2214/A XXV. GP

Eingebracht am 07.06.2017
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ANTRAG

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend Sichtbarmachen von LeiharbeiterInnen im Jahresabschluss

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen (Unternehmensgesetzbuch - UGB), zuletzt abgeändert durch BGBl. I Nr. 20/2017, abgeändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundesgesetz über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen (Unternehmensgesetzbuch - UGB), zuletzt abgeändert durch BGBl. I Nr. 20/2017, wird wie folgt geändert:

 

In § 237 Abs. 1 wird folgende Z 6a eingefügt:

 

6a. die durchschnittliche Zahl der Leiharbeitskräfte (in Vollzeitäquivalenten), ihr Einsatz (Abteilungen, Standorte) und die Dauer der Beschäftigung während des Geschäftsjahrs sowie der Gesamtbetrag des Aufwands dafür;

 

 

Begründung:

 

Grundsätzlicher Zweck von Leiharbeit ist ihr Einsatz zum Abfedern kurzfristiger Auftragsspitzen. Keine andere Erwerbsform hat in den letzten Jahren einen derartigen Anstieg erlebt: Waren es im Jahresdurchschnitt 1998 noch knapp 21.000 unselbstständige Beschäftige, so sind 2015/2016 bereits über 68.000 unselbstständige Beschäftigte als LeiharbeiterInnen tätig (Sozialministerium, 2016). Leiharbeit ist aber noch viel verbreiteter: 165.259 Personen wurden im Zeitraum Juni 2015 bis Juli 2016 mindestens einen Tag überlassen, im Durchschnitt entfallen pro Leiharbeitskraft 2,7 Überlassungen pro Jahr (Sozialministerium, 2016). Leiharbeit ist längst nicht mehr nur im Industrie- oder Produktionsbereich zu finden, sondern mittlerweile in vielen Branchen quer durch alle Qualifikationsniveaus verbreitet.

 

Der Boom ist allerdings zunehmend Resultat eines zweckentfremdeten, missbräuchlichen Einsatzes von Leiharbeit. Ein wesentlicher Grund für den gesteigerten und immer öfter auch dauerhaften Einsatz von LeiharbeiterInnen ist, dass die Kosten für LeiharbeiterInnen derzeit unter „Materialaufwand“ in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht werden können und daher im Jahresabschluss nicht unter Personalkosten sichtbar sind. Auf diese Weise haben Unternehmen die Möglichkeit, Personalkosten unsichtbar zu machen. Diese Praxis ist besonders in Aktiengesellschaften verbreitet, wo der Druck der AktionärInnen, Personalkosten zu reduzieren, groß ist.

Konsequenzen dieser Praxis sind, dass Leiharbeit weit über ihren ursprünglichen Zweck hinaus eingesetzt und ein ursprüngliches „Notkonstrukt“ als Beschäftigungsform für immer mehr Beschäftigte zur dauerhaften Realität wird. Gute Jobs werden in den betroffenen Unternehmen durch schlechte ersetzt, oft nur um nach außen den Schein niedriger Personalkosten zu wahren. Eine Form atypischer und oftmals auch prekärer Beschäftigung zweiter Klasse wird so innerhalb vieler Unternehmen zur Dauereinrichtung.

 

Die Novelle des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes im Jahr 2013 hat das Gleichbehandlungsgebot von Leiharbeitskräften gegenüber der Stammbelegschaft gesetzlich verankert. Allerdings werden nach der Einschätzung von Betriebsräten mehr als ein Drittel aller LeiharbeiterInnen weiterhin bei Weiterbildungsmaßnahmen, der Entlohnung (nicht korrekte KV-Einstufungen, Übergehung bei Bonifikationen und Prämien) und Sozialleistungen benachteiligt.

Dies zeigt, dass es unterschiedliche Ansätze benötigt, um die beschriebene Fehlentwicklung zu stoppen. Ein wichtiger Schritt dafür ist, dass Unternehmen dazu verpflichtet werden, Kosten für Leiharbeit im Jahresabschluss erkennbar auszuweisen und über Ausmaß und Dauer der Beschäftigung von LeiharbeiterInnen Bericht zu legen.

 

Derzeit sind Überlasser nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz § 13 (4) verpflichtet Daten über ihre Überlassungen der Statistik Austria zu übermitteln. Diese werden dann stark auf z.B. Branchen und Überlassungsepisoden zusammengefasst und in einem jährlichen Kurzbericht des Sozialministeriums veröffentlicht. Allerdings haben die Anteilseigner von Gesellschaften, die als Beschäftiger von LeiharbeiterInnen fungieren, bis jetzt keinerlei Einsicht in die Kostenwahrheit der bislang im Jahresabschluss „unsichtbaren“ Belegschaftsgruppe der LeiharbeiterInnen. Dies soll sich jetzt durch die Ergänzung der Angaben im Anhang der Geschäftsberichte ändern.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.