74/BI XXV. GP

Eingebracht am 15.06.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bürgerinitiative

 

 

Parlamentarische Bürgerinitiative

betreffend

Lebenskompetenz Ernährung im Schulsystem

 

 

 

 

 

 

(bitte hier freilassen)

Seitens der Einbringerlnnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender

Hinsicht angenommen:

 

 

 

Vgl. Beilage

Dieses Anlieqen wurde bis zur Einbrinqunq im Nationalrat von   1202       BürgerInnen mit ihrer Unterschrift unterstützt. (Anm.: zumindest 500 rechtsgültige Unterschriften müssen für die Einbringung im Nationalrat vorliegen.)

ANLIEGEN:

 

 

Der Nationalrat wird ersucht,

 

 

 

Vgl. Beilage

    (Falls der Vordruck nicht ausreicht, bitte auf Beiblatt fortsetzen)


Parlamentarische Bürgerinitiative

betreffend

Lebenskompetenz Ernährung im Schulsystem

Der Nationalrat wird ersucht,

dass im Bereich der Lebenskompetenzen Ernährung, Kochen, Gesundheit und Verbraucherinnenbildung

1.    das Unterrichtsangebot an Volksschulen und allen Schulen der Sekundarstufe I inklusive der AHS-Unterstufe sukzessive mit dem Ziel eines eigenen, obligatorischen Unterrichtsfaches ausgebaut wird.

2.    an den Pädagogischen Hochschulen und den Universitäten eine umfassende und praxisnahe Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen im Hinblick auf die genannten Lebenskompetenzen sichergestellt wird.

3.    das Angebot an Weiterbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen (Lehrgänge) für Lehrerinnen und Lehrer entsprechend erweitert wird.

4.    mittel- und längerfristig die Errichtung einer tertiären Bildungseinrichtung mit einem Schwerpunkt auf den genannten Lebenskompetenzen angestrebt wird.

Begründung:

Es steht außer Zweifel, dass „Ernährung“ eines der Mega-Themen des 21. Jahrhunderts ist, dessen Bedeutung für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft gar nicht überschätzt werden kann. Die eng miteinander verflochtenen Dimensionen dieses konkret-alltäglichen und zugleich extrem komplexen Themas reichen von Aspekten der individuellen Gesundheit und des Genusses über Fragen der Verantwortung gegenüber unseren Kindern, der regionalen und überregionalen Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität, der Ernährungsinfrastruktur samt Regional- und Stadtentwicklung bis hin zu Problemstellungen eines auf Dauer finanzierbaren staatlichen Gesundheitswesens und schließlich nicht zuletzt auch zu übergeordneten Fragen wie Klimaschutz, nachhaltige Entwicklung sowie globale Verantwortung und Solidarität. Dazu einige nähere Stichworte:

  Gesundheit und Genuss

Eine ausgewogene Ernährungsweise, vorzugsweise auf der Basis frischer, reifer und möglichst naturbelassener Lebensmittel, ist eine der wichtigsten Säulen der Gesundheitsförderung und - erhaltung. Frische, Reife und Naturbelassenheit sind darüber hinaus aber auch die Grundlage wirklich schmackhafter Speisen. Eine gesunde, ausgewogene und genussvolle Ernährungsweise hat zudem wesentlichen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit sowie den ökologisch und ökonomisch orientierten Umgang mit Lebensmitteln.

  Verantwortung gegenüber unseren Kindern

Geschmacksvorlieben sowie Grundlagen des Ernährungsverhaltens und des Umgangs mit Nahrungsmitteln werden von der frühen Kindheit an geprägt, weshalb es gerade im frühen Kindesalter immens wichtig ist, dem Thema Essen und Ernährung einen hohen Stellenwert zu geben. Hier wird der Grundstein für eine gesunde und klimaschonende Ernährungsweise im späteren Lebensverlauf gelegt. Wenn es für die Kinder bereits früh selbstverständlich ist, regelmäßig und unter Verwendung frischer und qualitativ hochwertiger Lebensmittel selbst zu kochen, werden sie dies auch im Erwachsenenalter viel eher beibehalten und diese Kompetenzen ihrerseits an ihre Nachkommen weitergeben. Ein besonderes Augenmerk sollte daher auf die Ernährungsbildung in Horten/Krippen, Kindergärten und Volksschulen gelegt werden. Dies auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Leistungsfähigkeit des Gehirns - und folglich auch die Lernfitness unserer Kinder während ihrer gesamten Bildungslaufbahn - in hohem Maße von der Ernährung abhängig ist.

  Verantwortung gegenüber dem sozialen Umfeld und kulinarischer Infrastruktur

Da die Kriterien für eine gesunde, ausgewogene und genussvolle Ernährung - Frische, Reife und Naturbelassenheit - am ehesten von regionalen (Bio-)Qualitätsprodukten erfüllt werden können, besteht ein hohes Interesse an der Bewahrung (bzw. Wiederherstellung und Steigerung) eines möglichst hohen Maßes an regionaler Ernährungssicherheit, Ernährungssouveränität und Transparenz der Lebensmittelproduktion. Die Bildung eines Bewusstseins bei Konsumentinnen und Konsumenten, dass sie durch ihr Einkaufs- und Konsumverhalten mit darüber entscheiden, ob in der Region (oder auch der Stadt und der städtischen Umgebung), in der sie jeweils leben, entsprechende Lebensmittel produziert und vermarktet werden können, ist daher von zentraler Bedeutung.

Zudem sind Aspekte der kulinarischen Infrastruktur bei allen Regional- und Stadtentwicklungsplanungen („urban gardening“, „transition towns“) systematisch mit zu bedenken.

  Gesamtgesellschaftliche (staatsbürgerliche) Verantwortung

Nachweislich bestehen kausale Zusammenhänge zwischen der Ernährungsweise und „Zivilisationskrankheiten“ wie Diabetes Mellitus 2, „leaky gut“-Syndrom, Reizdarm, Arteriosklerose, Allergien, Adipositas, Alzheimer, Parkinson, diversen Krebsarten usw. Die enorme Bedeutung von Mangel- und Fehlernährung für die Kostenexplosion im Gesundheitswesen ist somit denkbar evident. Mangel- und Fehlernährung (im interdependenten Zusammenhang mit der demographischen Überalterung) tragen folglich auch einen wesentlichen Teil dazu bei, dass das Gesundheitssystem in der bestehenden Form in absehbarer Zeit womöglich nicht mehr finanzierbar sein wird. Die Erhaltung eines funktionierenden und leistungsstarken Gesundheitssystems hängt daher im Umkehrschluss maßgeblich mit der Änderung des Ernährungsverhaltens nach den Kriterien von Gesundheit und verantwortlichem Genuss in unserer Gesellschaft zusammen.

  Aspekte globaler (weltbürgerlicher) Verantwortung

Dokumente wie der Weltagrarbericht oder der Bericht der UNCTAD „Wake up before it is too late!“, der jährliche Report zum Welthunger sowie zahlreiche Publikationen der FAO und der WHO weisen eindringlich auf die komplexen Zusammenhänge zwischen dem Ernährungs- und Konsumverhalten der Menschen in den industrialisierten Ländern der Erde einerseits und Hunger, Verelendung sowie weit reichenden ökologischen Zerstörungen in anderen Teilen der Welt andererseits hin, ebenso auf Zusammenhänge mit der Zerstörung kleinbäuerlicher (Subsistenz) Strukturen, der Vernichtung des Regenwalds in Amazonien, rasanter Bodendegradation, Desertifikationsprozessen, massiven Biodiversitätsverlusten, Überfischung der Weltmeere, Vernichtung der Meeresfauna, gefährlicher Trinkwasserverknappung und insgesamt dem Phänomen des Klimawandels. Diesbezüglich stellt die intensive, industrielle Weltlandwirtschaft - insbesondere die industrielle Tierhaltung und Fleischproduktion sowie die Milch- und Milchprodukteproduktion - sogar die mit Abstand größte Gefahr für eine nachhaltige Entwicklung dar, sei es im Hinblick auf Klimagasemissionen, Biodiversitätsverlusten oder der Verknappung lebenswichtiger Ressourcen wie Wasser und fruchtbarem Ackerboden.

Die Liste der Argumente ließe sich nahezu beliebig verlängern, aber das ist nicht erforderlich, um zu erkennen und zu verstehen, dass „Ernährung“ - bzw. eine umfassende Ernährungswende - eine politische Kategorie von überragender (Zukunfts-)Bedeutung ist. Dieser Bedeutung muss auch im Bildungssystem in angemessener Weise Rechnung getragen werden, weshalb die Schaffung umfangreicher Unterrichts- und Bildungsangebote im Bereich der Lebenskompetenzen Ernährung, Kochen, Gesundheit und Verbraucherinnenbildung im Sinne dieser Petition ein dringliches Gebot zukunftsorientierter Bildungspolitik ist! Vor diesem Hintergrund erscheint es als außerordentlich bedauerlich und korrekturbedürftig, dass das Thema „Ernährung“ in seiner ganzen Komplexität und immensen faktischen Relevanz im Prozess der Neuentwicklung von Curricula im Rahmen der Umsetzung von „Pädagog/innenbildung NEU“ im Primarstufenbereich und erst recht im Sekundarstufenbereich geradezu sträflich vernachlässigt wurde.

Dabei ist allen aufgeführten nachhaltigkeits- und zukunftspolitischen Argumenten aus pädagogischer Hinsicht hinzuzufügen, dass es sich bei den Themen „Ernährung“, „Kochen“, „Gesundheit“ und „Verbraucherbildung“ nicht um abstrakten Schul-„Stoff' handelt, sondern über das kognitive Wissen hinaus in erster Linie um echte Lebenskompetenzen, die zudem moderne, fächerübergreifende, partizipative, lernseitig- und handlungsorientierte Lehr- und Lernformen nicht nur in vielfältigster Weise ermöglichen, sondern diese nachgerade fordern.

 

Parlamentarische Bürgerinitiative betreffend

Lebenskompetenz Ernährung im

Schulsystem

Erstunterzeichner/in

Name

Anschrift

Geb. Datum

Datum der Unterzeichnung

Eingetragen in die Wählerevidenz der Gemeinde

Mohrs

Matthias

 

 

15.6.2015

 

 

 

 

    U n t e r s c h r i f t

Unterstützungserklärungen:

Name

Anschrift

Geb. Datum

Datum der Unterzeichnung

Unterschrift