sind es 6,5 Prozent und auch bei Einkommen über 100.000 Euro nimmt der Prozentsatz der Bezieher zu.

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Quelle: BMF

Der Vorwurf, dass nur Besserverdienende von dem Pendlerpauschale profitieren, war auch schon von Seiten der Arbeiterkammer zu hören. Die Ausgestaltung des Pendlerpauschales lässt daher den Schluss zu, dass es sich hierbei um keine Maßnahme im Sinne des Sozialstaates handelt.

Dass es sich bei der Pendlerförderung nicht um treffsichere sozialstaatliche Maßnahmen handelt, beweisen auch die Argumente einer WIFO Studie, welche sinngemäß folgende Argumente für das Pendlerpauschale verortet: Arbeitsmarkt-, familien- und sozialpolitische Argumentationen verweisen stets darauf, dass Arbeitnehmer_innen vielfach gezwungen sind, (längere) Fahrtstrecken in Kauf zu nehmen und es aufgrund sozialer Bindungen, Betreuungspflichten etc. nicht zumutbar ist, ihren Wohnort bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes zu verlagern, und dass die Fahrtkosten einkommensschwächere Haushalte überdurchschnittlich belasten (als Anteil am verfügbaren Einkommen). Die Studie will aber auch dokumentiert wissen, dass sich hierbei die Frage stellt, ob das Pendlerpauschale die Zielsetzung der sozialen Treffsicherheit erfüllt – aus dem Blickwinkel der effizienten Mittelverwendung ist die Maßnahme nicht nachvollziehbar. Die Pauschale ist nämlich auf die Einkommensteuer bezogen, daher erhalten Bezieher_innen niedriger Einkommen (über den Pendlerzuschlag zur Negativsteuer) einen wesentlich geringeren Ausgleich, als steuerpflichtige Personen. Aus der Logik folgt auch, dass die steuerliche Entlastung mit dem Einkommen ansteigt. Dies wird auch durch die Analyse aktueller Daten bestätigt, die zum Aufkommen des Pendlerpauschale vorliegen.

 

 

Andere aktuelle Problemfelder der Pendlerpauschale

·         20-km-Schritte: Aufgrund der relativ großen Schritte besteht in den „Grenzfällen“ großes Streitpotential, da es hinsichtlich der Höhe des Pendlerpauschales einen großen Unterschied macht, ob die 20, 40 oder 60 km knapp über- oder unterschritten werden.

·         Große/kleine Pendlerpauschale: Die Unterscheidung zwischen großer und kleiner PP ist äußerst zeit- und personalintensiv und führt in der Praxis zu vielen Problemen.

·         Pendlereuro – kilometergenaue Abrechnung: Das Nebeneinander von Pendlerpauschalen und Pendlereuro (Freibetrag und Absetzbetrag) führt bei den Steuerpflichtigen zur Verwirrung und im Vollzug zu großen Problemen, da der Pendlereuro oft in gleicher Höhe wie PP beantragt wird.

·         Bundesländer haben eigene Förderungen: Neben den Förderungen im EStG kennen vor allem die Bundesländer zusätzliche Förderungen, die nicht abgestimmt sind.

Vorschlag der Steuerreform-Kommission. Eine SPÖ/ÖVP Expertenkommission schlägt folgende Vereinfachungen vor:

·         Kleine und große Pendlerpauschale sollen zusammengefasst werden.

·         Pendlerpauschale und Pendlereuro sollen zusammengefasst werden.

Unter diesen beiden Zielsetzungen schlägt die Steuerreform-Kommission die Einsetzung einer Arbeitsgruppe vor, die auch die zusätzlichen Förderungen der Bundesländer berücksichtigt. Die Expert_innen der Steuerreform-Kommission schlagen daher vor, dass die bundesgesetzlichen und landesgesetzlichen Regelungen zur Pendlerförderung zwischen Bund und Ländern abgestimmt und harmonisiert werden.

Bemerkenswert ist auch, dass bei Einkommen bis 40.000 Euro der Anteil der Bezieher_innen des großen Pauschaules, die also auf ein Auto angewiesen sind, größer ist. Über 40.000 Euro überwiegt der Anteil derer, die die kleine Pauschale erhalten, denen die Benützung von Öffis also zumutbar ist. Mögliche Erklärung: In Ballungsräumen, wo es ein dichtes Bus- und Bahnnetz gibt, leben verhältnismäßig mehr Besserverdienende als in ländlichen Gebieten.

 

Ökologisierung der Pendlerpauschale

Die Zersiedelung und der damit verbundene PKW-Pendlerverkehr sind schwer mit den Klima- und Umweltschutzzielen vereinbar. Das Pendlerpauschale stellt hier eine staatliche Förderung dar, die positive Anreize für eine verstärkte Zersiedelung liefert. Eine Reduktion des großen Pendlerpauschale auf das Niveau des kleinen Pendlerpauschales wäre hier ein Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig müssen Angebote für Pendler_innen, wie das Jobticket, bei denen die Benutzung des öffentlichen Verkehrs im Vordergrund steht, ausgeweitet werden.

Die Tatsache, dass eine Reduktion des Pendlerpauschales zu steuerlichen Mehrbelastungen des Mittelstandes führen könnte, verlangt aber auch, dass einer Reformierung eine substantielle Entlastung durch eine umfassende Steuerreform gegenüber stehen muss. Wichtig ist dabei, dass durch die weitere Förderung der Zersiedelung zusätzliche Kosten für die Allgemeinheit entstehen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert, eine Ministerien-übergreifende Arbeitsgruppe einzuführen. Diese Arbeitsgruppe soll von allen Ministerien getragen werden, welchen die Vorbereitung der Umsetzung des Klimavertrags von Paris obliegt. Unter der Schirmherrschaft des BMLFUW sollen Expert_innen aus BMVIT, BMWFW und BMASK Vorschläge zur Reformierung des Pendlerpauschales und der Pendlereuro-Regelung zu erarbeiten, sodass sie im Einklang mit klima-, raumordnungs- und verkehrspolitischen Zielen liegen. Das BMLFUW wird in der Folge aufgefordert, dem Nationalrat eine Strategie vorzulegen, welche konkret folgende Schwerpunkte aufweist:

 

1.    Eine schrittweise Umwandlung des Pendlerpauschales im Rahmen einer Ökologisierung des Steuersystems herbeizuführen, welche in ein zielgerichtetes Konzept zur Regionalförderung mündet.

2.    Als Alternativen zum Pendlerpauschale sollen zusätzliche Maßnahmen angeboten bzw. Anreize geschaffen werden, um mittels (über-)betrieblicher und privater Fahrgemeinschaften den täglichen Staus in den Ballungszentren, resultierend aus dem massiven Pendlerindividualverkehr, entgegenzuwirken."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Umwelt
vorgeschlagen.