1887/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 09.11.2016
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Parlamentarische Materialien

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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Tanja Windbüchler-Souschill, Alev Korun, Berivan Aslan, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Abschaffung von Demokratie und Rechtstaatlichkeit in der Türkei

 

BEGRÜNDUNG

 

In der Türkei werden die zentralen Grundlagen eines demokratischen Rechtsstaates systematisch außer Kraft gesetzt. Seit dem Putschversuch vom Juli 2016 wird durch die sogenannte „Anti-Terror“ Politik die Pressefreiheit faktisch ausgehebelt. Staatspräsident Recep Erdogan hat weder eine politische Lösung der Kurdenfrage, noch ein Ende des brutalen Vorgehens gegen die eigene Bevölkerung zum Ziel, sondern eine Säuberung und Zuspitzung der Lage in der Türkei.

 

Zahlreiche JournalistInnen, Universitätsangehörige, RichterInnen, StaatsanwältInnen, Polizisten und BürgerInnen sind verhaftet worden, unabhängige Zeitungen und Radiostationen geschlossen worden. Die Justiz wird dazu missbraucht, die Macht des türkischen Staatspräsidenten Erdogan zu stärken. Mit der neuerlichen Ankündigung der Wiedereinführung der Todesstrafe droht die Missachtung einer der grundlegendsten Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Charta der Grundrechte.

 

Am 31. Oktober 2016 wurden 13 JournalistInnen der unabhängigen türkischen Tageszeitung Cumhuriyet, unter ihnen der geschäftsführende Chefredakteur Murat Sabuncu und drei Kommentatoren Kadri Gürsel, Güray Öz und Aydın Engin festgenommen. In der Nacht von 3. auf 4. November 2016 hat die türkische Polizei gewählte MandatarInnen der zweitstärksten Oppositionspartei HDP verhaftet, darunter die beiden Vorsitzenden Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Am Freitag, den 4. November 2016 wurde über die HDP Doppelspitze Untersuchungshaft verhängt. Es wurden bisher rund 35.000 Menschen verhaftet, zehntausende Beamte und Beamtinnen wurden entlassen.

 

Dies alles sind bedrohliche und alarmierende Entwicklungen, die die Europäische Union und die österreichische Regierung nicht unbeantwortet lassen dürfen. Das gezielte Abrücken von rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Werten seitens der türkischen Regierung stellt die EU und die EU Mitgliedsländer auf eine harte Probe, wenn sie ihre Grundwerte nicht verraten wollen. Der internationale Aufschrei über die Zuspitzung der Lage in der Türkei ist groß: Demokratie und Rechtstaatlichkeit, Grundrechte und Menschenrechte werden in einem rasanten Tempo abgeschafft.

 


Der türkische Staatspräsident Recep Erdogan missbraucht, kriminalisiert, provoziert und tritt die türkische Verfassung mit Füßen. Er agiert wie ein Diktator und trifft systematisch alle Vorbereitungen für ein autokratisch geführtes „Reich“.  Wie lange warten die Europäische Union und Österreich noch mit Konsequenzen für Erdogan und seine AKP Regierung? Der türkische Staatspräsident verschärft mit seinem Vorgehen nicht nur die Krisen in der ganzen Region, sondern zerstört jeglichen Weg für ein friedliches, gleichberechtigtes und freies Zusammenleben in der Türkei.

 

Es müssen daher rasch Maßnahmen seitens der Europäischen Union sowie der österreichischen Bundesregierung gesetzt werden.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres werden aufgefordert,

 

-       so rasch wie möglich den österreichischen Botschafter aus Ankara zurückzurufen, um sich über die aktuellen Entwicklungen in der Türkei berichten zu lassen;

 

-       von der türkischen Regierung die sofortige Freilassung der OppositionsführerInnen sowie aller JournalistInnen, LehrerInnen, PolizistInnen, StaatsanwältInnen, RichterInnen, Universitätsangehörige und anderer politisch Verfolgter zu verlangen.

 

-       sich auf allen Ebenen vehement für die Verhängung eines Waffenembargos gegen die Türkei einzusetzen;

 

-       auf EU Ebene darauf hinzuwirken,

 

-       dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei formell ausgesetzt werden, bis demokratische Mindeststandards wieder eingehalten werden;

 

-       dass jene IPA Fördergelder ausgesetzt werden, die der AKP Regierung zugutekommen;

 

-       dass bezüglich der Rückkehr zum Dialog mit den VertreterInnenn der Kurdinnen und Kurden sowie bezüglich der Reaktivierung des Friedensprozess mit der HDP und PKK Druck auf die türkische Regierung ausgeübt wird;

 

-       dass die EU klare Worte in Bezug auf den dramatischen Verfall rechtsstaatlicher und menschenrechtlicher Werte in der Türkei findet. Die Menschenrechts- und Grundrechtsverletzungen in der Türkei müssen in EU-Türkei Gesprächen prominent und kontinuierlich zur Sprache gebracht werden;

 

-       sich im Hinblick auf den österreichischen OSZE-Vorsitz 2017 für die Entsendung einer  OSZE menschenrechtlichen Beobachtungsmission in die Türkei stark zu machen; insbesondere soll die OSZE Medienbeauftragte in ihrer Arbeit in der Türkei unterstützt werden;

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss  vorgeschlagen.