2249/A XXV. GP

Eingebracht am 07.06.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Michael Bernhard, Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Bundesgesetz über Geschäftsordnungsgesetz 1975, BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 41/2016, wird wie folgt geändert:

 

1.    In § 100 werden nach Abs. 1 folgende Abs. 1a und 1b eingefügt:
„(1a) Anliegen im Sinn des Abs. 1 können auch über eine von der Parlamentsdirektion geführte Internet-Plattform unterbreitet werden. Anliegen, die den Anstand oder die Würde des Nationalrates verletzen oder beleidigende Äußerungen enthalten, sind vom Präsidenten zurückzustellen.
(1b) Die Auflage einer Bürgerinitiative gemäß Abs. 1a kann im Weg der Internet-Plattform der Parlamentsdirektion erfolgen, wobei der Erstunterzeichner seinen Namen und sein Geburtsdatum anzugeben und seinen ordentlichen Wohnsitz nachzuweisen hat. Der Erstunterzeichner einer Bürgerinitiative muss in der Wählerevidenz eingetragen sein. Die Parlamentsdirektion hat zu überprüfen, ob die Eintragung des Erstunterzeichners in der Wählerevidenz gegeben ist.“

2.    § 100 Abs. 2 lautet:
„(2) Die Unterstützung einer Bürgerinitiative erfolgt durch eigenhändige Angabe von Namen, Adresse, Geburtsdatum und Datum der Unterstützung sowie durch die Unterschrift des Unterstützenden. Bei Unterstützung im Weg der Internet-Plattform der Parlamentsdirektion kann die Unterschrift entfallen. Der Unterstützungszeitraum zur Erreichung der notwendigen 500 Unterstützungserklärungen von im Weg der Internet-Plattform der Parlamentsdirektion aufgelegten Bürgerinitiativen beträgt vier Monate ab Auflage durch den Erstunterzeichner.“

3.    In § 100 Abs. 3 wird die Wortfolge „Eine Bürgerinitiative“ durch die Wortfolge „Eine nicht im Wege der Internet-Plattform der Parlamentsdirektion aufgelegte Bürgerinitiative“ ersetzt.

4.    § 100b Abs. 2 Z 1 lautet:
„1. die Einholung von binnen acht Wochen vorzulegenden Stellungnahmen der Bundesregierung beziehungsweise einzelner ihrer Mitglieder sowie der Volksanwaltschaft durch den Präsidenten beschließen,“

5.    § 100b wird folgender Abs. 3 angefügt:
„(4) Wurde eine Bürgerinitiative von mehr als 5.000 Wahlberechtigten durch eine physische oder elektronische Unterstützungserklärung unterstützt, hat der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen eine Anhörung des Erstunterstützers abzuhalten, zu der der Öffentlichkeit im Sinne des § 28b Abs. 2 Zutritt gewährt werden kann; der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen kann beschließen zu dieser Anhörung Sachverständige und Auskunftspersonen zu laden.“

6.    In § 100b Abs 1 Z 1 wird folgende lit. eingefügt:

„d) Bürgerinitiativen und Petitionen mit bedeutungsgleichen Forderungen zu einem Verhandlungsgegenstand zusammenzufassen, wobei die zum frühesten Zeitpunkt eingebrachte Bürgerinitiative oder Petition als titelgebender Leitakt definiert wird, dem die anderen bedeutungsgleichen Bürgerinitiativen oder Petitionen als Anhang beigefügt werden.  Das in § 100a und § 100b definierte Verfahren zur Behandlung von Bürgerinitiativen und Petitionen findet auf diesen Leitakt stellvertretend für alle in ihm enthaltenen Bürgerinitiativen und Petitionen Anwendung.“

7.    § 100d lautet wie folgt:

„Der Parlamentsdirektion obliegt die Erteilung von Auskünften über die formalen Voraussetzungen für die Einbringung von Bürgerinitiativen; sie hat den Erstunterzeichner (§ 100 Abs. 2 und 3) auf dessen Anfrage über den Stand des parlamentarischen Verfahrens zu informieren, ihn aber jedenfalls nach Erledigung der Bürgerinitiative im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen von der Art der Erledigung und dem Inhalt der dazu geführten Debatte schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

Begründung

 

Der vorliegende Antrag sieht eine Ergänzung und Erweiterung des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen und eine Verbesserung des Austausches zwischen Nationalrat und Bürger_innen vor. Die Forderungen entsprechen den bereits in den Vorbesprechungen des Ausschusses vielfach geäußerten Wünschen einer Modernisierung im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.

Konkret werden folgende Neuerungen vorgeschlagen:

Z. 1-3.: Die Auflage, Unterstützung und Einbringung von Bürgerinitiativen soll in Zukunft auf elektronischem Weg über die Internet-Plattform der Parlamentsdirektion erfolgen können, wie es schon bei Europäischen Bürgerinitiativen möglich ist.

Z. 4.: Festschreibung der jahrelang bereits üblichen Frist für Stellungnahmen an den Petitionsausschuss im Interesse einer kompakten Behandlung der Bürgeranliegen und deren Angleichung an die achtwöchige Antwortfrist wie für parlamentarische Anfragen.

Z. 5.: Institutionalisierung und Verstärkung der politischen Auseinandersetzung mit Anliegen entsprechend ihrem Unterstützungsgrad durch Einbeziehung deren Erstunterzeichner bzw. der interessierten Öffentlichkeit in den politischen Entscheidungsprozess. Von der Möglichkeit, Erstunterzeichner_innen zu einer öffentlichen Anhörung in den Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen einzuladen, haben alle im Ausschuss vertretenen Fraktionen in der laufenden Gesetzgebungsperiode Gebrauch gemacht. Diese Öffnung wurde von politischer Seite sowie von den Bürger_innen selbst ausgesprochen positiv aufgenommen. Bisher erfolgte die Einladungspraxis nach eigenem Gutdünken und war für Bürger_innen nicht immer nachvollziehbar. Die Festlegung diesbezüglicher Regelungen würde das Verfahren für die Zukunft vereinfachen und zu einer weiteren Öffnung des Ausschusses beitragen. In Luxemburg hat der Petitionsausschuss eine wesentliche öffentliche Komponente. Sobald eine öffentliche Petition 4.500 Unterschriften erhalten hat, wird eine öffentliche Debatte im Petitionsausschuss und dem für den entsprechenden Bereich zuständigen Ausschuss in Anwesenheit von bis zu 6 Petenten und dem zuständigen Minister organisiert. Diese Debatte wird zudem über den offiziellen Fernsehsender der luxemburgischen Abgeordnetenkammer, „Chamber TV“, übertragen.

Z. 6.: Die Zusammenfassung und gemeinsame Behandlung forderungsgleicher Bürgerinitiativen und Petitionen in Form eines Leitakts zur Beschleunigung der Behandlung. Dies ist im Deutschen Bundestag bereits gelebte Praxis. Die Vorteile einer derartigen Praxis sind einerseits ein sowohl für den Nationalrat als auch Ministerien reduzierter bürokratischer Aufwand, der sich in geringeren öffentlichen Ausgaben und einer Beschleunigung des Verfassens von Stellungnahmen wiederspiegeln kann. Andererseits wird dadurch in der Ausschussbehandlung mehr Zeit zur Debatte weiterer Anliegen und einer intensiveren inhaltlichen Debatte im Sinne der Bürger_innen frei.

Z. 7.: Stärkung des Informationsflusses zwischen Parlamentsdirektion und Bürger_innen. Bisher wurden Erstunterzeichner_innen von Bürgerinitiativen nur auf Anfrage über den Fortschritt der Verhandlungen oder die Erledigung ihres Anliegens in Kenntnis gesetzt. Die Ursachen und Motive, die zu den Ausschussentscheidungen führten, blieben den meisten Bürger_innen verborgen. Die Bürger_innen haben jedoch ein Recht darauf zu erfahren, wie aus welchen Gründen mit ihrem Anliegen verfahren wurde. Ein offizieller Brief der Parlamentsdirektion, der im Namen des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen an diese zugestellt wird, würde zur weiteren Öffnung des Ausschusses beitragen, da nicht vorausgesetzt werden kann, dass die Existenz von Ausschussberichten und Parlamentskorrespondenz allen Bürger_innen bekannt sind. In Bremen sind Auskünfte an die Initiator_innen gelebte Praxis: Der oder die Ausschussvorsitzende teilt allen Personen, die eine Eingabe eingereicht haben, schriftlich mit, wie und aus welchen Gründen die Bremische Bürgerschaft in ihrem Fall entschieden hat.

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Geschäftsordnungsausschuss zuzuweisen.

Gleichzeitig wird die Abhaltung einer ersten Lesung binnen 3 Monaten verlangt.