1882/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 09.11.2016
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Parlamentarische Materialien

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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Nutzung von EU Entwicklungshilfe-Geldern für militärische Zwecke

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Bis dato können Entwicklungshilfegelder der EU aus dem EU Budget nicht für militärische Zwecke verwendet werden. Das soll sich nun ändern: Das Instrument für Stabilität und Frieden (IcSP), das bisher nur Projekte für zivile Konfliktprävention und friedensbildende Maßnahmen finanzierte, soll so adaptiert werden, dass die dafür zur Verfügung stehenden Mittel künftig auch für die Unterstützung militärischer Akteure von Drittstaaten ausgegeben werden können.

 

Das IcSP ist eines der wichtigsten Instrumente für die Außenhilfe und verfügt für die Jahre 2014 bis 2020 über ein Budget von ca. 2,3 Milliarden Euro. Staaten wie beispielsweise Mali oder Niger könnten unter dem Deckmantel „Beitrag zur Förderung nachhaltiger Entwicklung“ mit Entwicklungshilfe-Geldern der EU künftig Militärbasen bauen, Flugzeuge kaufen oder militärische Informations- und Kommunikationstechnologien finanzieren. Zur Kategorie „Bereitstellung von Programmen für den Kapazitätsaufbau von Förderung von Sicherheit und Entwicklung, Bereitstellung von Ausrüstung, Verbesserung von Infrastruktur und Erbringung anderer Dienstleistungen“ zählen auch Grenzschutzmaßnahmen. Diese sollen Ländern wie Libyen, Niger oder Cote d’Ivoire helfen, Flüchtlinge daran zu hindern, nach Europa zu gelangen. Gerade Staaten, in denen zivile Kräfte nicht mehr im Stande sind, Stabilität, Sicherheit und Entwicklung zu gewährleisten, bzw. in denen die Staatsorgane nicht mehr funktionieren und die Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten somit nicht mehr durch den Staat garantiert ist, könnten durch die geplante Änderung des IcSP direkt Zugang zu Geldern für ihre Militärs bekommen. Die Finanzierung von Waffen- und Munitionskauf, laufenden militärischen Ausgaben oder Kampfausbildung von Streitkräften soll im Rahmen des IcSP nach wie vor nicht möglich sein.

 

Die EU Kommission hat dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union im Juli 2016 einen Legislativvorschlag zur IcSP Änderung vorgelegt. Zuvor wurde im Rat der Europäischen Union ein Grundsatzpapier zirkuliert, in dem zehn EU Mitgliedsländer - Deutschland, Belgien, Tschechien, Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Portugal und Spanien – die Europäische Kommission auffordern, das IcSP so zu adaptieren, dass künftig militärische Aktivitäten von Drittstaaten dadurch abgedeckt werden können. Ihre zentralen Argumente für die Stärkung des Militärs von Drittländern im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit sind: „Ohne Sicherheit gibt es keine Entwicklung“ und „Der Nexus Sicherheit-Entwicklung trägt maßgeblich zu einer Maximierung der Effektivität der EU Außenpolitik bei“.

 

Derzeit wird der Abänderungsvorschlag in der Gruppe der ReferentInnen für Außenbeziehungen der Europäischen Union diskutiert. Offen ist vor allem noch, wie mit der rechtlichen Frage der Zulässigkeit und Vereinbarkeit mit dem EU Primärrecht umgegangen wird. Denn die Rechtsgutachten, sowohl der Europäischen Kommission, als auch des Rates sowie des Europäischen Parlaments bezeichnen die geplante Abänderung in ihren Rechtsgutachten als illegal.  Diese ist nicht mit den Inhalten des Vertrags über die Europäische Union sowie des Vertrags über die Funktionsweise der Europäischen Union vereinbar:  

 

Ø  Laut Artikel 41 (2) TEU zu Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik dürfen Ausgaben für militärische oder verteidigungspolitische Aktivitäten nicht aus dem EU-Haushalt erfolgen. (Das IcSP ist Teil des EU-Haushalts.)

 

Ø  Laut Artikel 208 (1) TFEU soll Entwicklungszusammenarbeit  der Armutsreduktion dienen; und nicht der Gewährleistung von Sicherheit oder Eindämmung von Migration.

 

Ø  Die Finanzierung des Militärs kann nicht gleichzeitig Teil der Entwicklungszusammenarbeit der EU und  ihrer gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik sein.  Daher können Artikel 212 TFEU bzgl. wirtschaftlicher, finanzieller und technischer Zusammenarbeit und Artikel 209 TFEU zu Entwicklungszusammenarbeit nicht als rechtliche Basis für den sogenannten „Aufbau von Kapazitäten im Sicherheitssektor“ dienen. Die Rechtsgrundlage für einen Rechtsakt über eine Maßnahme zum Kapazitätsaufbau richtet sich danach, ob die Entwicklungszusammenarbeit (die vorrangig der Bekämpfung und Beseitigung der Armut dient), oder die Sicherheit das primäre Ziel der Maßnahme ist.

 

 

EU Entwicklungshilfe-Gelder für militärische Zwecke zu missbrauchen, ist beschämend. Militärs repressiver Regime könnten so durch direkte finanzielle Unterstützung der EU gestärkt werden. Die Militarisierung des Instruments für Stabilität und Frieden konterkariert das Ziel der Europäischen Union, friedenspolitische Akzente durch eine verstärkte zivilen Konfliktprävention und andere nicht militärische Maßnahmen zu setzen.

 

Die österreichische Regierung muss sich daher klar gegen die IcSP Abänderung aussprechen und alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um den Vorschlag der Europäischen Kommission abzuwehren.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

Die Bundesregierung, insbesondere der  Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird aufgefordert,

 

•           auf europäischer Ebene den Legislativvorschlag zur Abänderung der IcSP-VO (230/2014) zur Finanzierung von CBSD (Capacity Building in Support of Development) abzulehnen und sich dafür einzusetzen, dass das IcSP ein Instrument zur ausschließlichen Finanzierung ziviler Konfliktprävention und nichtmilitärischer friedensbildender Maßnahmen bleibt.

 

•           sich auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass der Zusammenhang zwischen Sicherheit und Entwicklung nicht als Vorwand benutzt wird, um Entwicklungshilfegelder für sicherheits- und außenpolitische Maßnahmen zu zweckentfremden.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss  vorgeschlagen.