2246/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 07.06.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

EntschlieSSungsantrag

 

der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Josef Riemer

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend der Einrichtung einer Unterstufe am BORG Deutschlandsberg

 

Im politischen Bezirk Deutschlandsberg wohnen ca. 60.650 Menschen in 15 Gemeinden (nach der Gemeindestrukturreform 2014/15). Eltern, die ihren Zehnjährigen weite Schulwege ersparen wollen, melden die Kinder nach der Volksschule an einer der neun Neuen Mittelschulen des Bezirkes an. Es sind dies:

 

Mit Stichtag 1. Oktober 2015 besuchten 2.223 Kinder diese Schulen, und 26 Kinder waren in einer privaten Schule. Zwischen 30 und 50 Kinder pendeln schon derzeit pro Jahr in die Langformen des Ballungsraums Graz und nach Leibnitz aus.

Der Bezirk Deutschlandsberg braucht ein differenziertes Bildungsangebot. Durch die Konzentration der gymnasialen Bildungseinrichtungen im Ballungsraum Graz verliert der Grenzlandbezirk Deutschlandsberg bei jungen Familien mit Kindern an Attraktivität. Daraus ergibt sich ein massiver Nachteil für die Region, weil das Entwicklungspotenzial durch wachsende Überalterung geschwächt wird.

Im Bezirk Deutschlandsberg gibt es eine wachsende Industrie – aktuell investiert z.B. die Firma EPCOS/TDK rund 100 Millionen Euro in die Standortentwicklung.

Die Schullandschaft ist neben dem Stellenangebot das entscheidende Kriterium für das Festlegen des Lebensmittelpunktes junger Familien. Das Fehlen von Wahlmöglichkeiten im Bereich der Sekundarstufe I benachteiligt die langfristige Entwicklung

 einer Region und verursacht nachhaltig sozio-ökonomischen Schaden. Wenn die Jungen fehlen, stirbt die Region. Initiativen zur Errichtung einer gymnasialen Langform sind aus diesen Gründen auch aus den Bezirken Murau und Südoststeiermark vorhanden.

 

Das Recht auf Chancengleichheit besteht in einer Demokratie auch für Menschen in peripheren Räumen. Es kann nicht politischer Wille sein, Randregionen zu benachteiligen und vor allem Kinder in ihren Entwicklungschancen zu beschneiden. Das ist Diskriminierung und in einer demokratischen Gesellschaft untragbar.

Engagierte Lehrerinnen und Lehrer vermochten Kinder gerade in den „Landhauptschulen“ mit der Leistungsdifferenzierung in den Schularbeitengegenständen erfolgreich auf höhere Schulen vorzubereiten. Das Konzept der Neuen Mittelschule findet das Vertrauen der Erziehungsberechtigten nicht.

Steiermark weit ist ein vermehrter Zustrom zu den Gymnasien festzustellen, der sich in wachsenden Schülerzahlen an der AHS manifestiert: Die AHS-Unterstufe verzeichnete im Schuljahr 2015/16 einen Zuwachs von 3 % an Schülerinnen und Schülern, in absoluten Zahlen bedeutet das 437 Kinder mehr als im Schuljahr 2014/15. In der gesamten Steiermark besuchten 2015/16 exakt 15.000 Kinder eine AHS-Unterstufe und 28.734 eine NMS. In Prozentzahlen ausgedrückt bedeutet das: 66 % aller Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I in der Steiermark besuchen eine NMS und 34 % eine AHS.

 

 

Betroffene Eltern erleben das Fehlen einer AHS-Langform als wohnortbedingte Diskriminierung ihrer Kinder und erwarten, dass die politisch Verantwortlichen handeln. Auch ihre Kinder haben ein Anrecht auf die Wahlmöglichkeiten, die in einem differenzierten Bildungssystem in den Ballungsräumen und in den meisten anderen Bezirken wohnortnah gegeben sind.

Die Anzahl der Zehnjährigen im Bezirk Deutschlandsberg, die täglich nach Graz pendeln, wächst. Die verbesserte S-Bahn-Verbindung erschließt Kindern aus den Gemeinden östlich und nördlich von Deutschlandsberg das Grazer Bildungsangebot. Eltern, die ihre Zehnjährigen nicht den öffentlichen Verkehrsmitteln anvertrauen, organisieren Fahrtgemeinschaften. Pendler, die nach Graz zur Arbeit fahren, bringen die Kinder in die Gymnasien. (Laut eines Berichtes der Zeitung „Die Woche“ gaben 2012 68 % der Arbeitenden im Bezirk Deutschlandsberg an, von ihrem Wohnort

zur Arbeit auszupendeln.[1]) Für Kinder aus dem grenznahen Eibiswald sind die Wegstrecken zu lang, und der zeitliche Aufwand ist nicht mehr verantwortbar.

Schulplatzmangel gibt es als solchen in der Sekundarstufe I nicht, aber es mangelt an Bildungsgerechtigkeit für die Kinder im Bezirk Deutschlandsberg, besonders für jene, die im Süden und in den Koralmregionen des Bezirks aufwachsen.

 

Demographische Entwicklung im Bezirk Deutschlandsberg

 

Der Bezirk Deutschlandsberg hat eine Fläche von 864 km2 und eine Bevölkerungsdichte von 70 Einwohnern pro km2. Mit Stichtag 1. Jänner 2016 lebten 60 657 Personen in den 15 Gemeinden. Damit liegt Deutschlandsberg unter den 13 politischen Bezirken der Steiermark vor Murau und Voitsberg an drittletzter Stelle.

 

Verteilung und Entwicklung der Wohnbevölkerung nach Gemeinden zeigen deutliche Unterschiede:[2]

 

                            

2016

1991-2016

2011-2016

Stainz

8 590

+ 914

+ 131

Lannach

3 391

+ 692

+ 86

Deutschlandsberg

11 656

+ 611

+ 352

St. Josef

1 511

+335

+ 158

Wettmannstätten

1 620

+192

+ 99

Preding

1 703

+ 130

- 20

St. Peter

1 322

+66

- 7

St. Stefan

3 544

+ 36

- 96

Groß St. Florian

4 224

- 92

-74

Frauental

2 823

- 126

-102

Pölfing-Brunn

1 628

- 274

-21

Schwanberg

4 553

- 439

-236

St. Martin

3 049

- 443

-106

Wies

4 416

- 610

-21

Eibiswald

6 585

- 958

-152

 

Zu den großen Gewinnern seit 1991 zählen St. Josef (+28,5 %), Lannach (+25,6 %), Wettmannstätten (+13,4 %), Stainz (+11,9 %) und Preding (+8,3 %). In St. Josef sind Baugründe günstig, in Lannach Arbeitsplätze geschaffen worden, und Stainz profitiert vom Ausbau der L 601. Die Nähe zu Graz und die verbesserte Verkehrserschließung werden in diesen Gemeinden weiterhin zum Zuzug junger Familien führen. Die Bezirkshauptstadt Deutschlandsberg gewinnt durch die expandierende Industrie im forschenden Bereich an Attraktivität. Der größte Arbeitgeber in der Stadt, die Firma EPCOS/TDK hat allein 2016 56 junge Akademikerinnen und Akademiker im Forschungsbereich angestellt.

 

Die großen Verlierer liegen südlich der Stadtgemeinde Deutschlandsberg im grenznahen Raum: Pölfing-Brunn (-14,4 %), Eibiswald (-12,7 %), Wies (-12,1 %) und Schwanberg (-8,8 %). Von der Abwanderung aus diesen Teilen des Bezirkes profitiert der Speckgürtel von Graz.

 

Das Durchschnittsalter im Bezirk liegt bei 44,1 Jahren. 18,6 % der Bevölkerung sind unter 20 Jahre alt. 61,4 % der Bevölkerung zählen zwischen 20 bis 64 Jahre, und 20 % der Bevölkerung sind 65 Jahre und älter.

 

Eröffnung von zwei Unterstufenklassen am BORG Deutschlandsberg

 

Die Thematik ist sachlich und fair abzuhandeln. Parteipolitisches Kalkül und ideologisierte Zugänge zu Lasten der Bildungschancen von Kindern in peripheren Räumen sind unwürdig und abzulehnen.

 

Gründe für die Einrichtung einer Unterstufe am BORG Deutschlandsberg

 

 

 

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

 

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung werden aufgefordert, die Einrichtung einer Unterstufe am BORG Deutschlandsberg zu ermöglichen.“

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss beantragt.



[1] http://www.meinbezirk.at/deutschlandsberg/wirtschaft/viele-pendler-wenig-kinder-der-bezirk-deutschlandsberg-in-zahlen-d1456429.html, Zugriff am 07.01.2016

[2] Vgl. Statistik Austria