2319/A XXV. GP

Eingebracht am 20.09.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

gemäß § 26 GOG

 

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim

Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit das Versicherungsvertragsgesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit das Versicherungsvertragsgesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes

Das Versicherungsvertragsgesetz, BGBl. Nr. 2/1959, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/2016, wird wie folgt geändert:

1. In § 5b entfallen die Abs. 2 bis 6.

2. § 5c lautet:

Rücktrittsrecht

§ 5c. (1) Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherungsvertrag innerhalb von 14 Tagen, bei Lebensversicherungen innerhalb von 30 Tagen, ohne Angabe von Gründen zurücktreten.

(2) Die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts beginnt mit dem Tag, an dem der Versicherungsvertrag zustande gekommen ist und der Versicherungsnehmer darüber informiert worden ist, jedoch nicht bevor der Versicherungsnehmer folgende Informationen erhalten hat:

           1. den Versicherungsschein (§ 3),

           2. die Versicherungsbedingungen,

           3. die Bestimmungen über die Festsetzung der Prämie, soweit diese nicht im Antrag bestimmt ist, und über vorgesehene Änderungen der Prämie sowie

           4. eine Belehrung über das Rücktrittsrecht (Abs. 3).

(3) Die nach Abs. 2 Z 4 zu erteilende Rücktrittsbelehrung muss enthalten:

           1. Informationen über die Rücktrittsfrist und deren Beginn,

           2. die Anschrift des Adressaten der Rücktrittserklärung,

           3. einen Hinweis auf die Regelungen der Abs. 4 bis 6.

Die Rücktrittsbelehrung genügt jedenfalls diesen Anforderungen, wenn das Muster gemäß Anlage A verwendet wird.

(4) Der Rücktritt ist in geschriebener Form zu erklären. Die Rücktrittsfrist ist gewahrt, wenn die Rücktrittserklärung innerhalb der Frist abgesendet wird.


(5) Das Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat nach Zugang des Versicherungsscheins einschließlich einer Belehrung über das Rücktrittsrecht.

(6) Hat der Versicherer Deckung gewährt, so gebührt ihm die der Dauer der Deckung entsprechende Prämie.

(7) Die vorstehenden Absätze gelten nicht für Versicherungsverträge über Großrisiken gemäß § 5 Z 34 VAG.“

3. In § 15a Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Die Vereinbarung der Schriftform für Rücktrittserklärungen nach § 5c ist unzulässig.“

4. § 165a entfällt.

5. § 176 Abs 5 und 6 lautet:

(5) Wird eine kapitalbildende Lebensversicherung vor dem Ablauf von zehn Jahren oder einer vereinbarten kürzeren Laufzeit beendet, so dürfen bei der Berechnung des Rückkaufswerts die rechnungsmäßig einmaligen Abschlusskosten höchstens mit jenem Anteil berücksichtigt werden, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Laufzeit und dem Zeitraum von zehn Jahren oder der vereinbarten kürzeren Laufzeit entspricht. Ebenso sind diese Kosten bei der Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung für die Berechnung der Grundlage der prämienfreien Versicherungsleistung höchstens nach dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Prämienzahlungsdauer und dem Zeitraum von zehn Jahren oder einer vereinbarten kürzeren Prämienzahlungsdauer zu berücksichtigen.

(6) Der Vermittler hat in den Fällen des Abs. 5 Anspruch auf jenen Teil der Provision samt Nebengebühren, der dem Verhältnis zwischen der tatsächlichen Laufzeit (Prämienzahlungsdauer) und dem Zeitraum von zehn Jahren oder der vereinbarten kürzeren Laufzeit (Prämienzahlungsdauer) entspricht. Eine Vereinbarung, wonach dem Vermittler ein höherer Provisionsanspruch zusteht, ist unwirksam. Der Vermittler hat dem Versicherer eine Provision insoweit zurückzuzahlen, als sie das Ausmaß des anteiligen Provisionsanspruchs übersteigt. Die voranstehenden Bestimmungen sind auf Vereinbarungen, nach denen der Versicherungsnehmer die Provision unmittelbar dem Vermittler zu leisten hat, sinngemäß anzuwenden.

6. In § 178 Abs. 1 entfällt die Wendung „165a“.

7. Dem § 191c werden folgende Absätze 18 und 19 angefügt:

„(18) § 5c, § 15a Abs. 2, § 178 Abs. 1 und Anlage A in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2017 treten mit 23. Februar 2018 in Kraft. § 5b Abs. 2 bis 6 und § 165a VersVG treten mit Ablauf des 22. Februar 2018 außer Kraft. § 5c und die Anlage A sind auf Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 22. Februar 2018 geschlossen werden. § 176 Abs 5 und 6 sind auf Versicherungsverträge anzuwenden die nach dem 1. Jänner 2019 geschlossen werden.

(19) Für einen Rücktritt von einer kapitalbildenden Lebensversicherung nach den §§ 5b, 5c und 165a VersVG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I. Nr. xx/2017, der nach Ablauf des Tages der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. xx/2017 erklärt wird, gilt Folgendes:

1. Das Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat, nachdem der Vertrag von beiden Seiten vollständig erfüllt wurde.

2. Trägt der Versicherungsnehmer selbst das Veranlagungsrisiko, so kann der Versicherer allfällige bis zum Rücktritt eingetretene Veranlagungsverluste berücksichtigen.               

3. Sind nicht alle Voraussetzungen für den Beginn der Frist erfüllt, so gebührt dem Versicherungsnehmer innerhalb von fünf Jahren ab Vertragsabschluss der Rückkaufswert gemäß § 176 Abs. 1, von dem jedoch weder ein Abzug der Abschlusskosten noch ein Abzug gemäß § 176 Abs. 4 vorzunehmen ist. Bei Rücktritt nach Ablauf von fünf Jahren gebührt dem Versicherungsnehmer der Rückkaufswert gemäß § 176 Abs. 1, ohne dass ein Abzug nach § 176 Abs. 4 vorzunehmen ist.“

 8. Der bisherige Text des § 191d wird als Abs. 3a nach § 191c Abs. 3 eingefügt, § 191d lautet samt Überschrift:

„Verhältnis zum Recht der Europäischen Union

§ 191d. (1) § 5c ist eine Rechtsvorschrift, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) ABl. Nr. L 335 vom 17. 12. 2009 S. 1 fällt.“


9. Anlage A lautet:

„Anlage A

Belehrung über das Rücktrittsrecht

(1) Sie können von Ihrem Versicherungsvertrag innerhalb von [14 Tagen]1 ohne Angabe von Gründen in geschriebener Form (z. B. Brief, Fax, E-Mail) zurücktreten.

(2) Die Rücktrittsfrist beginnt mit der Verständigung vom Zustandekommen des Versicherungsvertrages (= Zusendung der Polizze bzw. Versicherungsschein), jedoch nicht, bevor Sie den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen einschließlich der Bestimmungen über die Prämienfestsetzung oder -änderung und diese Belehrung über das Rücktrittsrecht erhalten haben.

(3) Die Rücktrittserklärung kann gerichtet werden an: […]2. Zur Wahrung der Rücktrittsfrist reicht es aus, dass Sie die Rücktrittserklärung vor Ablauf der Rücktrittsfrist absenden.

(4) Mit dem Rücktritt enden ein allfällig bereits gewährter Versicherungsschutz und Ihre künftigen Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag. Hat der Versicherer bereits Deckung gewährt, so gebührt ihm eine der Deckungsdauer entsprechende Prämie. Wenn Sie bereits Prämien an den Versicherer geleistet haben, die über diese Prämie hinausgehen, so hat sie Ihnen der Versicherer ohne Abzüge zurückzuzahlen.

(5) Ihr Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat, nachdem Sie den Versicherungsschein einschließlich dieser Belehrung über das Rücktrittsrecht erhalten haben.

Gestaltungshinweise:

1) Im Fall der Lebensversicherung lautet der Klammerzusatz: „30 Tagen“

2) Hier sind einzusetzen: Name/Firma und ladungsfähige Anschrift des Adressaten der Rücktrittserklärung. Zusätzlich können angegeben werden: Telefaxnummer und E-Mail-Adresse.

Artikel 2

Änderung des Konsumentenschutzgesetzes

Das Konsumentenschutzgesetz, BGBl. Nr. 140/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2017, wird wie folgt geändert:

1. In § 3 Abs. 1 entfällt der letzte Satz.

2. In § 3 Abs. 3 Z 4 wird vor dem Wort „unterliegen“ die Wendung „oder dem Versicherungsvertragsgesetz“ eingefügt.

3. In § 3a Abs. 3 wird die Wendung „Bank- und Versicherungsverträgen“ durch das Wort „Bankverträgen“ ersetzt.

4. In § 3a Abs. 4 werden am Ende der Z 2 das Wort „oder“ durch einen Beistrich ersetzt, am Ende der Z 3 der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 4 angefügt:

         „4. der Vertrag dem Versicherungsvertragsgesetz unterliegt.“

5. Dem § 41a wird folgender Abs. 33 angefügt:

„(33) § 3 Abs. 1 und 3, § 3a Abs. 3 und 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. xx/xxxx treten mit 23. Februar 2018 in Kraft und sind auf Verträge anzuwenden, die nach dem 22. Februar 2018 geschlossen werden.“


Begründung:

Zu Z 1 bis 9 (§ 5b, § 165a, § 178):

Das vorgeschlagene einheitliche Rücktrittsrecht nach § 5c soll die bestehenden versicherungsvertragsrechtlichen Rücktrittsrechte der §§ 5b, 5c und 165a VersVG ersetzen, sodass § 165a und § 5b Abs. 2 bis 6 entfallen können. Das Rücktrittsrecht des neuen § 5c VersVG soll auch die Rücktrittsrechte nach den bisherigen §§ 3 und 3a KSchG ersetzen. Für Konsumenten ist damit kein Nachteil verbunden, weil das neue Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG ebenso wie jenes nach § 3 KSchG von keinen weiteren Voraussetzungen abhängig ist. Sowohl § 3 Abs. 1 letzter Satz als auch § 3a Abs. 3 letzter Satz KSchG sehen für Versicherungsverträge zudem schon bisher eine absolute, einen Monat ab dem Zustandekommen des Vertrags geltende Rücktrittsfrist vor.

Diese Regelung bewirkt im Ergebnis, dass Versicherer Versicherungsnehmer nur noch über das Rücktrittsrecht nach § 5c VersVG (und im Falle des Vertragsabschlusses im Fernabsatz: nach § 8 FernFinG) belehren müssen. Die damit bewirkte Vereinheitlichung und Vereinfachung der Rechtslage liegt im Interesse aller Beteiligten.

Zu Z 2 und 3 (§ 5c, § 15a):

Abs. 1: Dadurch, dass das Rücktrittsrecht an keine Voraussetzungen mehr geknüpft ist, werden auch die konzeptionellen Schwächen der bisherigen Gestaltung des allgemeinen versicherungsvertraglichen Rücktrittsrechts gemäß § 5b VersVG (vgl. Fenyves in Fenyves/Schauer, VersVG § 5b Rz 2 mwN) beseitigt. Es ist – wie bisher in § 5b Abs. 1 – weiterhin vom Rücktritt „vom Versicherungsvertrag“ die Rede. Dies schließt wie bislang auch einen Rücktritt vom Antrag bzw. einer Vertragserklärung ein, sodass der Versicherungsnehmer auch bis zum Zustandekommen des Vertrags zurücktreten kann (vgl Fenyves in Fenyves/Schauer, VersVG § 5b Rz 27 mwN).

Abs. 2 regelt als Beginn der Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts grundsätzlich den Tag, an dem der Versicherungsvertrag zustande kommt. Für den Schutz des Versicherungsnehmers entscheidend ist, dass die Frist erst dann zu laufen beginnt, wenn er den Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen einschließlich der Bestimmungen über die Prämienfestsetzung oder ¬-änderung sowie eine Belehrung über das Rücktrittsrecht erhalten hat. Die Regelung entspricht damit den Erfordernissen des Art. 186 der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II), ABl. Nr. L 335 vom 17. 12. 2009 S. 1. Letztere normiert für Lebensversicherungsverträge ein Rücktrittsrecht für Versicherungsnehmer „von dem Zeitpunkt an, zu dem sie davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Vertrag geschlossen ist“. Das ist in Österreich regelmäßig der Tag, an dem der Versicherungsnehmer die Polizze (das ist der Versicherungsschein) erhält, weil dies entweder die konkludente Annahme des Antrags des Versicherungsnehmers ist oder, bei einem Antrag der Versicherers und einer Annahme durch den Versicherungsnehmer, die Verständigung vom Zustandekommen des Vertrags. Da die Rücktrittsfrist nicht vor Übermittlung des Versicherungsscheins (der Polizze) beginnt, ist die Regelung richtlinienkonform.

Abs. 3 soll in Anlehnung an § 8 Abs. 5 dVVG Rechtssicherheit schaffen, dass der in Anlage A enthaltene Belehrungswortlaut die Anforderungen an eine gesetzeskonforme Belehrung über das Rücktrittsrecht jedenfalls erfüllt. Es bleibt den Versicherern unbenommen, über den Mindestinhalt hinaus zusätzliche Erläuterungen (insbesondere zum Versicherungsprodukt selbst, zum Versicherer selbst und zu allfälligen Gruppenunternehmen des Versicherers, Werbematerialien) dem Versicherungsnehmer zu geben, ohne dass allein dadurch die Rechtssicherheit durch die Fiktion des Abs. 3 entfällt. Jedenfalls muss die Rücktrittsbelehrung in gut lesbarer Schrift in unmittelbarer Nähe vor der Unterschrift des Verbrauchers abgedruckt werden.

Abs. 4 erster Satz normiert analog zum bisherigen § 5b Abs. 5, § 5c Abs. 1, zu § 8 Abs. 2 FernFinG und zu § 8 Abs. 1 dVVO aus Gründen der Rechtssicherheit die geschriebene Form (§ 1b Abs. 1 zweiter Satz) der Rücktrittserklärung. Ein höheres Formerfordernis, wie etwa die Schriftform, kann nicht vereinbart werden. Für die Fristwahrung soll das Absenden der Rücktrittserklärung maßgebend sein.

Abs. 5 sieht vor, dass das Rücktrittsrecht – wie bisher (§ 5b Abs. 5 Satz 2, § 5c Abs. 3 Satz 2) – spätestens  einen Monat nach Zugang des Versicherungsscheins einschließlich einer Belehrung über das Rücktrittsrecht erlischt.

Abs. 6 regelt die Rechtsfolgen des Rücktritts und entspricht dem versicherungsrechtlichen Grundsatz der zeitanteiligen Prämie, wie er schon bislang in § 5b Abs. 5 letzter Satz, § 5c Abs. 1 zweiter Satz und § 165a Abs. 1 zweiter Satz VersVG enthalten war. In der Nichtlebensversicherung und in der Risikolebensversicherung ist daher die vereinbarte Prämie zeitanteilig abzugrenzen; in der kapitalbildenden Lebensversicherung ist die vom Versicherer in seinem Geschäftsplan kalkulierte Risikoprämie zuzüglich anteiliger Kostenanteile zeitanteilig abzugrenzen.


Abs. 7 nimmt Versicherungsverträge über Großrisiken gemäß § 5 Z 34 VAG vom Rücktrittsrecht nach § 5c aus.

Zu Z 5 (§ 176 Abs 5 und 6):

Die rechnungsmäßig einmaligen Abschlusskosten können bei einem Rückkauf des Versicherungsnehmers innerhalb von fünf Jahren nach Vertragsabschluss nur anteilig bei der Berechnung des Rückkaufswerts gemäß § 176 Abs 3 VersVG berücksichtigt werden. Die Zeitspanne soll nun auf zehn Jahre verlängert werden.

Zu Z 7 (§ 191c):

Diese Bestimmungen regeln das In- und Außerkrafttreten der neuen Vorschriften sowie das Übergangsrecht für Rücktritte von bestehenden Verträgen.

Derzeit ist durch höchstgerichtliche Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, wie die Rückabwicklung bei einem Spätrücktritt erfolgt. Die Bandbreite der vertretenen Meinungen reicht vom Ersatz des Rückkaufwerts (vgl. Schauer, Spätrücktritt in der Lebensversicherung, VR 2017 H 1-2, 33) bis zur Rückabwicklung der Prämie zzgl. gesetzlicher Zinsen (vgl. Leupold, § 176 VersVG: (K)ein Nullsummenspiel, VbR 2016/135, 195). Wegen der vielen unterschiedlichen Voraussetzungen für den Rücktritt nach den bisherigen Bestimmungen könnten in einer Vielzahl von Fällen eine (wenn auch nur in Details) fehlerhafte Belehrung erfolgt sein, weshalb es geboten erscheint, hier für Rechtssicherheit zu sorgen. Durch die vorgeschlagene Vereinheitlichung des Rücktrittsrechts soll in Zukunft vermieden werden, dass eine Falschbelehrung zum Spätrücktritt von einem Versicherungsvertrag führen kann, sodass es nicht notwendig erscheint, die Rechtsfolgen eines Spätrücktritts auch für neu geschlossene Verträge explizit zu regeln. Die Bestimmungen in § 191c Abs. 19 sollen nicht allfällige zukünftige Entscheidungen der Gerichte zu bislang höchstgerichtlich nicht abschließend geklärten Rechtsfragen präjudizieren, die sich nach einem Spätrücktritt von einem neu geschlossenen Vertrag bei seiner Rückabwicklung stellen.

Abs. 19 Z 1 sieht vor, dass das Rücktrittsrecht einen Monat nach beidseitig vollständiger Vertragserfüllung erlischt, auch wenn die Rücktrittsbelehrung möglicherweise fehlerhaft war oder aus anderen Gründen der Fristenlauf nicht in Gang gesetzt werden konnte. Dass dies unionsrechtlich zulässig ist, ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH 10. 4. 2008, Rs C-412/06 Hamilton (siehe auch Schauer, Spätrücktritt in der Lebensversicherung, VR 2017 H 1-2, 33).

Abs. 19 Z 2 regelt den Fall, dass bei einer Versicherung, bei der der Versicherungsnehmer das Veranlagungsrisiko trägt, Veranlagungsverluste eingetreten sind.

Abs. 19 Z 3 regelt den Fall, dass nicht alle Voraussetzungen für den Beginn der Rücktrittsfrist erfüllt sind (etwa im Fall einer Falschbelehrung). Wenn § 176 zur Anwendung kommt, würde dem Versicherungsnehmer der – mangels Gewinnbeteiligung im ersten Jahr typischerweise geringere – Rückkaufswert gebühren. Dies soll in Anlehnung an § 152 Abs. 2 dVVG nunmehr dahingehend eingeschränkt werden, dass sich der Anspruch des Versicherungsnehmers bei einem Rücktritt innerhalb von fünf Jahren nach Vertragsabschluss nach dem Rückkaufswert bemisst, allerdings der Versicherer bei der Berechnung des Rückkaufswerts weder seine tariflichen Abschlusskosten noch einen Stornoabzug nach § 176 Abs. 4 berücksichtigen darf. Bei einem Rücktritt nach Ablauf von fünf Jahren ab Vertragsabschluss soll dagegen der Rückkaufswert zu ersetzen sein, wobei jedoch der Stornoabzug nach § 176 Abs. 4 nicht berücksichtigt werden darf.

Diese Regelung entspricht Art. 186 der Richtlinie 2009/138/EG (Solvabilität II) und dem europarechtlichen Wirksamkeitsgebot, und zwar zum einen, weil die in § 252 Abs. 1 Z 6 VAG 2016 normierte Pflicht des Versicherers, den Versicherungsnehmer über die Umstände, unter denen er den Abschluss des Versicherungsvertrages widerrufen oder von diesem zurücktreten kann, gemäß § 319 Z 1 VAG 2016 durch Verwaltungsstrafen bis EUR 60.000 abgesichert ist, und zum anderen, weil allfällige Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer auf den Ersatz von Schäden, die dem Versicherungsnehmer dadurch entstanden sind, dass die Rücktrittsbelehrung unterblieben ist (etwa weil der Versicherungsnehmer bei ordnungsgemäßer Belehrung zurückgetreten wäre und einen anderen, günstigeren Vertrag abgeschlossen hätte), davon unberührt bleiben.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.