62/BI XXV. GP

Eingebracht am 09.12.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bürgerinitiative

 

Parlamentarische Bürgerinitiative betreffend

Einführung einer Seniorlnnen-Jahreskarte Österreich

Seitens der Einbringerlnnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Die „Bürgerinitiative Mitbestimmung" will die Entscheidungsträger im österreichischen Nationalrat hinsichtlich der Mobilitätsbedürfnisse der älteren Generation sensibilisieren. Seniorlnnen brauchen ein möglichst flächendeckendes und vor allem leistbares Angebot im öffentlichen Verkehr mit unkompliziertem Zugang. Die Einführung einer bundesweiten „Seniorlnnen-Jahreskarte-Österreich" ist nur durch ein Bundesgesetz des österr. Nationalrates möglich und durch die Zuständigkeit der Bundesregierung (ev. BMVIT) realisierbar.

Dieses Anliegen wurde bis zur Einbringung im Nationalrat von 6.502 BürgerInnen mit ihrer Unterschrift unterstützt. (Anm.: zumindest 500 rechtsgültige Unterschriften müssen für die Einbringung im Nationalrat vorliegen.)

ANLIEGEN:

Der Nationalrat wird ersucht,

die Fakten der nachfolgenden Beschreibung zu erörtern und ein Gesetz zur Einführung einer sozial gestaffelten und leistbaren „Seniorlnnen-Jahreskarte-Österreich" die in allen öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich gültig ist, zu beschließen. Die Bemühungen zur Schaffung eines sogenannten „Österreich-Tickets" sind bisher an den unterschiedlichen Interessen der Bundesländer und Verkehrsträger gescheitert.

Verkehrsverbünde in Österreich

Abk.

Bundesland

seit

Fläche km²

Einwohner

VOR

Wien, Niederösterreich (OstReg)

03.06.1984

6.457

2,35 Mio.

VVNB

Niederösterreich, Burgenland

15.03.1997

17.097

1,11 Mio.

OÖVV

Oberösterreich

01.10.1996

11.980

1,39 Mio.

SVV

Salzburg

28.05.1995

7.154

0,52 Mio.

VVT

Tirol

01.04.1995

12.648

0,69 Mio.

VVV

Vorarlberg

01.12.1991

2.601

0,36 Mio.

VST

Steiermark

01.03.1997

16.388

1,20 Mio.

VVK

Kärnten

29.05.1994

9.533

0,56 Mio.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: bmvit

 

Wir sind daher der Meinung, dass jetzt dem Bund (Nationalrat) als Auftraggeber für eine Grundsicherung des Verkehrsangebotes hier eine entscheidende Rolle zukommt und daher aktiv werden soll.

(Falls der Vordruck nicht ausreicht, bitte auf Beiblatt fortsetzen)


 

Der einfache und preiswerte Zugang zum öffentlichen Verkehr ist ein Teil der Daseinsvorsorge und sollte nicht davon abhängig sein, in welchem Bundesland man den Lebensmittelpunkt hat.

Am Beispiel des Bundeslandes Tirol, das mit 01.02.2013 eine um 88 bzw. 94 % vergünstigte Seniorlnnen-Jahreskarte für das gesamte Netz des Verkehrsverbundes Tirol eingeführt hat, lässt sich der gewaltige Zuspruch erkennen: innerhalb von nur zwei Monaten wurden 12.000 Seniorlnnen-Jahreskarten verkauft und damit Einnahmen in Millionenhöhe lukriert.

Seit Jänner 2014 kostet die Jahreskarte für Bus und Bahn für ganz Vorarlberg samt Grenzorten in den Nachbarländern 365 Euro anstatt wie bisher 592 Euro. Der Preis für Seniorlnnen liegt bei 256 Euro. In nur vier Monaten wurden 18.500 Jahreskarten verkauft, 6.800 Käufer sind Neukunden.

Dabei ist keineswegs gesagt, dass damit auch die Fahrten der Seniorlnnen in exorbitantem Ausmaß steigen, aber eine solche Seniorlnnen - Jahreskarte zu einem günstigen Preis ist ein „Must have“. Sie erleichtert den Zugang zum öffentlichen Verkehr, man braucht nicht für jede Fahrt eine Einzelkarte zu kaufen und erspart sich den Weg zum ungeliebten Automaten, der gerade Seniorlnnen bei der Bedienung oft Schwierigkeiten bereitet und damit eine Hürde für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel darstellt.

In einer Reaktion auf diese günstigen Angebote hat allerdings die ÖBB-PV AG ihre Tarifbestimmungen dergestalt verändert, dass eine Aneinanderreihung von regionalen Verbundtarifen im Fernverkehr nicht zulässig ist, man also für Fahrten über die Verbundgrenze hinaus für die im Fernverkehrszug zurückgelegte Strecke trotz vorhandenen regionalen Tickets zusätzlich zahlen muss.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) hat nun das Ergebnis einer Befragung von 14.000 Personen bekannt gegeben. Von vielen befragten Personen wird auch ein Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich gewünscht.

NUR drei Bundesländer haben eine ermäßigte Jahreskarte für Seniorlnnen!

Bundesland

Kosten

Jahreskarte

ab

Wien

€ 224.-

61 Jahre

Tirol

€ 240.-
€ 120.-

61 Jahre
75 Jahre

Vorarlberg

€ 256.-

61 Jahre

 

ALLE anderen Bundesländer haben KEINE Seniorlnnen-Jahreskarte!


Allein am Beispiel der Kosten von Jahreskarten für Seniorlnnen für die jeweils gesamte Verbundregion lassen sich diese Unterschiede eindrucksvoll darstellen (Burgenland aufgrund der Tarifstruktur nicht enthalten)

Seniorenermäßigungen Jahreskarte Stand 01.01.2014

Verb.

Ermäßigung

Alter

Berechtigungsnachweis

VOR

keine, nur Wien ca. 39%

61

Amtl. Lichtbildausweis

VVNB

keine

-

-

OÖVV

keine

-

-

SW

keine

-

-

VVT

88%/94%

61/75

Lichtbildausweis

VVV

ca. 30%/ca. 47%

61

Lichtbildausweis/Pensionsbescheid

VST

keine

-

-

VVK

keine

-

-

 

 

Die Bandbreite der Ermäßigungen für Seniorlnnen reicht von nur ca. 30 % bis 94 %.

Es ist also entscheidend, wo man als Seniorln in Österreich lebt, um preiswert mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können.

Vergleich Jahreskartenpreise Gesamtnetz Stand 01.01.2014

Verb.

Normalpreis

Seniorlnnen

Anmerkung

VOR

1.594,00 €

1.594,00 €

Wien: 365,00 € / 224,00 € Sen.

VVNB

3.175,00 €

3.175,00 €

 

OÖVV

2.663,00 €

2.663,00 €

 

SVV

2.481,00 €

2.481,00 €

 

VVT

1.943,00 €

ab 61J.       240,00 €
ab 75 J.      120,00 €

Tirol

VVV

365,00 €

256,00 €

Vorarlberg

VST

1.955,00 €

1.955,00 €

 

VVK

2.420,00 €

2.420,00 €

 

 

Während man als Seniorln in den Verbundräumen Salzburg, Kärnten, Niederösterreich und Oberösterreich 15 bis 18 % des Jahreseinkommens aufwenden müsste, um eine flächendeckende Jahreskarte für den öffentlichen Verkehr kaufen zu können, ist das in Vorarlberg, Wien und Tirol um weniger als 1,8 % des Jahreseinkommens möglich.

Nur in diesen Bundesländern werden Jahreskarten für Seniorlnnen überhaupt angeboten, wobei Tirol insofern eine Sonderstellung einnimmt, dass mit der Altersgrenze 75 Jahre die Seniorlnnen-Jahreskarten noch einmal verbilligt werden und dann nur mehr weniger als 1 % des Jahreseinkommens kosten.

 

Das widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz!


 

Berechnungsrundlagen:

    Median-Netto-Jahreseinkommen in € der Pensionistlnnen 2012

Bundesland

insgesamt

Bandbreite

Männer

Frauen

Österreich gesamt

16.258

100,00%

19.803

13.244

Burgenland

15.626

96,11%

18.966

12.024

Kärnten

15.358

94,46%

18.506

11.941

Niederösterreich

17.100

105,18%

20.464

13.790

Oberösterreich

16.008

98,46%

19.812

12.545

Salzburg

16.204

99,67%

20.029

13.128

Steiermark

15.419

94,84%

18.721

11.850

Tirol

15.471

95,16%

19.450

11.752

Vorarlberg

14.817

91,14%

19.361

11.511

Wien

17.988

110,64%

21.033

15.920

Quelle: Statistik Austria


 

 

Eine Verbund-Jahreskarte (2014) kostet vom Median-Netto-Jahreseinkommen der Pensionistlnnen (Basis 2012)

Bundesland

Einkommen

Jahreskarte

Anteil

Burgenland

15.626 €

 nicht einzeln darstellbar

Kärnten

15.358 €

2.420 €

15,76%

Niederösterreich (VOR) Niederösterreich (VVNB)

17.100 €

1.594 € 3.175 €

9,32%

18,56%

Oberösterreich

16.008 €

2.663 €

16,64%

Salzburg

16.204 €

2.481 €

15,31%

Steiermark

15.419 €

1.955 €

12,68%

Tirol (60 bis 74)

15.471 €

240 €

1,55%

Vorarlberg

14.817 €

256 €

1,73%

Wien

17.988 €

224 €

1,25%

 

 

 

Zur Finanzierung der Verkehrsträger

Allein aus der Reaktion der ÖBB-PV AG (wie oben bereits erwähnt) ist erkennbar, dass es einer übergeordneten Instanz auf Bundesebene bedarf, welche die Bemühungen zur Schaffung leistbaren öffentlichen Verkehrs unterstützt und Mittel und Wege sucht, mittels ausgewogener Finanzierungsmodelle flächendeckenden öffentlichen Verkehr sicherzustellen und damit die Mobilität der Bevölkerung auf umweltfreundliche Art und Weise zu gewährleisten. Dazu bedarf es auch einer von allen Verkehrsträgern anerkannten neutralen Abrechnungsinstanz, welche auf transparente Art und Weise für eine leistungsgerechte Zuteilung der Mittel sorgt.

Zur Treffsicherheit durch soziale Preis-Staffelung

Eine stark ermäßigte Seniorenjahreskarte birgt, wie auch das Jugendticket, die Gefahr, dass die soziale Treffsicherheit auf der Strecke bleibt. Deshalb soll durch eine Preis-Staffelung, als Grundlage die Jahres-Pensionshöhe, die soziale Gerechtigkeit sichergestellt werden. Der Mindest-Preis für eine Seniorlnnen - Jahreskarte - Österreich sollte sich am derzeitigen Wiener Tarif orientieren.

Ausreichende Kapazität der öffentlichen Verkehrsmittel?

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, ist nicht automatisch davon auszugehen, dass bei Gewährung von Ermäßigungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen diese die Verkehrsmittel stürmen und so für einen Kapazitätsengpass sorgen. Abgesehen davon wird niemals das Gesamtnetz in vollem Umfang regelmäßig befahren werden. Wenn man die Nutzung durch Seniorlnnen mit einer „Seniorlnnen - Jahreskarte - Österreich“ in der morgendlichen Hauptverkehrszeit vermeiden will, ließe sich sicher ein Modell analog zum Sommerticket der ÖBB finden, in welchem eine Zugangsbeschränkung vor 8 Uhr ausgesprochen wird. Alternativ dazu könnte man auch ein Tarifmodell mit einem entsprechenden Aufpreis für eine uneingeschränkte Nutzung vorsehen.

Fazit

Man sollte jedenfalls den positiven Effekt eines solchen „SENIORINNEN- JAHRESKARTE-ÖSTERREICH“ in den Fokus stellen: damit wird die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs sowie die

1. Auslastung (Busse / Züge) auch in sonst nachfrageschwachen Zeiten gesteigert,

2. die Rentabilität der Verkehrslinien gehoben, womit letztlich auch

3. die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen der Verkehrsträger gesichert werden.

 

 

Vorteile für ALLE

*      durch eine höhere Nutzung aller öffentlichen Verkehrsmittel werden Arbeitsplätze in den Verkehrsbetrieben gesichert bzw. geschaffen

*      langfristige und flächendeckende Sicherung des Verkehrsangebots durch vermehrte Inanspruchnahme


Vorteile für Seniorlnnen

*      einheitlich leistbares und sozial gestaffeltes Angebot für ALLE Seniorlnnen in ganz Österreich

*      unkomplizierter Zugang zu allen öffentlichen Verkehrsmitteln

*      mehr Flexibilität durch verbesserte Mobilitätsmöglichkeiten

Vorteile für Verkehrsunternehmen

*      geringere Vertriebskosten

*      genauer kalkulierbare Einnahmen

*      bessere Auslastung der öffentlichen Verkehrsverbindungen auch in verkehrsschwachen Zeiten außerhalb der Pendlerströme

*      höhere Inanspruchnahme des Verkehrsangebots

 

 

 

Für die Initiative Mitbestimmung:

Werner Vlcek

Gesamtkoordinator der Initiative Mitbestimmung

 

buergerinitiative@mitbestimmung.at