2223/A XXV. GP

Eingebracht am 07.06.2017
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ANTRAG

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Bundesgesetz über ergänzende Rechte von Umweltorganisationen und Einzelpersonen im Umweltrecht (Bundes-Umweltrechtschutzgesetz-  BURG)

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz über ergänzende Rechte von Umweltorganisationen und Einzelpersonen im Umweltrecht (Bundes-Umweltrechtschutzgesetz-  BURG)

 

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Bundesgesetz über ergänzende Rechte von Umweltorganisationen und Einzelpersonen im Umweltrecht (Bundes-Umweltrechtschutzgesetz-  BURG)

 

§ 1 Ziel

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Umsetzung von europäischem Umweltrecht, insbesondere der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (Abfallrahmen-RL), der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitäts-RL), der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie – WRRL) und der Richtlinie 2006/118/EG zum Schutz des Grundwassers vor Verschlechterung und Verschmutzung (Grundwasser-RL) sowie die gesetzmäßige Vollziehung von Umweltrecht auf Bundesebene zu befördern. Dafür sollen den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit, insbesondere anerkannten Umweltorganisationen und unmittelbar betroffenen Einzelpersonen, ergänzende Verfahrensrechte in Umweltangelegenheiten eingeräumt werden.

§ 2 Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

(1)  Dieses Gesetz gilt für alle Verwaltungsverfahren, ausgenommen Verwaltungsstrafverfahren, in denen umweltbezogene Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 – WRG 1959,
BGBl. Nr. 215/1959, des Bundesgesetzes über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002 und des Bundesgesetzes zum Schutz vor Immissionen durch Luftschadstoffe (Immissionsschutzgesetz – Luft, IG-L),  BGBl. I Nr. 115/1997, in welcher Form auch immer (Bescheid, Akte unmittelbarer Befehls-und Zwangsgewalt, Verordnung), vollzogen werden. Gleichermaßen gilt dieses Bundesgesetz für behördliche Unterlassungen nach den genannten Bundesgesetzen, soweit ein Verstoß gegen umweltbezogene Bestimmungen begründet vorgebracht werden kann. Bereits in Bundesgesetzen an anerkannte Umweltorganisationen und betroffene Einzelpersonen eingeräumte Rechte bleiben von den nachstehenden Bestimmungen unberührt.

(2)  Umweltbezogen im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, Verfahren und Rechtsakte, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf

1.    den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Z 1  Bundesgesetz über den Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umweltinformationsgesetz - UIG), BGBl. Nr. 495/1993 oder

2.    Faktoren im Sinne von § 2 Z 2 UmweltinformationsG

beziehen.

(3)  Als Umweltorganisationen gelten alle jene Umweltorganisationen, die nach § 19 Abs 7 Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000),  BGBl. Nr. 697/1993, anerkannt sind.

 

§ 3 Rechte von Umweltorganisationen und Einzelpersonen

(1)  Anerkannte Umweltorganisationen haben das subjektive Recht, umweltbezogene Bestimmungen in Verwaltungsverfahren, ausgenommen Verwaltungsstrafverfahren, im Verordnungserlassungsverfahren und für Akte der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt nach dem Wasserrechtsgesetz, dem Abfallwirtschaftsgesetz und dem Immissionsschutzgesetz-Luft geltend zu machen sowie gegen Unterlassungen der Verwaltungsbehörden vorzugehen.

(2)  Personen, die sich nicht nur vorübergehend in einem ausgewiesenen oder auszuweisenden Sanierungsgebiet Luft aufhalten, haben das subjektive Recht auf Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zum Schutz der Gesundheit. Sie können dieses Recht im Verordnungserlassungsverfahren geltend machen und auch gegen Unterlassungen der Verwaltungsbehörde vorgehen.

(3)  Personen, die nicht nur vorübergehend Trinkwasser aus einem geschützten oder zu schützenden Grundwasserkörper beziehen, haben das subjektive Recht auf Einhaltung der gesundheitsbezogenen Schwellenwerte in diesem Gebiet. Sie können dieses Recht im Verordnungserlassungsverfahren geltend machen und auch gegen Unterlassungen der Verwaltungsbehörde vorgehen.

 

 

§ 4 Elektronische Plattform

 

(1)  Der Bundeskanzler/die Bundeskanzlerin richtet eine Elektronische Plattform ein und betreibt diese. Sie dient den nach diesem Gesetz verpflichtenden elektronischen Kundmachungen und Veröffentlichungen im Internet.

(2)  Die nach dem WasserrechtsG, dem ImmissionsschutzG-Luft und dem AbfallwirtschaftsG zuständigen Behörden haben dem Bundeskanzler/der Bundeskanzlerin sämtliche Kundmachungen und allgemeinen sowie spezifischen Veröffentlichungen nach diesem Gesetz für die elektronische Plattform zu übermitteln.

(3)  Die Plattform hat einen allgemein zugänglichen Bereich und spezifische Bereiche, die nur mit einem Passwort zugänglich sind. Für jedes Verfahren ist falls erforderlich ein spezifischer Bereich einzurichten.

(4)  Nähere Details der Elektronischen Plattform können durch Verordnung des Bundeskanzlers/der Bundeskanzlerin bestimmt werden.

 

§ 5 Rechte im Bescheidverfahren

(1)  Auf der elektronischen Plattform sind die Einleitung eines umweltbezogenen Bescheidverfahrens und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zu veröffentlichen. Ist der Verhandlungsgegenstand von erheblicher Umweltauswirkung so hat die Kundmachung der Verhandlung mindestens 6 Wochen vor der Verhandlung zu erfolgen.

(2)  Die Kundmachung der Einleitung des umweltbezogenen Bescheidverfahrens hat den Verhandlungsgegenstand und die möglichen Umweltauswirkungen des Verfahrens kurz zu beschreiben. In der Anlage sind eine Kurzbeschreibung des Vorhabens und eine allgemein verständliche Zusammenfassung der Umweltauswirkungen in einem mitzuveröffentlichen.

(3)  Anerkannte Umweltorganisationen können sich ab der Kundmachung von Verfahren zur Beteiligung als Partei oder als Beteiligte gemäß § 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, anmelden. Wollen sie Parteistatus erlangen, müssen sie sich binnen 4 Wochen ab Kundmachung melden. Der Beteiligtenstatus kann bis zur Kundmachung des Bescheids angemeldet werden. Der/die Vertretungsbefugte der anerkannten Umweltorganisation oder die von ihr bevollmächtigte Person erhält ein spezifisches Zugangspasswort. Im Bereich mit spezifischem Zugangspasswort sind die Verfahrensunterlagen zugänglich zu machen, sofern der Akt elektronisch geführt wird. Ist dies nicht der Fall sind die Verfahrensunterlagen auf andere Weise zugänglich zu machen.

(4)  Ein umweltbezogener Bescheid ist im allgemeinen Teil der Elektronischen Plattform kundzumachen, wenn sich eine anerkannte Umweltorganisation zur Beteiligung angemeldet hat oder der Verfahrensgegenstand von erheblicher Bedeutung für die Umwelt ist. Der Bescheid gilt binnen zwei Wochen ab Kundmachung als zugestellt.

(5)  Anerkannte Umweltorganisationen können sich auch nach Kundmachung des Bescheids für den Zugang zu den Verfahrensunterlagen auf der Elektronischen Plattform anmelden oder falls der Verfahrensakt nicht elektronisch geführt wird, den Zugang zu den Verfahrensunterlagen bei der Behörde erhalten.

(6)  Anerkannte Umweltorganisationen können gegen kundgemachte Bescheide mit Umweltauswirkungen Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben und gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben. Sie haben das subjektive Recht, die Verletzung von umweltbezogenen Bestimmungen und von unmittelbar anwendbarem Unionsrecht geltend zu machen.

 

§ 6 Rechte im Verordnungsverfahren

(1)  Umweltbezogene Verordnungen sind vor ihrer Erlassung einer zumindest sechswöchigen allgemeinen Begutachtung zu unterziehen. Nur bei Gefahr im Verzug kann die Begutachtungsfrist verkürzt werden. Die Verordnungsentwürfe sind zur Begutachtung auf der Elektronischen Plattform zu veröffentlichen. Die eingelangten Stellungnahmen sind auf Wunsch zu veröffentlichen. Eingelangte Stellungnahmen sind durch die verordnungserlassende Behörde angemessen zu berücksichtigen, diese hat die Gründe für das Ausmaß der Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung zu dokumentieren.

(2)  Anerkannte Umweltorganisationen haben das subjektive Recht, dass eine umweltbezogene Verordnung nach dem WasserrechtsG, dem Immissionsschutz-G-Luft und dem AbfallwirtschaftsG, dem Gesetz und dem Unionsrecht entspricht.

(3)  (Verfassungsbestimmung) Anerkannten Umweltorganisationen kommt bei Verordnungen nach Abs 2 das Recht der Verordnungsanfechtung gemäß Art 139 B-VG zu.

 

§ 7 Rechte bei Unterlassung von Bescheiden und Maßnahmen

Wird durch ein Vorhaben oder eine Tätigkeit gegen umweltbezogene Bestimmungen im Sinne des § 2 oder europäisches Umweltrecht verstoßen und unterlässt die Behörde die gesetzlich gebotenen Maßnahmen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands oder werden behördliche Genehmigungen für ein Vorhaben oder eine Tätigkeit entgegen den umweltbezogenen Bestimmungen und dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht nicht angepasst, so können anerkannte Umweltorganisationen die vorgesehenen Maßnahmen bei der Behörde unter Angabe von Gründen beantragen. Die Behörde hat unverzüglich die dem Antrag entsprechenden Maßnahmen zu setzen oder binnen 8 Wochen einen Bescheid über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für ein Tätigwerden zu erlassen. Gegen diese Entscheidung kann die anerkannte Umweltorganisation Beschwerde beim Verwaltungsgericht einlegen und in weiterer Folge Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben.

§ 8 Rechte bei Unterlassung von Verordnungen

Unterlässt eine Behörde rechtswidrig die Erlassung einer Verordnung oder Abänderung einer Verordnung, so können anerkannte Umweltorganisationen, im Fall von Verordnungen nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft oder dem Wasserrechtsgesetz auch betroffene Personen (§3 Abs 2 und 3), einen begründeten Antrag auf Erlassung einer Verordnung oder Abänderung einer Verordnung bei der Behörde stellen. Die Behörde hat dem Antrag zu entsprechen oder binnen 6 Monaten einen Bescheid zu erlassen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Gegen diese Entscheidung kann die anerkannte Umweltorganisation oder die betroffene Person Beschwerde beim Verwaltungsgericht einlegen und in weiterer Folge Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben. Kommt das Verwaltungsgericht nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zur Auffassung, dass eine Verordnung zu erlassen ist oder eine bestehende Verordnung zu ändern ist, so hat es die Behörde zur Erlassung bzw Abänderung einer Verordnung dazu verpflichten. Diese Verpflichtung ist der Vollstreckung zugänglich.

§ 9 Recht auf vorläufige Maßnahmen

Sehen das WasserrechtsG, das ImmissionsschutzG-Luft oder das WasserrechtsG oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht bei Gefahr in Verzug einstweilige Maßnahmen zum Schutz der Umwelt vor, so können anerkannte Umweltorganisationen einen begründeten Antrag auf Erlassung dieser Maßnahmen stellen. Wird dem Antrag nicht oder nicht zur Gänze entsprochen, ist darüber binnen acht Wochen mit Bescheid abzusprechen. Gegen diesen Bescheid kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht und Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

§ 10 Anzuwendendes Verfahrensrecht und Verweisungen

(1)  Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren vor der Behörde das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz sowie das Sonderverfahrensrecht des Wasserrechtsgesetzes, des ImmissionschutzG-Luft und des AbfallwirtschaftsG anzuwenden.

(2)  Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

 

§ 11 Vollziehung

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der/die Bundesminister/in für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betraut, mit der Vollziehung des § 4 Abs 1 ist der/die Bundeskanzler/in betraut.

§ 11 Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

(1)  Dieses Bundesgesetz tritt mit 1.1.2018 in Kraft.

(2)  (Verfassungsbestimmung) § 6 Abs 3 tritt ebenfalls mit 1.1.2018 in Kraft.

(3)  Zum 1.1.2018 anhängige umweltbezogene Bescheidverfahren sind nach § 5 kundzumachen sofern eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat.

(4)  Haben anerkannte Umweltorganisationen oder betroffene Einzelpersonen umweltbezogene Verfahrensrechte unmittelbar aufgrund Unionsrecht  wahrgenommen, so sind diese Verfahren nach unmittelbar anwendbarem Unionsrecht fortzuführen außer dieses Bundesgesetz räumt ihnen mehr Rechte ein als das Unionsrecht.

 

 

 

 

 

Begründung:

 

Österreich hat das Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten 1998 unterzeichnet und 2005 ratifiziert (BGBl. III Nr. 88/2005 idF BGBl. III Nr. 58/2014. Es ist nach wie vor nicht vollständig umgesetzt, insbesondere Art 9 Abs 3 AK harrt der Umsetzung. Art 9 Abs 2 bis 5 lauten:

„(2) Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

(a) die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ (b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und - sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 - sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

Absatz 2 schließt die Möglichkeit eines vorangehenden Überprüfungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

(3) Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

(4) Zusätzlich und unbeschadet des Absatzes 1 stellen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Verfahren angemessenen und effektiven Rechtsschutz und, soweit angemessen, auch vorläufigen Rechtsschutz sicher; diese Verfahren sind fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer. Entscheidungen nach diesem Artikel werden in Schriftform getroffen oder festgehalten. Gerichtsentscheidungen und möglichst auch Entscheidungen anderer Stellen sind öffentlich zugänglich.

(5) Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellt jede Vertragspartei sicher, dass der Öffentlichkeit Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zur Verfügung gestellt werden; ferner prüft jede Vertragspartei die Schaffung angemessener Unterstützungsmechanismen, um Hindernisse finanzieller und anderer Art für den Zugang zu Gerichten zu beseitigen oder zu verringern.“

Das  Aarhus Convention Compliance Comittee (ACCC) in Genf stellte im April 2012 mangelhafte Umsetzung in Österreich fest (ACCC/C/2010-48). „Demnach ist Österreich dazu verpflichtet, Umweltorganisationen (UO) in allen Umweltmaterien Rechtsmittelbefugnisse („Verbandsbeschwerde“) im Hinblick auf Handlungen, Entscheidungen und Unterlassungen von Privatpersonen und Behörden einzuräumen, um der Verpflichtung des Art 9 Abs 3 nachzukommen (Rn 81). Während das ACCC zur Kenntnis nimmt, dass es im Rahmen von UVP und IPPC-Verfahren sowie bei der Umwelthaftung Rechtsmittel für UO gibt, wird klargestellt, dass dies in allen anderen Bereichen eben nicht der Fall ist. …Das ACCC stellte jedenfalls klar, dass weder das Zivilrecht noch die Umweltanwaltschaften ausreichen, um Art 9 Abs 3 zu entsprechen. Die Verpflichtung zur Einführung von Rechtsschutz für UO beschränkt sich, wie sich aus dem Wortlaut des Abkommens und der Entscheidung des ACCC ergibt, nicht auf Genehmigungsverfahren, sondern umfasst auch die Prüfung von Plänen und Programmen, die Einhaltung von Bescheidauflagen, UVP-Feststellungsverfahren oder andere Handlungen oder Unterlassungen von Privatpersonen und Behörden, die gegen Umweltrecht verstoßen.“ (Thomas Alge, Aarhus-Entscheidung: Österreich unter Handlungsdruck, RdU 3/2012).

Die Europäische Kommission rügte im Mahnschreiben vom Juli 2014, dass die Republik Österreich ihrer Verpflichtung nach Art 9 Abs 3 des Übereinkommens von Aarhus iVm Art 216 Abs 2 AEUV und mit dem Prinzip der nützlichen Wirkung (effet utile) nicht nachkomme, weil sie Umweltorganisationen keine Klagebefugnis einräume gegen vorgenommene Handlungen oder begangene Unterlassungen, die gegen die RL 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie wildlebenden Tiere und Pflanzen, die Richtlinie 2000/60/EG zur Schaffung des Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, die Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa und die Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle verstoßen; bei den drei erstgenannten Richtlinien vermisst die Kommission auch eine Klagebefugnis von Einzelpersonen. Der vom EuGH geforderte effektive Rechtsschutz sei nach österreichischem Recht nicht gewährleistet. (Aufforderungsschreiben zu Vertragsverletzung Nr 2014/4111 vom 11.7.2014).

Die sehr umfangreiche und sich laufend vertiefende Judikatur des EuGH wurde nun Ende April von der Europäischen Kommission in einem Leitfaden für die Mitgliedstaaten zusammengefasst: Commission Notice on Access to Justice in Environmental Matters, C (2017) 2616 final vom 28.4.2017.

Das eingangs erwähnte UVP-Feststellungsverfahren wurde mittlerweile Umweltorganisationen und Einzelpersonen zugänglich gemacht (wenn auch noch Rechtsschutzlücken bestehen).

Der VwGH hat im Mai 2015 entschieden, dass Einzelpersonen, die in einem mit Luftschadstoffen belasteten Gebiet wohnen, das Recht auf Ergänzung eines Luftqualitätsplans und entsprechende Maßnahmen, also auf Erlassung von Verordnungen, haben (VwGH Ro 2014/07/009)[1].

Der Gesetzesentwurf sieht in einem ersten Schritt Beteiligung und Rechtsschutz in umweltbezogenen Bescheid- und Verordnungsverfahren sowie bei Akten der Befehls- und Zwangsgewalt für Umweltorganisationen im WasserrechtsG, im AbfallwirtschaftsG und im ImmissionsschutzG-Luft vor, im Fall des ImmissionsschutzG-Luft und des WasserrechtsG auch für Einzelpersonen und zwar in Bezug auf ausgewählte Verordnungsverfahren. Die Genannten können auch gegen untätige Behörden vorgehen. Im Wege des Bescheidverfahrens können so auch verwaltungspolizeiliche Maßnahmen beantragt werden, soweit die genannten Gesetze solche amtswegig oder auf Antrag anderer Personen/Stellen vorsehen. Dies gilt auch für einstweilige Maßnahmen bei Gefahr in Verzug. Derartige Regelungen sind notwendig weil das Umwelthaftungsgesetz nur bei unmittelbarer Gefahr oder Eintritt eines Umweltschadens gilt, während die Aarhus-Konvention auf die schlichte Rechtsverletzung abstellt.

In Bezug auf Verordnungen werden zwei Optionen eröffnet: Erstens können bestehende Verordnungen beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden, was deren Aufhebung bzw teilweise Aufhebung zur Folge haben kann. Dieses Recht steht nur anerkannten Umweltorganisationen zu. Zweitens kann aber auch gegen den säumigen VO-Erlasser/die säumige VO-Erlasserin vorgegangen werden indem ein Antrag auf Erlassung oder Ergänzung einer Verordnung bei der Behörde gestellt wird. Im Verweigerungsfall geht der Rechtszug gegen diesen Feststellungsbescheid an das Verwaltungsgericht und den Verwaltungsgerichtshof. Das VO-Aufhebungsmonopol des VfGH wird dadurch freilich nicht berührt. Ein Rechtsschutz gegen eine nicht existente oder lückenhafte Verordnung ist nicht anders erzielbar. Auch aus Umweltschutzgesichtspunkten ist etwa die Aufhebung einer Schongebietsverordnung nach WRG – weil sie nicht das ganze notwendige Gebiet umfasst – nicht wünschenswert. Hier ist es besser, wenn das Verwaltungsgericht zur notwendigen Verbesserung verpflichtet.

Es handelt sich um ergänzende Verfahrensrechte, die zu den Rechten in den Materiengesetzen hinzutreten.

Der Gesetzesentwurf nimmt Bezug auf das gesamte europäische Umweltrecht, nennt in der demonstrativen Aufzählung  – wie das Aufforderungsschreiben der Kommission – Bezug auf die WRRL, die Abfallrahmen-RL und die Luftqualitäts-RL. Weiters wird die Grundwasser-RL genannt, weil diese der Luftqualitäts-RL ähnlich auch Schwellenwerte zum Erhalt (gesundheitsverträglichen) Trinkwassers, also Immissionsgrenzwerte für das Grundwasser enthält.

Innerstaatlich ist die Umsetzung im ersten Schritt – wie schon erwähnt – auf drei Umweltgesetze beschränkt. Sobald ausreichende Vollzugserfahrungen vorliegen, sollte an eine Erweiterung des Anwendungsbereichs im Sinne der Aarhus-Konvention gedacht werden. Eine Ausweitung der Rechte betroffener Einzelpersonen in Zusammenhang mit individuellen Verfahren sollte aber bereits jetzt in den Materiengesetzen vorgenommen werden. Dies gilt insbesondere auch für das Recht von Einzelpersonen auf verwaltungspolizeiliche Maßnahmen. In den Materiengesetzen kann besser auf die spezifischen Betroffenheiten von Einzelpersonen eingegangen werden.

Der Gesetzesentwurf greift nicht in Landeskompetenzen ein weil er keine Umsetzung von Art 9 Abs 3 AK in Bezug auf die FFH-Richtlinie darstellt. Hier stehen entsprechende Umsetzungen in allen Bundesländern noch an. Da diese das Naturschutzrecht, das Jagdrecht, das Fischereirecht und das Raumordnungsrecht betreffen und ebenso ein Sammelgesetz als Lösung gewählt werden könnte, wurde der gegenständliche Gesetzesentwurf mit Bundes-UmweltrechtsschutzG betitelt.

Das Recht der Umweltorganisationen auf VO-Anfechtung wurde angesichts VfGH V 87/2014-11 vom 14.12. 2016 sicherheitshalber in Verfassungsrang vorgesehen, auch wenn das Recht auf VO-Anfechtung im Kontext des Gesetzesentwurfs als Ausfluss des subjektiven Rechts auf Einhaltung von Umweltvorschriften gelesen werden kann[2].

Zu den einzelnen Bestimmungen:

§ 1:

Rechtsschutzinstrumente sind Ausfluss des Rechtsstaatlichkeitsprinzips. Sie sollen die Lücke zwischen Gesetz und Praxis schließen. Diese ist besonders groß bei Umweltvorschriften. Im Sinne des „Vorrangs des EU-Rechts“ werden bereits in dieser Bestimmung die Umweltrichtlinien der Europäischen Union genannt.

Zu § 2:

Es wird auf „umweltbezogene Bestimmungen“ abgestellt, da die genannten Gesetze auch andere Bestimmungen enthalten können wie zB die Regelungen zu Wassergenossenschaften im WasserrechtsG oder die Zulassung von Abfallentsorger/inne/n im AbfallwirtschaftsG. Umweltbezogene Bestimmungen sind Regelungen, die sich auf Umweltbestandteile und Umweltfaktoren beziehen, sei es, dass sie diese beeinträchtigen oder schützen, mindern oder vermehren.

In Bezug auf das AWG tritt das BURG zu den NGO-Rechten bei IPPC-Anlagen ergänzend hinzu.

 

Zu § 3:

Das Aufforderungsschreiben der Kommission sieht für die Klagebefugnis Einzelner noch großen Handlungsbedarf. Der Gesetzesentwurf konzentriert sich hier fürs Erste auf das ImmissionsschutzG-Luft und hier auf die Verordnungserlassung nach § 9a ff sowie auf Verordnungen für Schutzgebiete nach dem WRG zum Erhalt von Trinkwasser. Damit sollen einzelne Betroffene auch Maßnahmen gegen Summationsschäden beantragen können.

 

Zu § 4:

Gerade angesichts des in § 5 gewählten offenen Zugangs zu Umweltverfahren und der Auswahlmöglichkeit der Umweltorganisationen ist ein einziges Internetportal für alle relevanten Umweltverfahren zentral.  Die relevanten Verfahren können auf Ebene der Bezirkshauptmannschaften, der Ämter der Landesregierung bzw der Landeshauptleute - diese handeln in mittelbarer Bundesvollziehung - und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft laufen. Da der/die Bundeskanzlerin die Elektronische Plattform führt, waren Übermittlungspflichten vorzusehen. Den Datenschutz müssen allenfalls bei den allgemein zu veröffentlichenden Bescheiden bereits die übermittelnden Behörden beachten. Jedenfalls muss aber der ganze Bescheid in den spezifischen Bereichen der Elektronischen Plattform für die angemeldeten Umweltorganisationen abrufbar sein.

Zu § 5:

Das gewählte Modell versucht eine Balance zwischen der bewährten Parteistellung und den Anforderungen der Judikatur des EuGH zum Präklusionsverbot dh dem offenen Zugang zum gerichtlichen Verfahren (C-137/14 (Kommission/Deutschland) vom 15.10.2015) zu finden. Der EuGH sagt ja, dass der Zugang zum Gericht auch jenen offen stehen muss, die vor der Behörde keine Einwendungen machten, Beschwerdeführer müssen auch neue Einwendungen machen können. Das Institut der Parteistellung im Verwaltungsverfahren gewährleistet wiederum frühe Einbindung und rechtliche und sachverständige Auseinandersetzung mit den Einwendungen. Damit steigt in kontradiktorischen Verfahren auch die Chance zur Befriedung der Konflikte vor der Verwaltungsbehörde. Der Gesetzesentwurf bietet Umweltorganisationen zunächst zwei Möglichkeiten an. Entweder sie melden sich als Partei oder als bloß Beteiligte. Offen stehen ihnen alle umweltbezogen Verfahren ohne Erheblichkeitsschwelle. Im ersten Fall muss nach AVG die Behörde im Bescheid über alle Einwendungen absprechen, es greift aber auch die Präklusion. Im  zweiten Fall können sie als bloß Beteiligte – müssen aber nicht - an der Sachverhaltsdarstellung mitwirken, die Behörde muss im Bescheid nicht über die Einwendungen absprechen, es kann aber auch keine Präklusion greifen. Die präzisen Einwendungen werden in diesem Fall quasi erstmals mit der Bescheidbeschwerde formuliert. Wann die Umweltorganisation sich als Beteiligte meldet, bleibt ihr überlassen. Je früher sie das tut, desto mehr Zeit hat sie, sich in das Verfahren einzuarbeiten, um dann die übliche 4 Wochen-Frist für die Bescheidbeschwerde zu nutzen. Um dem Präklusionsverbot des EuGH, das nicht nur bei UVP- und IPPC-Verfahren gilt, gesichert Genüge zu tun, wurde eine Veröffentlichung auch von Bescheiden vorgesehen, während deren Ermittlungsverfahren sich keine Umweltorganisation angemeldet/beteiligt hat. Allerdings wurde hier eine Erheblichkeitsschwelle eingezogen. Es  eröffnet sich also für Umweltorganisationen eine dritte Option, nämlich der unmittelbaren Bescheidbeschwerde. In dem Fall fordern sie den Aktenzugang erst nach der Bescheidveröffentlichung an. Ein besonderer Fristenlauf wurde aber nicht eröffnet.

Von erheblicher Bedeutung oder erheblicher Umweltauswirkung sind zB Projekte in Schutzgebieten oder Vorhaben, die die Hälfte der Schwelle für UVP-Projekte der Spalte 3 ausmachen.

Der Zugang zu den Verfahrensakten ist über ein Passwort zum spezifischen Bereich der Elektronischen Plattform zu gewährleisten. Zu berücksichtigen war, dass nicht alle Behörden bereits den elektronischen Akt eingeführt haben. In diesem Fall ist der Zugang zu den Verfahrensakten auf andere Weise zu gewährleisten. Hier werden auch die Vorgaben des AVG relevant oder die des Sonderverfahrensrechts der MaterienG von Einfluss sein.

Beispiele für Bescheidverfahren anhand des WRG:

§ 9 Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und privaten Tagwässern, § 10 Benutzung des Grundwassers, § 32 Bewilligungspflichtige Maßnahmen, § 21 a Abänderung von Bewilligungen.

Zu § 6:

Beispiele für nach dem IG-L zugängliche Verordnungen: § 9a Erstellung von Programmen, § 10 Anordnung von Maßnahmen,  § 13 Maßnahmen für Anlagen, § 14 Maßnahmen für Kraftfahrzeuge.

 

Beispiele für nach dem WRG zugängliche Verordnungen: Im Rahmen der Gewässerbewirtschaftsplanung erlassene Verordnungen, insb die in § 55 g Abs 1 WRG vorgesehenen Rechtsakte[3].

 

Zu § 7:

 

Beispiele von Bescheiden (Maßnahmen), die bei der untätigen Behörde beantragt werden können: § 21 a WRG Abänderung von Bewilligungen, § 138 WRG Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, § 57 Abs 7 AWG Schließung einer IPPC-Anlage, § 73 AWG Behandlungsauftrag.

 

Zu § 8:

Zu wiederholen ist, dass eine notwendige Novellierung einer bestehenden Verordnung auch eine Unterlassung einer Verordnung ist, gegen die nach § 8 vorgegangen werden kann.

Beispiele für der betroffenen Einzelperson zugängliche WRG-Verordnungen: § 33 f Programm zur Verbesserung der Qualität von Grundwasser, § 34 Schutz von Wasserversorgungsanlagen (Wasserschutzgebiete). Zu den IG-L-Verordnungen siehe schon oben.

 

Zu § 9:

 

Beispiel aus dem WRG: § 31 Allgemeine Sorge für die Reinhaltung, Abs 3 – Maßnahmen bei Gefahr in Verzug.

 

Zu § 10:

 

Es erschien sinnvoll, auf die subsidiäre Geltung des AVG besonders hinzuweisen. In Bezug auf den weiteren Rechtszug ist natürlich das Verfahrensrecht für die Verwaltungsgerichte bzw für den Verwaltungsgerichtshof sowie bei der Anfechtung nach Art 139 B-VG für den Verfassungsgerichtshof maßgeblich.

 

Gesonderte Kostentragungs- resp -ersatzregelungen erscheinen wünschenswert, sind in diesem Gesetzesentwurf aber noch nicht vorgesehen. Hier gilt es auch, die Umweltorganisationen den parlamentarischen Beratungen beizuziehen. Zwischenzeitig sei auf die Studie „Finanzielle Unterstützungsmechanismen für die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten in Umweltverfahren 2009-2012“ des Ökobüros hingeweisen. Jedenfalls zeigen die Erfahrungen mit dem UmwelthaftungsG, dass auf antragsberechtigte Umweltorganisationen unkalkulierbare SV-Kosten zukommen können, die nahezu prohibitiven Charakter haben. Im Sinne der Aarhus-Konvention muss der Rechtsschutz allerdings leistbar sein. Außerdem ist auf die Einrichtung finanzieller Unterstützungsmechanismen nach Art 9 Abs 5 Aarhus-Konvention hinzuweisen.

 

Zu § 11 Abs 4:

 

Spätestens mit dem Janecek-Urteil des EuGH aus 2008 hat der EuGH klargestellt, dass es abgeleitet aus dem Grundsatz „effet utile“ ein Recht auf saubere Luft einzelner Betroffener gibt und der Gesetzgeber einen effektiven Rechtsweg eröffnen sollte. Weitere Klarstellungen zugunsten von Umweltorganisationen erfolgten durch den EuGH und die Kommission. Dieses Bundesgesetz wäre also lediglich eine Klarstellung bzw Positivierung sowie Ausgestaltung bestehender Rechte. Aus der verspäteten gesetzgeberischen Umsetzung darf den einzelnen Berechtigten bzw den Umweltorganisationen kein Nachteil erwachsen.

 

Die Grünen haben bereits in früheren Legislaturperioden die Umsetzung der Aarhus-Konvention eingemahnt. In dieser Legislaturperiode wurde der Antrag Brunner und FreundInnen zur vollständigen Umsetzung der Aarhus-Konvention 124/A(E) am 24.1.2014 eingebracht. Im Juni 2014 fand dazu ein umfangreiches Expertenhearing statt (https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2014/PK0627/). Der Antrag wurde mittlerweile zehnmal beraten und vertagt. Von Regierungsseite wurde bisher kein Ministerialentwurf zur entsprechenden Umsetzung in Begutachtung geschickt.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.



[1] „Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass trotz des Rechtstypenzwangs in der österreichischen Rechtsordnung Konstellationen auftreten können, in denen die Verwaltung unter bestimmten Voraussetzungen zur Erlassung einer Verordnung verpflichtet ist. In solchen Fällen wird ein Antragsrecht von Parteien bejaht; beantragt eine Partei die Erlassung (oder Ergänzung) einer solchen Verordnung, so besteht das Recht, bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen darüber in Form einer Sachentscheidung einen negativen Bescheid zu erhalten. Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Der Umstand, dass Maßnahmen auf der Grundlage von Luftqualitätsplänen nach der österreichischen Rechtsordnung in Form einer Verordnung ergehen und grundsätzlich weder ein Antragsrecht noch ein einheitliches Verfahrensrecht hinsichtlich einer Verordnungserlassung besteht, bildet keine Rechtfertigung für die Versagung des - wie oben dargestellt - unionsrechtlich gebotenen Anspruchs. Vielmehr sind die österreichischen Behörden und Gerichte gefordert, für effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu sorgen (vgl. dazu Potacs, Säumnis des Verordnungsgebers, in Holoubek/Lang (Hrsg), Rechtsschutz gegen staatliche Untätigkeit (2011) 233).“ Siehe dazu auch Schulev-Steindl/Schnedl/Meyer (Hg), Das Recht auf saubere Luft (2016).

[2] Siehe Entscheidungsbesprechung zu VfGH V 87/2014-11 von Teresa Weber, RdU 2017/69 (76)

[3] Siehe dazu auch Weber, Umweltschutz durch Rechtschutz (2015), Weber, Jetzt aber wirklich: Vorschläge für eine Aarhus-Umsetzung im Wasserecht, RdU (2016) 02, 51 f. Siehe auch Goby, Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten im Lichte der Aarhus-Konvention (2015).