1925/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 24.11.2016
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EntschlieSSungsantrag

 

der Abgeordneten Hagen

Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Neugestaltung des Scheidungs- und Unterhaltsrecht“

 

Ein Hauptgrund für erhebliche Probleme in Scheidungs-und Unterhaltsprozessen besteht darin, dass diverse Unterhaltsfolgen verschuldensabhängig sind. So führt die Klärung der Verschuldensfrage in vielen Fällen zu aufreibenden und emotionalen Auseinandersetzungen zwischen den Ehepartnern.

 

Weiters scheint eine grundsätzliche Änderung des Unterhaltsrechts aufgrund einer gewissen systemimmanenten Leistungsfeindlichkeit angebracht. Durch teilweise zu hoch bemessene und „immerwährende“ Fortzahlungen an den ehemaligen Ehepartner samt der Möglichkeit jederzeitiger Neuberechnungen werden den Unterhaltsschuldnern oftmals die Grundlagen entzogen, um eine neue Familie gründen zu können und das Risiko der Altersarmut wesentlich erhöht.

Es ist unter rechtsvergleichender Betrachtung anderer Staaten zu diskutieren, ob Unterhalt in der jetzigen Form noch zeitgemäß ist bzw. die diesbezüglichen Regelungen – beispielsweise in Konstellationen, in denen der ehemalige Ehepartner keine Kinder mehr zu versorgen hat. Im Grundsatz ist für die Zeiten der Kindererziehung ein Unterhaltsanspruch für den ehemaligen Ehegatten anzusetzen, welcher auch auf die Pension angerechnet werden kann.

Ein Ansatz wäre, sich am schwedischen Modell zu orientieren. In den skandinavischen Ländern, etwa Schweden, Dänemark und Finnland, die einerseits eine sehr hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen und gleichzeitig vergleichsweise niedrige Teilzeitquoten aufweisen, ist die vom Familienstand abhängige soziale Absicherung kaum (mehr) vorhanden. Sowohl das Steuerrecht als auch die wohlfahrtsstaatlichen Systeme beziehen sich in erster Linie auf das Individuum und fördern dadurch auch eine vollständige Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt.

Für alle nordischen Staaten gilt: Unterhaltszahlungen für geschiedene Ehepartner kommen nur in einer Minderheit der Fälle vor, und wenn dann in der Regel lediglich für eine Übergangszeit.

 

Mangels entsprechender Regelungslage in Österreich zeichnen sich immer häufiger bedenkliche Szenarien ab. Etwa muss eine über 40 Jahre alte Frau, die bis zur Scheidung nicht gearbeitet hat, nach einem OGH-Spruch nicht mehr berufstätig werden und kann lebenslang vom Unterhalt des Exgatten leben. Und auch, wenn die Frau in Teilzeit berufstätig ist, wird der Mann zum Ausgleich des Verdienstes verpflichtet, bis in die Pension hinein.

In diesem Zusammenhang ist der Anspannungsgrundsatz zu nennen. Die „Anspannung“ nimmt Unterhaltsschuldnern die Möglichkeit auf freie Lebensgestaltung und Berufswahl. Unterhaltsschuldner sind durch faire Bemessungen, die ihnen selbst Geld zum Leben lassen, besonders, wenn sie sich beruflich engagieren, zu motivieren statt durch die „Anspannung“ in die Armut zu treiben.

 

Insgesamt muss daher eine Gesamtreform des Scheidungs- und Scheidungsfolgenrechts angestrebt werden - insbesondere mit der grundsätzlichen Maßgabe, die Gewährung und Bemessung von Unterhaltsansprüchen mit der fehlenden Möglichkeit der Selbstversorgung fair zu verknüpfen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

 

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesentwurf vorzulegen, welcher eine Gesamtreform des Scheidungs- und des Scheidungsfolgenrechts insbesondere mit der Zielsetzung vorsieht, ein am schwedischen Model orientiertes, dem Gleichheitssatz nicht widersprechendes Unterhaltsrecht samt genereller Aufhebung des Anspannungsgrundsatzes zu implementieren.“

 

In formaler Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.