1902/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 22.11.2016
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Parlamentarische Materialien

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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Matthias Köchl, Freundinnen und Freunde

 

betreffend bessere Rahmenbedingungen für Sharing Economy

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Gegenstände und Infrastruktur zu teilen ist eine gute Sache: Die Ressourcen werden geschont, Menschen kommen zusammen. Gerade in infrastrukturschwachen Gebieten können Angebote der Share Economy Dienstleistungen übernehmen, die sonst nicht angeboten werden (z.B. im Mobilitätsbereich, wo öffentliche Verkehrsangebote im ländlichen Raum zunehmend an der Finanzierung scheitern). Dort allerdings, wo kommerziell geteilt wird, darf kein unfairer Wettbewerb entstehen. Selbst der nicht unumstrittene Taxidienst Uber war ursprünglich als eine Art Mitfahrzentrale geplant – tritt allerdings in Österreich als eindeutig kommerzieller Taxi-Konkurrent auf. Der Begriff der Sharing Economy geht oft Hand in Hand mit „On-Demand-Economy“, beides äußert sich meistens über eine bestimmte Art von Vermittlungsplattform, die Angebot und Nachfrage zusammenbringt (mit Abstrichen gilt dies auch für Unternehmen, die sowohl Vermittlung als auch entsprechende Dienstleistungen selbst anbieten – Car2Go ist hierfür ein bekanntes Beispiel).

Am Beispiel Uber zeigt sich damit auch, dass nicht alles non-kommerziell ist, nur weil man „Sharing Economy“ draufschreibt: Wenn jemand „privat“ jede Woche 20 Stunden lang Fahrgäste transportiert, dann handelt es sich nicht mehr um ein „Teilen“ im privaten Bereich, sondern um eine Erwerbstätigkeit. Und da das Prinzip „Gleiches Recht für Alle“ in der Sharing Economy erst recht gilt, muss eine Erwerbstätigkeit immer den gleichen Spielregeln folgen. Das umfasst eine Sozialversicherungspflicht genauso wie alle steuerlichen Verpflichtungen.

Anhand der unterschiedlichen europäischen Regelungen wird klar, dass der Umgang mit den großen Protagonisten der Sharing Economy noch geübt werden muss. Oft wurden Entwicklungen wie Airbnb, Uber und Co in den letzten Jahren anfangs nicht ernst genommen. Dazu sind zahlreiche staatliche Systeme – so auch das österreichische – auf einer klassischen Trennung „Unternehmer“ vs. „Angestellte“ aufgebaut. Große Plattformen versuchen, sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Verpflichtungen ihrer Teilnehmer (meist: SubunternehmerInnen) in der Regel auch auf selbige zu überwälzen. Das treibt häufig komplizierte oder nachteilige Blüten für Selbständige: So überwälzt Uber die Ust-Besteuerung ihrer Vermittlungsgebühr an jede/n einzelne/n FahrerIn[1]. Auch hinsichtlich dessen, welche Abgaben und Steuern von Plattformen wie Uber oder Airbnb eingehoben werden, unterscheiden sich die einzelnen Regelungen erheblich – in Frankreich, Amsterdam oder Lissabon hebt Airbnb Touristensteuern ein und gibt diese an Behörden weiter, in den USA hebt Uber in einigen Regionen sogar die Umsatzsteuer ein.

Neben den steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen existiert noch die gewerbliche Gretchenfrage: wann handelt sich eine Tätigkeit um eine gewerbliche Tätigkeit und wann nicht? De facto sind alle selbständigen Tätigkeiten, die nicht unter die Sonderformen (Ausnahmen von der GewO laut der Gewerbeordnung selbst, freie Berufe, Privatzimmervermietung…) fallen, auch unter der Gewerbeordnung zu behandeln – und fallen damit genauso unter Regelungen der Betriebsanlagengenehmigung oder den reglementierten Berufen. 

Während der Sharing Economy Klassiker Airbnb unter das Regime der Privatzimmervermietung bzw. der Wohnraumvermietung (stellen i.d.R. aber keine gewerbliche Tätigkeit dar[2]) fällt, fallen zahlreiche jüngere Wachstumsmarken eindeutig auch unter die Regelungsmaterie der Gewerbeordnung: Der Mietwagenmarkt unterliegt der Gewerbeordnung (und darüber hinaus regionalen Konzessionsregelungen) genauso wie Putzdienstleistungen oder Fahrradkuriere.

In einer durch die Stadt Wien beauftragten Studie des Europaforum Wien wird dazu festgehalten: „Gewerberecht und vergleichbare Regularien orientieren sich am „klassischen“ Unternehmensmodell. Formen der gewinnorientierten kollaborativen Nutzung von Gütern und eines neuen web-basierten Mikrounternehmertums „passen“ oft nicht in diese Regelungssysteme. Vielfach werden Services heute daher in einem halblegalen bzw. illegalen Rahmen erbracht.[3]

Dies zeigt auch den Handlungsbedarf der Politik: Sharing Economy kann eine Chance sein – wenn die Spielregeln für neue KleinstunternehmerInnen so gestaltet werden, dass sie eine Überführung von bisher „gepfuschten Tätigkeiten“ in eine legale Form ermöglichen, ohne dass reguläre Beschäftigungsverhältnisse darunter leiden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

 

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine gesetzliche Grundlage vorzulegen, die „Sharing Economy“ unter Berücksichtigung folgender Zielsetzungen als Chance wahrnimmt:

·        Überführung von in gewerberechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Graubereichen („Pfusch“) geleisteten Dienstleistungen in die Legalität

·        Ökologischere Ressourcennutzung, Klimaschutz

 

Darüber hinaus soll die Vorlage sicherstellen:

 

·        Keine Unterwanderungen von Sozialversicherungspflichten

·        Gleiche Steuerpflichten für alle, unabhängig von der „Angebotsform“

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie vorgeschlagen.



[1]Wenn Sie außerhalb der Niederlande sind, wird Ihnen Uber keine niederländische USt. auf die Uber-Dienstleistungsgebühr berechnen. Stattdessen müssen Sie unter Umständen die USt. auf die Uber-Dienstleistungsgebühr entsprechend dem in Ihrem (europäischen) Land geltenden USt-Satz selbst bemessen.“ heißt es beispielsweise auf https://partners.uber.com/p3/tax-compliance/profile im Abschnitt „Häufige Fragen“,abgerufen am 17.11.16

[2] http://www.bmwfw.gv.at/Tourismus/TourismusstudienUndPublikationen/Documents/Endbericht%20Privatvermietung_AirBnB_mit%20Deckblatt.pdf

[3] https://www.wien.gv.at/statistik/pdf/big-transformers.pdf