163/AB XXV. GP

Eingelangt am 31.01.2014
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

AND RÄ RUPPRECHTER

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0153-I/3/2013

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 29. JAN. 2014

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Leopold Steinbichler, Kolleginnen und

                        Kollegen vom 04. Dezember 2013, Nr. 195/J, betreffend Almenchaos

                        und Verantwortung der Agrarförderverwaltung von BMLFUW, AMA

                        und Landwirtschaftskammer

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen vom 04. Dezember 2013, Nr. 195/J, teile ich Folgendes mit:

 

Vorbemerkung:

Einleitend ist festzuhalten, dass in Österreich kein Almchaos gegeben ist, da es klare Vorgaben und Regelungen gibt, nach denen die Zahlstelle AMA, die AntragstellerInnen, die mit der Digitalisierung beauftragten Stellen (bis inklusive 2013 die Landeslandwirtschafts­kammern) und die Berufungsbehörde (BMLFUW im Falle von Zahlungen aus der 1. Säule der GAP) vorgehen.

Da Europäische Institutionen allgemein Zweifel an der Zuverlässigkeit des Referenzsystems in Österreich geäußert haben, wurden in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen gesetzt, um eine sichere Basis für die Antragstellung sowie die Auszahlung zu haben.

 

Im Bereich des LPIS-Referenzsystems wurden in den Jahren ab 2009 folgende Maßnahmen vorgenommen:

          Verpflichtende Digitalisierung der Referenzfläche (wirksam ab der Antragstellung 2010);

          Erlassung einer neuen Rechtsgrundlage (neue INVEKOS-GIS-V, BGBl II Nr. 330/2011) mit weiteren Präzisierungen im Flächenbereich und almspezifischen Anpassungen im Jahr 2013;

          Verstärkte Schulung und Information aller mit der Festlegung der Referenzfläche beschäftigten Personen in der Zahlstelle und von der Zahlstelle beauftragten Stellen;

          Umstellung des Referenzsystems vom landwirtschaftlich genutzten Teil der Grundstücksparzelle (GATL) auf das Feldstück;

          seit 2011 gibt es einen elektronischen Kontrollbericht (online) auf graphischer Basis;

          seit 2012 gibt es die Möglichkeit, den Mehrfachantrag und den Herbstantrag online zu stellen;

          seit 2013 wird der sogenannte GIS-Sperrflächenlayer (Nicht Landwirtschaftliche Nutzflächen) befüllt, um eine unrichtige Flächenbeantragung weiter zu erschweren;

          Einführung einer lagegenauen Dokumentation von Flächenänderungen im Zuge der Wartung des Referenzsystems;

          Verkürzung des Intervalls der Neubefliegungen für die Hofkarten.

 

Im Almbereich wurden darüber hinausgehend folgende Schritte gesetzt:

          Im Rahmen der Rückverfolgung von Flächenverringerungen wurde auf Almen, bei denen die Flächenverringerung nicht verwaltungstechnisch geklärt werden konnte, eine Vor-Ort-Kontrolle durchgeführt;

          aufgrund der überdurchschnittlichen Fehlerraten wurde die Prüfquote auf Almen gemäß Artikel 30 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 seit dem Jahr 2011 entsprechend erhöht;

          Almen, die 2011 oder 2012 keiner VOK unterzogen wurden, wurden 2013 im Rahmen einer Flächenplausibilisierung „auf dem Bildschirm“ nochmals gesichtet und es wurde durch die AMA zentral eine vorläufige Referenzfläche festgestellt;

          in allen Fällen in denen die vorläufige Referenzfläche im Rahmen der Antragstellung erhöht wurde, wurde eine VOK durchgeführt;

          almrelevante Zahlungen im Jahr 2012 wurden bis zur Klärung der Referenzflächenfeststellung zurückgestellt;

          die Referenzfläche Alm wird für das Jahr 2014 zentral durch die AMA vorgeschlagen und dieser Vorschlag wird den AntragstellerInnen mitgeteilt und nach einer allfälligen Stellungnahme der/des Antragsstellerin/-ers die endgültige Referenzfläche für die Antragsstellung 2014 zugestellt.

 

Zu den Fragen 1 bis 4:

 

Im Rahmen der regelmäßigen Meldeverpflichtungen betreffend Durchführung der
EU-rechtlichen Vorgaben werden die umgesetzten Maßnahmen der EU-Kommission mitgeteilt. Weiters werden auch die im Rahmen von Prüfbesuchen jeweils konkret aufgegriffenen Themen in Angriff genommen.

Neben der Schaffung einer verbesserten Grundlage für die Antragstellung werden bei festgestellten Flächenabweichungen im Rahmen einer Einzelfallprüfung je nach Vorbringen die Richtigkeit des Ergebnisses der Vor-Ort-Kontrolle und das Vorliegen von Gründen für ein Absehen von Sanktionen oder von der Rückforderung insgesamt geprüft.

 

Die im Rechtsgutachten enthaltenen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen werden dabei als Beurteilungsmaßstab für die behördlichen Entscheidungen herangezogen. Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen wird nochmals klargestellt, dass auch bei den im Rechtsgutachten genannten Lösungsansätzen im Zuge der notwendigen Einzelfallbeurteilung eine gehörige Sorgfalt des Antragstellers vorausgesetzt wird.

 

Zu den Fragen 5 bis 8 und 11:

 

Diese Thematik wurde auch bereits in der parlamentarischen Anfrage Nr. 14489/J vom 22.04.2013 angesprochen, auf die dazu erfolgte Beantwortung wird verwiesen (14185/AB).

 

In diesem Zusammenhang ist auch die gemäß Verordnung (EG) Nr. 885/2006 – insbesondere auch bei übertragenen Funktionen – geforderte regelmäßige Überprüfung zu nennen.

 

Die Frage der Haftung ist jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen. Grundsätzlich besteht mit dem Instrument der Amtshaftung, wenn in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten jemanden schuldhaft einen Schaden zugefügt wurde, die Möglichkeit für den Geschädigten, seinen Schaden gegenüber der Republik geltend zu machen. Die Beurteilung erfolgt durch das Zivilgericht.

 

Im INVEKOS-Werkvertrag wurde kein pauschalierter Schadenersatz in Form einer Vertragsstrafe vereinbart. Der Vertrag beinhaltet jedoch – zusätzlich zu den ohnedies geltenden gesetzlichen Gewährleistungs- und Schadensersatzregeln – das Recht des Auftraggebers zur Entgeltkürzung im Falle der Nichteinhaltung von Arbeitsanweisungen der AMA durch den Auftragnehmer.

 

So wurden etwa für die Abrechnung 2012 keine Almdigitalisierungen anerkannt und abgegolten. Weiters erfolgte/erfolgt für die Jahre 2010 bis 2013 auf Basis der deutlich und systembedingt geänderten Erfassungserfordernisse im Zusammenhang mit der Alm-/Weide-auftriebsliste bei Rindern eine Anpassung der Arbeitszeit um -30% und in der Folge eine Reduktion der vertraglichen Höchstvergütung in Summe um rund 180.000 €.


Hinsichtlich des neben dem INVEKOS-Werkvertrag in der Anfrage auch angesprochenen Beratervertrags wird darauf hingewiesen, dass Letzterer in keinem Zusammenhang mit der Digitalisierung der Almflächen durch die Landwirtschaftskammern steht.

 

Zu Frage 9:

 

Entlohnung der Landwirtschaftskammern gemäß Invekos-Vertrag 2010-2012 (in Euro, brutto):

 

Vertrag

2010

2011

2012

 

 

 

 

Burgenland

536.130

536.119

536.125

Kärnten

917.010

897.323

907.167

Niederösterreich

2.588.535

2.587.317

2.587.926

Oberösterreich

2.287.350

2.285.489

2.286.419

Salzburg

596.160

577.740

586.950

Steiermark

2.139.345

2.119.749

2.129.547

Tirol

971.865

948.295

960.080

Vorarlberg

282.555

276.810

279.683

Wien

31.050

31.050

31.050

Gesamt

10.350.000

10.259.893

10.304.947

 

Für das Jahr 2013 wurden die Kammern noch nicht entlohnt.

 

Vertragliche Höchstgrenzen 1.1.2013 - 30.6.2015:

 

Vertrag

2013

2014

1.1.-30.6.2015

 

 

 

 

Burgenland

536.125

536.125

375.877

Kärnten

907.167

907.167

701.784

Niederösterreich

2.587.926

2.587.926

1.813.360

Oberösterreich

2.286.419

2.286.419

1.552.479

Salzburg

586.950

586.950

481.358

Steiermark

2.129.547

2.129.547

1.696.184

Tirol

960.080

960.080

824.709

Vorarlberg

279.683

279.683

252.218

Wien

31.050

31.050

25.500

Gesamt

10.304.947

10.304.947

7.723.469

 

Ein Vertrag mit der LKÖ besteht und bestand auch nicht.

 

Zu Frage 10:

 

Die Landes-Landwirtschaftskammern können im Rahmen einiger Förderungsmaßnahmen gemäß der Sonderrichtlinie des BMLFUW zur Förderung der Landwirtschaft aus nationalen Mitteln Förderungen beantragen, z. B. im Bereich der Beratung und Bildung, in den Sektoren Pflanzenbau und Saatgutwirtschaft, Gartenbau, Gemüsebau, Obstbau sowie Weinbau.

Weiters wurden Abwicklungstätigkeiten im Zusammenhang mit nicht-flächenbezogenen Förderungsmaßnahmen des BMLFUW an die Landes-Landwirtschaftskammern in unterschiedlichem Umfang übertragen.

 

Zu den Fragen 12 bis 14:

 

Die Zuständigkeit der Landwirtschaftskammern ergibt sich nicht erst aus dem INVEKOS-Werkvertrag, sondern bereits aus verschiedenen nationalen Rechtsgrundlagen:

 

·         Für den Bereich der 1. Säule der GAP erfolgt aufgrund des § 6 Abs. 2 MOG die Übertragung der hoheitlichen Aufgabe der Antragsentgegennahme an die Landwirtschaftskammern gemäß § 2 Abs. 3 INVEKOS-CC-V 2010. Die Aufgabe der Wartung des Referenzsystems wurde mit der INVEKOS-GIS-V 2011 der AMA bzw. anderen geeigneten Rechtsträgern übertragen.

 

·         Für den Bereich der 2. Säule der GAP (GAP 2) kann einerseits darauf verwiesen werden, dass sowohl die INVEKOS-CC-V 2010 als auch die INVEKOS-GIS-V 2011 auch für die flächenbezogenen Maßnahmen der GAP 2 gelten. Als weitere Grundlage ist §  38 ARR (Allgemeine Rahmenrichtlinien-V 2004) heranzuziehen, der die Übertragung der Förderungsabwicklung an andere sachlich in Betracht kommende Rechtsträger ermöglicht.

·         Schließlich wurde auf Basis dieser Bestimmungen auch die Aufgabe der Antragsentgegennahme bei den flächenbezogenen Maßnahmen in den jeweiligen SRL (ÖPUL, AZ, Natura 2000 auf landwirtschaftlichen Flächen, Wald und Wasser) den Landwirtschaftskammern übertragen.

 

Von einer gesonderten öffentlichen Vergabe durch den Bund wurde daher abgesehen.

 

Der INVEKOS-Vertrag mit den Landwirtschaftskammern wurde bis 30. Juni 2015 verlängert.

Die Ausgestaltung des Zeitraums ab 2015 wird Gegenstand der bevorstehenden nationalen GAP-Umsetzung sein.

 

Zu Frage 15:

 

Die Rückforderungen von Betrieben mit Almfutterflächen sind in der nachstehenden Tabelle dargestellt (Stand Jänner 2014). Eine exakte Zuordnung als „almrelevante“ Rückforderung ist nicht möglich, ebenso die Darstellung nach Sanktionsbetrag und Rückforderungen.

In Summe wurden von 18.309 Betrieben rund 26 Mio. € rückgefordert. Dabei entfällt der größte Anteil auf die Betriebsprämie mit 21,6 Mio..€ (Rückforderungen von  2005 bis 2012), das Agrarumweltprogramm (ÖPUL) mit 1,2 Mio. € und die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete mit 3,3 Mio. €.

Bezogen auf die in diesem Zeitraum an Betrieben mit Almauftrieb erfolgten Zahlungen beträgt der Anteil der Rückforderungen 1,1%.

Zu den Fragen 16 bis 19:

 

Eine amtliche Neuaufrollung der (Alt)Fälle kann und darf nur erfolgen, wenn eine entsprechende rechtliche Basis vorhanden ist. Auch das genannte Rechtsgutachten sieht für eine allfällige Wiederaufnahme von abgeschlossenen Verfahren einen engen Anwendungsbereich.

 

Soweit der Antragsteller belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft, weil er die gehörige Sorgfalt gewahrt hat, wird in ständiger Entscheidungspraxis von der Verhängung von Sanktionen abgesehen. Wenn als „unschuldig zum Handkuss gekommene Bauern“ jene verstanden werden, denen als Auftreiber die Antragsdaten des Almbewirtschafters/­Almobmanns zugerechnet werden, dann steht einer amtlichen Neuaufrollung die höchstgerichtliche Judikatur entgegen. Ein Negieren der Judikatur würde einen Rechtsmissbrauch darstellen.

 

Auch aus haushaltsrechtlicher Sicht liegen keine konkreten Tatbestände für die Bildung einer Rückstellung für allfällige Prozesskosten im Gegenstand vor.

 

Zu den Fragen 20 und 21:

 

Die SOKO Alm hat sich mit den Aspekten der Flächenermittlung (Vereinbarkeit des Almleitfadens mit den EU-rechtlichen Vorgaben), der Abwicklung bei der Antragstellung 2013 (Verfahren zur Feststellung der Referenzfläche auf Almen als Basis für die Antragstellung) sowie mit einer Weiterentwicklung des Referenzsystems für die folgenden Antragsjahre bzw. Förderperiode befasst. Die konkreten Empfehlungen der SOKO Alm wurden im Zuge der laufenden Abwicklung 2013 umgesetzt bzw. sind auch Basis der weiteren Arbeiten.

 

Die Arbeiten der SOKO Alm wurden im Dezember 2013 abgeschlossen. Insgesamt sind Ausgaben i.H.v. 21.545,88 € angefallen.

 


Zu Frage 22:

 

Die Förderverwaltungspraxis ist eng mit der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen verbunden. Durch „einfache“ (einfach zu kontrollierende) Maßnahmen kann der Aufwand bei der Beantragung und Überprüfung gering gehalten werden. Auch die nunmehr erstmals im EU-Recht vorgesehene Möglichkeit der Reduktion der Kontrollquote bei ordnungsgemäßem Funktionieren der Verwaltungs- und Kontrollsysteme und Fehlerquoten auf akzeptablem Niveau verringert den Aufwand. Die vermehrte Nutzung der elektronischen Erfassungsmöglichkeiten (z.B. im LPIS) bringt nach einer Einführungsphase mit – zugegeben – etwas höherem Aufwand eine deutliche Abwicklungsvereinfachung und Fehlerreduktion.

 

Zu Frage 23:

 

Für das Jahr 2014 kann schon aufgrund der noch nicht erfolgten Antragstellung keine Prognose abgegeben werden. Aus den für 2013 vorliegenden Kontrollergebnissen zeigt sich aber eine deutliche Reduktion von Beanstandungen. Es zeigt sich bzw. es ist zu erwarten, dass die im Bereich des Referenzsystems getroffenen Maßnahmen die Flächenabweichungen weiter minimieren und die Referenzdaten stabil werden.

 

Der Bundesminister:


Beilage zur parl. Anfr. Nr. 195/J

 

Rückforderungen von Betrieben mit Almauftrieb - EBP, ÖPUL und AZ (1)

Bundesländer/Größenstufen

Alle Betriebe

Rückforderungen
(in Euro)

Betriebe
mit EBP

Rückforderungen EBP
(in Euro)

Betriebe
mit ÖPUL

Rückforderungen ÖPUL
(in Euro)

Betriebe
mit AZ

Rückforderungen AZ
(in Euro)

Ausland

4    

-424    

 

 

 

 

4    

-424    

Burgenland

1    

-1.590    

1    

-1.590    

 

 

 

 

Kärnten

3.596    

-5.742.973    

3.064    

-4.887.047    

476    

-209.035    

1.257    

-646.891    

Niederösterreich

328    

-298.398    

282    

-276.910    

11    

-8.835    

67    

-12.653    

Oberösterreich

420    

-340.472    

338    

-246.503    

33    

-25.301    

117    

-68.667    

Salzburg

3.138    

-2.871.265    

2.577    

-2.189.463    

419    

-202.927    

1.147    

-478.876    

Steiermark

2.875    

-7.257.749    

2.573    

-6.656.673    

332    

-167.726    

749    

-433.349    

Tirol

6.656    

-8.389.727    

5.670    

-6.298.986    

542    

-513.332    

2.371    

-1.577.410    

Vorarlberg

1.291    

-1.212.039    

1.139    

-1.034.279    

83    

-56.365    

242    

-121.394    

Wien

 

 

 

 

 

 

 

 

Östereich

18.309    

-26.114.636    

15.644    

-21.591.451    

1.896    

-1.183.521    

5.954    

-3.339.664    

(1) EBP: Rückforderungen 2005 bis 2012; ÖPUL und AZ; Rückforderungen 2007 bis 2012;

Stand: Jänner 2014