Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Organisation für Migration über den rechtlichen Status der Organisation in Österreich und dem Sitz ihrer Büros in Wien hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Die Internationale Organisation für Migration (bisherige Übersetzung der englischsprachigen Bezeichnung: Internationale Organisation für Wanderung, Abkürzung IOM), deren Gründungsmitglied Österreich ist (BGBl. Nr. 133/1990), unterhält seit 1954 ein Büro in Österreich. Ursprünglich unter dem Namen „Zwischenstaatliches Komitee für die Auswanderung aus Europa“ tätig, versteht sich IOM als globale Organisation für Migration und setzt sich zusammen mit zwischenstaatlichen und Nicht-Regierungsorganisationen für faire und humane Migrationspolitik ein.

Da in den letzten Jahren eine Neustrukturierung IOMs durchgeführt wurde, die mit der Einrichtung eines Regionalbüros für Ost- und Südosteuropa und Zentralasien mit entsprechendem Personalstand in Wien - zusätzlich zum bestehenden Länderbüro - verbunden ist, besteht das Bedürfnis nach einer umfassenden Regelung des Status der Büros der IOM in Wien. Die derzeit gültige Verordnung der Bundesregierung vom 11. November 1980 betreffend die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an das Zwischenstaatliche Komitee für Auswanderung, BGBl. Nr. 530/1980 idF BGBl. Nr. 584/1987, entspricht nicht den geänderten Bedürfnissen Österreichs und der IOM. Daher soll ein Amtssitzabkommen geschlossen werden, mit dem Privilegien und Immunitäten an die IOM-Büros und deren Mitarbeiter/innen im selben Umfang wie an andere internationalen Organisationen vergleichbarer Größe eingeräumt werden. Die Büros der IOM in Wien haben derzeit gemeinsam ca. 40 Mitarbeiter. Am 21. Juni 2011 hat die Bundesregierung Verhandlungen mit IOM über ein Amtssitzabkommen genehmigt (vgl. Pkt. 18 des Beschl.Prot. Nr. 106).

Das Abkommen regelt den Status von IOM in Österreich, indem er diesen an den üblichen Standard für Amtssitzabkommen für vergleichbare internationale Organisationen anpasst (vgl. Joint Vienna Institute (vgl. BGBl. III Nr. 187/1997), Internationales Zentrum für Migrationspolitikentwicklung (BGBl. III Nr. 145/2000), Energiegemeinschaft (BGBl. III Nr. 87/2007) und Internationale Anti-Korruptionsakademie (BGBl. III Nr. 100/2012)). IOM wird insbesondere die Unverletzlichkeit ihres Amtssitzes, die Befreiung von der Gerichtsbarkeit, die Unverletzlichkeit der Archive und die Befreiung von Steuern und Zöllen in dem im Abkommen vorgesehen Umfang gewährt. Weiters werden die Privilegien und Immunitäten der Mitarbeiter von IOM und ihrer Büros, der Büroleiter sowie der amtlichen Besucher geregelt. Die meisten Bestimmungen sind auch schon in der bisherigen Rechtslage abgedeckt. Unterschiede ergeben sich nur in einzelnen Bereichen. So wird die mittlerweile übliche Ausnahme von der Immunität der Organisation im Fall von Verkehrsunfällen und Gehaltsexekutionen eingeführt, das übliche Wahlrecht hinsichtlich der österreichischen Sozialversicherung eingeräumt, Einkommensteuerbefreiung für Pensionen gewährt, der Status der amtlichen Besucher geregelt und die übliche Erleichterung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Familienangehörige gewährt.

IOM ist weltweit mit ca. 8.000 Mitarbeitern tätig. Anders als für andere weltweit tätige internationale Organisationen besteht jedoch für IOM kein allgemeines Privilegien- und Immunitätenabkommen. In das Abkommen wurden daher auch Bestimmungen für die nicht in Österreich tätigen IOM-Mitarbeiter aufgenommen, die sich an den bestehenden Abkommen anlehnen (vgl. für die Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen, BGBl. Nr. 126/1957, sowie das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen, BGBl. Nr. 248/1950 idgF). Auch bisher galten bereits über den Verweis in der oz. IOM-Verordnung BGBl. Nr. 530/1980, auch für die nicht in Österreich tätigen IOM-Mitarbeiter die Bestimmungen des oz. Spezialorganisationen-Übereinkommens.

Die Bestimmungen des Abkommens werden gemäß seinem Art. 23 Abs. 2 mit Wirkung der Errichtung des Regionalbüros ab 1. Juli 2011 rückwirkend angewendet.

Die finanziellen Auswirkungen des Abkommens im Vergleich zur bisherigen Rechtslage beschränken sich auf Steuer- und Gebührenentfall in wenigen einzelnen Bereichen, die sich aus der Anpassung an den Amtssitzstandard ergeben. Dem können positive Beschäftigungseffekte und Steuermehreinnahmen aus der zusätzlichen Ansiedlung des Regionalbüros für Ost- und Südosteuropa der IOM in Wien gegenüber gestellt werden, die sich jedoch einer präzisen Schätzung entziehen.

Besonderer Teil

Zur Präambel

Die Präambel nimmt Bezug auf das Statut von IOM aus 1953, die Präsenz der Organisation in Österreich mit einem Länderbüro seit 1954, die zusätzliche Errichtung eines Regionalbüros mit Sitz in Wien und die Rechtsgrundlage für den bisherigen Status von IOM in Österreich.

Zu Art. 1

Da es sich als zweckmäßig erweist, mehrfach wiederkehrende Begriffe zu definieren, und um Fehlinterpretationen vorzubeugen, wurde auch in dieses Abkommen ein eigener Artikel aufgenommen, der Begriffsbestimmungen enthält.

Differenziert wird zwischen Mitarbeitern der IOM (Art. 1 lit. g) unabhängig davon, wo sie beschäftigt sind, denen lediglich der Status zukommen soll, der etwa auch Mitarbeitern der Vereinten Nationen weltweit zukommt (vgl. das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen, BGBl. Nr. 126/1957, und sh. Art. 14 des ggstdl. Abkommens) und den Mitarbeitern der Büros von IOM in Wien (Art. 1 lit. h), denen der Status zukommen soll, den auch Mitarbeiter anderer internationaler Organisationen, die in Österreich arbeiten, genießen (sh. Art. 15).

In Artikel 1 lit. h wird der Begriff der Mitarbeiter der Büros von IOM in Wien definiert. Personal, das sowohl an Ort und Stelle aufgenommen wurde als auch nach Stundenlohn bezahlt wird, ist von der Definition ausgenommen. Das bedeutet, dass Österreich die Notifikation solchen Personals gemäß Art. 18 nicht akzeptieren würde und solchem Personal keine Identitätsausweise gemäß Art. 18 ausstellen würde. Solches Personal würde also auch nicht in den Genuss der Privilegien und Immunitäten aus dem Abkommen kommen.

Zu Art. 2

In Art. 2 anerkennt die Republik Österreich ausdrücklich die sich aus der Satzung der IOM ergebende Rechtspersönlichkeit und die Rechtsfähigkeit von IOM in Österreich an, die es ihr beispielsweise ermöglicht, privatrechtliche Verträge abzuschließen. Aufgrund von Verordnung der Bundesregierung vom 11. November 1980 betreffend die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an das Zwischenstaatliche Komitee für Auswanderung, BGBl. Nr. 530/1980 in Verbindung mit Art. II des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen, BGBl. Nr. 248/1950 idgF, war die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der IOM auch bisher schon gewährleistet.

Zu Art. 3

Gemäß Art. 3 wird der Sitz der IOM-Büros im gegenseitigen Einverständnis zwischen der Organisation und der Regierung festgelegt. Der Begriff Regierung ist im völkerrechtlichen Sinne zu verstehen, und zwar als das jeweils für das Rechtssubjekt „Republik Österreich“ vertretungsbefugt handelnde Organ, und nicht als das spezifische Organ „Österreichische Bundesregierung“.

Für den Zweck von Sitzungen kann die kurzfristige Einbeziehung von Gebäuden außerhalb des Sitzes - jedoch nur im Einvernehmen mit der Regierung - in den Sitzbereich erfolgen (Abs. 2). Eine vergleichbare Bestimmung findet sich etwa in Art. II Abschnitt 2 lit. c des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien, BGBl. III Nr. 99/1998 (im Folgenden „UNOV-ASA“).

Zu Art. 4

Um der Organisation eine ungehinderte Tätigkeit zu ermöglichen, soll ihr Amtssitz, ähnlich wie Gebäude diplomatischer Vertretungen, unverletzlich sein. Die Unverletzlichkeit wirkt sich insbesondere dahingehend aus, dass gemäß Abs. 1 österreichische Organe den Sitzbereich nur mit ausdrücklicher Zustimmung des jeweiligen Büroleiters betreten und dort Amtshandlungen vornehmen dürfen.

Abgesehen von den im Abkommen ausdrücklich vorgesehenen Sonderbestimmungen gelten gemäß Abs. 2 im Sitzbereich die österreichischen Rechtsvorschriften. Das interne Organisationsrecht der Organisation, wie etwa das Dienstrecht, das Sozialrecht, das Datenschutzrecht oder das Vergaberecht bleiben aber von dieser Bestimmung unberührt und gehen den entsprechenden Gesetzen der Republik Österreich vor.

Zu Art. 5

In dieser Regelung wird die grundsätzliche Immunität der Organisation in Bezug auf die österreichische Gerichtsbarkeit festgelegt. Unter Immunität von der Gerichtsbarkeit ist im immunitätsrechtlichen Zusammenhang auch die Tätigkeit von Verwaltungsbehörden zu verstehen. Lit. a - c normieren gewisse Ausnahmen, die erheblich weiter gehen, als dies zum Beispiel in Art. III Abschnitt 15 lit. c des UNOV-ASA der Fall ist. Nach der bisher geltenden Regelung der IOM-Verordnung, BGBl. Nr. 530/1980 in Verbindung mit Abschnitt 4 des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen, BGBl. Nr. 248/1950 idgF waren diese Ausnahmen nicht vorgesehen. Mit der ggstdl. Bestimmung wird der Entwicklung der letzten Jahre Rechnung getragen. Insbesondere kann der Bereich der Verkehrsunfälle in lit. b hervorgehoben werden. Sollte einer der erwähnten Ausnahmefälle zutreffen, bleibt trotzdem Absatz 2 in Geltung, der unter anderem gerichtliche Vollzugsmaßnahmen, Beschlagnahmungen oder Enteignungen untersagt.

Ähnlich lautende Bestimmungen über die Immunität von der Gerichtsbarkeit finden sich in allen mit vergleichbaren internationalen Organisationen abgeschlossenen Amtssitzabkommen; vgl. unter anderem Art. 5 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute, BGBl. III Nr. 187/1997, im Folgenden „JVI-ASA“, Art. 5 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Internationalen Zentrum für Migrationspolitikenentwicklung (ICMPD) über den Amtssitz des Internationalen Zentrums für Migrationspolitikenentwicklung, BGBl. III Nr. 145/2000, im Folgenden „ICMPD-ASA“ und Art. 6 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau über den Amtssitz der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau, BGBl. III Nr. 227/2001, im Folgenden „Donauschutzkommission-ASA“.

Zu Art. 6

Diese Bestimmung legt wie auch die Amtssitzabkommen mit vergleichbaren internationalen Organisationen die Unverletzlichkeit der Archive der Organisation fest. Vgl. auch Art. 14 Abs. 1 lit. c und Art. 15 Abs. 1 lit. c, gemäß dem den Mitarbeitern der Organisation und der Büros Unverletzlichkeit aller amtlichen Schriftstücke, Daten und sonstigen Materialien zukommt.

Zu Art. 7

Hinsichtlich des Amtssitzbereichs ist Österreich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Tätigkeit der Organisation nicht durch einzelne Personen oder Personengruppen, die sich außerhalb des Amtssitzbereiches aufhalten, gestört wird. Dies beinhaltet, dass es den Sicherheitsbehörden obliegt, außerhalb und an der Grenze des Amtssitzbereichs jene Befugnisse wahrzunehmen, die zu diesem Zweck im Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF, vorgesehen sind. Das SPG legt in § 22 Abs. 1 Z 3 SPG idF BGBl. I Nr. 53/2012 die entsprechende Aufgabe fest. Gemäß dieser Bestimmung obliegt den Sicherheitsbehörden der besondere Schutz der Vertreter ausländischer Staaten, internationaler Organisationen und anderer Völkerrechtssubjekte, der diesen zur Verfügung stehenden amtlichen und privaten Räumlichkeiten sowie des ihnen beigegebenen Personals in dem Umfang, in dem dies jeweils durch völkerrechtliche Verpflichtungen vorgesehen ist.

Zu Art. 8

Für die Tätigkeit der Organisation im Amtssitzbereich ist es unerlässlich, dass dieser mit den notwendigen öffentlichen Leistungen ausgestattet ist und diese auch entsprechend unterhalten bzw. dass die notwendigen Dienstleistungen erbracht werden. Die Republik Österreich hat sich daher in diesem Artikel verpflichtet, im Wirkungsbereich der österreichischen Behörden die Beistellung dieser Leistungen zu angemessenen Bedingungen zu gewährleisten. Per analogiam hat dies zu bedeuten, dass diese Leistungen zu den günstigsten, der österreichischen staatlichen Verwaltung gewährten Bedingungen zu erbringen sind.

Zu Art. 9

Auf dem Gebiet des Nachrichtenverkehrs hat sich der Grundsatz herausgebildet, internationale Organisationen in gleicher Weise zu behandeln wie diplomatische Vertretungsbehörden, für welche in diesem Zusammenhang Art. 27 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WDK), BGBl. Nr. 66/1966, gilt. Demgemäß sind amtliche Mitteilungen, die die Organisation auf welchem Wege und in welcher Form auch immer empfängt oder versendet, von jeder Zensur oder sonstigen Verletzung ihres vertraulichen Charakters ausgenommen (Abs. 1).

Auch hier verpflichtet sich die Republik Österreich, der Organisation hinsichtlich des Nachrichtenverkehrs die günstigsten Bedingungen einzuräumen, die andere internationale Organisationen genießen (Abs. 2).

Zu Art. 10

Zur Sicherung der Unabhängigkeit der Organisation genießt diese die in Art. 10 genannten Befreiungen. Diese entsprechen jenen im JVI-ASA (Art. 10), im ICMPD-ASA (Art. 10), im Donauschutzkommission-ASA (Art. 11) und anderen Amtssitzabkommen. Auch bisher schon war die Organisation von Steuern und Zöllen gemäß § 1 IOM-Verordnung in Verbindung mit Abschnitt 9 und 10 des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisation sowie gemäß § 2 IOM-Verordnung befreit.

Der Begriff „Eigentum“ in Abs. 1 umfasst auch Sachen und Rechte, die nur in der Innehabung oder im Besitz der Organisation stehen und ist daher umfassender als der österreichische Eigentumsbegriff, wie er beispielsweise in §§ 353 ff. ABGB definiert wird.

Da im Hinblick auf das in Österreich geltende Umsatzsteuerrecht (Internationales Steuervergütungsgesetz, BGBl. I Nr. 71/2003) ein Abzug der Umsatzsteuer an der Quelle, das heißt bei der Entrichtung des Kaufpreises noch nicht durchführbar ist, wird der Organisation die Umsatzsteuer in Form von Pauschalbeträgen rückvergütet (Abs. 2). Das Verfahren der Vergütung richtet sich dabei nach den im oben genannten Bundesgesetz festgelegten Grundsätzen.

Zusätzlich sind alle Rechtsgeschäfte, an denen die Organisation beteiligt ist, und alle Urkunden hierüber von jeglichen Abgaben befreit (Abs. 3).

Abs. 4 behandelt die Ein- und Ausgangsabgabenbefreiung von Waren, einschließlich Kraftfahrzeugen für amtliche Zwecke. Gebühren für öffentliche Leistungen sind jedoch nicht von der Befreiung umfasst. Zum Beispiel stellt die Autobahnmaut eine Gebühr für öffentliche Leistungen dar, für die keine Befreiung besteht. Die Zur-Verfügung-Stellung der Kennzeichen durch Österreich erfolgt analog zu der Vorgangsweise bei anderen in Wien ansässigen zwischenstaatlichen Organisationen.

Über Waren, die im Einklang mit Abs. 4 eingeführt wurden, darf für einen Zeitraum von zwei Jahren nicht abgabenfrei an Dritte verfügt werden, andernfalls werden die unerhoben gebliebenen Abgaben nach den zum Zeitpunkt der Verfügung geltenden Bemessungsgrundlagen erhoben (Abs. 5).

Abs. 6 normiert im Rahmen der allgemeinen Steuerfreiheit aus Klarstellungsgründen die Befreiung von der Leistung des Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichfonds für Familienbeihilfen oder an eine Einrichtung mit gleichartigen Funktionen.

Zu Art. 11

Die in diesem Artikel vorgesehenen Erleichterungen entsprechen den einschlägigen Bestimmungen, wie sie üblicherweise in Amtssitzabkommen zwischen internationalen Organisationen und ihrem jeweiligen Gastland aufgenommen werden (vgl. Art. 11 des JVI-ASA, Art. 11 des ICMPD-ASA und Art. 12 des Donauschutzkommission-ASA).

Zu Art. 12

Die Organisation und die Mitarbeiter der Büros (vgl. Art. 1. lit. h) werden - wie dies auch die entsprechenden Regelungen in anderen Amtssitzabkommen vorsehen - nach Abs. 1 von allen Pflichtbeiträgen an die Sozialversicherungseinrichtungen der Republik Österreich befreit. Abs. 2 räumt den Mitarbeitern der Büros das Recht ein, freiwillig jedem einzelnen Zweig der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung) sowie der Arbeitslosenversicherung mit der Wirkung einer Pflichtversicherung beizutreten. Für dieses Wahlrecht ist in Abs. 3 eine dreimonatige Frist ab Beginn des Beschäftigungsverhältnisses vorgesehen. Zu Absatz 6 wird festgehalten, dass die Mitarbeiter der Büros die Beiträge für die Dauer der Versicherung im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß zu entrichten haben.

Zu Art. 13

Die seitens der Republik Österreich eingegangene Verpflichtung zur Erleichterung der Einreise und des Aufenthalts für die in Abs. 1 lit. a - d erschöpfend aufgezählten Personen und Personengruppen befreit nicht von der Sichtvermerkspflicht, soweit eine solche noch besteht (Abs. 1).

Allenfalls erforderliche Sichtvermerke sind gebührenfrei auszustellen (Abs. 2).

Gemäß Abs. 3 ist Österreich nicht befugt, ein Einreiseverbot oder eine Ausweisung über eine gemäß Abs. 1 privilegierte Person zu verhängen, falls deren amtliche Tätigkeit Grund für eine derartige Maßnahme sein sollte.

Um zu verhindern, dass die Begünstigungen dieses Artikels von nichtberechtigten Personen in Anspruch genommen werden, gibt Abs. 4 den zuständigen österreichischen Behörden die Möglichkeit, einen ausreichenden Nachweis über das Zutreffen der in Abs. 1 geforderten Qualifikationen zu verlangen.

Zu Art. 14

Diese Bestimmung räumt den Mitarbeitern der Organisation (Art. 1 lit. g) die dort aufgezählten Privilegien und Immunitäten ein. Zweck dieser Vorrechte und Befreiungen ist es, den Mitarbeitern die Ausübung ihrer Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zu ermöglichen (Art. 20). Durch die Wendung „die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 15 fallen“ wird klargestellt, dass die Bestimmungen des Art. 14 nur auf IOM-Mitarbeiter anzuwenden sind, die nicht Mitarbeiter der Wiener IOM-Büros sind.

Die in lit. a - d eingeräumten Privilegien und Immunitäten entsprechen im Wesentlichen denen der Angestellten vergleichbarer internationaler Einrichtungen ohne Sitz in Österreich (vgl. für die Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen, BGBl. Nr. 126/1957, sowie das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen, BGBl. Nr. 248/1950 idgF).

Die Einkommensteuerbefreiung für pensionierte Mitarbeiter in lit. e entspricht der auch anderen internationalen Organisationen ohne Sitz in Österreich gewährten Befreiung. Diesbezügliche Abkommen wurden bereits mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), BGBl. Nr. 757/1988, der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN), BGBl. Nr. 26/1990, dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW), BGBl. III Nr. 92/2010 und der Europäischen Organisation für die Nutzung von Meteorologischen Satelliten, BGBl. III Nr. 10/2012 geschlossen.

Zu Art. 15

Diese Bestimmung räumt den Mitarbeitern der Büros (Art. 1 lit. h) die dort aufgezählten Privilegien und Immunitäten ein. Zweck dieser Vorrechte und Befreiungen ist es, den Mitarbeitern die Ausübung ihrer Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zu ermöglichen (Art. 20). Die eingeräumten Privilegien und Immunitäten entsprechen im Wesentlichen denen der Angestellten vergleichbarer internationaler Einrichtungen mit Sitz in Österreich. In diesem Sinne wären folgende Bestimmungen hervorzuheben:

Mit lit. a wird funktionelle Immunität eingeräumt.

Das Wort „amtlichen“ in Abs. 1 lit. c bezieht sich auch auf die Wendung „Daten und sonstige Materialien“.

Die Steuerbefreiungen in lit. e - f weisen die Mitarbeiter der Büros als beschränkt Steuerpflichtige aus, die allenfalls nur aus inländischen Steuerquellen steuerpflichtig werden.

Die völkerrechtliche Verpflichtung des lit. g wird innerstaatlich so umgesetzt, dass Trägern von Privilegien und Immunitäten gemäß § 95 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 22/2013, iVm der Verordnung des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten über die Ausstellung von Lichtbildausweisen an Angehörige jener Personengruppen, die in Österreich Privilegien und Immunitäten genießen, BGBl. II Nr. 137/2010, Lichtbildausweise ausgestellt werden. Inhaber dieser Lichtbildausweise sind insbes. gemäß § 29 FPG von der Visapflicht, gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, vom Geltungsbereich des NAG und gemäß § 2 Abs. 2 Z 3 Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1991 idF BGBl. I Nr. 16/2013, von der Meldepflicht befreit.

Lit. h räumt den Mitarbeitern nicht nur das Recht ein, ausländische Wertpapiere, Guthaben in fremder Währung und andere bewegliche und unbewegliche Sachen zu besitzen, sondern diese auch zu erwerben; der Erwerb von Liegenschaften ist jedoch durch die Bestimmung eingeschränkt, dass hiefür dieselben Bedingungen (zum Beispiel Grundverkehrsvorschriften, steuerrechtliche Vorschriften) gelten wie für österreichische Staatsbürger.

Lit. i behandelt die Einfuhrabgabenbefreiung von Einrichtungsgegenständen und persönlicher Habe sowie Kraftfahrzeugen. Gebühren für öffentliche Leistungen sind jedoch nicht von der Befreiung umfasst. Zum Beispiel stellt die Autobahnmaut eine Gebühr für öffentliche Leistungen dar, für die keine Befreiung besteht.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt für Familienangehörige wird in lit. k in Verbindung mit dem Anhang geregelt. Solange auf Grund der österreichischen Bestimmungen sowie der Arbeitsmarktlage keine generelle Befreiung von Ehegatten und abhängigen Kindern bis 21 Jahre, die im selben Haushalt leben, vom Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung vorgesehen werden kann, verlangt dieser Abschnitt einen bevorzugten Zugang dieses Personenkreises zum österreichischen Arbeitsmarkt. Um diesen bevorzugten Zugang sicherzustellen, wird den nach Abs. 1 des Anhangs Begünstigten (Ehegatten und Kinder bis zu einem Alter von 21 Jahren, wenn sie vor Erreichen dieses Alters aus Gründen der Familienzusammenführung nach Österreich kamen) vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten eine Bescheinigung ausgestellt, bei deren Vorlage einem zukünftigen Arbeitgeber in der Regel sofort eine Beschäftigungsbewilligung gemäß §§ 4 ff. des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF, erteilt wird. Für diese Personengruppen kann gemäß § 4 Abs. 4 AuslBG eine Beschäftigungs­bewilligung auch nach Überschreitung der gesetzlichen Bundeshöchstzahl erteilt werden, wobei allerdings eine Prüfung der Arbeitsmarktlage erforderlich ist. Soll eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt werden, finden diese Vorschriften keine Anwendung, und es sind die einschlägigen gewerberechtlichen Vorschriften (insbesondere die Gewerbeordnung, BGBl. Nr. 194/1994 idgF) zu beachten. In sinngemäßer Anwendung des § 2 Abs. 12 AuslBG können auch gleichgeschlechtliche, nach dem Eingetragene Partnerschaft-Gesetz (EPG; BGBl. I Nr. 135/2009) eingetragene Partner das Privileg des erleichterten Zugangs zum Arbeitsmarkt unter denselben Bedingungen erhalten, wie es dem Ehepartner eines Mitarbeiters des Büros der IOM eingeräumt wird. Dies gilt - in Verbindung mit § 27a IPR-Gesetz - auch für gleichgeschlechtliche, eingetragene Partner, deren Partnerschaft nach den Rechtsvorschriften eines anderen Registerlandes gültig zustandegekommen und registriert ist.

Zu Art. 16

Um der gesteigerten Verantwortlichkeit der höheren und höchstrangigen Angestellten internationaler Einrichtungen gebührend Rechnung zu tragen, werden diesen üblicherweise diplomatische Privilegien und Immunitäten eingeräumt. Diesen Status genießen auch die Leiter der IOM-Büros in Wien. Auf den in diesem Artikel angesprochenen Personenkreis ist dabei die WDK in ihrer Gesamtheit anzuwenden, d.h. die privilegierten Personen haben auch die Pflichten, die ihnen aus der WDK erwachsen (insbesondere nach Art. 41 und 42 WDK), zu beachten. Dies bedeutet unter anderem, dass die in dieser Bestimmung genannten Personen keine gewerbliche Tätigkeit in Österreich ausüben dürfen, die auf persönlichen Gewinn gerichtet ist (Art. 42 WDK).

Zu Art. 17

Zusätzlich zu den Privilegien betreffend Ein- und Ausreise in Art. 13 genießen die amtlichen Besucher (Art. 1 lit. j) jene Befreiungen und Vorrechte, die für diesen Personenkreis bei anderen vergleichbaren internationalen Organisationen üblich sind (siehe zum Beispiel Art. 16 JVI-ASA, Art. 16 ICMPD-ASA). Es handelt sich bei Abs. 1 lit. a um funktionelle Immunität. Das Wort „amtlichen“ in Abs. 1 lit. b bezieht sich auch auf die Wendung „Daten und sonstige Materialien“.

Zu Art. 18

Die gemäß Abs. 1 von den Büros zu übermittelnde Liste erleichtert den österreichischen Behörden, einen Überblick über die Mitarbeiter der Büros zu bewahren. Sie dient jedoch nicht als Grundlage für die Ausstellung von Lichtbildausweisen gemäß § 95 FPG.

Das in Abs. 2 festgeschriebene Zur-Verfügung-Stellen von Lichtbildausweisen erfolgt in Angleichung an die entsprechende Vorgangsweise gegenüber ausländischen Vertretungsbehörden. Die Ausstellung erfolgt gemäß den österreichischen Rechtsvorschriften, hier insbesondere § 95 FPG iVm der Verordnung des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten über die Ausstellung von Lichtbildausweisen an Angehörige jener Personengruppen, die in Österreich Privilegien und Immunitäten genießen, BGBl. II Nr. 137/2010. Die Ausstellung erfolgt gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung auf Antrag, der vom jeweiligen Büro zu zeichnen ist, damit die Kontrolle auch durch dieses gewahrt bleibt. Die Büros werden dazu angehalten, die Beendigung des Dienstes von Mitarbeitern zu melden und deren Lichtbildausweise zurückzustellen.

Zu Art. 19

Dem verminderten Schutzbedürfnis entsprechend gelten für den in dieser Bestimmung genannten Personenkreis mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder ständigem Wohnsitz in Österreich nur die in diesem Artikel genannten Privilegien und Immunitäten.

Zu Art. 20

Abs. 1 legt ausdrücklich fest, dass die den dort genannten Personen eingeräumten Vorrechte und Befreiungen nur dazu dienen, der Organisation die ungestörte Ausübung der amtlichen Tätigkeiten zu ermöglichen.

Die Organisation hat gemäß Abs. 2 die Pflicht, auf die Immunität zu verzichten, wenn dies nach ihrer Auffassung für den normalen Gang der Rechtspflege erforderlich ist und der Immunitätsverzicht die Interessen der Organisation nicht beeinträchtigt.

Gemäß Abs. 3 soll die Organisation im Rahmen ihrer internen Dienstaufsicht auf ihre Mitarbeiter einwirken, dass diese ihre gesetzlichen Verpflichtungen einhalten. Eine solche Bestimmung wurde erstmals in Art. 20 Abs. 1 des Amtssitzabkommens mit der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA, BGBl. III Nr. 100/2012) in ein österreichisches Amtssitzabkommen aufgenommen.

Zu Art. 21

Meinungsverschiedenheiten zwischen der Republik Österreich und der Organisation, die über die Auslegung oder Anwendung des vorliegenden Abkommens und Fragen im Zusammenhang mit dem Amtssitz-bereich und dem Verhältnis zwischen der Republik Österreich und der Organisation auftreten sollten und nicht auf anderem Wege beigelegt werden können, sind dem in diesem Artikel vorgesehenen Schiedsgericht zu unterbreiten.

Zu Art. 22

Gemäß diesem Artikel gilt für die Organisation das Meistbegünstigungsprinzip, wonach dieses mittels eines Zusatzabkommens in den Genuss aller jener Privilegien und Immunitäten kommen soll, die Österreich in Amtssitzabkommen vergleichbaren zwischenstaatlichen Organisationen in Zukunft einräumen sollte. Diese Regelung entspricht dem bisher von Österreich gehandhabten Grundsatz, in Österreich ansässige internationale Organisationen weitgehend gleich zu behandeln, unbeschadet etwaiger aus sachlichen Gründen gebotener Differenzierung.

Zu Art. 23

Dieser Artikel enthält die üblichen Schlussklauseln (Inkrafttreten - Abs. 1; Beendigung – Abs. 3). Abs. 2 sieht die rückwirkende Anwendung des Abkommens ab 1. Juli 2011 vor.

Zum Anhang

Der Anhang enthält Ausführungen betreffend den Zugang von Arbeitsmarkt von Familienangehörigen gemäß Art. 15 Abs. 1 lit. k.