Vorblatt

1. Problem:

Besondere Schutzmaßnahmen für Zeugen sind ein wichtiges Instrument bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität. Die Schaffung nationaler Zeugenschutzprogramme und die internationale Zusammenarbeit beim Schutz von Zeugen werden in internationalen Verträgen und rechtlich nicht verbindlichen Instrumenten der Vereinten Nationen, des Europarates und der Europäischen Union empfohlen. Die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Zeugenschutzes wird von den österreichischen Sicherheitsbehörden als wichtige operative Maßnahme gesehen.

2. Ziel:

Österreich, Bulgarien, Kroatien, die Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, die slowakische Republik und Slowenien als Vertragsparteien bezwecken mit dem am 24. Mai 2012 in Stirin in der Tschechischen Republik unterzeichneten Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz, ihre Kooperation in diesem Bereich zu entwickeln und zu vertiefen.

3. Inhalt, Problemlösung:

Im Bereich Zeugenschutz gibt es keine europaweiten Rechtsgrundlagen für die grenzüberschreitende Übernahme und den Transport gefährdeter Zeugen.

Auf Grund der besonderen Sensibilität des Vertragsgegenstandes sind in dem geplanten Übereinkommen insbesondere Bestimmungen über die Vertraulichkeit der Zusammenarbeit und über das Weiterbestehen von Schutzmaßnahmen gegenüber den zu schützenden Personen – auch nach Kündigung des Übereinkommens durch eine der Vertragsparteien – vorgesehen.

Im Übereinkommen wird Organen der Sicherheitsbehörden der Vertragsparteien zur Intensivierung der polizeilichen Kooperation das Recht zum Einschreiten auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien sowie Mitführen von Waffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen, im Rahmen von Transporten von Schutzpersonen eingeräumt. Dabei kommt es mit der Zustimmung des Entsendestaates zur Betrauung mit hoheitlichen Aufgaben durch den Gebietsstaat.

4. Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

4.1 Finanzielle Auswirkungen:

Das Abkommen wird voraussichtlich keine erheblichen finanziellen Auswirkungen haben; sofern es dennoch zu solchen kommen sollte, werden sie aus den dem zuständigen Ressort zur Verfügung gestellten Mitteln bedeckt.

4.2 Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

4.2.1. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine

4.2.2. Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und Unternehmen

Keine

4.3 Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine

4.4 Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine

5. Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine

6. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Abschluss eines derartigen Übereinkommens steht im Einklang mit den Verpflichtungen Österreichs im Rahmen der EU, da es sich um eine rechtlich zulässige Ergänzung bestehender EU-Rechtsinstrumente handelt. Weiters dürfen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäß Erklärung 36 zum Vertrag von Lissabon (BGBl. III Nr. 132/2009) Übereinkünfte mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit aushandeln und schließen, sofern diese Übereinkünfte mit dem Unionsrecht im Einklang stehen.

 

7. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine


 

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Der besondere Schutz von Zeugen und deren allenfalls gefährdeten Angehörigen sind ein wichtiges Instrument bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität. Die Schaffung nationaler Zeugenschutzprogramme und die internationale Zusammenarbeit beim Schutz von Zeugen werden in internationalen Verträgen und rechtlich nicht verbindlichen Instrumenten der Vereinten Nationen, des Europarates und der Europäischen Union empfohlen. Die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Zeugenschutzes wird von den österreichischen Sicherheitsbehörden als wichtige operative Maßnahme gesehen.

Personen, die sich in Zeugenschutzprogrammen befinden sind äußerst gefährdet. Die mit diesen Personen verbundenen Daten und Informationen müssen daher besonders geschützt werden. Die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Zeugenschutzes muss daher, gegenüber der allgemeinen internationalen polizeilichen Zusammenarbeit besondere Kooperationsformen vorsehen, um diesen notwendigen Schutz sicherzustellen. Diese Zusammenarbeit erfolgt dementsprechend auch direkt zwischen den nationalen Zeugenschutzeinheiten von Staaten.

Im Rahmen des Forum Salzburg (Zusammenarbeit zwischen Bulgarien, Kroatien, Österreich, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn im Sicherheitsbereich, einschließlich des Zeugenschutzes) wurde von den Experten für Zeugenschutz der Abschluss eines multilateralen Übereinkommens zur Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz angeregt.

Dieser Vorschlag wurde auf Ebene der Innenminister begrüßt und die Experten der Forum Salzburg Partner wurden mit den weiteren Arbeiten beauftragt. Österreich hat im Rahmen seines Forum Salzburg Vorsitzes im April 2011 ein Expertentreffen zu einem Vertragsentwurf zur Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz abgehalten. Im Rahmen des Forum Salzburg Ministertreffens am 15./16. November 2011 einigten sich die Minister darauf, im 1. Halbjahr 2012 formelle Verhandlungen zu einem Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz aufzunehmen, worauf eine österreichische Delegation zur Verhandlungsführung bevollmächtigt wurde. Die Verhandlungsrunde fand am 7./8. Februar 2012 unter tschechischem Forum Salzburg - Vorsitz statt und konnte mit einer Einigung über den Text abgeschlossen werden.

Österreich, Bulgarien, Kroatien, die Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, die slowakische Republik und Slowenien als Vertragsparteien bezwecken mit dem am 24. Mai 2012 in Stirin in der Tschechischen Republik unterzeichneten Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz die Zusammenarbeit in diesem Bereich zu entwickeln und zu vertiefen.

Die österreichische Rechtsgrundlage für das Tätigwerden der Sicherheitsbehörden im Bereich des Zeugenschutzes ist § 22 Abs. 1 Z 5 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF. Die Grundlage für die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich sind die §§ 14 - 18 Polizeikooperationsgesetz (PolKG), BGBl. I Nr. 104/1997 idgF. Österreich hat im Rahmen seiner Staatsverträge zur polizeilichen Zusammenarbeit mit Ungarn, der Tschechischen Republik und Kroatien bereits eine derartige Zusammenarbeit vereinbart. Der ausverhandelte Übereinkommenstext orientiert sich eng an diesen bestehenden Verträgen sowie dem Beschluss 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität (ABl. Nr. L 210 vom 6.08.2008 S. 1), „Prümer Beschluss“.

Im Bereich Zeugenschutz gibt es keine europaweiten Rechtsgrundlagen für die grenzüberschreitende Übernahme und den Transport gefährdeter Zeugen. Auf Grund der besonderen Sensibilität des Vertragsgegenstandes sind in dem geplanten Übereinkommen überdies Bestimmungen über die Vertraulichkeit der Zusammenarbeit und über das Weiterbestehen von Schutzmaßnahmen gegenüber den zu schützenden Personen – auch nach Kündigung des Übereinkommens durch eine der Vertragsparteien – vorgesehen.

Im Übereinkommen wird Organen der Sicherheitsbehörden der Vertragsparteien zur Intensivierung der polizeilichen Kooperation das Recht zum Einschreiten auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien sowie das Mitführen von Waffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen, eingeräumt. Dabei kommt es mit der Zustimmung des Entsendestaates zur Betrauung mit hoheitlichen Aufgaben durch den Gebietsstaat, die sich allerdings auf den Schutz von Zeugen und allenfalls gefährdeten Angehörigen während des Transportes beschränken.

Gemäß Artikel 16 Absatz 1 des Übereinkommens steht dieses allen Mitgliedstaaten der EU und den Schengen-assoziierte Staaten zum Beitritt offen.

Das künftige Übereinkommen wird voraussichtlich keine finanziellen Auswirkungen haben. Allfällige Aufwendungen finden in den Ansätzen des zuständigen Ressorts ihre Bedeckung.


Besonderer Teil

Zur Präambel

Im ersten Anstrich der Präambel wird ausdrücklich auf die Zusammenarbeit im Rahmen des Forum Salzburg verwiesen. Das Übereinkommen wurde von allen Staaten des Forum Salzburg verhandelt, aber von Polen aus innerstaatlichen Gründen zunächst nicht unterzeichnet. Polen hat das Übereinkommen am 11. Oktober 2012 nachträglich unterzeichnet. Am 01. Dezember 2012 ist das Übereinkommen für Ungarn und die Slowakei in Kraft getreten.

Im zweiten Anstrich wird der Wunsch die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zeugenschutzes zu stärken formuliert.

Im dritten Anstrich wird auf die Empfehlungen Europols zur operativen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zeugenschutzes verwiesen. Im Rahmen der EU gibt es keine explizite Rechtsgrundlage zur Zusammenarbeit in diesem Bereich, jedoch stellt der sonstige Rechtsbestand der EU im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit sowie des Datenschutzes die Grundlage für die Zusammenarbeit im Rahmen des Übereinkommens dar. Hier ist insbesondere der Prümer Beschluss zu nennen, der die Grundlage für die operative polizeiliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der EU darstellt. Gem. Art. 23 Abs. 2 lit. b dieses Rechtsinstrumentes können die MS bilaterale Übereinkommen schließen, soweit sie über die Ziele des Beschlusses hinausgehen. Das vorliegende Übereinkommen beruht auf diesem Beschluss und geht über dessen Ziele hinaus. Österreich hat den Beschluss durch das Bundesgesetz über die polizeiliche Kooperation mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie dem Europäischen Polizeiamt (EU-PolKG) – BGBl. I 2009/132 idgF. – umgesetzt.

Im vierten Anstrich wird auf die zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen bilateralen und multilateralen Abkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit verwiesen. Hiermit wird zum Ausdruck gebracht, dass das vorliegende Übereinkommen auf diesen Verträgen aufbaut und sie ergänzt. Österreich hat mit Kroatien (BGBl. III Nr. 141/2008), der Slowakei (BGBl. III Nr. 72/2005), Slowenien (BGBl. III Nr. 51/2005), der Tschechischen Republik (BGBl. III Nr. 121/2006) und Ungarn (BGBl. III Nr. 99/2006) bilaterale Staatsverträge und mit Bulgarien (BGBl. III 206/2002) und Polen (BGBl. III 139/2003) bilaterale Regierungsübereinkommen über die polizeiliche Zusammenarbeit abgeschlossen. Österreich, Bulgarien, Rumänien, die Slowakei, Slowenien und Ungarn sind Vertragsparteien des Prümer Vertrages (BGBl. III Nr. 159/2006).

Im fünften Anstrich wird auf die Einhaltung der nationalen Gesetzgebung sowie des EU Gemeinschaftsrechts unter besonderer Berücksichtigung von Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten verwiesen.

Im sechsten Anstrich der Präambel wird auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität verwiesen. In den Art. 24 und 25 des Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien des Übereinkommens, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz von Zeugen zu schaffen und andere Vertragsparteien beim Schutz von Zeugen zu unterstützen. Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens und hat dieses ratifiziert (BGBl. III 2005/84).

Im siebten Anstrich der Präambel wird auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption verwiesen. In Art. 32 des Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien des Übereinkommens zum Schutz von Zeugen. Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens und hat dieses ratifiziert (BGBl.III 2006/47).

Im achten Anstrich wird auf die maßgeblichen Instrumente des Europarates verwiesen. Dies sind vor allem die rechtlich verbindlichen Instrumente im Bereich des Datenschutzes, die dann in Art. 7 des Übereinkommens ausdrücklich angeführt werden. Im Bereich des Zeugenschutzes gibt es keine Rechtsinstrumente des Europarates sondern nur die Empfehlung Rec(2005)9 des Ministerkomitees vom 20. April 2005.

Zu Artikel 1

Art. 1 legt den Zweck des Übereinkommens, wie auch bereits im zweiten Anstrich der Präambel ausgeführt, fest.

Zu Artikel 2

Abs. 1 legt fest, dass die gem. Art. 10 zu benennenden nationalen Kontaktstellen direkt, d.h. ohne Zwischenschaltung sonstiger Stellen der Vertragsparteien, zusammenarbeiten. Damit wird der besonderen Sensibilität dieser Zusammenarbeit Rechnung getragen.

In Abs. 2 werden die Formen der Zusammenarbeit beispielhaft aufgezählt:

                         - Übersiedlung und Schutz von Personen (d.h. die Überstellung von Personen in Zeugenschutzprogrammen auf das Gebiet einer anderen Vertragspartei und Übernahme des Schutzes dieser Personen durch die Zeugenschutzeinheit der anderen Vertragspartei);

                         - Informationsaustausch in Angelegenheiten des Zeugenschutzes;

                         - Gegenseitige Unterstützung in Angelegenheiten des Zeugenschutzes;

                         - Schulungsmaßnahmen

Abs. 3 führt zwei Fälle an, unter denen eine Übersiedlung möglich ist:

           1. Wenn die Person sich bereits im Zeugenschutzprogramm der ersuchenden Vertragspartei befindet oder

           2. In dringenden Fällen, in denen die zu schützende Person voraussichtlich in ein Schutzprogramm aufgenommen wird, sich aber noch nicht formell im Zeugenschutzprogramm der ersuchenden Vertragspartei befindet.

Schutzmaßnahmen erfolgen immer nach dem nationalen Recht der ersuchten Vertragspartei und nicht der ersuchenden Vertragspartei.

In Abs. 4 wird ausdrücklich die Verpflichtung der ersuchenden Vertragspartei festgelegt, die notwendigen Informationen zur Zusammenarbeit bei einer Übersiedlung bereitzustellen.

In Abs. 6 wird die Möglichkeit zur Beendigung der Unterstützungsmaßnahmen durch die ersuchte Vertragspartei und die Verpflichtung der ersuchenden Partei, die Person zurück zu nehmen, ausdrücklich festgelegt.

Zu Artikel 3

Für jeden einzelnen Fall einer Übersiedlung sind zwischen den beiden nationalen Kontaktstellen der betroffenen Vertragsparteien die administrativen Details in einem gesonderten Dokument zu vereinbaren. Diese Dokumente entsprechen Verwaltungsvereinbarungen, die auf der Grundlage und im Rahmen des Übereinkommens geschlossen werden können.

Zu Artikel 4

Ausgehend von den in Art. 17 des Prümer Beschlusses festgelegten Befugnissen, können die Beamten der Kontaktstelle einer Vertragspartei zu Zwecken des Übereinkommens auf dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei tätig werden. Dies betrifft den Transport von Schutzpersonen und den Schutz dieser Menschen. In Art. 4 wird ausdrücklich vereinbart, dass die Beamten der anderen Vertragsparteien, den Weisungen der nationalen Kontaktstelle des Territorialstaates unterliegen. Diese Bestimmung entspricht Art. 17 Abs. 3 des Prümer Beschlusses.

Zu Artikel 5

In Abs. 1 wird in Bezug auf das Recht zum Mitführen von Waffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen sowie den Einsatz von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet einer anderen Vertragspartei, auf Art. 19 des Prümer Beschlusses verwiesen.

In Abs. 2 wird die Verwendung von Waffen, Munition und Ausrüstungsgegenständen auf dem Gebiet einer anderen Vertragspartei auf die Fälle der Notwehr und Nothilfe beschränkt.

Wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Personen in Schutzprogrammen werden in diesem Bereich Legendierungen (§ 54a SPG BGBl 1991/566 idgF) und Deckkennzeichen (§ 48 Abs. 1 Z 2 KFG BGBl 1967/267 idgF) auch durch die Beamten der nationalen Zeugenschutzeinheiten verwendet. In Abs. 3 wird vereinbart, dass solche Maßnahmen auch auf dem Hoheitsgebiet anderer Vertragsparteien verwendet werden können.

Gemäß Abs. 4 müssen Beamte einer Vertragspartei bevor sie auf dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei tätig werden, die nationale Kontaktstelle des Territorialstaates davon verständigen.

Zu Artikel 6

Für den Einsatz von Beamten einer Vertragspartei auf dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei werden in Bezug auf den Schutz und Beistand sowie die zivilrechtliche Haftung die entsprechenden Bestimmungen des Prümer Beschlusses angewandt.

Zu Artikel 7

Hinsichtlich des Schutzes der von den Vertragsparteien im Rahmen dieses Übereinkommens übermittelten personenbezogenen Daten sind die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008 über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden (ABl. Nr. L 350/60 vom 30.6.2008 S. 60f) sowie die genannten Datenschutzbestimmungen des Europarates zu beachten.

Das Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I 165/1999 idgF, ist innerstaatlich jene allgemeine Rechtsgrundlage für den Schutz personenbezogener Daten, welche – neben anderen Gesetzen – auch als Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI bzw. der sonstigen genannten Instrumente des Europarates anzusehen ist und daher zur Anwendung kommt.

Zu Artikel 8

In dieser Bestimmung vereinbaren die Vertragsparteien, die im Zusammenhang mit dem Übereinkommen übermittelten Informationen über die in Art. 7 festgelegten Datenschutzbestimmungen hinausgehend zu schützen. Diese Sicherstellung der Vertraulichkeit ist in Hinblick auf die besondere Schutzwürdigkeit von Personen in Zeugenschutzprogrammen notwendig.

[In Österreich ist dieser Schutz von Informationen durch das Bundesgesetz über die Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur sicheren Verwendung von Informationen (BGBl 2002/23 idgF) die Verordnung der Bundesregierung über die Informationssicherheit (BGBl II 548/2003 idgF) sichergestellt.]

Zu Artikel 9

Eine Ordre Public-Klausel wie Art. 9, findet sich in mehreren Polizeikooperationsverträgen, die Österreich geschlossen hat; z. B. in Art. 33 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten (BGBl. III Nr. 210/2005).

Zu Artikel 10

Die gesamte operative Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Rahmen des Übereinkommens erfolgt über nationalen Kontaktstellen, die gem. Art. 10 von den Vertragsparteien gegenüber dem Depositär gem. Art. 14 zu benennen sind. Aufgrund der besonderen Schutzwürdigkeit von Personen im Zeugenschutzprogramm verpflichten sich die Vertragsparteien, die nationalen Zeugenschutzeinheiten als nationale Kontaktstellen und als alleinige Ansprechstellen zu nennen.

Die nationale Zeugenschutzeinheit Österreichs ist im Bundeskriminalamt eingerichtet. Österreich wird daher bei der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde folgende Stelle gem. Art. 10 benennen:

                Bundesministerium für Inneres,

                Bundeskriminalamt

                Büro 5.4 – Zeugen- und qualifizierter Opferschutz

Zu Artikel 11

Im Rahmen der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit gilt das Prinzip, dass jede der Vertragsparteien, die ihr aus der Umsetzung und Anwendung eines Kooperationsvertrages entstehenden Kosten selbst trägt. Dieses Prinzip findet in Abs. 2 seine Anwendung. Da bei Zeugenschutzprogrammen hohe Kosten für den Schutz und den Unterhalt der zu schützenden Personen anfallen, wird in Art. 11 Abs. 1 für Fälle der Übersiedlung eine vom grundsätzlichen Prinzip der Kostentragung abweichende Regelung getroffen. Danach trägt die ersuchende Partei die Kosten für den Unterhalt, die gesellschaftliche (ev. auch soziale und berufliche) Integration und die ersuchte Partei die Kosten für den Schutz, d.h. den Sach- und Personalaufwand.

Gemäß Abs. 3 können die Vertragspartei für den Einzelfall abweichende Regelungen zur Kostentragung vereinbaren und diese im Dokument gem. Art. 3 festhalten.

Zu Artikel 12

In Abs. 1 werden die Beziehungen zwischen dem vorliegenden Übereinkommen und Verpflichtungen der Vertragsparteien gegenüber der EU in einer Form geregelt, die den Vorrang des bestehenden und zukünftigen EU-Rechts gegenüber dem Übereinkommen klar zum Ausdruck bringt. In Bezug auf bestehendes EU-Recht ist das Übereinkommen eine rechtlich zulässige Ergänzung bestehender EU-Rechtsinstrumente, i.S. des Art. 23 Abs. 2 lit. b des Prümer Beschlusses.

In Abs. 2 werden die Beziehungen zwischen dem vorliegenden Übereinkommen und sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen der Vertragsparteien in einer in internationalen Übereinkommen üblichen Weise geregelt. Österreich hat mit allen unterzeichnenden Staaten Verträge über die polizeiliche Zusammenarbeit abgeschlossen.

Zu Artikel 13

Diese Bestimmung sieht einen Mechanismus zur gemeinsamen Evaluierung und Weiterentwicklung des Übereinkommens vor.

Zu Artikel 14

Wie bei multilateralen Verträgen üblich, fungiert eine der Vertragsparteien als Depositär. In den Absätzen 2 und 3 sind die Verpflichtungen des Depositärs, einschließlich der Registrierung des Übereinkommens beim Generalsekretariat der Vereinten Nationen enthalten.

Zu Artikel 15

Das Übereinkommen sieht in Abs. 1 vor, dass es bereits bei Abschluss der Ratifikation durch zwei Vertragsparteien für diese beiden Vertragsparteien in Kraft tritt. Für die weiteren Vertragsparteien tritt es jeweils nach der Hinterlegungen ihrer jeweiligen Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft.

Gemäß Abs. 2 hat der Depositär alle Vertragsparteien über das Inkrafttreten zu informieren.

Zu Artikel 16

Ein wesentliches Prinzip des Übereinkommens ist, dass es allen Mitgliedstaaten der EU, den Schengen-assoziierten Staaten, das sind Island, Liechtenstein, die Schweiz und Norwegen, zum Beitritt offensteht.

Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Depositär und tritt mit gleicher Frist wie für die Unterzeichnungsstaaten in Kraft.

Zu Artikel 17

In den Abs. 1 – 3 wird festgelegt, dass das auf unbestimmte Zeit geschlossene Übereinkommen durch eine im diplomatischen Wege an den Depositär gerichtete Notifikation gekündigt werden kann, wobei die Kündigung binnen sechs Monaten nach Eingang der Notifikation wirksam wird.

Abs. 4 sieht in einer besonderen Bestimmung ein besonderes Verfahren vor, wie bei Kündigung des Übereinkommens durch eine der Vertragsparteien die laufende operative Zusammenarbeit mit anderen Vertragsparteien aufgelöst wird. Dieses Verfahren ist notwendig, um die Sicherheit von zu schützenden Zeugen nicht zu gefährden.