Dr. Hans Jörg Schelling

Bundesminister für Finanzen

GZ. BMF- 142600/0013-III/2/2017

 

Zur Veröffentlichung bestimmt

 

 

Vortrag an den Ministerrat betreffend den ECOFIN-Rat

am 21. Februar in Brüssel

 

 

Der ECOFIN-Rat befasste sich schwerpunktmäßig mit steuerlichen Themen (Einigung über die Richtlinie zur Vermeidung hybrider Gestaltungen - „ATAD 2“; Follow-up zu den Schlussfolgerungen über die EU-Liste mit nicht kooperativen Drittstaaten). Ferner hat der ECOFIN-Rat die Entlastungsempfehlung zum EU-Budget 2015 sowie die Leitlinien zur Erstellung des Budgets 2018 angenommen und dem EFC ein Mandat zur Finalisierung der Terms of Reference im Hinblick auf das Treffen der G-20 am 17./ 18. März in Baden-Baden erteilt.

 

Themen in der Euro-Gruppe waren die aktuellen Entwicklungen in Griechenland, die wirtschaftliche Situation in der Euro-Zone vor dem Hintergrund der jüngsten EK-Prognose sowie die Förderung von Wachstum und Beschäftigung, wo diesmal die Verbesserung des Unternehmensumfeldes („Ease of doing Business“) auf der Tagesordnung stand.

 

Im Anschluss an die Euro-Gruppe hat zudem eine Sitzung des Gouverneursrats des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) stattgefunden, bei der Klaus Regling erneut als geschäftsführender Direktor des ESM für eine zweite fünfjährige Amtszeit ab dem 8. Oktober dieses Jahres ernannt wurde.

 

Vor dem ECOFIN-Rat hat schließlich ein weiteres informelles Treffen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer stattgefunden. Dabei konnte eine grundsätzliche Einigung über die steuerliche Behandlung von Transaktionen durch Unternehmen, die nicht Teil des Finanzsektors sind, erzielt werden. Über eine weitere offene Frage, die steuerliche Behandlung von Pensionsfonds sowie von Einrichtungen für die betriebliche Pensionsvorsorge, sollen die Arbeiten auf technischer Ebene fortgesetzt werden. Außerdem wurde vereinbart, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer auch beim Treffen der G-20 angesprochen werden soll.

  

Aktuelle Entwicklungen in Griechenland

 

Unter diesem TOP wurde Einvernehmen über die Voraussetzungen zur Wiederaufnahme der seit Dezember unterbrochenen 2. Prüfmission erzielt. Demnach werden die Institutionen gemeinsam mit Griechenland zusätzliche Strukturreformen insbesondere für das Steuer- sowie Pensionssystem erarbeiten, die vorab als Gesetz zu beschließen und dann ab 2019/20 anzuwenden sind. Außerdem haben sich Griechenland und die Institutionen verständigt, dass diese Reformen, wie bereits im Rahmen des Anpassungsprogramms vereinbart, verstärkt mit arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Maßnahmen verknüpft werden sollen. Sobald eine Einigung auf technischer Ebene vorliegt, werden zunächst wieder die Finanzminister/innen der Euro-Gruppe auf das Thema zurückkommen, und bei Vorliegen aller Voraussetzungen im Anschluss die ESM-Gremien die nächsten Auszahlungen formal genehmigen. Wiewohl es kurzfristig keine Liquiditätsrisiken für den öffentlichen Sektor gibt, ist ein baldiger Abschluss der Prüfmission notwendig, um das Vertrauen in die griechische  Wirtschaft und die wirtschaftliche Erholung weiter zu stärken.

 

Thematische Diskussion zu Wachstum und Beschäftigung – „Ease of doing Business“

 

Im Rahmen der thematischen Diskussion zu Wachstum und Beschäftigung hat ein Meinungsaustausch zur Schaffung besserer Rahmenbedingungen für Unternehmen stattgefunden. Die diesbezüglichen Analysen im Doing Business Report der Weltbank (2017) zeigen, dass sich das unternehmerische Umfeld in der Wirtschafts- und Währungsunion stetig verbessert, jedoch im Schnitt noch immer hinter den USA, aber auch anderen Volkswirtschaften liegt. Auch die Flash Eurobarometer Umfrage (2015) über (potentielle) Unternehmensbarrieren (Qualität des öffentlichen Sektors, Gründung eines Unternehmens, Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit, Qualität der Steuerverwaltung) zeigt große Unterschiede innerhalb der EU, ebenfalls mit relativ schlechteren Werten für die Euro-Zone. Die Euro-Gruppe hat sich darauf verständigt, dass die Diskussion fortgesetzt und weiter vertieft werden soll. Das EFC wurde beauftragt, für eine weitere Diskussion im Rahmen der Euro-Gruppe bis April eine Auswahl von Indikatoren, die für eine Verbesserung des Unternehmens- und Investitionsumfeldes besonders relevant sind, vorzulegen.

 

Wirtschaftliche Situation in der Euro-Zone

 

Dazu wurde von der EK berichtet, dass sie nunmehr bereits das vierte Jahr in Folge mit einer moderaten Beschleunigung der Wirtschaftsdynamik rechne, und die Wachstumsraten heuer und im nächsten Jahr bei 1,6% bzw. bei 1,8% liegen sollten. Das Budgetdefizit könnte heuer sowie im nächsten Jahr auf jeweils 1,4% des BIP (2016: 1,7%) sinken. Die öffentliche Schuldenquote hat laut EK ihren Höchststand 2014 mit rund 94,4% erreicht; bis 2019 wird ein Rückgang auf 89,2% erwartet. Wachstumstreiber ist - aufgrund steigender Beschäftigung und Nominallöhne - laut EK weiterhin der Privatkonsum, während die schwache Entwicklung der Weltwirtschaft bzw. des Außenhandels wachstumsdämpfend wirkt. Außerdem ist die Prognose mit erheblichen Unsicherheiten und Risiken verknüpft, etwa im Hinblick auf die künftige wirtschafts- und geopolitische Ausrichtung der USA, den Folgen des EU-Austritts von UK sowie den in diesem Jahr stattfindenden Wahlen in mehreren Mitgliedstaaten.

 

Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken („ATAD 2“) -  Hybride Gestaltungen mit Drittstaaten

 

Unter diesem TOP hat der ECOFIN-Rat eine allgemeine Ausrichtung zur vorgeschlagenen Richtlinienänderung erzielt, durch die Steuerpflichtige künftig daran gehindert werden sollen, unterschiedliche Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Steuergebieten auszunützen, um eine Besteuerung der Gewinne zu umgehen. Der Kompromiss zu den im vergangenen Dezember noch offen gebliebenen Punkten sieht nunmehr eine optionale, bis 31. Dezember 2022 befristete Ausnahme für bestimmte Finanzdienstleistungen, verbunden mit einer Überprüfungsklausel vor. Die Umsetzung der Richtlinienänderung in nationales Recht muss bis 31. Dezember 2019 erfolgen.

 

Erstellung einer EU-Liste mit nicht kooperativen Drittstaaten

 

In diesem Zusammenhang hat sich der ECOFIN-Rat bereits im November letzten Jahres auf Schlussfolgerungen zu den Kriterien und zum Verfahren für diese Liste, die bis Ende 2017 erstellt werden soll, geeinigt. Demnach soll die Beurteilung der Drittstaaten auf Grundlage (1) von Transparenzkriterien, darunter die Anwendung des Informationsaustauschs, (2) der Einhaltung von Grundsätzen für eine faire Besteuerung und (3) der Umsetzung der OECD Anti-BEPS-Maßnahmen erfolgen. Die damals offen gebliebene Interpretation einer „fairen Besteuerung“ wurde nun dahingehend geregelt, dass diesbezüglich die Kriterien des Code of Conduct zur Unternehmensbesteuerung zur Anwendung kommen. Das Vereinigte Königreich hat eine Erklärung abgegeben, wonach eine Körperschaftsteuer von Null (oder nahe Null) nicht die alleinige Begründung dafür sein darf, dass ein Drittstaat die Erfordernisse einer „fairen Besteuerung“ nicht erfüllt.

 


Ich stelle den

 

A n t r a g,

 

die Bundesregierung wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

 

 

...März 2017

Der Bundesminister für Finanzen

Dr. Schelling