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xxxEndred. Pau, gemailt an I. Moser, 1.7. 2014

 

Umweltausschuss

 

 

 

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Auszugsweise Darstellung

(verfasst vom Stenographenbüro)

4. Sitzung

 

Donnerstag, 26. Juni 2014

 

TOP 2: 124/A(E)

14.46 Uhr – 16.28 Uhr

 

Lokal VI

 

 

 

Nach Erledigung von TOP 1 leitet die Obfrau um 14.46 Uhr zu TOP 2 über:

2. Punkt

Antrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention (124/A(E)) (Wiederaufnahme der am 21. Februar 2014 vertagten Verhandlungen)

Obfrau Mag. Christiane Brunner: Damit kommen wir zu Tagesordnungspunkt 2.

Es ist keine Berichterstattung notwendig, weil es sich um eine Wiederaufnahme handelt.

Zu diesem Punkt sind Expertinnen und Experten geladen, über deren Ladung wir noch abstimmen müssen. Von vier ExpertInnen sind drei heute erschienen. Frau Universitätsprofessorin Dr. Madner musste aufgrund unvorhergesehener persönlicher Termine leider absagen, hat uns aber eine schriftliche Stellungnahme zukommen lassen, die ich verlesen werde.

Da es in diesem Punkt um die Einbindung der Öffentlichkeit geht, unser Ausschuss aber nicht öffentlich ist, habe ich die Präsidentin ersucht, die Erstellung einer Auszugsweisen Darstellung dieses Tagesordnungspunktes zu veranlassen, was sie auch genehmigt hat.

Wir müssen über die Ladung und die Veröffentlichung der Auszugsweisen Darstellung abstimmen.

Daher stelle ich den Antrag, dass wir gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung Frau Mag. Lieselotte Feldmann, Herrn Dr. Wilhelm Bergthaler und Herrn Mag. Thomas Alge als Auskunftspersonen zum Tagesordnungspunkt 2 in den Umweltausschuss laden.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters stelle ich den Antrag, gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung Frau Universitätsprofessorin Dr. Verena Madner zu einer schriftlichen Stellungnahme einzuladen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist auch einstimmig angenommen.

Ich stelle den Antrag, gemäß § 39 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Auszugsweise Darstellung zu TOP 2 zu veröffentlichen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

*****

Die Obfrau ersucht darum, die Auskunftspersonen Frau Mag. Lieselotte Feldmann vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Herrn Dr. Wilhelm Bergthaler von Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH und Herrn Mag. Thomas Alge vom ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung in den Saal zu bitten.

(Die Auskunftspersonen werden von Bediensteten der Parlamentsdirektion in den Sitzungssaal geleitet.)

Obfrau Mag. Brunner begrüßt die geladenen Experten und die Expertin und dankt ihnen dafür, dass sie sich die Zeit genommen haben, dem Ausschuss ihre Expertise zur Verfügung zu stellen.

ExpertInnenhearing

Mag. Lieselotte Feldmann (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft): Danke für die Einladung und die Möglichkeit, Ihnen einen kurzen Abriss zu geben, denn ich nehme an, es sind nicht alle wirklich mit den Details der Aarhus-Konvention vertraut. Ich möchte deshalb darstellen, woher die Konvention kommt und wo wir derzeit damit stehen.

Ich bin der österreichische Aarhus Focal Point. Jeder Vertragsstaat muss eine solche Person nominieren, und ich mache das jetzt seit fast sechs Jahren. Ich bin Anlaufstelle für alle Belange der Konvention.

Die Konvention stammt aus dem Jahr 1998, hat also inzwischen 16 Jahre hinter sich. Allgemein bekannt ist sie als Bürgerbeteiligungs- beziehungsweise NGO-Konvention. Es gibt drei Säulen dieser Konvention: Zugang zu Umweltinformationen, Bürgerbeteiligung in umweltrelevanten Verfahren, vor allem bei Anlagenrecht und Umweltverträglichkeitsprüfung, und schließlich die sogenannte „access to justice“-Säule, der Zugang zu Gerichten, auf der momentan der Fokus liegt.

Das Konzept der Bürgerbeteiligung in der Aarhus-Konvention kommt eigentlich von der Umweltverträglichkeitsprüfung her, kommt also aus den achtziger Jahren und wurde im Wesentlichen in die Aarhus-Konvention übernommen. Dieses Konzept war also vorher schon da und wurde dann untergliedert in diese drei Säulen, erweitert und ergänzt.

Der Zeithintergrund ist vielleicht auch interessant: Es war die Zeit des Falls der Berliner Mauer und des Zerfalls des ehemaligen Ostblocks, die Zeit der Entstehung neuer Demokratien. In diesen Staaten gab es ein besonderes Bedürfnis nach Informationen, nach Zugang zu Informationen, nach Mitsprache, nach Bürgerbeteiligung. Die Aarhus-Konvention hat diese Elemente aufgegriffen und in diese Dreisäulenstruktur zusammengeführt.

Damals hatte die EU erst 15 Mitgliedstaaten. In der EU gab es schon EU-Richtlinien. Es hat schon die Umweltinformationsrichtlinie, die UVP-Richtlinie und die Espoo-Konvention zur grenzüberschreitenden UVP gegeben. Somit hatte die EU kein Problem mit der Konvention und hat sie übernommen.

Der Art. 9 Abs. 3, dieser berühmte Abschnitt zum „access to justice“ war ursprünglich immer als ein Auffangtatbestand gedacht. Der Fokus lag auf den Elementen der Demokratisierung, des Zugangs zu Informationen und damals definitiv nicht auf Art. 9 Abs. 3. Den „access to justice“ haben die Mitgliedstaaten als nationales Element und nationale Angelegenheit betrachtet und gesagt: Da brauchen wir keine EU-Richtlinie dazu. Allein inzwischen sind 16 Jahre vergangen. Die EU hat sich erweitert. Die ehemaligen Ostblockstaaten sind jetzt Mitglieder der EU und auch die Mechanismen der Konvention haben sich erweitert. Der Fokus der Konvention hat sich also verändert; was am Anfang nicht im Fokus war, ist jetzt langsam in den Fokus gerückt.

Zum Art. 9 Abs. 3 hat die EU bisher keine Richtlinie vorgelegt beziehungsweise gab es zwar einen Richtlinienvorschlag aus dem Jahre 2003, der dann aber nicht weiter verhandelt wurde und inzwischen auch offiziell zurückgezogen worden ist. Inzwischen gibt es eine Reihe von EuGH-Erkenntnissen, die sich mit Elementen der verstärkten Bürgerbeteiligung und des „access to justice“ auseinandersetzen. Es gibt da schon eine ganze Sammlung der diesbezüglichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes.

Vor uns liegt das MOP, das Meeting of the Parties. Das findet in ein paar Tagen in Maastricht statt. Es findet alle drei Jahre statt. Dort kommen die Vertragsstaaten auf formal höherem Level zusammen, um zur Kenntnis zu nehmen, was in den letzten drei Jahren geschehen ist, welche Berichte über erfolgte Tätigkeiten auf dem Tisch liegen, die dann zur Kenntnis genommen werden. Es werden Beschlüsse zum Status quo gefasst und auch das neue Arbeitsprogramm für die kommenden drei Jahre betreffend. Das geschieht zu allen Tagesordnungspunkten – es sind ungefähr 20 Unterpunkte – nächste Woche in Maastricht. An einem Tag gibt es auch ein „High Level“-Segment, wo hohe Vertreter, teilweise Minister der Mitglied- und Vertragsstaaten zusammenkommen und zu aktuellen Themen diskutiert und eine gemeinsame Maastricht-Erklärung angenommen wird.

Zum Compliance-Mechanismus, zum Compliance Committee. Das Kürzel ist ACCC, Aarhus Convention Compliance Committee. Es wurde 2003 eingerichtet und umfasst sieben Mitglieder. Das sind Juristen, die ehrenamtlich für dieses Compliance Committee tätig werden. Sie werden von westlichen EU-Staaten, von östlichen Staaten und von NGOs nominiert, damit da ein Gleichgewicht herrscht. Sie sind dazu da, die korrekte Anwendung der Konvention zu überwachen. An dieses Compliance Committee kann man sich wenden. Die Besonderheit der Aarhus-Konvention im Vergleich zum Beispiel zur Espoo-Konvention besteht darin, dass sich normalerweise ein Staat gegen einen anderen Staat an so einen Ausschuss wendet. Bei der Aarhus-Konvention haben sich bis auf einen Fall immer NGOs, „members of the public“ an dieses Compliance Committee gewandet. Das ist eine Besonderheit. Von der Anzahl der Fälle her gibt es bei der Espoo-Konvention ungefähr sieben Fälle und bei der Aarhus-Konvention schon 96. Das zeigt, dass dieses Instrument sehr genützt wird und NGOs das wirklich auch anwenden.

Jetzt vielleicht noch kurz ein bisschen Statistik zu diesen Fällen: Von den 96 wurden 40 Fälle allein in der letzten Periode – das sind immer diese Perioden von drei Jahren zwischen den Meetings of the Parties – eingebracht. 34 davon betreffen EU-Staaten. Am Anfang, in den ersten Jahren der Konvention haben die Fälle vor allem Staaten aus der Kaukasusregion betroffen, also Armenien, Kasachstan, Turkmenistan, auch Albanien, Moldawien und Weißrussland. Inzwischen liegen ganz viele EU-Staaten im Fokus der Aufmerksamkeit und eben immer mehr auch im Fokus der dritten Säule. Von diesen 40 Fällen wurden 27 weiterverfolgt und in 14 Fällen wurde schließlich „non-compliance“, also Nichterfüllung der Konvention festgestellt.

Wie schaut es mit Österreich aus? – Österreich hatte seit 2010 zwei Fälle vor dem Compliance Committee, von österreichischen NGOs eingebracht. Der größere, komplexere Fall wurde vom ÖKOBÜRO eingebracht. Was ist die Spezialität an diesem Fall? – Erstens ging es nicht darum, dass in Bezug auf eine Anlage oder Anlagengenehmigung irgendetwas mit der Bürgerbeteiligung nicht gepasst hat, sondern dieser Fall hat sich auf das gesamte österreichische Umweltrechtssystem bezogen. – Es sitzt zwar ein Österreicher im Compliance Committee, der war aber zu diesem Fall nicht zugelassen. – Es war auch für das Compliance Committee schwierig, weil es sich mit der gesamten komplexen österreichischen Rechtslage befassen musste. Das hat auch eine gewisse Überforderung beim Compliance Committee hervorgerufen, und es wurde versucht, den Gegenstand etwas einzuschränken. Dann waren wir der erste Fall, bei dem wirklich Art. 9 Abs. 3 der Konvention im Fokus gestanden ist, also der Bereich „access to justice“. Jetzt kann man sagen, das ist Pech oder Glück. Österreich war der erste EU-Staat, der diesbezüglich vor dem Compliance Committee gestanden ist. Österreich ist eben auch der erste Staat, der diese „findings“ diesbezüglich jetzt auf dem Tisch hat und umzusetzen hat. Kurz gesagt, in diesen „findings“ steht, dass NGOs in wichtigen österreichischen Umweltgesetzen zwar Parteistellung haben – wie Sie wissen, ist das beispielsweise im Rahmen der UVP oder im Rahmen der Umwelthaftung der Fall –, darüber hinaus jedoch wird NGOs in sektoralen umweltrelevanten Gesetzen keine Parteistellung und somit keine Möglichkeit eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen. Das ist schlicht und einfach die Aussage und die Aufforderung lautet: Führt das für NGOs bei den sektoralen Gesetzen ein!

Ich möchte jetzt noch einmal betonen, dass wir in den letzten fünf Jahren viel voneinander gelernt haben. Wir hatten von Anfang an eine gute Kooperation mit dem ÖKOBÜRO. Wir haben gegenseitig Informationen ausgetauscht. Wir haben uns überlegt, wie man weitermachen kann. Wir haben Herrn Dr. Bergthaler engagiert, um uns in diesen beiden Fällen vor dem Compliance Committee in Genf zu vertreten, weil es immer üblicher wird, dass es dort auch eine anwaltliche Vertretung gibt, vor allem bei einer so komplexen Sache, die eigentlich eine ganze Rechtsmaterie umfasst. Ich möchte mich auch für die gute Zusammenarbeit bei euch beiden bedanken.

Wir haben aber auch alle betroffenen Stakeholder eingebunden. Wir haben Länder eingebunden. Wir haben Landesumweltanwälte eingebunden. Wir haben Experten eingebunden, der Volksanwalt war dabei, die Sozialpartner. Es sind alle informiert worden. Wir haben breit überlegt, wie wir jetzt damit umgehen.

Wir mussten darüber auch dem Compliance Committee berichten. Natürlich wurde vor dem Meeting in Maastricht gefragt, was Österreich schon unternommen habe, um diesen „findings“ zu entsprechen. Wir mussten schon einen Bericht abgeben, und dementsprechend gibt es jetzt auch einen Bericht des Compliance Committees. Der liegt auf dem Tisch, er wird nächste Woche formal angenommen. Es wurde sehr wohl anerkannt, dass wir gut kooperiert haben, viele Informationen übermittelt haben, dass wir alle möglichen Maßnahmen angegangen sind. Es steht aber auch drin, dass wir kein einziges Gesetz vorgelegt haben, und deshalb wird uns eine Frist vorgeschrieben, bis zum nächsten Meeting of the Parties regelmäßig über konkrete Maßnahmen zu berichten. Diese erste Frist ist der 31. Dezember dieses Jahres. Das passiert jetzt nächste Woche in Maastricht.

Vielleicht noch einen kurzen Exkurs zur Europäischen Kommission. Sie hat zwar diesen alten Vorschlag aus dem Jahr 2003 zurückgezogen. 2003 war der Wille nicht da und die Mitgliedstaaten haben das abgelehnt. Es war die Zeit noch nicht reif. Inzwischen hat sich der Fokus verändert, es gibt viele EuGH-Erkenntnisse. Es gibt von der Kommission teilweise auch Vertragsverletzungsverfahren zu einzelnen Elementen, die mit der Aarhus-Konvention und mit der korrekten Umsetzung zu tun haben, und die Kommission arbeitet an einem neuen Richtlinienvorschlag. Vielen von Ihnen wird das schon bekannt sein.

An sich hätte dieser im Mai vorgelegt werden sollen, aber aufgrund des Wechsels an der Kommissionsspitze wird das wohl unter der Barroso-Kommission nicht mehr passieren. Aber die Kommission ist sehr aktiv und wir rechnen damit, dass auf jeden Fall ein Richtlinienvorschlag kommt, und wenn nicht, dann wird die Umsetzung der EuGH-Erkenntnisse durch Vertragsverletzungsverfahren erfolgen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen Überblick geben, woher die Konvention kommt, wo wir jetzt stehen, was sich in diesen letzten 16 Jahren verändert hat und was formal nächste Woche passieren wird. – Danke.

Dr. Wilhelm Bergthaler (Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH): Frau Feldmann hat es schon gesagt, ich habe die Republik in diesen Verfahren in Genf vertreten. In den Mittelpunkt möchte ich jetzt weniger die Verteidigungslinie, die dort gewählt wurde, stellen, sondern die konstruktiven Möglichkeiten für Österreich, die sich daraus ergeben, um eben diesen „findings“ nachzukommen.

Wie schon erwähnt wurde, geht es darum, zusätzliche Rechtsschutzinstrumente für die Vertretung von Umweltinteressen und im Besonderen für NGOs zu implementieren. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten und Ebenen der Feinabstufung. Es ist kein Alles-oder-nichts-Instrument. Es geht nicht darum, in jedem Kleinstverfahren auch den NGOs volle Parteirechte einzuräumen, sondern es ist ein differenziertes Modell zu wählen.

Ich möchte mit Ihnen durcharbeiten, welche Stufen wir dort erörtert haben. Die erste Verteidigungslinie Österreichs war: Wir haben ein anderes Modell gewählt. Wir haben, dem schwedischen Ombudsmann nachgebildet, früh die Umweltanwälte geschaffen. Diese sind eigentlich Repräsentanten des objektiven Umweltschutzes in Österreich, und die NGOs können sich ja an die Umweltanwälte wenden und dadurch im Verfahren Rechte geltend machen.

Mit dem Argument sind wir aus ganz einfachen Gründen nicht durchgedrungen: Die Umweltanwälte sind nicht verpflichtet und wollen sich auch nicht verpflichten lassen, auf Zuruf von NGOs einzuwenden. Das heißt, diese Mediatisierung, NGOs können teilnehmen, aber nur über die Umweltanwälte beziehungsweise die Umweltanwälte sind die Pflichtverteidiger der NGOs, hat sich dort nicht durchgesetzt; das weiß ich aus vielen Gesprächen mit Umweltanwälten in Österreich. Das heißt nicht, dass diese Möglichkeit gänzlich ausscheidet. Es gibt andere Interessenträger des öffentlichen Umweltschutzes, Planungsorgane und dergleichen. Es wäre eine Möglichkeit, aber die Mediatisierungsvariante ist eine schwerfällige Variante. Sie führt eher zu einem Zwischenstreit zwischen der NGO und dem Repräsentanten. Da hat es bisher sozusagen kein tragfähiges Konzept gegeben, um das umzusetzen.

Die zweite Möglichkeit wäre, dass man sagt, man gibt den NGOs ein Sonderanfechtungs- oder Beschwerderecht, so, wie es das in Österreich im UVP-Verfahren schon gibt. Wenn aus deren Sicht eine Entscheidung gegen Umweltschutzvorschriften verstößt, dann gibt es ein Sonderanfechtungsrecht, wie etwa in einem Feststellungsverfahren derzeit. Das heißt, die NGO ist nicht von Beginn an dabei, nicht im erstinstanzlichen Verfahren, aber sie wird von der Entscheidung verständigt und hat die Möglichkeit, dagegen Beschwerde zu führen, ein Rechtsmittel einzubringen.

Diskutiert wurde mit dem Committee – der Vorsitzende ist ein Schwede, Herr Ebbesson – auch die Möglichkeit, die Umweltbeschwerderechte auszudehnen. Derzeit gibt es eine Umweltbeschwerde ja nur, wenn der Umweltschaden schon eingetreten ist. Man könnte schon Beschwerde einlegen, wenn ein Umweltschaden droht. Da gäbe es zwar einen vorbeugenden Schutz, aber die Schwierigkeit dieser Variante ist, dass das parallel zu einem Verfahren ablaufen würde. Also das würde auch eher zu einer Schwerfälligkeit führen.

Die dritte Variante, die es gibt, ist einfach die Erweiterung der Parteistellung auf NGOs in bestimmten Verfahren, wo sie derzeit noch fehlt. Bei dieser dritten Variante ist die Grundentscheidung zu treffen, in welchen Fällen wer Parteistellung haben soll. Es ist nicht gefordert, dass alle überall Parteistellung haben. Man kann sicher eine Bagatellschwelle einziehen und da ist dann festzulegen, in welchen Materienverfahren, in welchen Bereichen, in welchen Bewilligungsagenden eine Parteistellung eingeführt wird. Ableiten lässt sich aus den „findings“ sicher auch, dass das Rechtsschutzinstrument ein effektives sein muss, dass es auch einen vorläufigen Rechtsschutz in wichtigen Fällen geben muss, also nur im Nachhinein zu schauen, ob alles richtig gelaufen ist, ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend.

Aus praktischer Sicht möchte ich anmerken, dass die derzeitige Situation dazu führt, dass bei sensiblen Projekten mit keinerlei Beteiligungsmöglichkeit Stellvertreterkriege ausbrechen. Meiner Ansicht nach kommt es dazu, dass viel zu viel über das sogenannte Kriminalstrafrecht gespielt wird. Wenn jemand aus einem Verfahren draußen gehalten wird, dann hat er eigentlich nur die Möglichkeit, den Organen des Verfahrens, denen er Rechtsbruch vorwirft, Amtsmissbrauch vorzuwerfen. Das heißt, wir haben da Stellvertreterkriege, weil dort der Deckel auf einem Topf aus einem anderen Bereich drauf ist. Aus meiner Sicht gibt es da viel zu viele Anzeigen gegen Bürgermeister oder dergleichen. Derzeit wären Fragen, wo es um evidente Umweltinteressen geht, in Verwaltungsverfahren deutlich besser aufgehoben.

Welche Botschaft möchte ich damit anbringen? – Die Umsetzung solcher Beteiligungsinstrumente ist kein Dammbruch. Wir müssen nicht von den üblichen Parteistellungen Abschied nehmen. Wir können uns an Modellen orientieren, die wir bereits haben. Die verfassungsrechtlichen Vorbedingungen für eine Beschwerdeführung von NGOs an die neuen Verwaltungsgerichte sind ebenfalls schon geschaffen, das heißt, es wäre auch kein übertriebener legistischer Aufwand. Es geht einfach darum, Materie für Materie durchzuarbeiten und nachzudenken, wo eine breitere Beteiligung gegeben ist. Da kann man auch Bestehendes neu justieren. Wir haben Bereiche, bei denen zum Beispiel auch die Umweltanwälte unglücklich über die Aufteilung ihrer Parteirechte sind. Die sind manchmal bei jedem Bauverfahren dabei, dafür sind sie in anderen Materien vollkommen ausgeklammert. Das heißt, die Chance, die Aarhus bietet, ist, dass man eine Balance findet und herausfindet, welche Akteure für die Umwelt in welchem Verfahren auftreten. – Danke.

Mag. Thomas Alge (ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Möglichkeit, hier sprechen zu dürfen. Ich bin ja in irgendeiner Weise mitverantwortlich dafür, dass dieser Tagesordnungspunkt hier diskutiert wird. Ich vertrete das ÖKOBÜRO, das ist die Allianz der Umweltbewegung, die die Interessen von Mitgliedsorganisationen wie Greenpeace, WWF, GLOBAL 2000 gemeinsam vertritt und den Arbeitsschwerpunkt im Bereich Umweltrecht hat. Ich bin Geschäftsführer und habe seit vielen Jahren einen Arbeitsschwerpunkt in der Aarhus-Konvention. Ich habe vor meiner Zeit als Geschäftsführer sehr viel auf europäischer Ebene gearbeitet und unterstütze im Rahmen der Aarhus-Konvention seit dem Jahr 2007 Umweltschutzorganisationen aus ganz Europa, die eben Fälle an dieses Compliance Committee der Aarhus-Konvention in Genf bringen. Das ist ein internationales Projekt, das von einer britischen Stiftung finanziert wird. Das heißt, ich habe wirklich sehr viel Hintergrundwissen, auch wie es in anderen Staaten mit der Umsetzung ausschaut, und werde dazu auch etwas sagen.

Lieselotte Feldmann hat schon erwähnt, dass die Aarhus-Konvention in dieser Umbruchszeit nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entstanden ist, in einer Zeit, in der jeder für Transparenz und Beteiligung war. Es gibt auch einen Grundsatz dazu. In der Rio-Deklaration von 1992 steht der Grundsatz 10, der genau abbildet, was in der Aarhus-Konvention steht, nämlich die Schaffung von Zugang zu Umweltinformationen, zu Verfahrensbeteiligung und zu Rechtsschutz. Das Ziel und die Idee dahinter ist, dass die Entscheidungen dadurch transparenter und sachrichtiger werden und dann ein Konsens auch stärker hält. Das ist auch empirisch vielfach nachgewiesen. Es ist einfach eine breitere gesellschaftliche Akzeptanz da, wenn dieser Interessenausgleich zwischen Investoren, Behörden und der Zivilgesellschaft als Vertreter der Umwelt stattfindet.

Das Ergebnis war die Aarhus-Konvention, die 1998 angenommen worden ist. Sie gibt den Umweltschutzorganisationen eine rechtliche Stimme, um die Interessen der Umwelt zu vertreten. Die Umwelt kann sich ja nicht äußern, und dieses Recht wird in dieser Konvention den Umweltschutzorganisationen zugeschrieben. Österreich war und ist in vielen Bereichen der Aarhus-Umsetzung sehr vorbildlich, sehr gut sogar im Bereich der Umweltinformationen. Dasselbe gilt für die Verfahrensbeteiligung und den Rechtsschutz im Bereich der UVP.

Wo es krankt, das ist der allgemeine Rechtsschutz. Weil sich da wenig bewegt hat, hat ÖKOBÜRO im Jahr 2010 eine Beschwerde beim Compliance Committee eingebracht, mit dem Ergebnis – das hat Frau Feldmann schon präsentiert –, dass Österreich dazu verpflichtet ist, Beschwerderechte einzuführen.

Österreich ist in der Umweltpolitik und im Umweltrecht eher ein Vorreiter, aber im Bereich des Rechtsschutzes sind wir Schlusslicht. Das hat die EU-Kommission in umfassenden Studien bereits im Jahr 2007 festgestellt. Da war das Ergebnis, dass in 21 Staaten von damals 25 der Rechtsschutz halbwegs oder zumindest ein wenig umgesetzt ist und in vier Staaten nicht. Unter diesen vier Staaten ist Österreich neben Großbritannien, Deutschland und Malta. Als besonders positiv wurden in diesem Bericht der Kommission aus 2007 damals Dänemark, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Litauen, Luxemburg, Portugal, die Slowakei oder Slowenien gesehen.

Was ist in der Zwischenzeit mit diesen Schlusslichtern geschehen? – Insbesondere in Großbritannien gab es erhebliche Verbesserungen nach einem Compliance-Verfahren der Aarhus-Konvention. Sie waren bei der letzten Vertragsschadenkonferenz insbesondere wegen der exorbitanten Verfahrenskosten am Pranger. Dort kann es sein, dass ein Verfahren bis zu 100 000 oder 200 000 Pfund kostet, und es wurde nach Aarhus in Großbritannien eine Kostengrenze eingeführt. Auch in Deutschland gab es Verbesserungen. Da gab es schon historisch ein Verbandsbeschwerdegesetz für den Bereich Naturschutz, aber auch in anderen Bereichen gab es Verbesserungen. In Deutschland ist insbesondere auch die Rechtsprechung aktiver als in Österreich. Da gab es eben das Janecek-Urteil aus dem Luftbereich und das Trianel-Urteil aus dem UVP-Bereich. Zuletzt hat auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Umweltschutzorganisationen Luftmaßnahmenpläne einklagen können. Also auch in Deutschland gibt es eine Verbesserung. Lediglich in Österreich gab es eben fast keine Bewegung, mit Ausnahme der Umwelthaftungsrechte, die im Jahr 2008 oder 2009 eingeführt wurden.

Jetzt stellt sich die Frage, warum das in Österreich nicht umgesetzt worden ist. Wir haben einige Jahre gewartet, bevor wir zum Compliance Committee gegangen sind, in der Hoffnung, dass sich Ängste legen und dass sich etwas bewegt. Das ist nicht passiert, weshalb wir dann auch eine Entscheidung getroffen haben.

Warum wird es nicht umgesetzt? – Ich sehe vor allem zwei Gründe. Der erste Grund ist, dass es systemfremd in der österreichischen Verwaltungsrechtsdogmatik ist. Vor allem Österreich und Deutschland sind geprägt durch diesen engen Parteibegriff mit Nachbarrechten. Die Nachbarn können ihr Eigentum und ihre Gesundheit schützen, aber ein allgemeines Recht, die objektive Rechtskonformität gerichtlich einzuklagen, das gibt es nicht. Das gibt es in Ausnahmefällen durch Formalparteien, zum Teil durch Umweltanwaltschaften, aber für Umweltorganisationen war das einfach etwas Fremdes. Das ist für den gelernten Juristen in Österreich – also ich habe auch meine Zeit gebraucht, um das zu verstehen – systemfremd. Da hatten vor allem Österreich und Deutschland massive Probleme. Das wird langsam ein bisschen aufgeweicht, in der Rechtswissenschaft ist Bewegung drin, auch durch die schon erwähnte Rechtsprechung in Deutschland und jene vom Europäischen Gerichtshof.

Das zweite Problem ist eine Angst, etwas Psychologisches aus meiner Sicht. Es ist die Angst vor einer Klagsflut. Es ist die Angst, dass der Wirtschaftsstandort damit massiv in Mitleidenschaft gezogen wird, dass es zu Verfahrensverzögerungen kommt, dass die Behörden und Gerichte mit Verfahren überlastet werden. Es ist nur so: Rund um Österreich funktionieren die Systeme auch und es kam nicht zu so einem Einbruch. Österreich ist eine Insel, wo es das nicht gibt. Das ist jetzt nicht nur eine allgemeine Aussage, das ist auch empirisch bestätigt. Sämtliche Studien belegen, dass durch NGO-Beschwerderechte keine Klagsflut entsteht. Zuletzt wurde das ganz aktuell durch eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2014 bestätigt. Da wurde festgestellt, dass nur in 2 Prozent der Verfahren NGOs Beschwerderechte wahrgenommen haben.

Ähnliche Ängste vor einer Klagsflut, vor einer Überlastung sind mir selbst bekannt aus drei Bereichen in Österreich. Zum Ersten im Umweltinformationsrecht: Das erste UIG wurde in den neunziger Jahren eingeführt, und auch hier gab es erhebliche Ängste vor Stillstand in den Behörden, weil sie mit Umweltinformationsbegehren übersät werden. Das ist auch nicht passiert. Die Ängste haben sich bisher nicht bestätigt. Es ist übrigens ein Recht, das jeder hat. Das Recht ist sehr selektiv wahrgenommen worden, und im Jahr 2004 wurde die umfassende Novelle und Erweiterung des UIG einstimmig sowohl im Europaparlament als auch in Österreich angenommen und beschlossen.

Im Bereich UVP, IPPC wurden im Jahr 2005 Parteirechte für Umweltschutzorganisationen eingeführt. Auch da gab es große Befürchtungen, dass das den Wirtschaftsstandort schädigt, die Verfahren erheblich verzögert und die Gerichte lahmlegt. Auch das ist nicht passiert. Das Recht wird selektiv wahrgenommen. Insbesondere im IPPC-Bereich, bei Großanlagen, die nicht der UVP unterliegen, ist die NGO-Beteiligung aus meiner Sicht unter der Wahrnehmungsschwelle. Im UVP-Verfahren ist es ein bisschen mehr. Nur ist es da so, dass es zirka 25 Verfahren pro Jahr gibt, im Gegensatz zu Deutschland, wo es 700 Verfahren gibt. Da ist die Quote ein bisschen höher als 2 Prozent, eher vielleicht 10 oder 15 Prozent. Untersucht haben wir das nicht.

Ähnliche Ängste gab es bei der Umwelthaftung. In den Jahren 2007 bis 2009 war der Umsetzungsprozess. Auch da gab es große Ängste, dass die Umwelthaftung an sich und auch die Beschwerderechte der NGOs zu einer Klagsflut führen würden, aber auch das ist weitgehend ungenutztes Recht. Das heißt im Ergebnis: Dieses Klagerecht wird nur sehr selektiv wahrgenommen.

Es ist auch untersucht worden, in welche Fälle NGOs hineingehen. Es braucht einfach Ressourceneinsatz, finanzielle Ressourcen, Personalressourcen, es braucht Kompetenz, und das macht die NGO nur dann, wenn erhebliche Verfahrensmängel erkennbar sind, wenn eben erkennbar ist, dass es entweder rechtliche oder fachliche Mängel im Verfahren gibt. Nur dann geht man zu Gericht, wenn auch Erfolgschancen da sind. Die NGOs leiden immer unter einem Ressourcenengpass und sind gar nicht dazu in der Lage, die Gerichte lahmzulegen. Es ist überall, wo es untersucht worden ist, kein statistisch erfassbarer, signifikanter Anstieg von Verfahren erkennbar.

Zum Schluss: Wir haben es gehört, Österreich ist dazu verpflichtet, völkerrechtlich, europarechtlich, den Gerichtszugang einzuführen. Österreich ist im Rechtsschutzbereich weitgehend isoliert, was die restriktive Interpretation und Anwendung der Konvention betrifft. Eine Klagsflut ist nicht zu erwarten. – Vielen Dank.

Obfrau Mag. Christiane Brunner: Wir haben noch eine Stellungnahme von Frau Universitätsprofessorin Dr. Madner, die auch verteilt wird und die ich jetzt zur Verlesung bringe:

„Schriftliche Kurzstellungnahme aus Anlass des ExpertInnenhearings im Umweltausschuss am Donnerstag, den 26. Juni 2014 zu TOP 2:

Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Hoher Umweltausschuss! Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Aarhus-Konvention hat einen Ausbau von Öffentlichkeitsbeteiligung und Rechtsschutz in der EU und ihren Mitgliedsstaaten bewirkt. Österreich hat diese internationale und europäische Rechtsentwicklung aktiv mit vollzogen und Umsetzungsmaßnahmen getroffen. Dieser Weg ist aber keineswegs abgeschlossen. Folgende zwei Aspekte möchte ich dazu kurz hervorheben:

1. Die Aarhus-Konvention verlangt Zugang zum Rechtsschutz für Umwelt-NGOs auch außerhalb von UVP-Verfahren. In der UVP und im IPPC-Anlagenrecht hat der Gesetzgeber Umweltorganisationen bereits Beteiligungs- und Beschwerderechte eingeräumt. Auch im Umwelthaftungsrecht gibt es Rechtsschutz für Umwelt-NGOs. Außerhalb dieser Verfahren ist der österreichische Gesetzgeber bis jetzt noch nicht tätig geworden, um Umweltorganisationen Zugang zum Rechtsschutz zu eröffnen. Das entspricht nicht den Vorgaben der Aarhus-Konvention.

In weiten Bereichen des Umweltrechts, zum Beispiel im Naturschutz oder im Wasserrecht haben weder Nachbarn noch Umwelt-NGOs die Möglichkeit, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften überprüfen zu lassen. Die Aarhus-Konvention verlangt aber in Art. 9 Abs. 3 ganz allgemein, dass die Öffentlichkeit Handlungen oder Unterlassungen von Behörden oder Privaten anfechten kann, die gegen Umweltrecht verstoßen. Die Aarhus-Konvention erlaubt es zwar, Kriterien festzulegen, wer hier Zugang zum Rechtsschutz erhält. Umwelt-NGOs zählen aber jedenfalls zur Öffentlichkeit, die Zugang zum Rechtsschutz erhalten muss. Das ergibt sich klar aus dem Ziel und Zweck der Aarhus-Konvention.

Das Aarhus-Komitee hat dementsprechend bereits festgehalten, dass Österreich hier gegen seine Verpflichtungen aus der 3. Säule der Aarhus-Konvention verstößt. Der Gesetzgeber ist gefordert, die Überprüfungsrechte für Umweltorganisationen im österreichischen Rechtssystem passgenau umzusetzen.

2. Die Aarhus-Konvention verlangt Überprüfungsrechte für die Öffentlichkeit auch in Bezug auf Verordnungen und bei Untätigkeit von Behörden. Insbesondere wenn Verordnungen pflichtwidrig nicht erlassen werden, ist effektiver Rechtsschutz aber im geltenden österreichischen Rechtssystem nicht hinreichend gewährleistet. Man denke zum Beispiel an Maßnahmenpläne zur Luftqualität oder an wasserwirtschaftliche Sanierungsprogramme. Die Erlassung von Verordnungen kann – anders als die Erlassung von Bescheiden – bei pflichtwidriger Säumnis nicht ohne weiteres erzwungen werden.

Die Lehre hat einen Weg vorgezeichnet, wie die Gerichte Säumnisschutz in analoger Anwendung der Instrumente im Bescheiderlassungsverfahren eröffnen könnten. Die Erlassung von Verordnungen könne, in Anlehnung an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zur Anerkennung von Religionsgemeinschaften, indirekt über die Erwirkung eines Feststellungsbescheids durchgesetzt werden. Der Verwaltungsgerichtshof und die Verwaltungsgerichte sind bislang in der Praxis nicht geneigt, diesen Weg einzuschlagen beziehungsweise Ansprüche auf Erlassung von Verordnungen anzuerkennen. Der Gesetzgeber ist im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken gefordert.“

Diskussion

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Wir haben dieses Thema ja öfter thematisiert. Es gab einen Antrag in der letzten Legislaturperiode, aber auch in dieser Legislaturperiode wurde das Thema schon behandelt. Es geht uns um die vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention, auch um die Umsetzung der dritten Säule und des Art. 9 Abs. 3, damit wir eben nicht nur Umweltinformation, sondern auch Beteiligung am Verfahren und wirklich den Zugang zu den Gerichten sowie die Durchsetzung vom Umweltrecht gewährleisten. Die Umwelt braucht eine Stimme vor Gericht.

Ich denke, dass wir uns gerade als Umweltgesetzgeber nicht davor fürchten sollten, sondern dass es eine zusätzliche Stütze und Unterstützung für uns wäre, wenn es das Umweltrecht, das wir hier beschließen, ermöglichen würde, mit den NGOs, mit den BürgerInnen, mit Bürgerinitiativen auch Partnerinnen und Partner zu haben, die darauf achten, dass das Umweltrecht eingehalten und umgesetzt wird. Wir erleben ja auch in vielen Verfahren, dass Bürgerinitiativen und NGOs oft einen großen Anteil daran haben, dass Projekte im Sinne der Umwelt verbessert werden, dass unser Umweltrecht auch tatsächlich so angewandt wird, wie es vorgesehen ist. Wenn wir hier eine Möglichkeit schaffen, dass NGOs, Bürgerinitiativen, Einzelpersonen den Zugang zu Gerichten erhalten, dann haben wir wichtige Partner, damit wir diese Ziele auch schaffen können.

Ich glaube, dass es demokratiepolitisch eine wichtige Maßnahme ist. Ich habe oft erlebt, dass sich Einzelpersonen, aber auch Bürgerinitiativen ziemlich vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn sie wissen, da ist ein Gesetz, das es gibt. Eigentlich geht man davon aus, dass man sich darauf verlassen kann, dann wird das nicht eingehalten oder nicht so umgesetzt, aber man kann als Einzelperson oder als Bürgerinitiative nichts dagegen machen. Es ist demokratiepolitisch bedenklich, wenn Menschen in unserem Land das Gefühl bekommen, es gibt zwar Gesetze, es gibt Umweltrecht, aber darauf, dass es eingehalten wird, können sie sich nicht verlassen, und sie haben auch keine Möglichkeiten, etwas dagegen zu unternehmen.

Deswegen haben wir auch beantragt, dass Umwelt-NGOs, Bürgerinitiativen – die Aarhus-Konvention sieht auch die Ad-hoc-NGOs vor, das sind bei uns die Bürgerinitiativen – und auch Einzelpersonen, weil es entsprechende EuGH-Judikatur gibt, diesen Zugang zu den Gerichten erhalten.

Ich möchte jetzt den ursprünglichen Antrag, der von mir auf der Tagesordnung ist, durch einen Abänderungsantrag konkretisieren. Das mache ich aus zwei Gründen. Erstens: In der Stellungnahme von Frau Universitätsprofessorin Dr. Madner wird festgestellt, dass es sich auch um Verordnungen handelt, und es wird gefordert, dass man Verordnungen auch überprüfen können muss, und dass man auch bei Untätigkeit, wenn Verordnungen nicht erlassen werden, dieses Recht geltend machen können muss.

Zweitens: Der Zeitplan, den uns Frau Mag. Feldmann genannt hat, nämlich dass uns das Compliance Committee eine Frist bis Ende des Jahres gesetzt hat, um eben entsprechend reagieren zu können, ist Anlass genug, auch den Zeitplan meines Antrags konkretisieren. Wir haben den 30. Mai für einen Vorschlag vorgesehen, dieser Termin ist mittlerweile vorbei.

Ich bringe daher einen Abänderungsantrag der Abg. Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 124/A(E) ein, der im Wesentlichen vorsieht, dass der Umweltminister gemeinsam mit dem Justizminister einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Aarhus-Konvention erlassen soll, in dessen Erarbeitung auch die organisierte Öffentlichkeit, die Länder und die Parlamentsfraktionen eingebunden werden.

Eben aufgrund der Frist, die das Compliance Committee gesetzt hat, soll die Bundesregierung dem Nationalrat bis 20. November 2014 eine Regierungsvorlage vorlegen, die die Berücksichtigung von Umweltorganisationen, Bürgerinitiativen und betroffenen Einzelpersonen vorsieht, damit diese entsprechende Rechtsschutzinstrumente ergreifen können und ihnen auch das Recht auf Verordnungserlassung eingeräumt wird. Weiters soll eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Umweltinformationsgesetzes vorgelegt werden, damit es da auch Möglichkeiten gibt, dass man bei Auskunftsverweigerung von Behörden entsprechenden Rechtsschutz erhält.

Ich denke, wenn wir Vorreiter werden wollen, sollte es selbstverständlich sein, dass wir auch bei der Durchsetzung des Umweltrechts Vorreiter sein wollen, und deswegen hoffe ich, dass dieser Antrag in der Form, so, wie ich ihn mit den entsprechenden zeitlichen Anpassungen abgeändert habe, heute Zustimmung finden wird.

 

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde zum Antrag der Abg. Mag. Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde betreffend vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention (124/A(E))

Die im Entschließungsantrag vom 29. Jänner 2014 beabsichtigte Fristsetzung für eine Regierungsvorlage (30. Mai 2014) ist bereits abgelaufen, daher ist eine Aktualisierung notwendig. Aus diesem Anlass werden auch einige Präzisierungen vorgenommen. Insbesondere wird auch die aufgrund der Entscheidung des Aarhus-Komitees ACCC/C/2010/48) notwendige Verbesserung des Umweltinformationsgesetzes explizit angesprochen, da nach dem Ministerialentwurf für eine B-VG-Novelle Informationsfreiheit (BKA-601.999/0001-V/1/2014) und diesbezüglichen Auskünften des BKA das Umweltinformationsgesetz jedenfalls als lex specialis bestehen bleiben soll.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Abänderungsantrag

Der Ausschuss wolle beschließen:

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde betreffend vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention (124/A(E)) wird wie folgt geändert:

„Die Bundesregierung bzw der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, der Bundeskanzler und der Bundesminister für Justiz, werden aufgefordert, zur Umsetzung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs zum Individualrechtsschutz und zur vollständigen Umsetzung der Aarhus-Konvention, insbesondere Art 4 Abs 7 und Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention,

unter Einbindung der organisierten Öffentlichkeit, der Länder und der Parlamentsfraktionen rasch Gesetzesentwürfe auszuarbeiten sowie einer Begutachtung zuzuführen und

dem Nationalrat bis 20. November 2014 eine Regierungsvorlage für ein Bundes-Umweltrechtsschutzgesetz, das unter möglichster Ausnutzung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Kompetenzen als auch der Zivilrechtskompetenz des Bundes Umweltorganisationen, Bürgerinitiativen und betroffenen Einzelpersonen effektive und leistbare Rechtsschutzinstrumente gegen Umweltrechtsverstöße der Behörde und Privater, insbesondere auch das Recht auf Verordnungserlassung einräumt und

eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Umweltinformationsgesetzes vorzulegen, damit gegen Auskunftsverweigerung und Säumnis von Behörden und auskunftspflichtigen Privaten ein rascher und effektiver Rechtsschutz gegeben ist.“

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Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Österreich droht die Bestätigung dieses Non-Compliance-Status. Welche Auswirkungen hat das? – Das ist die eine Frage.

Vielleicht noch eine Frage an Frau Mag. Feldmann. Das Thema ist ja nicht ganz neu. Minister Pröll hat ja 2008 schon angekündigt, dass er mit diesen hochkomplexen Fragen bezüglich der Umsetzung an den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts herantreten werde. Gab es damals kein Ergebnis?

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Zu den Ausführungen der Frau Obfrau möchte ich schon sagen, es gibt nicht nur das Umweltrecht und NGOs. Es gibt durchaus auch Leute, die wirtschaftliche Interessen haben, ob das Gewerbe, Landwirtschaft und so weiter ist. Man muss das schon ausgewogen sehen und es braucht einen Dialog. 

Es geht dabei nicht nur um Bundesinteressen, sondern meines Wissens sind, wenn man Umwelt und Natur hernimmt, auch sehr viele Länderinteressen betroffen. Ich halte es für sinnvoll, dass man darüber durchaus weiter diskutiert, die Länder vielleicht noch intensiver als bisher einbindet, denn letztlich bringt es nichts, wenn man auf Bundesebene etwas fixiert, ohne die Länder miteinzubeziehen. Es gibt nun einmal den Föderalismus, der in vielen Bereichen durchaus positiv ist. Es ist auch nicht so, dass die Zeit jetzt schon abgelaufen ist. Österreich ist in Umweltanliegen bei Weitem kein Schlusslicht, sondern in vielen Bereichen wäre es für die Umwelt von Vorteil, wenn andere Länder so weit wären, wie es Österreich schon ist.

Aber damit man in Zukunft die Länder einerseits einbindet, aber auch andererseits darauf, was uns die Experten heute gesagt haben, aufbauen kann, glaube ich, ist es sinnvoll, wenn es noch Parteiengespräche in den nächsten Tagen und Wochen gibt. Vielleicht ist dann ein Mehrparteienantrag möglich. Daher stelle ich einen Vertagungsantrag.

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Ich hätte noch eine Frage an Frau Mag. Feldmann. Es wurden vorliegende Berichte und das Arbeitsprogramm für das Meeting erwähnt. Sind diese Berichte öffentlich zugänglich? Ich muss sagen, ich habe die Entscheidung des Committees, aber auch die Berichte beziehungsweise die österreichischen Stellungnahmen leider jetzt in der Vorbereitung der Sitzung nicht zur Verfügung gehabt. Ich glaube, das wäre für unsere Meinungsbildung sehr wichtig.

Die zweite Frage betrifft die angesprochene EU-Richtlinie. Wie weit ist da der Vorbereitungsstand? Wird es diese EU-Richtlinie demnächst geben oder wird das wieder auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben? – Das sollte natürlich eine Grundlage für weitere Entscheidungen sein.

Der dritte Punkt: Selbstverständlich hat Österreich im Umweltrecht ein sehr hohes Rechtsschutzniveau. Es ist auch angesprochen worden, dass es aufgrund der österreichischen Rechtssituation vielleicht nicht gleichlautend ist mit anderen Rechtssystemen, aber das haben wir ja in sehr vielen europäischen Materien, dass wir durchwegs unterschiedliche Rechtsprechungssysteme haben und sich da nicht alles über einen Kamm scheren lässt. Ich glaube auch, dass wir jetzt nicht unbedingt permanent von Ängsten und psychologisch bedingten Sorgen sprechen sollten. Es geht auch durchwegs um die Sorge, dass gewisse Dinge, die von Allgemeininteresse sind und den Gesetzen entsprechen, in einer gewissen Zeit durchsetzbar sein müssen. Ich sage das, um auch die andere Seite zu betonen. Ich sage das im Umweltausschuss auch sehr selbstbewusst.

Mich schmerzt es wirklich, wenn ich mir die derzeitige Situation in meinem Heimatbundesland Niederösterreich, anschaue. Dort bilden durchwegs umweltbewusste Menschen Bürgerinitiativen und „killen“ einen Windpark nach dem anderen, und zwar aus wirklich egoistischen Eigeninteressen. Das sind nicht irgendwelche Menschen, die sagen, sie haben kein Verständnis für erneuerbare Energie. Ganz im Gegenteil: Das sind durchwegs gut gebildete, gut situierte Bürgerinnen und Bürger, die die Notwendigkeit der Energiewende einsehen, aber sie wollen das nicht im eigenen optischen Blickfeld haben.

Andere Beispiele größerer Dimension sind der Semmering-Basistunnel, die 380-kV-Leitung in Salzburg und verschiedene Straßenprojekte. Wir haben in Österreich ein sehr hohes Rechtsbewusstsein. Es wird niemand Österreich absprechen können, dass bei uns die Rechtsstaatlichkeit nicht ausgeprägt ist. Wir haben im Bereich der Umweltrechtsprechung das Nachbarschafts- oder Anrainergebot, wo es auch, glaube ich, sehr viele Mitwirkungsmöglichkeiten gibt. Wir haben bisher anstatt der NGOs die Umweltanwaltschaften, die durchwegs engagiert die Interessen vertreten.

Ich kann auch damit leben, dieses Instrument weiter auszubauen, nur glaube ich, dass es wirklich im Einklang mit einer europäischen Richtlinie sein soll, nicht nur um allen Bürgerinnen und Bürgern den gleichen Zugang zu ermöglichen, sondern auch um die Standortfrage mitzuberücksichtigen.

Was ich auf keinen Fall will, ist, dass es zu einem innereuropäischen Interessenunterschied kommt und sich da über Umweltrecht vielleicht Standortvorteile oder -nachteile herauskristallisieren. Also im Wesentlichen würde es mich freuen, wenn wir auf Basis einer europaweiten Richtlinie bald weiterkommen, wenn das heuer noch möglich wäre. Die Frage ist, ob wir uns nicht nach diesem Treffen in Maastricht noch einmal kurz – das muss ja nicht in einer offiziellen Sitzung des Umweltausschusses sein –kurz beraten können, was die Ergebnisse dieses Meetings waren.

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Ich habe hier zwei Fragen notiert, und zwar geht die erste Frage an Herrn Dr. Bergthaler: Welche Auswirkungen vor allem in Sinne von Kosten und Verfahrensdauern hätte eine entsprechende Umsetzung? Haben Sie da schon Erfahrungswerte? Ich weiß, es gibt hier verschiedenste Vorträge Ihrerseits. Was würde bei einer ordnungsgemäßen Umsetzung auf uns zukommen?

Die zweite Frage richte ich an Herrn Mag. Alge: Gibt es bereits Vorreiter in der Europäischen Union? Gibt es Best-Practice-Beispiele, die Sie uns hier mit auf den Weg geben können?

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Wenn man die Diskussionsbeiträge richtig versteht, dann wird es wohl diese Gespräche und Verhandlungen in den nächsten Wochen eher nicht geben, sondern wir müssen damit rechnen, dass in dieser Legislaturperiode das, was hier beantragt worden ist, wohl nicht umgesetzt werden wird. Die Einbindung der Öffentlichkeit und der NGOs ist ganz wichtig. Ich bedanke mich bei den Experten für ihre Stellungnahmen.

Kollege Weninger hat das Floriani-Prinzip angesprochen. Das ist natürlich ein Problem. In Österreich müssten wir regeln, wo und inwiefern es tatsächlich ein übergeordnetes Interesse gibt. Wenn wir beispielsweise Anlagen für erneuerbare Energie bauen und dann bei diesem Verfahren Jahre darauf warten müssten, dass diese Energie auch abtransportiert werden kann, dann muss das als ein Interesse bestimmt werden, das übergeordnet ist. Wir sollten nicht auf eine EU-Richtlinie warten, sondern in Österreich Maßnahmen setzen, die aus unserer Sicht sinnvoll und notwendig sind. Natürlich kann man dabei eine Bagatellgrenze einziehen. Das ist bestimmt sinnvoll. Man kann auch ein Sonderanfechtungsrecht vorsehen. Auch das ist bestimmt sinnvoll, wenn man ein Verfahren nicht verzögern will.

Ich würde wirklich nicht warten, bis die Kommission aktiv wird. Wenn wir eine Regelung finden, die im Interesse der Umwelt, im Interesse der Bürger und natürlich auch im Interesse der Wirtschaft ist – das schließt sich ja nicht in allen Fällen aus, wahrscheinlich sogar in den wenigsten Fällen –, dann wäre es gut, wenn Österreich selbst aktiv wird und das nicht auf die lange Bank schiebt.

Mag. Lieselotte Feldmann: Die Berichte und die Beschlussentwürfe, die jetzt vorliegen, werden so, wie sie vorliegen, angenommen werden. Es gab bisher noch keinen Fall, in dem eine Vertragspartei „findings“ des Compliance Committees nicht angenommen hätte. Auch Österreich wird die „findings“ nächste Woche formell annehmen. Das bedeutet aber nicht, dass die offizielle Umsetzungsfrist erst nach Maastricht beginnt. Wir mussten jetzt schon im Hinblick auf dieses Meeting berichten, was wir bisher schon unternommen haben, weil die „findings“ ja schon seit März 2012 auf dem Tisch liegen.

Die Auswirkungen sind, dass wir berichten müssen. Das erste Mal im Dezember, dann 2015, 2016 wieder. Wenn wir das bis zum nächsten Meeting of the Parties nicht umgesetzt hätten, würden wir einen verschärften Beschluss des Meetings of the Parties bekommen. Da würde ich mir allerdings nicht wünschen, dass Österreich da ein Präzedenzfall dafür wird, denn bisher waren nur Staaten wie Kasachstan, Turkmenistan oder die Ukraine wegen mangelnder Transparenz, mangelnder Öffentlichkeitsbeteiligung ein zweites Mal dran. In die Reihe der Staaten, die das ein zweites Mal nicht umgesetzt haben oder nicht positiv berichten können, wollen wir uns wohl nicht einreihen.

Gutachten des BKA-Verfassungsdienstes gibt es drei. Das erste ist schon 2003 vorgelegt worden, das zweite 2008, und das dritte ist vom Oktober 2009. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes hat sich nur auf die verfassungsrechtliche Kompetenzlage beschränkt und sich nicht generell dazu geäußert, ob wir das umsetzen müssen oder nicht. Wir gehen davon aus, dass das der Fall ist. Laut Verfassungsdienst können weder Art. 11 Abs. 2 noch Art. 11 Abs. 6 der Bundesverfassung als Kompetenzgrundlage herangezogen werden. Auf Grundlage der bestehenden Bestimmungen können wir also kein Bundesgesetz schaffen, das alle Materien und auch die Länder umfassen würde. Bundeskompetenz und Landeskompetenzen müssen getrennt behandelt werden – das ist die Aussage des Verfassungsdienstes.

Die Berichte sind natürlich öffentlich. Die Aarhus-Konvention hat eine Webseite, auf der jeder Schritt unseres Verfahrens, auch jede Stellungnahme, die wir verschickt haben, und jede Antwort, die das ÖKOBÜRO auf unsere Stellungnahme gegeben hat, zu finden sind. Alles ist transparent. Es ist jeder Bericht zugänglich, es ist alles einsehbar. Es gibt jetzt sogar noch eine eigene Unterseite für das Meeting of the Parties in Maastricht. Es sind alle Compliance-Fälle einsehbar. Natürlich erfüllt die Konvention selbst auch das, was sie verlangt, nämlich volle Information und volle Transparenz. Da besteht überhaupt kein Problem.

Zur EU-Richtlinie. Die Kommission ist sehr dahinter her, diese Richtlinie vorzulegen. Sie ist sicherlich auch schon ausgearbeitet. Was ich weiß, ist, dass sie durch das Impact Assessment gegangen ist. Jedem Richtlinienentwurf muss ja auch eine Bewertung beigelegt werden, ein sogenanntes Impact Assessment. Das ist also fertig, liegt am Tisch. Jetzt geht es um die Änderung an der Spitze beziehungsweise in der Zusammensetzung der Kommission, die im November erfolgen wird.

Die Frage, wann es die neue Kommission dann vorlegen wird beziehungsweise ob man darauf warten soll, würde ich persönlich mit Nein beantworten wegen der internationalen Verpflichtung, die wir jetzt mit den Aarhus-Findings auf dem Tisch haben. Bedenken muss man auch, dass die Richtlinie, wenn sie vorgestellt wird, verhandelt werden muss. Das dauert im Schnitt ungefähr zwei Jahre. Dann hat man noch einmal eineinhalb, zwei Jahre Umsetzungsfrist. Damit wären wir dann weit über den Termin des nächsten Meetings of the Parties drüber, bis man die Richtlinie in Österreich umsetzen könnte.

Meine persönliche Expertinnenmeinung ist also eher Nein, nicht darauf warten. Wir wissen, was Art. 9. Abs. 3 verlangt, und sollten das jetzt einmal angehen.

Dr. Wilhelm Bergthaler: Ich habe zur Frage bezüglich Kosten und Verfahrensdauer Stellung zu nehmen. Das hängt natürlich stark davon ab, was man aus Aarhus in Österreich macht. Was die Kostenseite betrifft, muss man sagen, dass die Aarhus-Konvention nichts hergibt, dass der Projektwerber mehr an Unterlagen vorzulegen oder an Untersuchungen beizubringen hätte. Der Anspruch muss schon sein, dass es für den Projektwerber insoweit kostenneutral ist, als das Verfahren für ihn, was die Einleitung betrifft, nicht teurer wird.

Teurer kann es werden, wenn es länger dauert, weil sich die Investition verzögert. Das hängt wieder stark davon ab, wo man die Beteiligungsansprüche implementiert. Negativ wären aus meiner Sicht vorgeschaltete Verfahren, in denen nur darum gestritten wird, ob es eine Parteistellung gibt oder nicht. Das sind echte Zeitfresser, bringen niemandem etwas und belasten eine Anfangsphase mit einer Vorfrage, von der der Projektwerber nichts hat.

Wenn es darum geht, nachgeschaltet ein Anfechtungsrecht einzuräumen, dann hat man im Maximalfall eine zusätzliche Rechtsmittelschleife vor den neuen Verwaltungsgerichten. Wie schnell die sind, dazu haben wir noch keine statistischen Erfahrungen. Ich würde jetzt einmal sagen, gehen wir einmal von einer Entscheidungsfrist von sechs Monaten aus.

Diese Rechtsmittelschleife haben Sie allerdings auch in der Unsicherheitsphase jetzt schon. Die Tendenz der Gerichte, insbesondere in Deutschland, aber auch des Europäischen Gerichtshofes ermutigt auch derzeit – ich sage einmal – übergangene NGOs, ganz einfach den Rechtsmittelzug, auch wenn er unzulässig ist, zu suchen, einfach weil sie darauf hoffen, dass das Verwaltungsgericht vielleicht eine Bestimmung aarhuskonform auslegt oder dass das der Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof danach macht.

Richtig ist also, man eröffnet einen zusätzlichen Rechtsmittelzug, der dann eben die Dauer einer Rechtsmittelschleife haben kann. Bedenken muss man aber auch, dass die prolongierte Unsicherheit in diesen Fällen nicht dazu führt, dass die Leute nichts machen, sondern eben auch wieder Rechtsmittel einbringen, die dann entkräftet werden müssen.

In der Kosten- und Verfahrensdauerdiskussion kommt die derzeitige Tendenz zu kurz, dass sich, wenn unbefriedigenderweise etwas bewilligt worden ist, die anonymen Anzeigen bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft häufen. Es ist zwar kein offizieller Kostenpunkt, dass die betroffenen Leute, ob das der Bürgermeister ist, der Bezirkshauptmann, der Referent des Verfahrens oder sogar der Umweltanwalt, dann eben einmal eine Zeit lang ein Strafverfahren an der Backe haben und sich verteidigen müssen. Es verhindert oder verzögert auch das Vorhaben nicht. Es ist aber derzeit ein Unsicherheitsfaktor, durch den Diskussionen im falschen Forum stattfinden. Umweltrechtliche Diskussionen gehören vor die Umweltbehörden und nicht vor die Staatsanwälte und Strafgerichte. Diesen Aspekt würde ich da also sicherlich miteinbeziehen. Rechtssicherheit wäre sicher ein Plus.

Resümierend muss man im Hinblick auf die Verfahrensdauer jedoch sagen, dass das eine Rechtsmittelschleife ist, die es derzeit noch nicht gibt und die man dazurechnen muss. Die Dauer hängt dann davon ab, wie schnell die Verwaltungsgerichte sind.

Mit Ausnahme des Zeitfaktors müsste die Implementierung ansonsten kostenneutral machbar sein. Es darf eigentlich den Projektwerber nicht mehr kosten und die Verwaltung auch nicht.

Mag. Thomas Alge: Ganz kurz zur Frage nach Best-Practice-Vorreitern: Ich habe vorhin einige Länder genannt, die schon 2007 als gut empfunden worden sind. Das hat sich auch nicht verändert. Hervorheben könnte ich Dänemark. Die haben ein sehr gutes System, die haben auch extra für die NGO-Beschwerderechte ein Umweltgericht eingeführt, damit die Fälle auch rasch abgehandelt werden können. Das ist ein Modell, das man prüfen könnte. Estland ist sehr gut in vielen Verwaltungsdingen, auch beim NGO-Rechtsschutz. Schweden ist mir als gut bekannt, grundsätzlich aber auch Ungarn und die Slowakei. Die Oststaaten sind also, was diesen Aspekt betrifft, gar nicht so schlecht. Sie haben natürlich andere Schwachstellen in den Systemen.

In Deutschland gibt es vielfältige Erfahrung aus dem Naturschutzbereich mit Verbandsbeschwerden. Das ist ein ähnliches Rechtssystem, das man prüfen könnte. Grundsätzlich gut sind Frankreich, Spanien und Portugal. Das sind aber andere Rechtssysteme als das österreichische, weil die Teilung zwischen Zivilrecht und Verwaltungsrecht weniger ausgeprägt ist. Es gibt aber auch Schwachstellen, insbesondere in Portugal und Spanien, was die Effektivität des Ganzen betrifft.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herzlichen Dank an die ExpertInnen für diese wirklich interessanten und wichtigen Erläuterungen. Es geht um komplexe Fragestellungen. Die haben auch mit der Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern zu tun.

Aus den bisher geäußerten Meinungen geht für mich jedenfalls hervor, dass wir eine Umsetzung brauchen, und zwar rasch. Ich möchte herzlich danken für die diesbezügliche Klarheit auch vonseiten des Ministeriums. Das ist zugleich meine Frage an den Herrn Bundesminister, der sich dazu dann ohnehin noch äußern wird.

Ich zitiere jetzt noch einmal den vorläufigen Entwurf zur Beschlussfassung diese Woche. Da heißt es schon ganz klar, Kollege Weninger: „(…), despite nearly two years having passed since the findings of the Committee on communication ACCC/C/2010/48 were adopted at the Committee’s thirty-fifth meeting“ – das ist also schon zwei Jahre her – „, no relevant legislative measures have been adopted yet to address the Committee’s recommendations;“ – also nichts, was wir geliefert hätten. Das ist schlichtweg peinlich. Es liegt nicht in der Verantwortung des Herrn Bundesministers, sondern da gibt es natürlich eine Vorgängergeschichte.

Der Herr Umweltminister hat immer gesagt, er will Österreich wieder zum Umweltmusterland machen in Europa. (Bundesminister Rupprechter: Vorreiter!) – „Vorreiter“. Ja, gut. Vorreiter ist sehr gut, noch besser.

Die Effizienzfrage wurde mehrfach aufgeworfen. Wir schlagen vor, keine materienspezifische Vorgangsweise zu wählen, weil das sehr komplex in der Rechtsumsetzung wäre und eher zu einer Aufblähung der Rechtsmaterie führt. Unser Vorschlag wäre, das in einem Umweltrechtsschutzgesetz zu regeln, eine Rechtsmaterie, die die Vorgangsweise bis hin zum Recht auf Verordnungserlassung und die Zugangsmöglichkeiten von Bürgerinitiativen bis zu den NGOs klärt. Das wäre wirklich ein effizienter Zugang. Meine Frage an Sie wäre, wie Sie das einschätzen. Voraussetzung ist natürlich, dass wir auch vonseiten der Länder eine gute Zusammenarbeit in diesem Punkt zustande bringen.

Auf Ebene der Länder, der Landesumweltreferentenkonferenz ist die Beschlusslage so, dass es eine Arbeitsgruppe gibt, soweit ich weiß. Ich hätte gerne gewusst, was der Stand der Diskussionen zwischen Bund und Ländern in dieser Angelegenheit derzeit ist.

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Als Abgeordneter aus einer Region, die sehr viele Umwelt- und sehr viele Natura 2000-Gebiete hat, weiß ich, wie die Verfahren ablaufen und wie schwierig es derzeit schon ist, gewisse Projekte durchzusetzen.

Unter dieser Perspektive meine Frage: Wer definiert eigentlich NGOs? Ich habe leider schon gehört, dass das eigentlich auch jede Bürgerinitiative und jede Privatperson sein kann, die damit eingebunden werden soll. In meiner Region pilgern Einzelpersonen von Projekt zu Projekt und sind eigentlich gegen alles, wie das Kollege Weninger bereits ausgeführt hat. Jeder Windkraftpark wird zu verhindern versucht, jeder Schweinestall, jedes landwirtschaftliche Gebäude. Natürlich hat auch jeder Gewerbebetrieb sofort eine Bürgerinitiative dagegen, es ist ganz egal, was man angreift. Man würde solche Regionen dem Untergang preisgeben, wenn man in der Hinsicht zu starke Regelungen macht.

Ich bin daher nicht der Meinung des Kollegen Hofer, der das auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben will, sondern sehr wohl der Meinung, dass wir dieses Thema angehen sollten. Wir sollten allerdings sehr genau darauf schauen, zu welchen Rechtsmaterien wir wen zulassen wollen. Wir sollten auch vernünftige Größenordnungen ansetzen, weil wir nicht bei jedem kleinen Projekt die Leute ins Boot holen können, denn das versteht im Endeffekt auch kein Bürger, dass beim ohnehin sehr schwierigen Unterfangen, solche Projekte umzusetzen, noch eines draufgelegt wird.

Bei großen Projekten kann ich nur zustimmen. Das passt grundsätzlich, da habe ich auch nichts dagegen einzuwenden. Man muss aber wirklich mit Augenmaß vorgehen, und daher bin ich entschieden dagegen, das in ein Gesetz zu packen und für alles in Geltung zu setzen. Man muss es wirklich auf die einzelne Materie herunterbrechen und dafür die Ausnahmebestimmungen verhandeln. Wir sollten festlegen, welche Projekte wir von diesen zusätzlichen Belastungen frei halten wollen und wo wir die Umsetzung befürworten. Eine solche Umsetzung würde der Richtlinie grundsätzlich entsprechen. Wenn die EU die Richtlinie etwas schärfer formulieren sollte, was ich aber nicht als wahrscheinlich annehme, kann man das dann in zwei, drei Jahren entsprechend nachjustieren.

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Um da vielleicht auch Missverständnisse aus dem Weg zu räumen: Es geht nicht um einzelne Projekte, sondern es geht um die Durchsetzung von Umweltrecht. Ich finde es einigermaßen verwunderlich, dass wir als Gesetzgeber nicht wollen, dass das, was wir beschließen, dann auch tatsächlich anwendbar sein soll. Als Betrieb habe ich ja genauso das Recht, das, was mir zusteht als Recht, auch einklagen zu können. Genauso muss Umweltrecht einklagbar sein. Wenn man sich als Gesetzgeber ernst nimmt, muss man dafür sorgen, dass das, was wir hier beschließen, auch ernst gemeint ist, sodass sich die Bürgerinnen und Bürgern auch darauf verlassen können.

Deshalb sind diese Windparkbeispiele aus meiner Sicht auch völlig unzulässig, denn ich kann nur dort ein Recht einklagen, wo ich auch eines habe. Die Problematik dieser Windparks ist eher darauf zurückzuführen, dass keine klaren Rahmenbedingungen bestehen und dass wir uns als Gesetzgeber davor drücken, diese klaren Rahmenbedingungen festzulegen. Wir Grüne wären sofort bereit, klare Rahmenbedingungen festzulegen. Dann wäre klar, wo es einen Windpark geben kann, und wenn das festgelegt ist, dann hat auch eine einzelne Bürgerinitiative oder gar ein einzelner Bürger kein Recht, das sie oder er dagegen geltend machen könnte. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das klargelegt wird. Die Problematik in manchen Regionen ist einfach bestehenden Unklarheiten geschuldet.

Es ist klar herausgekommen, dass wir handeln müssen. Es ist also nicht die Frage, ob Österreich handeln soll oder nicht. Wir können vielleicht darüber diskutieren, wie wir handeln. Dazu haben wir einen Vorschlag gemacht. Es mag andere Vorschläge geben. Der Abänderungsantrag, den ich zu meinem Antrag eingebracht habe, beinhaltet, dass genau das stattfindet. Daher halte ich auch den Vertagungsgrund heute wirklich für den Gipfel der Vertagungsgründe. Sie haben nämlich als Begründung für die Vertagung genau das angeführt, was ich in meinem Antrag formuliert habe, nämlich dass es einen Zeitplan gibt, bis wann etwas gemacht wird, dass die Länder eingebunden werden, dass das Parlament eingebunden wird. Genau mit dieser Begründung haben Sie diesen Antrag vertagt.

Ich weiß nicht, wie ernst man die Beratungen hier im Ausschuss nimmt, und bin wirklich entsetzt darüber, dass das Parlament nicht zu den Gesetzen steht, die wir machen, dass wir Angst davor haben, dass BürgerInnen ihre Rechte auch einfordern. Daher, Herr Minister, muss ich Sie und auch die Vertreter der Regierungsparteien fragen, ob Sie wirklich nicht handeln, sondern bloß abwarten wollen, was die EU machen wird. Das halte ich für eine Selbstaufgabe, denn wir könnten uns auch einmal einbringen. Wie kommen europäische Positionen zustande? – Durch das Einbringen von Positionen der Mitgliedstaaten auf europäischer Ebene. Wenn wir bloß abwarten, was die anderen machen, werden wir eben nur einer von vielen sein. Unter selbstbewusstem Auftreten verstehe ich, dass wir sagen, was wir uns vorstellen, und das auch entsprechend auf europäischer Ebene einbringen, damit diese Richtlinien aktiv mitgestalten und uns nicht nur etwas vorgeben lassen.

Da das Parlament das offensichtlich nicht tun möchte, frage ich Sie, Herr Minister, was Sie in nächster Zeit zu tun vorhaben, denn Sie könnten uns ja auch eine Regierungsvorlage vorlegen. Vielleicht ist dann die Bereitschaft etwas größer, darüber auch zu diskutieren.

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Ich bin bei der Erwähnung von Stellvertreterkriegen durch Dr. Bergthaler hellhörig geworden. Diesen Aspekt finde ich sehr interessant, und ich würde Sie bitten, das noch genauer auszuführen. Jetzt landet die Politik sehr schnell beim Vorwurf des Amtsmissbrauchs. Könnte man das nicht ein wenig zurückdrängen, wenn es einfach auch andere Instrumentarien gäbe? – Das wäre die erste Frage.

Die zweite Frage richte ich an Herrn Mag. Alge: Welche Defizite im Verfahren zur Durchsetzung des Umweltinformationsrechts sieht das Aarhus-Komitee? Könnten Sie das für den Ausschuss vielleicht noch etwas genauer erläutern?

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Bevor ich meine letzte Frage stelle, muss ich noch etwas kommentieren. Es ist wirklich schade, dass wir Vertagungsanträge nicht vertagen können. Die Begründung ist tatsächlich hanebüchen. Wir haben gerade im Expertenhearing präsentiert bekommen, was die Anforderungen sind, und diskutiert, wie wir damit umgehen wollen. Den Vorschlag des Kollegen Weninger habe ich allerdings sehr gut gefunden – und das wäre aus meiner Sicht auch der einzig richtige Vertagungsgrund –, dass man sich bis zum nächsten Umweltausschuss Zeit nehmen soll, um einen Mehrparteienantrag anzustreben und dazu noch einmal bilateral die Diskussion zu führen. (Ruf bei der ÖVP. Das haben wir ja auch gesagt bei unserem Antrag!) – Nein, nein! Da geht es um die übliche Vertagungskultur; da ist etwas komplett anderes gesagt worden.

Meine letzte Frage richte ich an Herrn Mag. Alge. Wir haben gehört, dass es Stellvertreterkriege gibt. Kennen Sie aus der österreichischen NGO-Landschaft Szenarien, in denen empfohlen wird, über das Strafrecht zu gehen, anonyme Anzeigen zu erstatten und Ähnliches?

Mag. Lieselotte Feldmann: Zur Frage, ob man ein materienübergreifendes Bundesgesetz vorlegen soll und ob das der bessere Zugang wäre oder ob man in die einzelnen Bundesmaterien gehen soll: Das haben wir in unterschiedlichen Arbeitskreisen lang und breit diskutiert. Es gibt für beide Varianten Pros und Contras. Beim materienübergreifenden Bundesgesetz wäre es so, dass man ja nicht unbedingt eine Bundesmaterie mit einer anderen unmittelbar vergleichen kann, und ein Ansatz, der jetzt in einer Materie passen würde, muss nicht notwendigerweise für eine andere Materie passen. Insofern wäre das wahrscheinlich ein ziemlich komplexes Gesetzgebungsvorhaben, wenn man die Materien aneinander angleichen wollte. Ich sage nicht, dass das unmöglich wäre, glaube aber, dass es länger dauern würde. Von den Experten bekam ich zurückgemeldet, dass man sich eher vorstellen könnte, sich die einzelnen Materien genau anzuschauen – die Kollegen kennen sich natürlich in ihren Fachbereichen perfekt aus –, um festzustellen, wo man da jeweils ansetzen könnte. Das hat sich im Zuge der Diskussionen der letzten zwei Jahre als eher praktikabel erwiesen, ohne behaupten zu wollen, dass das auch besser ist.

Natürlich waren die Länder von vornherein eingebunden, keine Frage. Wir haben reine Ländersitzungen gehabt, wir haben Sitzungen gehabt, zu denen die Länder miteingeladen waren. Da haben sich aber zwei Haltungen herausgebildet. Die dominierende war: Wir warten auf den Bund. Zeigt uns einmal, was ihr könnt, und dann kann man das ja vielleicht als Vorlage nehmen. – Das würde übrigens auch wieder gegen ein materienübergreifendes Bundesgesetz sprechen, denn das dauert, bis wir das dann haben. Und da warten dann auch noch die Länder darauf, für die in der Folge derselbe Zeitplan gilt. Das hielte ich nicht für sehr weise.

Die Länder sollten sich vielmehr jetzt ihrem Hauptkompetenzbereich widmen, nämlich den Naturschutzgesetzen. Dazu haben wir auch schon einen speziellen Workshop veranstaltet, in dem wir uns an einem Anlassfall angeschaut haben, was man denn da ändern könnte. Momentan wird eher der materienspezifische Ansatz verfolgt.

Zur Definition der NGOs, Bürgerinitiativen oder auch Einzelpersonen. Zu Einzelpersonen muss ich dezidiert sagen, dass die Aarhus-Konvention keine actio popularis verlangt. So weit geht sie nicht, das wird im Art. 9 Abs. 3 nicht verlangt. Es gibt allerdings ein EuGH-Erkenntnis, das Janecek-Urteil, in dem es um Rechte subjektiv betroffener Einzelpersonen geht. Das muss man sich speziell anschauen.

Wir haben auch Modelle für NGOs und Bürgerinitiativen diskutiert. Welche NGOs? – Wir haben eine umfangreiche Liste in Österreich, in der alle anerkannten NGOs gelistet sind. Sie wird auch von den NGOs anerkannt. Die gibt es im Rahmen des UVP-Gesetzes.

Wir haben im erwähnten Workshop auch geschaut, ob es sinnvoll wäre, das Modell der Bürgerinitiative bei der UVP zum Beispiel auf ein Naturschutzverfahren umzulegen. Da sind wir sehr bald am Rande des Möglichen angelangt. Die muss sich einmal formieren. Momentan braucht man 200 Unterschriften; das braucht ungeheuer viel Zeit. Dann gibt es auch noch die Frage, ob überhaupt das Interesse vorhanden ist, ad hoc zu einem besonderen Bereich in all diesen Auffangtatbeständen noch Bürgerinitiativen zu gründen. Die Antwort ist zwar nicht notwendigerweise Nein, aber es hat sich als nicht sehr praktikabel erwiesen, sobald wir in die Details gegangen sind.

Die Aarhus-Konvention ist wie gesagt primär eine NGO-Konvention; das steht natürlich außer Frage.

Dr. Wilhelm Bergthaler: Das Umweltrechtsschutzgesetz ist ein Gedankenspiel oder eine Variante, die ich einmal mit dem Chairman des Committees, Herrn Ebbesson, durchdekliniert habe. Das Gedankenspiel damals war, dass man die Umweltbeschwerde, so wie sie jetzt verankert ist, die aber nur nachträglich bei bereits eingetretenen Umweltschäden greift, erweitert. Man gibt also nicht nur bei Umweltschäden das Recht, die Behörde aufzufordern, tätig zu werden, sondern auch vorbeugend, wenn also irgendetwas droht.

Das Problem ist, man hat dann Parallelstrukturen zum Genehmigungsverfahren. Dieses Problem haben wir in der Diskussion nicht auflösen können, denn es läuft dann das Naturschutzverfahren oder das Wasserrechtsverfahren, wo die nicht dabei sind, und dann läuft parallel das Umweltbeschwerdeverfahren.

Meine Schlussfolgerung war letztlich, dass eben nichts hilft. Wenn es um Fragen geht, die für den Naturschutz relevant sind, bei irgendeiner Skipiste beispielsweise, dann muss es eben möglich sein, sich an dem Verfahren zu beteiligen. Wenn man stattdessen eine Parallelstruktur eröffnet, passen die Verfahren nicht zusammen und es entstehen Doppelstrukturen.

Man wird also nicht darum herumkommen, das spezifisch zu regeln. Die Frage ist, ob man nicht die Modelle dazu auf Bundes- und Landesebene einheitlich gestalten soll, damit es keine vollkommene Zersplitterung gibt.

Bezüglich der NGOs sehe ich das genauso wie meine Vorrednerin. Da solle man eigentlich beim bestehenden Modell bleiben, dieser Liste im Ministerium. Es macht keinen Sinn, da jetzt verschiedene Listen aufzumachen, womöglich noch dazu auch in den Ländern unterschiedliche. Zur Ad-hoc-NGO, bei uns heißt das Bürgerinitiative, sollte man sich differenzierte Strukturen überlegen. Es muss nicht jeder überall dabei sein. Da muss es schon auch um die räumliche Nähe gehen, und Größenordnungen sind in dem Zusammenhang auch relevant.

Über Stellvertreterkriege kann ich nur aus meiner eigenen Praxis und daher anonymisiert berichten. In Verfahren, in denen eine Parteistellung nicht möglich ist oder unterhalb der UVP-Schwelle liegt, geht der erste Widerstand in vielen Fällen dahin, dass man eine UVP haben will. Das scheitert dann etwa durch Zurückweisung. Es läuft dann ein Verfahren unter weitgehendem Ausschluss der kritischen Öffentlichkeit ab. Und dann gibt es die Möglichkeit einer anonymen Anzeige, die in dem Zusammenhang aus meiner Sicht wirklich fatal ist. Der Vorwurf lautet dann nämlich, dass man aus dem Verfahren ausgeschlossen war, der Bürgermeister jedoch die Genehmigung erteilt hat und bei einem Bierfest mit dem Begünstigten gesehen worden ist, beide im selben Tennisklub sind und auch der Gewerbereferent oder der Wasserrechtsreferent da irgendwas gemacht haben. Das richtet sich mittlerweile sogar gegen Umweltanwälte. Es heißt dann, der Umweltanwalt hätte im Naturschutzverfahren Parteistellung gehabt, habe sich dann aber mit den Betreibern verglichen, mit ihnen irgendetwas ausgemacht und nicht berufen, obwohl man diesbezüglich an ihn appelliert habe.

Das führt auch unter dem Deckmantel der Anonymität zu gut geschriebenen Anzeigen über die Hotline an den Korruptionsstaatsanwalt, und der muss sich dann überlegen, ob er das Verfahren auf Verdacht gleich einstellt oder ermittelt. Er ermittelt dann in der Regel. In einer Vielzahl von Fällen wird das Verfahren jedoch eingestellt, aber erst nach drei, vier, fünf Monaten. Es gibt dann Leute, die haben drei, vier, fünf Monate ein Kriminalstrafverfahren an der Backe wegen Amtsmissbrauchs, das sie natürlich zunächst einmal selbst zahlen müssen, denn es ist gar nicht möglich, dass das der Rechtsträger vorstreckt. Die Unternehmen werden möglicherweise auch wegen Anstiftung belangt. Das geht zunächst einmal dahin und wird dann erleichtert eingestellt. Das fiele weitgehend weg, wenn es davor die Möglichkeit gäbe, nicht anonym, sondern offengelegt einzubringen, dass man aus diesen oder jenen Gründen dagegen ist. Dann gibt es eine Entscheidung, in der entschieden wird, ob es sich dabei um ein berechtigtes Anliegen handelt oder nicht. Im Fall einer nachträglichen Strafanzeige bräuchte der Bürgermeister das dann nur herzuzeigen und könnte damit nachweisen, dass sich die Gegner ohnehin hätten einbringen können, an dem Vorwurf daher nichts dran sei. Dass diese Möglichkeit fehlt, erzeugt derzeit eine Tendenz, die ich als sehr negativ wahrnehme.

Mag. Thomas Alge: Im Hinblick auf die Frage, wer eine NGO ist, kann ich an die Ausführungen meiner Vorredner anschließen. Von der Aarhus-Konvention erfasst werden Umweltschutzorganisationen. Dafür ist die UVP-Liste in Österreich adäquat. Bürgerinitiativen differenziert zu betrachten, kann im Einzelfall notwendig sein, sie sind aber an sich auch vom Compliance Committee in dieser Form nicht erfasst. Etwas anderes ist natürlich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die sehr stark in Richtung Individualrechtsschutz geht. Da könnte die Bürgerinitiative sogar ein Auffangtatbestand sein, um das abzumildern. Vom Art. 9 Abs. 3 erfasst sind primär einmal organisierte NGOs.

Das Umweltinformationsrechtsdefizit ist wirklich kompliziert zu erklären, das ist sehr technisch. Kurz gesagt, dauert der Rechtsschutz zu lange. Die Aarhus-Konvention fordert, dass der Rechtsschutz zügig vonstatten geht, und in Österreich kann es aufgrund der Rechtslage mit Entscheidungsfristen von jeweils sechs Monaten, insbesondere dann, wenn die Behörde nicht reagiert, bis zu 14 Monate dauern, bis man zum Gericht kommt, wenn die Umweltinformationsanfrage nicht beantwortet wird. Dazu hat das Compliance Committee gesagt, das geht nicht. Man muss, wenn die Behörde nicht reagiert, sofort zu Gericht gehen können.

Stellvertreterkriege sind weniger ein NGO-Thema. Die gibt es sicher mehr auf lokaler Ebene, wo es auch persönliche Kontakte gibt. Das ÖKOBÜRO hat so etwas noch nie gemacht, NGOs aus unserem Umfeld vielleicht im Einzelfall. Wir machen es auch deswegen wenig, weil es letztlich zwecklos ist, denn da kommt selten etwas heraus. Es ist nicht die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die Einhaltung von Umweltrecht zu prüfen. Es geht da um Fälle, in denen es eskaliert und es wirklich keine andere Möglichkeit mehr gibt. Wenn es jedoch einmal so weit ist, dann ist das auch ein legitimes Mittel. Grundsätzlich vermeiden wir es jedoch.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Das war eine wirklich konstruktive Expertendebatte, und ich bedanke mich ausdrücklich auch bei Frau Mag. Feldmann, bei Herrn Dr. Bergthaler und bei Herrn Mag. Alge, die auf sehr anschauliche Art und Weise dargelegt haben, worum es bei der Umsetzung der Aarhus-Konvention geht.

Wir haben diese Konvention 2005 ratifiziert. Sie ist daher jetzt mehr oder weniger zehn Jahre in Kraft mit 47 Vertragsparteien. Vor dem Hintergrund ist es relativ normal, dass man nach diesen zehn Jahren dann irgendwann einmal eine Evaluierung durchführt.

Wo haben wir in der Umsetzung dieser Konvention Anpassungsbedarf? Es ist hier wohl relativ unstrittig, dass wir in der Frage des Zugangs zum Recht niemanden ausschließen wollen. Jede politische Fraktion hier ist dieser Ansicht. Daher gibt es Einverständnis, was die Anwendung der Aarhus-Konvention anbelangt.

Mein Ressort hat immer alle betroffenen Ressorts und auch die Bundesländer umfassend und umfangreich über die vorliegenden Empfehlungen informiert sowie weitere Vorgehensweisen diskutiert, dies auch unter Einbindung von Nichtregierungsorganisationen, des akademischen Bereichs, der Sozialpartner und anderer Stakeholder.

Ich möchte darauf hinweisen, und Frau Mag. Feldmann hat das ja auch deutlich dargelegt, dass eine Anpassung der bestehenden Umweltgesetze nicht über ein Bundes-Umweltinformationsgesetz erfolgen soll, wie das hier im Entschließungsantrag gefordert wird. Wir hätten dann nämlich auch ein verfassungsrechtliches Problem, wie das ja auch der Verfassungsdienst in seiner Stellungnahme deutlich gemacht hat. Von meinem Ressort wird jedenfalls eine Anpassung und Weiterentwicklung der Materiengesetze bevorzugt. Das ist auf jeden Fall mein Standpunkt und meine Empfehlung in diesem Zusammenhang.

Ich werde mich in meinem Zuständigkeitsbereich dafür einsetzen, dass bei in meinem Kompetenzbereich betroffenen Materien – Stichwort: Wasserrechtsgesetz, Forstgesetz, Abfallrecht, Luftgesetz, Umweltinformationsgesetz – die entsprechenden Anpassungen, wo dies erforderlich ist, zügig angegangen werden. Diesbezüglich werde ich auch entsprechende Gesetzesinitiativen vorschlagen.

Ich habe auch die Landesumweltreferenten, die von der Umsetzung im Rahmen ihrer landesrechtlichen Zuständigkeit für Naturschutzgesetze, Landesenergiegesetze, Jagd- und Fischereirecht et cetera betroffen sind, darauf hingewiesen, dass es in der Umsetzung der Aarhus-Konvention Anpassungserfordernisse gibt. Das Verständnis dafür ist durchaus gegeben und auch die Bereitschaft dazu. Allerdings ist schon auch ganz klar, und wir haben uns in der LURK dazu verstanden, dass es eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit den Ländern geben soll, in der wir den Anpassungsbedarf auf der Grundlage der Empfehlungen und Feststellungen des nächste Woche tagenden 5. Vertragsstaatentreffens feststellen und entsprechend umsetzen werden. Das wird also dann in die Arbeit dieser Arbeitsgruppe einfließen.

Die Landesumweltreferenten haben auch deutlich gemacht, dass sie kein Bundesgesetz haben wollen. Ich darf darauf hinweisen, dass es unter diesen Landesumweltreferenten immerhin vier Vertreter Ihrer Fraktion gibt, Herr Abgeordneter Pirklhuber und Frau Vorsitzende, die dezidiert gesagt haben, dass sie jedenfalls keinen Eingriff in landesgesetzliche Regelungen haben möchten. Deswegen ist es schon wichtig, das auch bei einer allfälligen Weiterbehandlung eines Mehrparteienantrages zu berücksichtigen.

Wir werden Sie gerne „debriefen“, so wie das von Herrn Abgeordnetem Weninger angeregt wurde. Das muss nicht der Ausschuss sein, da können wir gerne auch eine Besprechung, ein Debriefing mit den Umweltsprechern der Fraktionen machen. Dafür stehe ich gerne zur Verfügung.

Grundsätzlich denke ich, dass man die Sorgen, die aus der Wirtschaft laut werden, schon ernst nehmen muss. Auf der anderen Seite muss man aber auch die Kuh im Stall lassen, wie wir gerne sagen. Man muss sich den Kontext der Konvention anschauen und den Annex, die Liste der Aktivitäten, um die es dabei eigentlich geht, denn dann sieht man das Ganze schon auch ein bisschen in einem anderen Licht.

Ich bin Herrn Dr. Bergthaler sehr dankbar für den Hinweis, den er am Schluss gegeben hat. Es geht ja auch darum, durch verbesserte Einbindung der interessierten Öffentlichkeit, die klar definiert wird, eine bessere Durchführbarkeit von Projekten zu realisieren. Das sollte der gemeinsame Ansatz sein. Die Konvention sollte auch als Ermöglichungskonvention gesehen werden, Ermöglichung durch verbesserte Einbindung der Betroffenen und nicht als eine Verhinderungskonvention. Das erfordert natürlich auch eine entsprechende Verantwortlichkeit der Nichtregierungsorganisationen, und die ist in Österreich durchaus gegeben.

Ich werde jedenfalls in meinem Ressortbereich meine Zuständigkeit wahrnehmen, Sie auch entsprechend über die Ergebnisse des Vertragsstaatentreffens nächste Woche informieren.

Zur Richtlinie schließe ich mich grundsätzlich voll und ganz dem an, was Frau Mag. Feldmann als Expertin klar gesagt hat. Wir dürfen jetzt nicht warten, bis die Richtlinie kommt, um erst dann aktiv zu werden. Das würde bedeuten, dass wir bis 2019 zu warten hätten. Da gibt es dann nämlich die österreichische Präsidentschaft, und ich kann Ihnen versichern, dass es voraussichtlich erst während der österreichischen Präsidentschaft eine Einigung über die Richtlinie geben wird. Wenn wir davon ausgehen, dass von der jetzigen Kommission sicherlich keine Initiative mehr ausgeht, daher frühestens Mitte 2015 ein Vorschlag für eine Richtlinie kommt, dann braucht deren Behandlung ungefähr drei Jahre. Damit sind wir bei 2018, 2019, und ich bin zuversichtlich, dass das dann unter meiner Ratspräsidentschaft im Umweltministerrat entsprechend abgeschlossen werden wird, wenn Sie mich dann überhaupt noch haben wollen.

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Wir haben jetzt in der zweiten Expertenrunde zusammen mit der Darstellung des Ministers eine sehr kompakte Meinungsäußerung dahin gehend bekommen, dass man das materiengesetzlich regeln soll.

Was mir bei allen Themen äußerst wichtig ist, ist diese Einbindung der Länder. Das ist keine Kritik am Föderalismus, aber gerade im Umweltbereich passiert dort sehr viel, das man so nicht akzeptieren kann.

Die Frage ist, wie man mit dem Antrag umgeht, der dezidiert ein Bundes-Umweltrechtsschutzgesetz will: Ist es die sauberere Variante, diesen Antrag abzulehnen, aber zu sagen, dass wir gemeinsam einen Fünfparteienantrag erarbeiten wollen, oder zu vertagen, wie bereits der Antrag der ÖVP gelautet hat, jedoch mit der Absicht, in den nächsten Tagen, Wochen eine gemeinsame Vorlage zu entwickeln, in dem Sinne, wie uns das die Experten geraten haben und wofür sich der Herr Minister auch bereits ausgesprochen hat?

Im Sinne eines gelebten Parlamentarismus würde ich dafür plädieren, dass man sich zusammensetzt und aus dem, was die Experten und der Herr Minister heute gesagt haben, möglichst rasch einen gemeinsamen Antrag formuliert. Unter dieser Voraussetzung kann ich auch einer Vertagung zustimmen.

Obfrau Mag. Christiane Brunner: Danke für den Vorschlag, Herr Abgeordneter Weninger. Das war auch mein Vorschlag schon heute Vormittag. Unser Antrag bezieht sich darauf, auch die Länder einzubinden. Nach unserem Vorschlag würden die Länder auch nicht daran gehindert, eigene Umsetzungen anzugehen.

Aus unserer Sicht wäre es die sauberere Variante, unseren Antrag abzulehnen, damit wir bis zum nächsten Plenum die Gelegenheit haben – ich orte Interesse dafür –, daran weiterzuarbeiten. Wenn unser Antrag heute abgelehnt würde, wäre das auch eine Chance, dass wir bis zum Plenum im Juli weiterarbeiten und dann im Plenum auch einen Anknüpfungspunkt hätten, einen gemeinsamen Antrag einzubringen und zu beschließen. Wenn wir nämlich im Plenum nichts Relevantes auf der Tagesordnung haben, dann können wir im Juli auch nichts beschließen. Wenn es uns aber gelänge, bis dorthin einen gemeinsamen Antrag zu erarbeiten, wäre mein abgelehnter Antrag ein Anknüpfungspunkt, um einen gemeinsamen Antrag einzubringen. Einen solchen haben wir sonst nach der Geschäftsordnung nicht.

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Selbst wenn wir den Antrag heute vertagen, ist das überhaupt kein Grund, nicht in Richtung Mehrparteienantrag zu arbeiten. Die Grundlage ist vorhanden. Der Hinweis des Kollegen Weninger ist richtig, dass man das wirklich umfassend unter Einbindung der Länder diskutieren muss. Das macht es durchaus Sinn, dass man vertagt. Wenn es gelingt, da gemeinsam etwas zu machen, ist das sehr positiv. Dafür ist keine Ablehnung notwendig.

Obfrau Mag. Christiane Brunner: Es gibt allerdings eine Zeitfrage. Wenn wir vertagen und einen gemeinsamen Antrag erarbeiten, dann kann man diesen im Juli nur einbringen, aber nicht abstimmen. Wenn wir einen Tagesordnungspunkt zu Aarhus auf der Tagesordnung hätten, könnten wir den Antrag dazu dort einbringen und auch abstimmen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Ich finde, das war ein konstruktiver zusätzlicher Impuls des Kollegen Weninger am Schluss der Debatte. Ich danke auch noch einmal für diese Klärung, dass du klar gemacht hast, dass wir etwas tun wollen, dass Interesse daran besteht. Ich orte: Der Herr Minister hat eine klare Linie. Auch das ist positiv.

Jetzt geht es eigentlich nur mehr darum, wie wir das praktisch umsetzen. So wie ich das jetzt sehe, wird es einen Kompromiss, eine gemeinsame Vorgangsweise geben. Also müssen wir den Antrag jetzt abstimmen. Wenn die Vorsitzende sagt – es ist immerhin ihr Antrag –, sie hat kein Problem mit einer Ablehnung, dann stimmen wir ihn eben ab. Dann haben wir nämlich Zeit bis zum Plenum und können das in Ruhe gemeinsam ausreden. (Abg. Weninger: Stimmst du jetzt dagegen?) – Natürlich werde ich unseren Antrag nicht ablehnen. Sie können ja kritisieren, dass er nicht entspricht, und genau das war ja die Diskussion. Das ist die Basis und ein normaler parlamentarischer Vorgang.

Obfrau Mag. Christiane Brunner: Ich nehme wahr, dass der Vertagungsantrag des Kollegen Prinz aufrecht ist. Gibt es eine Änderung? (Abg. Prinz: Nein!) – Es hat noch Diskussionen gegeben. Deswegen stelle ich jetzt klar, dass dieser Vertagungsantrag aufrecht ist, und ich lasse darüber abstimmen.

Wer diesem Vertagungsantrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir sind damit am Ende dieses Tagesordnungspunktes angelangt. Ich möchte mich ganz herzlich bei allen drei ExpertInnen dafür bedanken, dass sie sich die Zeit genommen und uns ihre wertvolle Expertise zur Verfügung gestellt haben. Es war dies eine Bereicherung der Diskussion, und ich gehe davon aus, dass das auch in die weiteren Beratungen noch einfließen wird.

Ich darf Sie damit verabschieden und wünsche Ihnen noch einen schönen Nachmittag.

(Die Auskunftspersonen verabschieden sich und verlassen den Sitzungssaal.)

16.28.02 Schluss von TOP 2: 16.28 Uhr