1840/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 21.09.2016
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Eva Mückstein, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Steuerungs-Experiment der Krankenkassen bei der Psychotherapie

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Eine kürzlich von der Gesundheitsministerin beantwortete Anfrage zur Psychotherapie-Versorgung hat ergeben, dass die Anzahl der Psychotherapie-PatientInnen seit 2009 gestiegen ist. Derzeit nehmen etwa 140.000 Personen Psychotherapie in Anspruch. Der Versorgungsgrad ist in Österreich aber mit 1,6 Prozent der Bevölkerung nach wie vor sehr gering. Der Behandlungsbedarf wird wie in Deutschland und der Schweiz bei etwa 5 Prozent gesehen.

 

Viel schwerer aber noch wiegt, dass eine enorm steigende Zahl an psychisch Kranken ihre Psychotherapie aus der eigenen Tasche zahlen muss. Waren es im Jahr 2009 noch etwa 30.000 PatientInnen, die keine kassenfinanzierte Behandlung bekamen, sind es derzeit bereits 65.000! Das heißt, dass fast die Hälfte der Psychotherapie-PatientInnen Selbstzahler sind. Eine Behandlung kostet zwischen EUR 70,- und 100,-, die Kassen refundieren aber weiterhin nur ein Almosen von EUR 21,80 (Gebietskrankenkassen) - und das seit 1992, also seit 25 Jahren unverändert. Der Kostenzuschuss wurde seit 1992 weder erhöht, noch wertangepasst (nur BVA, SVB, VAE haben erhöht)

Das bedeutet, dass 65.000 PatientInnen für eine 20 Stunden umfassende psychotherapeutische Behandlung rund EUR 1.200,- selbst aufbringen müssen. Das sind hochgerechnet 78 Mio. Euro an Privatzahlungen! 

 

Die psychotherapeutische Behandlung ist bei krankheitswertigen Störungen eine Pflichtleistung der Kassen! Offensichtlich beabsichtigen die Krankenkassen bei der Psychotherapie still und heimlich einen Privatzahlungsbereich zu schaffen bzw. auszubauen, ganz im Sinne einer 2-Klassen-Medizin: Alle zahlen ordnungsgemäß ihre Sozialversicherungsbeiträge, aber nur die Hälfte bekommt eine kassenfinanzierte Behandlung. Das ist gerade im Bereich psychischer Erkrankungen unverständlich. Es trifft die ohnehin stigmatisierte Gruppe der psychisch Kranken und es benachteiligt darüber hinaus ganz massiv finanziell Schwächere, die dadurch oft überhaupt von einer psychotherapeutischen Behandlung ausgeschlossen sind. 

Warum ist das so? Vor 16 Jahren (!) sind die Gesamtvertragsverhandlungen gescheitert. Seither bewegen sich die Kassen nicht und weigern sich, mit der legitimierten, gesamtvertragsfähigen Berufsgruppe zu verhandeln. Statt einen Psychotherapie-Vertrag abzuschließen, haben die Krankenkassen eigenmächtig ein Steuerungs-Experiment verfügt, mit dem die kassenfinanzierte Psychotherapie rationiert und gedeckelt wird. Seither äußern sich die Krankenkassen sogar stolz über dieses Experiment. – Trotz all der negativen Effekte wie z. B. inakzeptabel lange Wartezeiten von bis zu 6,5 Monaten. Was die Krankenkassen als ein Steuerungs-Kunststück zur Kostendeckelung betrachten, ist für die PatientInnen ein systemwidriger Taschenspieler-Trick, der wehrlosen Kranken das Geld aus der Tasche zieht. 78 Millionen von Versicherten mit einer psychischen Erkrankung selbst finanziert! – Das muss sofort ein Ende haben.

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Gesundheitsministerin wird ersucht, umgehend zum Thema Psychotherapie zu einem runden Tisch mit VertreterInnen des Hauptverbandes der Sozialversicherung, des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie (ÖBVP) und mit den GesundheitssprecherInnen der politischen Parteien einzuladen. Dies mit dem Ziel, bis Jahresende einen Psychotherapie-(Rahmen-)Vertrag oder einen Gesamtvertrag vorzubereiten, in dem sämtliche Parameter einer flächendeckenden psychotherapeutischen Sachleistungsversorgung festgelegt werden sollen.

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss  vorgeschlagen.