2224/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 07.06.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Anpassung der Bundesabgabenordnung zwecks Wiederherstellung fairen Wettbewerbs im touristischen Beherbergungswesen

 

 

Das aus dem Gleichheitssatz für das Steuerrecht abzuleitende Gebot der „Belastungsgleichheit“ ist ein Allgemeingut von herausgehobener Bedeutung. Das Interesse der Allgemeinheit an möglichst lückenloser Festsetzung und Verwirklichung von Steueransprüchen ist höher zu bewerten als das Interesse unbeteiligter Dritter, von staatlichen Eingriffen unbehelligt zu bleiben.

 

Gemäß Bundesabgabenordnung (BAO) haben die Abgabenbehörden „darauf zu achten, dass alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen.“ Die zu diesem Zwecke erlaubte elektronische Dokumentation (Dokumentationsregister) hat „insbesondere Daten betreffend die Identität des Abgabepflichtigen und die Klassifizierung seiner Tätigkeit zu umfassen.“

 

Diesen Aufgaben nachzukommen ist den Behörden in vielen Fällen nicht möglich, vor allem, wenn Online-Vertriebsportale ohne Sitz in Österreich ihren UserInnen die Option bieten, ihr touristisches Angebot über anonyme Accounts zu vertreiben und sowohl direkte Anfragen an das betreffende Unternehmen als auch Amtshilfeansuchen nicht in einer zielführenden Art und Weise beantwortet werden.

 

Das deutsche Verwaltungsgericht Freiburg hat mit seinem Urteil 4 K 3505/16 vom 05.04.2017 festgehalten, dass die Stadt Freiburg zwecks Identifizierung möglicher Schuldner der Übernachtungssteuer von einem Online-Buchungs-Portal, über das private Zimmer und Wohnungen angemietet werden können, Auskunft über die beim Portal registrierten Vermieter im Stadtgebiet verlangen darf, wenn aus der Beschreibung der Mietobjekte in dem Portal weder der vollständige Name und die Anschrift des Vermieters noch die konkrete Adresse des Mietobjekts ersichtlich sind.

 

Die BAO hält explizit fest: „Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (…) erlaubt, wenn sie zur Verhinderung und zur Aufklärung abgabenrechtlicher Gesetzesverletzungen geeignet, erforderlich und angemessen ist.“ Dies trifft hier zu.

 

Darüber hinaus ergibt sich die Verpflichtung der Portale zur Weitergabe der Daten aus § 114 (1) BAO, wonach „alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden“ sowie dem Grundsatz der Effizienz im Haushaltsrecht des Bundes. Die Datenweitergabe ist daher nicht nur zulässig, sondern eine Verpflichtung zur Kooperation für Abgabenbehörden und Portale ähnlich der Verpflichtung von Arbeitgebern zur Meldung unselbständig Beschäftigter inklusive personenbezogener Daten wie Geburtsdatum und Sozialversicherungsnummer zur Vermeidung von Schwarzbeschäftigung.

 

Der Einwand, die Vorschrift gereiche dem durch die Verfassung gesicherten Datenschutz nicht, kann verneint werden. Es wird explizit festgehalten, dass die in den Anzeigen enthaltenen personenbezogenen Daten unverzüglich zu löschen sind, sobald sie für die angeführten Zwecke nicht mehr benötigt werden. Die zu übermittelnden Daten sind vom Umfang her geringer als jene zur Identifikation anderer Steuerpflichtiger (etwa fallweise oder regelmäßig unselbständig Beschäftigter), die deutlich weniger zur beabsichtigten Steuerverkürzung geeignet sind, wie auch das Verwaltungsgericht Freiburg im erwähnten Urteil explizit festhält: Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass „die Angaben im Buchungsportal keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Identität der Vermieter ermöglichten“ und „steuerlich möglicherweise nicht erfasst seien, was die Annahme rechtfertige, dass derartige Vermietungen für steuerliche Unregelmäßigkeiten besonders anfällig seien“. Die Geschäftsmodelle von Online-Peer to Peer-Plattformen beruhen u. a. darauf, vor Geschäftsabschluss Daten nur in einem Umfang zugänglich zu machen, der keinen Rückschluss auf die Anbieter zulässt. Einzelfallanfragen stellen für die Abgabenbehörden wegen der hohen Zahl der Einzelfälle kein zumutbares und praktikables Mittel der Sachverhaltsermittlung dar.

 

Gemäß § 143 BAO ist die Abgabenbehörde „zur Erfüllung der im § 114 bezeichneten Aufgaben“ … „berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt. Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen.

Insgesamt ist daraus, aus dem Grundsatz der Effektivität im Haushaltsrecht des Bundes, der gesetzlichen Verpflichtung zum sorgsamen Umgang mit den Daten und einer mit anderen Steuerschuldnern vergleichbaren Verpflichtung zur Preisgabe personenbezogener Daten von positiven Auswirkungen auf den Staatshaushalt sowie auf die Wettbewerbsfähigkeit der gewerblichen Wirtschaft auszugehen, nicht aber von negativen Auswirkungen auf beteiligte Privatpersonen.

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Vorschlag für eine Änderung des Bundesgesetzes über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung – BAO) vorzulegen, mit der vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung der Privatunterkünfte und der Sharing Economy im Bereich des Tourismus (z.B. Online-Plattformen zur Vermittlung und Buchung von Unterkünften für entgeltliche Aufenthalte von Gästen) im Beherbergungswesen fairer Wettbewerb zwischen allen MarktteilnehmerInnen im Bereich der Unterkunftgewährung  und Unterkunftvermittlung wiederhergestellt wird.

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss  vorgeschlagen.