121 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über den Antrag 354/A(E) der Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung zu Bisphenol A

Die Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 27. März 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Bisphenol A (BPA) ist eine chemische Verbindung, die überwiegend in Kombination mit anderen chemischen Stoffen bei der Herstellung von Kunststoffen und Harzen zum Einsatz kommt. Es ist eine der meistproduzierten Industriechemikalien und wird zur Herstellung des Kunststoffs Polycarbonat eingesetzt. Man findet es in Verbundstoff-Verpackungen, mikrowellenfestem Geschirr, Milchtüten, Flaschen und Behältern für Lebensmittel und Getränke sowie in Dosenbeschichtungen, außerdem in Kunstglas, Zahnversiegelungen, Innenbeschichtungen von Wasserrohren u.v.a. BPA wurde mittlerweile in Oberflächengewässern, in der Luft, im Meerwasser, Trinkwasser aus Kunststofftanks und im menschlichen Körper (Blut, Urin, Fruchtwasser, Muttermilch, etc.) nachgewiesen. Sämtliche Gebrauchsartikel aus Kunststoff setzen BPA permanent frei. Die Menschen in den industrialisierten Staaten sind mittlerweile zu über 90 Prozent chronisch mit Bisphenol A belastet. Die längerfristigen Auswirkungen von BPA auf das Ökosystem und das Trinkwasser sind noch nicht bekannt.

Die omnipräsente Basis-Chemikalie stellt eine Gefahr für die Gesundheit dar, da sie hormonell wirksam ist. Eine Auswertung der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) über 450 Studien zu potenziellen Gesundheitsgefährdungen im Zusammenhang mit BPA kam zu dem Ergebnis, dass schädliche Wirkungen für Leber und Nieren sowie Auswirkungen auf die Brustdrüsen wahrscheinlich mit einer Exposition gegenüber dem chemischen Stoff in Verbindung stehen. Zusätzlich befasst sich das Gutachten mit möglichen Auswirkungen von BPA auf die Fortpflanzungsorgane, das Nerven-, Immun-, Stoffwechsel- und Herzkreislaufsystem sowie auf die Entwicklung von Krebs. Zahlreiche Studien dokumentieren auch Auswirkungen auf Fortpflanzungs- und Entwicklungsstörungen, bis hin zu irreparablen Hirnschäden. Auch die immer häufiger auftretende Fettleibigkeit wird mit Bisphenol A in Verbindung gebracht.

Die EU begegnet dieser Problematik mit Grenzwerten, die sich laut Kritikern am Risiko einer akuten Vergiftung orientieren. Einigen Mitgliedsstaaten war dies zu wenig, sie wurden selbst gemäß dem Vorsorgeprinzip mit nationalen Verboten aktiv, um Langzeitschäden mit Sicherheit ausschließen zu können. Frankreich hat die Absicht, BPA in allen Lebensmittelkontaktmaterialien ab 2015 zu verbieten; in Schweden und Belgien betrifft das Verbot die Verwendung von BPA in Lebensmittelverpackungsmaterialien für an Kinder gerichtete Produkte (Babyglasdeckel). Schweden, wie auch Dänemark planen langfristig ein generelles Verbot von BPA, arbeiten aber zunächst an einer wissenschaftlichen Aufbereitung des Themas. In Österreich gilt seit 2011 ein Verbot von BPA in Babyfläschchen, Zahnungshilfen und Schnuller.

Die Europäische Wirtschaft kritisierte die partiellen Verbote einzelner EU-Mitgliedsstaaten und wies darauf hin, dass der Einsatz von BPA ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Chemieindustrie darstelle. Konkret geht es um erhebliche Beeinträchtigungen am europäischen Binnenmarkt, Rechtsunsicherheiten betreffend Übergangsfristen und Kontrollmechanismen und fehlende Ersatzstoffe für Bisphenol A.

Die Erforschung von BPA-Substituten und deren gesundheitliche Auswirkungen stehen erst am Anfang. Eine erwähnenswerte Alternative nach aktuellem Wissensstand könnte eine Chemikalie namens Bisguaicacol-F darstellen, kurz BGF. Der darin enthaltene Holzbestandteil Lignin lieferte den Rohstoff für ihren BPA-Ersatz. Lignin lässt sich günstig und umweltfreundlich aus Holzabfällen gewinnen.

Die EFSA warnt vor den gesundheitlichen Risiken von BPA in Lebensmittelverpackungen. Die Behörde empfiehlt daher, die aktuelle tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI-Wert) von aktuell 50 µg/kg Körpergewicht pro Tag (bzw. 0,05 mg/kg Körpergewicht pro Tag) auf 5 µg/kg Körpergewicht pro Tag (0,005 mg/kg Körpergewicht pro Tag) herabzusetzen. Trotz der Warnung geht von Bisphenol A nach Auffassung der EFSA aber ein geringes Gesundheitsrisiko aus, das gelte auch für Föten, Säuglinge und Kleinkinder. Stellt sich die Frage, warum es dann ein EU-weites BPA-Verbot in Babyfläschchen gibt.

Wie groß die tägliche Aufnahmemenge von BPA tatsächlich ist, lässt sich schwer beurteilen, da man am Ende des Tages einen BPA-Cocktail aus mehreren Quellen zu sich genommen hat. In den Körper gelangt es sowohl über die Nahrung, als auch über die Haut. Es kann sogar mit dem Hausstaub über die Atmung in unseren Körper gelangen.

Der Handlungsbedarf gemäß Vorsorgeprinzip betreffend der gesundheitsgefährdeten Auswirkungen der Chemikalie Bisphenol A ist offensichtlich.“

 

Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 10. April 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Ulrike Weigerstorfer die Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Ing. Norbert Hofer, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Christiane Brunner.

Auf Antrag der Abgeordneten Mag. Karin Greiner beschloss der Ausschuss einstimmig der Präsidentin des Nationalrates die Zuweisung des gegenständlichen Entschließungsantrages an den Gesundheitsausschuss zu empfehlen.

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Karin Greiner gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2014 04 10

                             Mag. Karin Greiner                                                     Mag. Christiane Brunner

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau