1904/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 22.11.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

betreffend analoge Publikationsverpflichtungen

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Veröffentlichungen von grundlegenden Firmeninformationen und deren öffentliche Einsehbarkeit derselben im Firmenbuch stellen einen essentiellen Baustein im Sinne der Transparenz dar. Gerade in Zeiten kaum nachvollziehbarer Firmengeflechte, Steuerfluchtkonstrukten und undurchsichtigen Besitzstrukturen bietet die Veröffentlichungspflicht von einigen wichtigen Daten des Unternehmertums einen Baustein der öffentlichen Kontrolle.

 

Allerdings: Jede Eintragung oder Änderung im Firmenbuch kostet. Und zwar oft sogar doppelt. Gehen wir z.B. von einer Änderung im Gesellschaftervertrag einer kleinen GmbH aus, kommen folgende Kosten für die Eintragungen zustande:

·        Einmal beim Firmenbuchgericht an sich (als GmbH mindestens 32.- Eingabegebühr, plus 20.- Eintragungsgebühr[1]), allerdings muss der zu Grunde liegende geänderte Gesellschaftervertrag auch noch notariell beglaubigt werden, was nochmals erhebliche Kosten mit sich bringt.

·        Und nochmals, da eine Gesellschafteränderung auch im Amtsblatt der Wiener Zeitung zu veröffentlichen ist. Kostenpunkt: 40.- (zuzüglich Umsatzsteuer) für 5 Zeilen, plus 6.- (zzgl. USt) für jede weitere angefangene Zeile.[2]

 

Gleiches gilt für Jahresabschlüsse – diese werden zwar bei GmbHs nicht vollständig abgedruckt (sprich man kommt mit den 40.- Grundgebühr i.d.R. aus), aber die Notifikation der Abgabe füllt im Amtsblatt der Wiener Zeitung regelmäßig über ein Drittel des Volumens[3]. Eine relativ teure, seitenlange Liste von Unternehmensnamen, die ihre Jahresabschlüsse abgegeben haben. Diese Notifikationen wird nach Freigabe durch das Firmenbuchgericht an die Wiener Zeitung weitergeleitet, die Verrechnung durch die Wiener Zeitung an die Unternehmen erfolgt automatisch[4].

Entsprechende Befreiungen von dieser „Bekanntmachung“ sind laut aktuellem UGB Kommentar (Zib in Zib/Dellinger (Hrsg), Unternehmensgesetzbuch (2015) zu § 277 UGB, Seite 1178) eng auszulegen:

Die Eintragung (idR: „Jahresabschluss zum … eingereicht am …“) ist vom Firmenbuchgericht in der Ediktsdatei und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung bekannt zu machen (§ 10). Die Bekanntmachung entfällt aufgrund gesetzlicher Bekanntmachungsfiktion bei eingetragenen Personengesellschaften (Art XXIII Abs 15 FBG). Die Kapitalgesellschaft & Co ist insoweit nicht durch § 221 Abs 5 der Kapitalgesellschaft gleichgestellt und ihr auch nicht im Wege teleologischer Reduktion des Art XXIII Abs 15 FBG[5] gleichzustellen.

 

Diese Kosten betreffen Jahr für Jahr potentiell rund 100.000 Unternehmen[6], unter ihnen auch Kleinstunternehmen: Jedes Jahr werden über 4000 GmbHs gegründet (hier fallen neben den Firmenbuchkosten und Veröffentlichungskosten auch noch Notariatskosten an).

 

Diese Doppelgleisigkeit bringt in Zeiten einer fast 100%igen Internet-Verfügbarkeit und Smartphones keinerlei Mehrwert. Sie ist ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert.

Solange die Online-Veröffentlichung gewahrt bleibt, kann eine Abschaffung der Print-Veröffentlichung vorgenommen werden – die Print-Veröffentlichung ist nicht mehr zeitgemäß und geht zu Lasten der betroffenen Unternehmen.

 

Gleichzeitig betreibt die Wiener Zeitung auch die Plattform firmenmonitor.at (eingeschränkter Zugang zum Firmenbuch). Diese Konstellation wäre  prädestiniert dafür, Publikationsverpflichtungen zukünftig über eine Online-Plattform benutzerfreundlich abzuwickeln und anzubieten.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die  Bundesregierung  wird  aufgefordert, die Veröffentlichungspflichten im „Amtsblatt

der  Wiener  Zeitung“ zu evaluieren und gegebenenfalls aufzuheben, sowie eine  zeitgemäße, amtliche Publikationsplattform im Internet sicherzustellen.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie  vorgeschlagen.

 



[1] https://www.usp.gv.at/Portal.Node/usp/public/content/steuern_und_finanzen/betriebliches_rechnungswesen/finanzbuchfuehrung/50514.html

[2] Laut Verordnung über die Höchstsätze für Veröffentlichungen im „Amtsblatt der Wiener Zeitung“, BGBL 124/2002: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20001868

[3] Als Beispiel die Ausgabe des Amtsblattes der Wiener Zeitung vom 8.10.2014: http://www.esf.at/esf/wp-content/uploads/AMTSBLATT_081014.pdf

[4] Laut telefonischer Auskunft des Handelsgerichts Wien am 18.11.16: bei allen GmbHs.

[5] (15) Eintragungen über Einzelunternehmer und eingetragene Personengesellschaften, die in der Datenbank des Firmenbuchs vorgenommen wurden, gelten als bekanntgemacht und müssen nicht veröffentlicht werden.“

[6] Unternehmensdemographie 2014, Anzahl der aktiven Kapitalgesellschaften: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/unternehmen_arbeitsstaetten/unternehmensdemografie_ab_2015/103443.html