2219/A XXV. GP

Eingebracht am 07.06.2017
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ANTRAG

der Abgeordneten Matthias Köchl, Bruno Rossmann; Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend Fünf Vereinfachungen für Selbständige

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Wirtschaftskammergesetz 1998, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert werden.

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

 

Artikel 1

Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes

 

 

Das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 560/1978, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 53/2017, wird wie folgt geändert:

 

1.    In § 4 Abs. 1 Z. 7 entfällt der dritte Satz.

 

2.    In § 106 Abs. 6 wird  im ersten Satz nach dem Wort „überschreiten“ folgende Wortfolge eingefügt:

 

„sowie 80% des tatsächlich entrichteten Beitrags nicht unterschreiten“

 

 

Artikel 2

Änderung des Wirtschaftskammergesetzes 1998

 

 

Das Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 50/2016, wird wie folgt geändert:

 

1.    In § 123 wird nach Abs. 14 ein neuer Abs. 15 angefügt:

 

„Die zu entrichtenden Grundumlagen haben für physische Personen, offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften nicht mehr als 100 Euro pro Jahr für alle Fachgruppenmitgliedschaften im Bundesgebiet zu betragen.“

 

 

Artikel 3

Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988

 

 

Das Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 34/2017, wird wie folgt geändert:

 

1.    In § 13 wird die Zahl „400“ durch die Zahl „500“ ersetzt.

 

 

Artikel 4

Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994

 

 

Das Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 117/2016, wird wie folgt geändert:

 

1.    In § 6 Abs. 1 Z. 27 wird die Zahl „30 000“ durch die Zahl „32 000“ ersetzt.

 

 

 

 

 

 

Begründung:

 

Oft sind es bereits kleine Änderungen, die Selbständigen das Leben einfacher machen. Schließlich sprechen wir hier von KleinunternehmerInnen, die normalerweise keine Reichtümer erwirtschaften (das Median Einkommen von EPUs liegt realistisch zwischen 10.000.- und 11.000.- pro Jahr[1]).

Die folgenden fünf Vereinfachungen haben keine oder geringe Auswirkungen hinsichtlich des Steueraufkommens und erreichen viele Selbständige, die sich gerade so über Wasser halten:

 

Zu Art 1 Z 1): „Hybride UnternehmerInnen“ kommen immer häufiger vor. Sei es, weil angehende Selbständige lieber aus der Unselbständigkeit heraus „antesten“ wollen, ob ihre Geschäftsidee aufgeht, oder sei es, weil ein selbständiger Zuverdienst zusätzlich zum Job notwendig ist, um sich über Wasser zu halten: „geringfügige“ Selbständigkeit boomt.  § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. a des GSVG regelt, dass man – wenn man geringfügig selbständig ist – keine weitere Versicherung neben der bereits bestehenden unselbständigen Versicherung benötigt. Allerdings: Kommt man in zwei von fünf Jahren über die Geringfügigkeitsgrenze, muss man nicht nur in den beiden betreffenden Jahren die Sozialversicherungsbeiträge entrichten (was gerechtfertigt ist), sondern ist dann auch für die nächsten 4 Jahre verpflichtet, (Voraus-)zahlungen zur GSVG zu entrichten - unabhängig vom zu erwartenden Umsatz. Diese Regelung schafft permanente Unsicherheit und hat daher zu entfallen.

 

Zu Art 1 Z 2): Seit 1.1.2017 zahlen Versicherte in der freiwilligen Zusatzversicherung einen höheren Beitrag, wenn sie unter 1230,80.- Euro verdienen. Für Geringverdiener knapp über der Geringfügigkeitsgrenze ergibt sich damit ein Beitragssatz von über 7%, während ab 1230,80.- Euro (Mindestbeitragsgrundlage) der reguläre Beitragssatz von 2,5% greift. Mit der Konkretisierung, dass der zukünftige Tagsatz nicht unter 80% des monatlichen Beitrags von 30,77.- liegen darf, wollen wir sicherstellen, dass für gleiche Beiträge auch gleiche Leistungen sichergestellt sind – und nicht Geringverdiener extra bestraft werden.

 

Zu Art 2): Die Grundumlagensystematik der WKO ist undurchschaubar: Jede Fachgruppe hebt je Bundesland eigene Beiträge ein, dazu sind zahlreiche UnternehmerInnen gezwungen, mehrere Gewerbescheine zu beantragen. Aber schon einzelne Gewerbescheine sind je nach Bundesland nicht ganz billig: der Gewerbeschein als Werbeagentur kostet in Wien wohlfeile 85.-, im Burgenland hingegen 247.- (2016). Andere Branchen zahlen Grundumlagen überhaupt nach Geschäftsfällen oder Warenmenge (Tonnagen) – und müssen somit selbst als EinzelunternehmerIn schnell über 1000.- an Grundumlagen abführen. Diesem Wildwuchs wollen wir zumindest auf Seite der Beitragshöhe einen Riegel vorschieben: 100.- sind genug. Allerdings nur für EinzelunternehmerInnen, um zu vermeiden, dass Großkonzerne von einer solchen Regelung profitieren.

 

Zu Art 3.) Gerade Klein- und Kleinstunternehmen, die nicht zu einer doppelten Buchführung verpflichtet sind, bringen einfache Abschreibungsmöglichkeiten einen Vorteil. Güter, die tatsächlich eine kurze Lebensdauer haben und laufend ersetzt werden müssen, wie z.B. Handys, Laptops, etc., sollten direkt im laufenden Jahr als Ausgabe verbucht werden können, anstatt sie in ein extra zu führendes Anlagenverzeichnis aufnehmen zu müssen. Die Realität sieht allerdings anders aus: Sowohl ein Iphone als auch ein ganz normaler Laptop kommen über die 400.- Grenze und sind daher über mehrere Jahre abzuschreiben. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber wohl eine andere Intention: Denn seit dem Jahr 1984 wurden die Wertgrenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter lediglich um rund 10% angehoben, während die Inflation insgesamt rund 90% ausmacht. Die Erhöhung der Wertgrenze für geringfügige Wirtschaftsgüter soll über mehrere Jahre wie folgt vorgenommen werden:

 

Mit diesem Antrag: Erhöhung auf 500.-

2018: Erhöhung auf 600.-

2019: Erhöhung auf 750.-

 

Zu Art 4.) Die KleinunternehmerInnenregelung bietet gleich mehrere Vorteile: Zum einen kann sie – wenn wenige Vorleistungen und damit Vorsteuern anfallen und gleichzeitig das Unternehmen vorwiegend an Privatkunden verkauft – zu einem (kleinen) Steuervorteil für die hier betroffenen unteren Einkommensklassen führen, zum anderen erspart sie eine aufwendige Buchhaltung (USt Berechnung, USt Einhebung, Vorsteuerberechnung, Saldobildung und zumindest quartalsweise Überweisung aus Vorsteuer und USt ans Finanzamt, USt Jahresabrechnung). Seit 2006 wurde keine Valorisierung der Wertgrenze vorgenommen, eine Anhebung der Wertgrenzen ist auch hier in Schritten vorzusehen:

 

Mit diesem Antrag: Erhöhung auf 32.000 €

2019: Erhöhung auf 34.000 €

2020: Erhöhung auf 36.000 €

2021: Erhöhung auf 38.000 €

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie vorgeschlagen.

 

 

 

 



[1] 30,4% der EPU sind nicht veranlagt, 4,5% mit Verlust, 15,4% haben weniger als 10.000.- Nettoeinkommen: https://www.sozialministerium.at/cms/site/attachments/7/8/4/CH3434/CMS1459842218289/05_focus_1_epu-grundlagenforschung_endbericht_final.pdf