1894/A(E) XXV. GP
Eingebracht am 10.11.2016
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein
und weiterer Abgeordneter
betreffend Stopp der Privatisierung des Wiener Krankenanstaltenverbund
Obwohl vordergründig immer wieder behauptet wird, dass der Wiener Krankenanstaltenverbund nicht privatisiert wird, laufen im Hintergrund auf der Grundlage des Spitalskonzepts 2030, politisch verantwortlich Frau Stadtrat Sonja Wehsely, bereits längst Bestrebungen, hier einen Teil bzw. insgesamt die städtische Gesundheitsversorgung an einen bzw. mehrere internationale Gesundheitskonzern€ zu veräußern. Der Finanzierungsdruck im Wiener Gesundheits- und Sozialsystem und wachsende Ausgaben durch demographische Entwicklungen und den technischen Fortschritt zwingen die Stadt Wien zu einem fortgesetzten Rückzug aus der Gesundheitsversorgung.
Vor allem aus dem Umfeld sozialdemokratischer Wiener Spitalsärzte, aber auch SPÖ-nahen Gewerkschaftsfunktionären wird auf diese Vorgänge hingewiesen und etwa folgendes Dokument zitiert:
Irgendwie verstehe ich die Politiker sogar, wenn sie abstoßen womit sie keine Stimmen mehr gewinnen aber immer mehr verlieren werden:
Wird der KAV privatisiert? Ein Indizienprozess bei dem wir baden gehen.
Öffentliche Krankenhäuser
Im Gegensatz zur Bau- und Immobilienwirtschaft, wo man es mit ein paar wohlbekannten Player zu tun hat, ist das Gesundheitswesen
personalintensiv, d.h. teuer und man muss sich mit dem eigenen Personal herumschlagen, das gleichzeitig auch noch Wähler ist,
diversifiziert, d.h. es gibt zu viele Mitwiss… pardon -spieler, so dass der einzelne Kickback keine große Summe ausmachen wird, aber trotzdem ein mediales Risiko bleibt.
ein nicht zu sättigender Bedarf, bei dem jede Befriedigung (Doppelzimmer statt Vierbettzimmer) nur das Verlangen nach Steigerung (Einzelzimmer mit Bio-Frühstück) induziert.
In Zeiten der klammen Kassen ist es für die Politik leichter mit Radwegen, Ampelmännchen und Inselfesterlnmedial zu punkten, als in einer Großstadt ein öffentliches Krankenhaus zu betreiben. Von den mit den Parteifreunden besetzten Krankenkassen ist auch wenig Unterstützung zu erwarten und eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge verprellt sowohl Wähler als auch Wirtschaft.
Was
liegt daher näher als die Aufgabe denjenigen zu überlassen, deren
Kapital nur danach lechzt auch im Gesundheitsmarkt zu „arbeiten“.
Der Slogan vom verschwenderischen Staat hat sich schon so eingeprägt, dass
auch kaum ein Wähler die Frage aufwerfen wird, ob ein
privates Krankenhaus seinen Versorgungsauftrag anders interpretiert als es die
Patienten jetzt von der öffentliche Hand erwarten.
Würde ein Privater eine vergleichbare Vorhaltequalität bieten,
also die Fähigkeit den viralen Infekt ebenso professionell erkennen und
behandeln zu können, wie die schwere Lungenentzündung, fährt er
ebenso keine Gewinne ein, aber danach fragen wir ja nicht, denn neben den
Konservativen und Neoliberalen können sich auch die Sozen darauf
verlassen, dass wir unser Glücksmantra gelernt haben: Mehr Privat
Weniger Staat
Unsere
Gesundheitspolitik darf sich auch darauf verlassen, dass unsere Medien kaum ein
Wort darüber verlieren, weshalb die zu großen Teilen
privatisierte Spitalslandschaft in Deutschland jetzt wieder
von der öffentlichen Hand zurückgekauft werden muss (NDR Doku 2014,
die dzt. nur mehr über YouTube nachgesehen werden kann https://youtu.be/4FU-m1CNivw)
und welche „Unerwünschte Wirkungen“
dieKommerzialisierung des Krankenhauswesens so mit sich bringt:
Burn out und hohe Suizidraten beim Personal und Unterversorgung mit teuren
Maßnahmen beim Patienten
Private Angebote für absehbar unkomplizierte Geburten werden sicher nie
knapp werden, Risikoschwangere müssen sich halt was im öffentlichen
Bereich suchen müssen.
Um den „Laden“ jedoch für private Investoren interessant zu machen (Vorbild: Post) muss man den Personalstand drücken, koste es was es wolle. Ein Blick nach Deutschland würde vielleicht auch dieunmöglichen Arbeitsbedingungen (insbesondere für die Pflege) in diesen privatisierten Strukturen zeigen (Whistleblowing im Gesundheitswesen erlaubt, aber: Altenpflege http://wp.me/p1kfuX-j6), nur wird auch darüber in unseren Medien nicht berichtet.
Wie kommt man nun angesichts gegenteiliger Beteuerungen und offensichtlicher Investitionen der öffentlichen Hand aber auf die Idee, das Rathaus möchte sich schrittweise die Führung der Krankenhäuser in die Hände Privater legen?
Man kann einem Albtraum erliegen: I had a Dream: KAV for Sale http://wp.me/p1kfuX-L1
oder Indizien sprechen lassen:
I. Der Umbruch wird angedeutet:
Bei der internen Führungskräftetagung „Vision und Wirklichkeit“ im Dezember 2014 lud man sicher nicht unbewusst Redner ein, die den Weg in die Privatisierung „schön redeten“:
Pflegedirektorin
Möhlenkamp kam von der Berliner Charite,
einer Einrichtung, die seit 2003 stückweise privatisiert wurde und wird (http://labournet.de/branchen/dienstleistung/gw/charite.html). Dass das ganz aktuell wieder zu einem Arbeitskampf führt (http://www.berlinonline.de/nachrichten/mitte/nun-auch-im-krankenhaus-potentieller-streik-an-der-charit-64344)
wird Frau Möhlenkamp nicht irritieren, denn
schon bei ihrem Wiener Vortrag erklärte sie das
„Reiz-Reaktionsmuster auf der Mitarbeiterebene bei Ankündigung von
Veränderung:
In der ersten Phase kommt es zu Verneinung und danach zu Widerstand. Es muss
einkalkuliert werden, dass die Leistung dramatisch sinkt und einige Mitarbeiter
weggehen. Über eine nachfolgende Phase der Anpassung auf niedrigem
Leistungsniveau versprach sie auf ihrer Folie eine Phase des Commitments, in
der die Leistung über das ursprüngliche
Niveau hinausschießen wird.
So eine Rednerin lädt man nicht ohne Grund ein. Auch Herr DI Mündl, dem nach eigener Aussage max.mobilden Aufstieg vom „Startup“ zur „Hyper Growth Company“ und HT mobile (Kroatien) den Übergang vom „Verlierer zum Gewinner“ verdankt, pries die von ihm mitentwickelten „Selbstbedienungs- und Abholzonen“ unserer (teilprivatisierten) Post an, um mit weniger Personal auskommen zu können: „Veränderung schafft Erfolg“
II. In die obersten Etagen des KAV wurden in den letzten Jahren ausschließlich Leute berufen, die nachweislich für private Krankenhausbetreiber arbeiten, bzw. selbst solche Einrichtungen betreiben:
Wer macht da den
Köck zum Gärtner? http://wp.me/p1kfuX-cs
Nach dem Köck auch den Bock zum Gärtner … http://wp.me/p1kfuX-cy
III. Die rege Bautätigkeit im Bereich der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen kann man natürlich als Investition in die Zukunft sehen, theoretisch aber auch als Herausputzen, wie das vor früheren Privatisierungen geschah:
Eine große Familie baut sich viele Häuser http://wp.me/p1kfuX-kg
Dass dabei das klamme Gesundheitsbudget durch sachlich schwer nachvollziehbare Querfinanzierungen aus dem Wohnbau-Budget versorgt wurde blieb im Jubel der Eröffnungsmeldungen übrigens unhinterfragt (2 Beispiele):
Pflegeheim Donaustadt: Auch die Errichtung des Pflegewohnhauses Donaustadt wurde im Umfang von 14,1 Millionen Euro gefördert“, hielt Wohnbaustadtrat Michael Ludwig fest. (https://www.wien.gv.at/rk/msg/2015/03/12011.html).
Pflegeheim
Innerfavoriten: Bei den Gesamtkosten von 28 Mio Euro wurden auch 6,8 Mio Euro
aus Wohnbauförderung zugeschossen.
Wohnbaustadtrat Michael Ludwig: http://www.meinbezirk.at/wien-10-favoriten/chronik/favoriten-pflegewohnheim-innerfavoriten-eroeffnet-d941294.html
Erinnern wir uns, eigentlich wollte man das neue KH Nord auch über PPP finanzieren, was aber dann doch floppte:
Das
Projekt Krankenhaus Nord ist ein anschauliches Beispiel für die absurdeste
Variante einer Public Private Partnership. http://derstandard.at/1246543377283/Public-Private-Powerplay
Public Private Partnership – ist
damit vom Tisch
http://derstandard.at/1269448663185/Wien-Krankenhaus-Nord-wird-neu-ausgeschrieben
IV.
Durch Auslagerungen sich immer wieder neue Freunde zu schaffen ist die neue
politische Korruption:
Wie schon oben ausgeführt muss es ja nicht ein offener
Totalverkauf sein, viel eher wahrt man den Schein des öffentlichen
Eigentums, während man aber immer mehr Leistungen zukauft bis einem
außer den Kosten nicht mehr viel bleibt außer das
Türschild….
Der Teufelskreis der Auslagerung – oder wie macht man Cash? http://wp.me/p1kfuX-9Y
Warum Häupl das Wiener Wasser nicht
privatisieren wird und trotzdem nur die halbe Wahrheit sagthttp://wp.me/p1kfuX-zc
Nur weil manchmal etwas schief geht:
AKH-Wien:
AGO-Mitarbeiter kämpfen um ihre Jobs http://wp.me/p1kfuX-Eh
AKH-Korruption: Prozess wegen Erpressung, Untreue, Betrug https://meduniwien.wordpress.com/tag/ago/
heißt das noch lange nicht, dass sich dann vor Gericht nicht alles in Luft auflösen kann:
Freisprüche im
AKH-Korruptionsprozess Von angeblichem Vergabe-Skandal blieb nach Ansicht
des Schöffensenats nichts übrig
http://www.news.at/a/akh-korruptionsprozess-freispruch
V. Ja aber geht denn das so einfach hinter dem Rücken der Wähler?
Ja sicher. Ein Test:
Wem gehört die Therme Oberlaa?
Also ich hätte bis vor kurzem hätte ich geglaubt mit gewisser Berechtigung sagen zu können: Der Stadt Wien, was aber nicht so ganz stimmt!
1993 gründete
die Wiener Holding die GET und brachte ihren
100%igen Geschäftsanteil an der Kurbetrieb Heilquelle Oberlaa GmbH
rückwirkend
zum 31.12.1992 in die GET ein.
Die GET, deren Alleingesellschafter die Wien Holding war,
wurde damit alleiniger Gesellschafter der Kurbetriebsgesellschaft.
Schon im April 1993 gingen die GET Anteile der Wiener Holding an die Kommerz
Holding, die am 20.04.1994 mit der Bank Austria verschmolzen wurde.
1996 Über einige Zwischenschritte verschmolz die GET
Management Gesellschaft für Gesundheit, Energie und Technik mbH mit
der KMB Krankenhausmanagement und Betriebsführungsgesellschaft
mbH und
die Therme Oberlaa-Wien gehört ab diesem Zeitpunkt zur Vamed
Gruppe.
2007 waren die Eigentümer der Therme Wien GmbH schon etwas
unübersichtlich:
VAMED-KMB Krankenhausmanagement und BetriebsführungsgesmbH;
Wien Holding GmbH;
Wiener Städtische Versicherung AG;
Raiffeisen-Holding Nö-W;
UniCredit Bank Austria AG;
Erste Group Bank AG.
und die Therme Wien Betriebs GmbH wurde die Therme
Wien GmbH & Co KG
http://www.thermewien.at/fileadmin/user_upload/pdf/Dokumente_TW/Zeittafel_Therme_Wien_19022014_neu1.pdf
Glauben Sie allen Ernstes, dass viele der Badegäste wissen, dass die VAMED, der Retter aus dem großen AKH-Debakel 1982, nun u.a. das ehemalige Vorzeigebad der Stadt Wien in Favoriten betreibt, so wie er nach Eigendefinition „als weltweit führenden Gesamtanbieter für Krankenhäuser und andere Einrichtungen im Gesundheitswesen in 77 Ländern auf 4 Kontinenten bereits 710 Projekte realisiert hat„?
… und bei der Umstrukturierung der Berliner Charite war auch die VAMED an vorderster Front beteiligt
…. aber
letztendlich steht ja noch immer vorne Charite drauf, obwohl selbst der
Verkauf
des Namens in der Vergangenheit in Diskussion stand: http://www.berliner-zeitung.de/archiv/privatisierung—das-bettenhaus-der-renommierten-charit–verfaellt–weil-300-millionen-mark-fuer-die-renovierung-fehlen–um-einen-investor-zu-locken–will-die-charit–ihr-image-zu-geld-machen–die-charit–will-jetzt-auch-ihren-namen-verkaufen,10810590,9867700.html
so dass wir uns nicht fürchten müssen, vorne wird auch weiterhin Wiener Krankenanstaltenverbund stehen,
wie es ja noch immer Therme Wien heißt, geografisch ist
es ja auch nicht ganz unrichtig …
VI. Querfinanzierung der Privaten aus der Stadtkasse:
Darauf, dass
Gesundheitsstadträtin Wehsely gerne finanziell der Wiener
Gebietskrankenkasse unter die Arme greift und damit Steuergeld in die ambulante
Versorgung steckt, die eigentlich von den Kassenbeiträgen zu finanzieren
wäre und wie das von den Barmherzigen Brüdern betriebene
Dialysezentrum finanziert wurde, haben wir schon berichtet (Wehsely finanziert
die Wiener Gebietskrankenkasse und keinen stört’shttp://wp.me/p1kfuX-Un).
Jetzt nennt sogar schon die Wiener Zeitung das Kind beim Namen, wenn sie
über die rezent erhöhten Zuschüsse für die
Ordensspitäler aus der Rathauskasse schreibt: Ob sich
Wehselys Erfolg für mehr private Versorgung ökonomisch
auswirkt, wird die Zukunft zeigen.
http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wien/stadtpolitik/753829_Baustellen-Sommer-in-Wiens-Gesundheitspolitik.html
Link: Schleichende
Privatisierungen
http://www.arbeit-wirtschaft.at/servlet/ContentServer?pagename=X03/Page/Index&n=X03_1.a_2012_06.a&cid=1339416917348
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die im Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG) ein absolutes Verbot einer Privatisierung des Wiener KAVs oder einzelner von ihm geführten Krankenanstalten vorsieht.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.