1883/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 09.11.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Parlamentarische Materialien

Parlamentarische Materialien

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Alev Korun, Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Menschenrechtsverfall in der Türkei

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Seit Monaten ist eine drastische Verschlechterung der Menschenrechtslage in der Türkei zu beobachten. Nach dem Putschversuch im Juli 2016 sind durch die sogenannte „Anti-Terror“ Politik Erdogans zahlreiche JournalistInnen, Universitätsangehörige, RichterInnen, StaatsanwältInnen, Polizisten und BürgerInnen entlassen oder verhaftet worden, unabhängige Zeitungen und Radiostationen geschlossen und zuletzt auch PolitikerInnen bzw. Abgeordnete der Oppositionspartei HDP festgenommen worden.

 

Die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien scheint angesichts der zunehmend autoritären, willkürlichen Politik Erdogans zunehmend der Vergangenheit anzugehören. Er selbst spricht schon von geplanten „Säuberungen“ der Bevölkerung. Die Absetzung und Kündigung zahlreicher RichterInnen unter der Regierung Erdogans lässt darauf schließen, dass mittlerweile unabhängige RichterInnen und damit auch faire Verfahren in der Türkei Mangelware sind. Das angebliche „Krisenregime“ wurde nach dem versuchten Staatsstreich mittlerweile zur normalen Regierungsform. Der rasante Anstieg von Fällen strafrechtlicher Verfolgung aufgrund des Vorwurfs der Beleidigung des Präsidenten und die lange Liste entlassener und verhafteter Journalisten, AkademikerInnen, LehrerInnen und Staatsbediensteter sind nur ein Indiz hierfür. Die Ankündigung der geplanten Wiedereinführung der Todesstrafe ist eine letzte drastische Bestätigung.

 

Der dramatische Verfall rechtstaatlicher und menschenrechtlicher Werte in der türkischen Regierung stellt auch einen Lackmustest für die Grundwerte der EU, die mit der Türkei das sogenannte „EU-Türkei-Abkommen“ in Bezug auf Rückschiebung von Flüchtlingen abgeschlossen hat und deren Beitrittskandidat die Türkei ist, dar. Zum Wohle der Bevölkerungen in der EU, aber auch der gesamten türkischen Bevölkerung sind Österreich und die EU aufgefordert, zu handeln.

Da die Türkei angesichts der massiven Verfolgung von kritischen Medien und JournalistInnen, oppositionellen Gruppen und kurdischer Minderheiten im Land und der zusehends fehlenden rechtsstaatlichen Garantien nicht mehr als sicherer Drittstaat angesehen werden kann, ist auch das Flüchtlingsabkommen von der EU aufzukündigen. 

 

Es ist an der Zeit, endlich innerhalb der EU zu einem nachhaltigen, fairen Verteilungsschlüssel und einer finanziellen Verantwortungsaufteilung zu kommen.

Zudem sollte auch politisch ein Signal gesendet werden, indem Österreich innerhalb der OSZE, deren Mitglied die Türkei ebenfalls ist, anregt, eine menschenrechtliche Beobachtungsmission in die Türkei zu entsenden, dies mit Schwerpunkt auf Medienfreiheit.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres werden aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass 

 

-       die EU politisch eine gemeinsame Strategie findet, die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei prominent zum Thema in Gesprächen mit der Türkei zu machen

 

-       das EU-Türkei Abkommen angesichts der menschenrechtlich prekären Lage aufgekündigt wird

 

-       Menschenrechtsverletzungen in der Türkei auch in der EU-Wirtschaftspolitik verstärkt zum Thema gemacht werden 

 

-       die OSZE eine menschenrechtliche Beobachtungsmission in die Türkei entsendet, um die Einhaltung der Grundrechte, insbesondere jenes auf Medienfreiheit, zu kontrollieren.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte  vorgeschlagen.