1891/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 10.11.2016
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Niko Alm, Kollegin und Kollegen

betreffend Start-up Paket: Mitarbeiterflexibilisierung

 

Dass der Faktor Arbeit entlastet werden muss, zählt zu den anerkannten Kritikpunkten der Standortpolitik; passiert ist in dieser Hinsicht aber praktisch nichts. Vor allem bei kleinen Unternehmen, die stärker entlastet werden müssten, herrscht Nachholbedarf. Zudem ist es an der Zeit, dass Arbeitnehmer_innen und Arbeitgeber_innen nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden, denn beide partizipieren am Unternehmenserfolg – in kleineren Unternehmen noch viel mehr als in Konzernen.

Die Grenze zwischen selbständiger und unselbständiger Arbeit ist längst verwischt. Die Arbeitswelt ändert sich permanent und es ist an der Zeit, dieser Entwicklung auch Rechnung zu tragen – nicht zuletzt, weil der globalisierte Wettbewerb zu einem Innovationsdruck führt, dem mit den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nur schwer begegnet werden kann. Innovation geschieht heute vielfach in jungen, kleinen Unternehmen. Diese Start-ups müssen binnen weniger Jahre ihre Ideen zur Marktreife bringen und brauchen dafür sehr oft Risikokapital. Diese erste Phase eines Unternehmens ist in der Realität meist von harter, niedrig bezahlter Arbeit geprägt. Jedoch sind Gründer_innen und ihre Mitarbeiter_innen gewillt, diese Entbehrungen auf sich zu nehmen. In der Gründungsphase zeichnen sich die Unternehmen häufig dadurch aus, dass sie Renditerwartungen und Erwartungen auf höhere Gehälter weiter in die Zukunft verschieben.

Die Bereitschaft auf eine spätere Auszahlung ist in einer Phase der niedrigen Investitionsbereitschaft nicht nur wünschenswert, sondern stellt auch den komparativen Vorteil der Start-up Branche dar. Es wäre also nicht nur der Start-up Branche gegenüber unfair, ihnen ihren größten Vorteil im Kampf um Kapital zu nehmen, es wäre auch ein volkswirtschaftlich logischer Schritt Start-ups diesen Vorteil nützen zu lassen, um die Investitionsbereitschaft zu steigern.

Mitarbeiterbeteiligung

Ein Maßnahmenpaket, dass Mitarbeiterbeteiligungen erleichtert, könnte auf der anderen Seite eine Flexibilisierung der Leistungsvergütung ermöglichen. Unternehmensanteile bei Start-ups sind nicht selten begehrter als eine hohe Entlohnung, vor allem dann, wenn man als Anteilseigner auch an der Wertsteigerung des Unternehmens beteiligt ist. Ganz allgemein haben Mitarbeiterbeteiligungen generell einen motivatorischen Effekt auf die Belegschaft. Am eigenen Unternehmen beteiligte Mitarbeiter_innen haben eine emotionale Bindung zu "ihrem" Unternehmen, sind in ihren Beteiligungsüberlegungen langfristig orientiert und helfen so mit, längerfristige Unternehmensstrategien umzusetzen und als Kernaktionär_innen bzw. -gesellschafter_innen zu einer Stabilisierung der Eigentümer_innenstruktur beizutragen. Eine Erleichterung der Beteiligung von Mitarbeiter_innen, die in weiterer Folge auch bei GmbHs durch die einfachere Übertragbarkeit von Anteilen sichergestellt werden sollte, fördert unternehmerisches Denken auch in der Belegschaft und damit die Stabilität des Unternehmens und letztendlich die Arbeitsplatzsicherheit.

Entlohnung und Arbeitsrecht

Die Flexibilität bei der Gestaltung der Leistungsvergütung ist in österreichischen Arbeitsrecht sehr eingeschränkt. Hier gibt es Nachholbedarf, um im internationalen Wettbewerb um Start-ups nicht nur zu bestehen, sondern um an die Spitze zu kommen. Aus den Kollektivverträgen gibt es viele Automatismen, die für Start-ups unpassend sind. Gleichzeitig sind alternative Entlohnungen wie Mitarbeiterbeteiligungen rechtlich herausfordernd bzw. steuerlich nicht bevorteilt. Wenn eine Mitarbeiterbeteiligung bei Start-ups erleichtert wird, sollte dafür auch ein anderer Kollektivvertrag gelten. Es wäre daher wünschenswert, die ersten drei Jahre eigene Kollektivverträge für neue Unternehmen durchzusetzen. Beispielsweise sollten bestimmte Automatismen Einschränkungen sowie Bonus-Systeme für Unternehmen in den ersten drei Jahren nicht gelten. Die derzeitigen Einstufungen sind teilweise schlicht und einfach zu hoch. Einstufungen auf der Ebene längst etablierter Unternehmen spiegeln nicht die Realität der Gründer_innen wieder und führen häufig zu einer ungerechtfertigten Kriminalisierung bzw. zu einer zu hohen Marktbarriere.

Mitarbeiter_in oder schon Selbstständige_r?

Es ist naheliegend, dass sich ein_e Mitarbeiter_in auch freiwillig als Unternehmer_in im Sinne des Sozialversicherungsgesetz sehen soll, wenn diese_r es bevorzugt. Das heißt, die aktuelle Situation des/r Unternehmers/in im Sozialversicherungsrecht muss genauer definiert werden.

Die Definition: Pflichtversicherung der Unternehmen nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG). Durch das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (GSVG) wird die Pflichtversicherung von Personen geregelt, die unter dem Terminus "Selbständige" zusammengefasst werden. Folgende Personengruppen sind somit nach dem GSVG pflichtversichert:

·        Selbständig erwerbstätige Personen, darunter die so genannten "Neuen Selbständigen"

·        Natürliche Personen, die Mitglieder der Wirtschaftskammer Österreich sind

o   Einzelunternehmerinnen/Einzelunternehmer mit Gewerbeberechtigung

o   Werkvertragstätigkeit mit Gewerbeberechtigung

·        Gesellschafterinnen/Gesellschafter einer OG, wenn die Gesellschaft Mitglied der Wirtschaftskammer Österreich ist

·        Komplementärinnen/Komplementäre einer KG, wenn sie Mitglieder der Wirtschaftskammer Österreich sind

·        Gesellschafterinnen/Gesellschafter oder Geschäftsführerinnen/Geschäftsführer einer GmbH, wenn die Gesellschaft Mitglied der Wirtschaftskammer Österreich ist.

Allerdings gibt es hier auch Ausnahmen, die mitunter dazu führen können, dass für Betroffene hohe Nachforderungen anfallen, wenn auf Grund einer, dem Unternehmer nicht logisch erscheinenden, Ausnahme, eine aus Sicht der prüfenden GKK falsche SV-Zuordnung getroffen wurde.

Lohnnebenkostenstufen

Um die Einstellung neuer Dienstnehmer_innen zu erleichtern, gibt es derzeit eine Förderung von EUR 10.000,-, wenn der erste Dienstnehmer vom Arbeits Markt Service (AMS) übernommen wird. Gleichermaßen könnte man - in den ersten drei Jahren - einen Schlüssel zur Reduktion der Lohnnebenkosten der Angestellten anwenden, um KMUs im Allgemeinen zu unterstützen. Der Schlüssel 1/X gibt Aufschluss darüber, zu welchem Teil der Dienstgeber von den Lohnnebenkosten befreit wird, wobei wobei X die Zahl der im jeweiligen Monat angestellten Mitarbeiter in Vollzeitäquivalenen darstellt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Leistungsentlohnung von Unternehmen vor allem in den ersten drei Jahren durch folgendes Maßnahmenpaket erleichtert:

·        GmbH-Gesellschafter_innen mit mindestens 1%-iger Beteiligung sollen nicht gegen ihren Willen zu Arbeitnehmer_innen dieser GmbH erklärt werden können.

·        Gesetzesentwurf demzufolge in § 3, Absatz 1, Ziffer 15b EStG der Betrag von ,,3.000 Euro jährlich" durch ,,1/6 des Jahresbruttobezuges, aber mindestens 5.000 Euro jährlich" ersetzt wird.

·        Start-up-Mitarbeiterpaket - befristet für die ersten drei Jahre des Bestehens:

o   Das Arbeitsverfassungsgesetz wird so geändert, dass Kollektivvertragsregelungen für die ersten drei Jahre nach Gründung ausgesetzt werden.

o   Lohnnebenkostenbefreiung der Mitarbeiter_innen mit dem Schlüssel 1/X in den ersten drei Jahren nach Gründung. Wobei der Schlüssel Aufschluss darüber gibt, zu welchem Teil der Dienstgeber von Lohnnebenkosten befreit wird und wobei X die Zahl der im jeweiligen Monat angestellten Mitarbeiter in Vollzeitäquivalenen darstellt. (Beispiel: Ein Unternehmen mit 3 Mitarbeitern erspart sich 1/3 der Lohnnebenkosten)



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie vorgeschlagen.