Allgemeiner Teil

Das Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Im Zuge des arabischen Frühlings kam es vermehrt zu Evakuierungsoperationen von österreichischen StaatsbürgerInnen unter Rückgriff auf Luftfahrzeuge des Österreichischen Bundesheeres. Dabei hat es sich immer wieder als problematisch erwiesen, dass der Transportweg zwischen dem jeweiligen Einsatzraum und Wien für einen effizienten Evakuierungseinsatz sehr lang ist. Angesichts der günstigen geographischen Lage Zyperns würde sich daher ein Evakuierungseinsatz von Zypern aus anbieten, um österreichische StaatsbürgerInnen schnell aus der eventuellen Gefahrenzone bringen zu können. Zypern hat sich bereit erklärt, Österreich in einem solchen Fall Infrastruktur an einem zyprischen Flughafen zur Verfügung zu stellen. Dazu ist jedoch der Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrags erforderlich, der zum einen das Recht Österreichs regelt, im Krisenfall Evakuierungen von einem zyprischen Flughafen aus zu unternehmen, und zum anderem den Status von österreichischem militärischen Personal regelt, das sich während einer Evakuierungsoperation in Zypern befindet.

Im Abkommen, das am 27. August in Nikosia unterzeichnet wurde (siehe Pkt. 53 des Beschl.Prot. 196) wird das Recht Österreichs festgeschrieben, mindestens einen Flughafen in Zypern, der von Zypern designiert wird, für Evakuierungsoperationen zu verwenden. Der Status des österreichischen Militärpersonals in Zypern wird analog zu den Bestimmungen des PfP-Truppenstatuts (PfP-SOFA, BGBl. III Nr. 136/1998) geregelt, das grosso modo die Regelungen des NATO-Truppenstatuts (NATO-SOFA, BGBl. III Nr. 135/1998) für anwendbar erklärt. Das heißt, das Abkommen trifft Regelungen u.a. zur Strafgerichtsbarkeit (u.a. österreichische Zuständigkeit für dienstliche Handlungen und für Handlungen gegen österreichisches Eigentum oder andere Mitglieder des österreichischen Militärpersonals), zur Begleichung zivilrechtlicher Ansprüche soweit nicht Unionsrecht anwendbar ist, zur Einrichtung von Kommunikationseinrichtungen und zum Tragen der Uniform. Ebenfalls festgehalten wird, dass Österreich die Evakuierungskosten für österreichische StaatsbürgerInnen selbst tragen wird.

 

Besonderer Teil

Zu Artikel 1:

Grundsätzlich richtet sich die Verwendung von Flughäfen im internationalen Verkehr nach den anwendbaren völkerrechtlichen Vorschriften (zB das in Chicago 1944 unterzeichnete Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt, BGBl. Nr. 97/1949). Für den EU-Raum gilt der Europäische Luftverkehrsbinnenmarkt. Diesen Vorschriften ist gemein, dass eine Landung bei einem Flughafen nur bei aufrechter behördlicher Bewilligung erfolgen kann. Sonderbestimmungen gibt es insbesondere für die Landung mit militärischen Luftfahrzeugen, da hier der Grundsatz gilt, dass hoheitliches Handeln eines Staates im Hoheitsgebiet eines anderen Staates nur mit dessen Zustimmung möglich ist. In Art. 1 erklärt sich daher Zypern grundsätzlich bereit, Österreich die Verwendung von zyprischen Flughäfen für Evakuierungen zu erlauben. Zypern wird dabei nach Inkrafttreten des Abkommens mindestens einen Flughafen für derartige Operationen benennen. Dies erlaubt es Zypern, den Bedarf zu kontrollieren. Zugleich ermöglicht es die Designierung, dass auch in Österreich entsprechend detailliertere Planungen hinsichtlich möglicher Evakuierungsoperationen angestellt werden können, da bereits im Vorfeld der betroffene Flughafen bekannt ist.

Die Designierung nach Abs. 1 bedeutet allerdings noch nicht das uneingeschränkte Recht, den Flughafen verwenden zu können. Vielmehr muss im Falle einer konkreten Evakuierung aus einem Drittland die Zustimmung Zyperns für diesen Evakuierungsfall erwirkt werden, die dann für alle Flüge dieser Operation gilt.

Zu Artikel 2:

Die in Abs. 1 normierte Achtung der Rechtsordnung der Republik Zypern durch österreichisches militärisches Personal entspricht der internationalen Praxis für den Aufenthalt fremder Truppen. Die in Abs. 2 bis 5 enthaltenen Bestimmungen zur Regelung der Gerichtsbarkeit wurden den Bestimmungen des Artikels VII Abs. 1 bis 3 des NATO-SOFA nachgebildet. Dabei wurden die Abs. 2 bis 5 im Hinblick auf den Zweck des Abkommens insgesamt so formuliert, dass sie lediglich für österreichisches militärisches Personal, nicht jedoch für das zivile Gefolge oder Angehörige gelten. Nach Abs. 2 lit. a wird Österreich das Recht eingeräumt, in Übereinstimmung mit der österreichischen Rechtsordnung Straf- und Disziplinargerichtsbarkeit in Zypern auszuüben, während nach Abs. 2 lit. b Zypern in Übereinstimmung mit zyprischem Recht die Gerichtsbarkeit über österreichisches militärisches Personal im Hinblick auf strafbare Handlungen, die im Hoheitsgebiet der Republik Zypern begangen wurden, eingeräumt wird. Abs. 3 und 4 regelt die ausschließliche Ausübung der Gerichtsbarkeit durch Österreich bzw. Zypern in jenen Fällen, in denen Handlungen jeweils nur nach dem Recht des einen, jedoch nicht nach dem Recht des anderen Staates strafbar sind.

Abs. 5 lit. a legt gemäß der internationalen Praxis fest, dass Österreich als der Entsendestaat das Vorrecht für die Ausübung der Gerichtsbarkeit hat, wenn strafbare Handlungen nur gegen das Vermögen oder die Sicherheit Österreichs oder nur gegen die Person oder das Vermögen eines anderen Mitglieds der österreichischen Truppe gerichtet sind. Andererseits hat Österreich auch das Vorrecht für sämtliche strafbare Handlungen, die von einem Angehörigen der österreichischen Truppe in Ausübung des Dienstes begangen wurden. Für alle anderen strafbaren Handlungen hat nach internationaler Praxis der Aufnahmestaat das Vorrecht für die Ausübung der Gerichtsbarkeit, was auch durch Abs. 5 lit. b entsprechend geregelt wird. In lit. c wird in Ergänzung zu den Bestimmungen des NATO-SOFA (Ersuchen auf Verzicht auf das Vorrecht der Gerichtsbarkeit bei besonderer Wichtigkeit) geregelt, dass auch bei Vergehen, bei denen eine angemessene Strafe durch disziplinäre Maßnahmen ohne Befassung eines Gerichts verhängt werden kann, ein österreichisches Ersuchen um Verzicht auf das Vorrecht der Gerichtsbarkeit von den Behörden Zyperns wohlwollend geprüft werden soll.

Zu Artikel 3:

Dieser Artikel regelt die Haftung für zivilrechtliche Ansprüche, die sich aus Handlungen oder Unterlassungen des österreichischen militärischen Personals in Zypern im Zuge von Evakuierungen aus Drittländern ergeben. Die Haftung für derartige Ansprüche ist zum Teil in unmittelbar anwendbarem Unionsrecht geregelt, daher hält Abs. 1 fest, dass im Anwendungsbereich des Unionsrechts ausschließlich dieses gilt. Hier ist vor allem an die Rom-I- und Rom-II-Verordnungen zu denken. Die Rom-II-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 864/2007 7 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. L 199 vom 31.Juli 2007, S. 40) ist gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden, wenn das Schuldverhältnis nicht auf „Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte“ beruht. Das heißt, Ansprüche, die sich aus Handlungen österreichischen Militärpersonals außerhalb der Dienstverrichtung ergeben, werden nach den Vorschriften der Rom-II-Verordnung abgewickelt. Die Rom-I-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, ABl. L 177 vom 4. Juli 2008, S. 6) gilt für vertragliche Schuldverhältnisse.

Für Ansprüche bei Handlungen in Ausübung des Dienstes, die sich aus Schäden ergeben, die nur an Österreich oder einem Mitglied seines militärischen Personals entstanden sind, ist das österreichische Recht anwendbar (Abs. 1 lit. a). Alle anderen Ansprüche werden nach zyprischem Recht abgewickelt (Abs. 1 lit. b). Um einer dritten Partei eine sofortige Befriedigung ihrer Ansprüche zu ermöglichen, wird sich Zypern bemühen, in Vorlage zu treten und Schadenersatzansprüche, die sich auf Grund von Handlungen oder Unterlassungen des österreichischen militärischen Personals ergeben, direkt zu befriedigen. Österreich wird Zypern derartige Leistungen vergüten. Diese Regelung entspricht weitgehend Art. VIII Abs. 5 NATO-SOFA.

Abs. 2 enthält eine der internationalen Praxis entsprechende Bestimmung für die Beteiligung eines österreichischen Beobachters bei der Untersuchung eines Unfalls oder Vorfalls, bei dem ein österreichisches Luftfahrzeug beteiligt war. Außerdem ist aus Gründen der Transparenz und für eine Überprüfung von allfälligen Schadenersatzansprüchen die Übermittlung einer Kopie des zyprischen Untersuchungsberichts an Österreich vorgesehen.

Zu Artikel 4:

Zur Erleichterung der Einreise nach Zypern wird in Abs. 1 geregelt, dass österreichisches militärisches Personal Reisepässe oder ersatzweise Personalausweise in Verbindung mit militärischen Dienstausweisen verwenden kann. Die in Abs. 2 geregelte Anerkennung von nationalen (durch die Republik Österreich ausgestellten) Führerscheinen bzw. Pilotenscheinen durch Zypern dient der Verwaltungsvereinfachung.

Das Einräumen der Bewegungsfreiheit in Zypern für österreichisches militärisches Personal stellt eine wesentliche Voraussetzung für das effektive - und vor allem rasche und unbürokratische - Tätigwerden bei einer allfälligen Evakuierung österreichischer Staatsbürger dar.

Abs. 3 dient der Klarstellung, dass österreichisches militärisches Personal die Erlaubnis hat, im Hoheitsgebiet der Republik Zypern seine nationale Uniform zu tragen.

Für das allfällige Mitführen von Waffen und Munition bei Evakuierungen wird durch Abs. 4 Vorsorge getragen. Dabei wird geregelt, dass Waffen und Munition gemäß der internationalen Praxis grundsätzlich in den Luftfahrzeugen verwahrt werden. Sollten dennoch ein Transfer durch Zypern oder eine zwischenzeitliche Lagerung notwendig sein, so können nach Abs. 4 in Absprache mit Zypern entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.

Zur Erleichterung der gegebenenfalls erforderlichen Kommunikation mit Österreich von Zypern aus wird in Abs. 5 die Möglichkeit eingeräumt, nach entsprechender Einwilligung seitens Zyperns, drahtlose Sende- und Empfangsstationen bzw. sowie Telefon-, Telegraf- und Faxsysteme oder ähnliche Systeme einzurichten und zu betreiben, um eine Verbindung mit dem österreichischen Telekommunikationsnetz herzustellen. Diese Bestimmung ist unter anderem für das seitens Zyperns notwendige Management von Funkfrequenzen erforderlich.

Zu Artikel 5:

In diesem Artikel wird klargestellt, dass sich aus dem Abkommen und die zyprische Überlassung von Flughäfen keinerlei Kostenbeteiligung Zyperns an Evakuierungsoperationen ergibt. Wie bei Evakuierungen üblich, trägt der evakuierende Staat sämtliche Kosten der Evakuierung, wobei sich nach nationalem Recht Kostenbeteiligungen der Evakuierten ergeben können.

Zu Artikel 6:

Zur Umsetzung dieses Abkommens kann es zweckmäßig sein, im Rahmen des geltenden Rechts weitere Einzelheiten zur Durchführung des Abkommens zu regeln. Um diese Möglichkeit ausdrücklich einzuräumen, können gemäß Artikel 6 die jeweiligen Verteidigungsminister entsprechende weiterführende Absprachen treffen.

Zu Artikel 7:

Jeder Streit über die Auslegung oder Anwendung des Abkommens kann nur im Verhandlungsweg beigelegt werden (vgl. Art. III PfP-SOFA).

Zu Artikel 8:

Gemäß Abs. 1 tritt das Abkommen in am ersten Tag des zweiten Monats, nachdem die letzte Mitteilung der Erfüllung der nationalen Genehmigungsverfahren abgegeben wurde, in Kraft. Eine Änderung ist möglich und folgt den gleichen Inkrafttretensbestimmungen (Abs. 2). Das Abkommen kann gekündigt werden, eine Kündung tritt sechs Monate nach Empfang der Kündigungsnote im diplomatischen Weg in Kraft (Abs. 3).