1889/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 09.11.2016
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EntschlieSSungsantrag

Parlamentarische Materialiench

 

der Abgeordneten Aygül Berivan Aslan, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Kinderehen in Österreich

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Kinderehen werden in der internationalen Gemeinschaft zwar geächtet, doch die Eheschließung zwischen mindestens einem/einer Minderjährigen und meist einem/einer Volljährigen gehört in vielen afrikanischen, arabischen und asiatischen Ländern der Welt weiterhin zum Alltag. In den allermeisten Fällen sind die Mädchen diejenigen, die minderjährig verheiratet werden.

 

Vor allem in sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländern sowie in von Kriegen und militärischen Konflikten gebeutelten Ländern ist die Zahl der Kinderehen hoch. Laut einem Bericht von „Save the Children“ haben weltweit rund 700 Millionen der heute lebenden Frauen  vor ihrem 18. Geburtstag geheiratet. Am öftesten sind Mädchen in Niger (75 Prozent) von einer Kinderehe betroffen, in Indien ist fast die Hälfte der Mädchen (47 Prozent) unter 18 Jahren verheiratet.

 

In Ländern wie Syrien und Irak ist die Zahl der geschlossenen Kinderehen in den letzten Jahren, die von kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt waren, stark angewachsen. Laut UN Women ist die Zahl der in Syrien geschlossenen Kinderehen (zwischen SyrerInnen) von 13 Prozent auf 51 Prozent gestiegen.

 

Die Verheiratung von jungen Mädchen wird in der Herkunftsgesellschaft oft als Sicherheitsmaßnahme von den Eltern angestrebt, um die Versorgung des Nachwuchses sowie den Schutz vor Gewalt und sexuellen Übergriffen zu gewährleisten. Gleichzeitig werden früh verheiratete Mädchen und Buben ihrer essentiellen Rechte beraubt: Ihrem Recht, Kind zu sein sowie dem Recht auf Schutz, Wahrung ihrer Interessen sowie Bildung. Der Eintritt in eine Kinderehe steht für die betroffenen Mädchen meist am Beginn einer Reihe von Benachteiligung gegenüber unverheirateten Mädchen.

 

In Österreich ist die Eheschließung an die Volljährigkeit der EhepartnerInnen geknüpft. Erwachsene dürfen ab 18 Jahren heiraten und in Ausnahmefällen ab 16, wenn ein Erziehungsberechtigter zustimmt. Kinderehen sind also in Österreich nicht erlaubt, gleichzeitig kann nicht ausgeschlossen werden, dass nicht auch hier Minderjährige (vorrangig unter 16 Jahre) als Ehepaar zusammenleben, wenn sie die Ehe im Ausland geschlossen haben und beispielsweise als Flüchtlinge nach Österreich gekommen sind.

 

Über die Zahl der im Ausland geschlossenen Kinderehen in Österreich gibt es keinerlei Datenmaterial. Mehrere Anfragen an die zuständigen Ministerien über Ausmaß und gelebte Praxis von Kinderehen in Österreich (vgl. die Anfragen 9698/J, 3105/J, 9634/J) wurden bisher abschlägig beantwortet. Im Vergleich dazu wurden in  Deutschland Zahlen veröffentlicht: Mit Juli 2016 waren im deutschen Nachbarland 1.475 minderjährige AusländerInnen als verheiratet registriert. 994 der Verheirateten waren zwischen 16 und 18 Jahre alt, 361 verheiratete Kinder  jünger als 14 Jahre.

 

Bereits jetzt ist es nach österreichischer Rechtslage möglich, vor Gericht eine im Kindesalter geschlossene Ehe aufzuheben. Der Antrag zielt also nicht auf eine gesetzliche Maßnahme zur Verhinderung von Kinderehen in Österreich ab. Allerdings ist nicht nachzuvollziehen, warum es keinerlei Daten über Ausmaß und Praxis von Kinderehen in Österreich gibt. Gerade auch um die vorschnelle Konstruktion von Feindbildern und Ängsten vor „Parallelgesellschaften“ zu relativieren bzw. mit einer fundierten Faktenlage begegnen zu können, wäre es ratsam Daten zum Phänomen Kinderehen in Österreich zu haben.

 

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Studie zum Thema Kinderehen in Österreich in Auftrag zu geben und diese zu veröffentlichen. Ein Schwerpunkt sollte dabei auf Anzahl und Praxis von Kinderehen in Österreich liegen, bei denen mindestens ein/e minderjährige/r EhepartnerIn unter 16 Jahren alt ist.

 

Darüber hinaus soll für österreichische Institutionen ein Leitfaden für den Umgang mit Kinderehen erstellt werden, um sicherzustellen, dass der Schutz und die Rechte der betroffenen Minderjährigen gewahrt werden.

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gleichbehandlungsausschuss  vorgeschlagen.