Vorblatt

 

Ziel(e)

 

-       Steigerung der Effizienz des strafrechtlichen Verfahrens und Verkürzung der Verfahrensdauer

-       Klarstellung des Umgangs mit Daten aus einem strafrechtlichen Verfahren und Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für die staatsanwaltschaftliche Öffentlichkeitsarbeit während des Strafverfahrens

-       Verbesserung des Rechtsschutzes für den Beschuldigten und Schutz vor medialer Vorverurteilung durch Trennung zwischen "Verdacht" und "Beschuldigung".

-       Anpassung des Geschworenen- und Schöffengesetzes 1990 an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012

 

Inhalt

 

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

 

-       Änderungen der Bestimmungen im Bereich des Schöffenverfahrens, der Diversion, der Sicherstellung und Beschlagnahme, der Einziehung von Suchtgift, des Gebührenanspruchsgesetzes sowie Einführung eines neuen Mandatsverfahrens für Angeklagte auf Ebene des Bezirksgerichts und des Landesgerichts als Einzelrichter

-       Änderungen der Bestimmungen im Bereich der Amtshilfe und im Bereich des Staatsanwaltschaftsgesetzes

-       Eindeutige Abgrenzung des Begriffs des Beschuldigten von Personen, die ohne hinreichendes Substrat angezeigt werden, und damit Definition des zur Führung eines Ermittlungsverfahrens hinreichenden Anfangsverdachts; Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für das Zurücklegen einer Anzeige im Sinne des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens; Einführung einer Frist zur Vorlage von Anträgen auf Einstellung an das Gericht zur Stärkung der gerichtlichen Kontrolle, Einführung einer amtswegigen gerichtlichen Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens, Implementierung von Maßnahmen zur wirksamen Geltendmachung begründeter Zweifel an der Sachkunde eines Sachverständigen, Schaffung des Rechts, mit der Gegenäußerung zur Anklageschrift eine - zum Akt zu nehmende - Stellungnahme samt sachkundiger Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen ("Privatsachverständiger") vorzubringen und Gewährung eines selbständigen Fragerechts des Privatsachverständigen bei der Befragung des vom Gericht bestellten Sachverständigen, Erhöhung des Beitrags zu den Kosten der Verteidigung auf Niveau der Sätze des Pauschalkostenbeitrags sowie Recht auf Erhalt einer Begründung bei Einstellung des Ermittlungsverfahrens

-       Änderung des im Geschworenen. und Schöffengesetz 1990 vorgesehenen Instanzenzuges

 

Wesentliche Auswirkungen

Mit dem vorgeschlagenen Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014 sollen Maßnahmen vorgesehen werden, die dem Ausbau des Rechtsschutzes für den Beschuldigten, der Steigerung der Effizienz der Verfahrensführung, der Verkürzung der Verfahrensdauer, dem sensiblen Umgang mit Daten, die im Zuge des Strafverfahrens gesammelt wurden, sowie der Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für die Medienarbeit der Staatsanwaltschaften zur Befriedigung des öffentlichen Informationsbedürfnisses unter gleichzeitiger Wahrung der schutzwürdigen Interessen der Verfahrensbeteiligten dienen.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

Mit Mehrausgaben ist aufgrund der Anhebung der Höchstbeträge für den Ersatz von Verteidigungskosten zu rechnen. Die letzte Anpassung der in § 393a StPO vorgesehenen Höchstbeträge für den Ersatz von Verteidigungskosten erfolgte durch das Budgetbegleitgesetz 2005, BGBl I Nr. 136/2004, welcher eine Indexsteigerung von etwa 20,4% seit dem Jahr 1993 zu Grunde gelegt wurde. Andererseits wurden aber durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009 die Sätze des vom Verurteilten zu entrichtenden Pauschalkostenbeitrags in § 381 Abs. 3 StPO deutlich, nämlich im Durchschnitt um 115% erhöht.

Mit der vorgeschlagenen Erhöhung der oberen Grenzwerte sollen bei Verfahren von außergewöhnlichem Umfang deutlich einzelfallgerechtere Entscheidungen gefällt werden können, die eben in besonderen Verfahren auch mit entsprechend höheren Kostenbeiträgen einhergehen würden. Die Rechtsprechung sollte im Rahmen ihres Ermessens den größeren Spielraum entsprechend nützen, sodass der Ersatzbetrag bei der Mehrzahl der Fälle durchaus im unteren Drittel des Grenzwertes verbleiben könnte und nur bei besonderen Verfahren entsprechende Reserven für einen annähernd adäquaten Zuspruch vorhanden wären.

In Anbetracht der trotz erfolgter Erhöhung im Jahr 2005 insgesamt stagnierenden Ausgabenentwicklung im vergangenen Jahrzehnt und der ausdrücklichen Widmung der Höchstbeträge für außergewöhnliche Verfahren, ist letztlich nur mit einer moderaten Belastungssteigerung des Justizbudgets zu rechnen, die wohl nicht 1 : 1 mit der Erhöhung der Kostenersatzhöchstbeträge um (tw. über) 100% gleichgesetzt werden kann. Aus budgetärer Vorsicht wird bei der tabellarischen Aufstellung jedoch von dieser Berechnung ausgegangen.

 

Darüber hinaus werden jedoch keine finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt erwartet. Die Wiedereinführung des zweiten Berufsrichters für komplexe und schwierige schöffengerichtliche Verfahren wird zu einem personellen Mehrbedarf führen, dessen finanzielle Bedeckung jedoch durch die dadurch bewirkte effizientere Verhandlungsführung und auch die Einführung des Mandatsverfahrens (§ 491 StPO) ausgeglichen werden sollte.

Die Einführung einer Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens (§ 108a) wird zu einer kaum spürbaren Mehrbelastung führen, weil eine effiziente Verfahrensführung zur Verkürzung der Verfahrensdauer und damit auch einer Entlastung beitragen wird.

Aufgrund der Änderungen im GebAG können allenfalls Einsparungen erzielt werden, die jedoch kaum exakt abschätzbar sind; die Neuregelung sollte jedoch zu einem erhöhten Kostenbewusstsein führen und die in den letzten Jahren zu verzeichnenden Ausgabensteigerungen begrenzen.

Durch die weiteren Änderungen werden grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Haushalt erwartet (Unterscheidung von Verdächtigem und Beschuldigtem, Einführung von Maßnahmen zur wirksamen Geltendmachung begründeter Zweifel an der Sachkunde eines Sachverständigen, Attraktivierung des Tatausgleiches, Übermittlung von Daten im Wege der Amtshilfe, Frist für die Vorlage eines Einstellungsantrages nach § 108 StPO, Änderungen des JGG, SMG, GSchG und StAG).

Durch die Änderungen im Geschworenen- und Schöffengesetz 1990 soll jene Rechtslage umgesetzt werden, die bereits durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 geschaffen wurde.

 

Finanzierungshaushalt für die ersten fünf Jahre

in Tsd. €

2014

2015

2016

2017

2018

Nettofinanzierung Bund

‑1.679

‑1.679

‑1.679

‑1.679

‑1.679

 

Finanzielle Auswirkungen pro Maßnahme

 

Maßnahme

2014

2015

2016

2017

2018

Erhöhung des Pauschalbeitrages für Kosten der Verteidigung

1.679.000

1.679.000

1.679.000

1.679.000

1.679.000

 

In den weiteren Wirkungsdimensionen gemäß § 17 Abs. 1 BHG 2013 treten keine wesentlichen Auswirkungen auf.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine

 

Wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Suchtmittelgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Geschworenen- und Schöffengesetz 1990 und das Gebührenanspruchsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014)

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Justiz

Laufendes Finanzjahr:

2014

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2015

 

 

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

 

Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel "Gewährleistung der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens (durch Vorschläge zur Anpassung und Weiterentwicklung des Rechtssystems im Hinblick auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse)." der Untergliederung 13 Justiz bei.

 

Problemanalyse

 

Problemdefinition

Der Nationalrat hat die Bundesministerin für Justiz mit Entschließung betreffend Schlussfolgerungen aus den Beratungen des zur Vorbehandlung des Berichts der Bundesministerin für Justiz betreffend die Rechtspraxis des Ermittlungsverfahrens nach der Strafprozessreform auf Grund der Entschließung des Nationalrates vom 5. November 2009, 53/E XXIV. GP (III-272 d.B.) und des Antrags 150/A(E) der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung des Untersuchungsrichters eingesetzten Unterausschusses des Justizausschusses vom 5. Juli 2013, 333/E XXIV. GP, im Lichte der Ergebnisse der Anhörung von Experten zur Evaluation der Strafprozessreform aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich entsprechende gesetzliche Vorhaben zu unterbreiten, die notwendig sind, um das Reformwerk abzurunden und erkannte Mängel zu beseitigen. Das betrifft u.a. insbesondere folgende Bereiche:

- Eindeutige Abgrenzung des Begriffs des Beschuldigten von Personen, die ohne hinreichendes Substrat angezeigt werden, und damit Definition des zur Führung eines Ermittlungsverfahrens hinreichenden Anfangsverdachts;

- Gewährleistung eines effizienten Rechtsschutzes durch Ausbau der Instrumente des Einspruchs wegen Rechtsverletzung und des Antrags auf Einstellung sowie effektiver höchstgerichtlicher Grundrechtskontrolle;

- Verstärkung gerichtlicher Kontrolle gegenüber unangemessener Verfahrensdauer;

- Klarstellung der Objektivität und Unabhängigkeit von Sachverständigen sowie verstärkte Beteiligungsmöglichkeiten der Verteidigung im Bereich der Bestellung von Sachverständigen und der Kontrolle des Ergebnisses ihrer Tätigkeit;

- Neuregelung des Ersatzes der Verteidigungskosten unter Berücksichtigung der vermehrten Notwendigkeit einer Beiziehung von Verteidigern im Ermittlungsverfahren.

Der Entwurf dient der Umsetzung dieser Entschließung. Die weiteren Punkte der Entschließung werden im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs (ABl. L 294/2013, S. 1) und der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (ABl. L 317/2012, S. 57) umgesetzt werden, wobei die Umsetzung bis zum 27. November 2016 ("RL Rechtsbeistand") bzw. 16. November 2015 ("RL Opfer") zu erfolgen hat.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1.) Präzisierung des Zeitpunkts des Beginns des Strafverfahrens, Einführung des Begriffs "Anfangsverdacht" unter gleichzeitiger Einführung einer neuen Rolle des Verdächtigen.

2.) Einführung einer amtswegigen Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens durch den Einzelrichter des Landesgerichts im Ermittlungsverfahren.

3.) Wiedereinführung des zweiten Berufsrichters für komplexe und schwierige Schöffenverfahren.

4.) Erweiterte Einbindung des Beschuldigten in die Sachverständigenbestellung im Ermittlungsverfahren samt Ausbau des Rechtsschutzes bei möglicher Befangenheit oder Zweifeln an der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen.

5.) Deutliche Anhebung der für den Ersatz der Verteidigungskosten des freigesprochenen Angeklagten vorgesehenen Höchstbeträge.

6.) Einführung eines neuen Mandatsverfahrens.

7.) Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für staatsanwaltschaftliche Öffentlichkeitsarbeit während des Strafverfahrens.

8.) Verfahrensrechtliche Anreize für die Beendigung des Strafverfahrens durch Diversion.

9.) Ausbau des Datenschutzes bei der Übermittlung von im Ermittlungsverfahren gewonnen Daten an Gerichte und andere Behörden.

 

Nullszenario und allfällige Alternativen

1.) Ohne Präzisierung des Zeitpunkts des Beginns des Strafverfahrens durch Einführung des Begriffs "Anfangsverdacht" unter gleichzeitiger Unterscheidung zwischen verdächtigen und beschuldigten Personen würde der materielle Beschuldigtenbegriff, der dem Beschuldigten eigentlich zum Vorteil gereichen sollte, weil er unmittelbar in die Lage versetzt wird, von seinen Rechten auch Gebrauch zu machen, diesen weiterhin der öffentlichen Brandmarkung aussetzen. Ohne Definition des Anfangsverdachts als Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wäre die Phase der Ermittlungen bis zur Konkretisierung des Verdachts weiterhin mit einer "Beschuldigung" verbunden. Weiters würde eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für das Zurücklegen einer Anzeige im Sinne des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens weiterhin fehlen. Schließlich würde auch der Zielsetzung der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2013 (333/E XXIV. GP) nicht entsprochen werden.

2.) Ohne Einführung einer amtswegigen Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens durch den Einzelrichter des Landesgerichts im Ermittlungsverfahren wäre ein Beschuldigter, der sich jahrelangen Ermittlungen ausgesetzt sieht, weiterhin zur aktiven Einbringung eines Antrags auf Einstellung des Ermittlungsverfahrens gezwungen, wodurch er sich auch in Gefahr eines "Konflikts" mit der Staatsanwaltschaft und der Bestätigung des Tatverdachts durch das Gericht bringt. Im Übrigen würde auch hier der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2013 (333/E XXIV. GP) nicht Genüge getan.

3.) Ohne Wiedereinführung des zweiten Berufsrichters für komplexe und schwierige Schöffenverfahren bestünde auf diesem Gebiet weiterhin die überwiegend als unbefriedigend empfundene Situation, dass der Vorsitzende vor allem in der Verhandlungs- und Beratungssituation keine fachkundige Unterstützung fände und ein arbeitsteiliges Vorgehen von vornherein ausgeschlossen ist.

4.) Ohne erweiterte Einbindung des Beschuldigten in die Auswahl und Bestellung von Sachverständigen im Ermittlungsverfahren samt Ausbau des Rechtsschutzes bei möglicher Befangenheit oder Zweifeln an der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen würde die Diskussion rund um die Gewährleistung eines möglichst objektiven und unabhängigen Bestellungsvorgangs im Ermittlungsverfahren nicht abreißen und bliebe das Ziel Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2013 (333/E XXIV. GP, nämlich die Klarstellung der Objektivität und Unabhängigkeit der Sachverständigen samt verstärkter Beteiligungsmöglichkeit der Verteidigung inklusive Kontrolle der Ergebnisse ihrer Tätigkeit unerreicht..

5.) Ohne deutliche Anhebung der für den Ersatz der Verteidigungskosten des freigesprochenen Angeklagten vorgesehenen Höchstbeträge wäre der bei komplexen Verfahren als unbefriedigend kritisierte Zustand, wonach dem Gericht zu wenig Bemessungsspielraum nach oben eröffnet ist, perpetuiert und insbesondere eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zum vom Verurteilten maximal zu leistenden Pauschalkostenbeitrag fortgesetzt gegeben.

6.) Ohne Einführung eines neuen Mandatsverfahrens wäre im Bereich der Strafverfahren auf Ebene der Bezirksgerichte und der Einzelrichter des Landesgerichts, in welchen eine diversionelle Erledigung wegen der Schwere der Schuld oder mangels Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nicht möglich ist, die Sach- und Rechtslage aber eine beschleunigte Verfahrensabwicklung gestatten würde, die Durchführung einer zeit- und kostenintensiven öffentlichen Hauptverhandlung weiterhin obligatorisch.

7.) Ohne Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für staatsanwaltschaftliche Öffentlichkeitsarbeit während des Strafverfahrens bestünden fortgesetzt Konflikte mit der Wahrung des Amtsgeheimnisses und der Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens.

8.) Ohne verfahrensrechtliche Anreize für die Beendigung des Strafverfahrens durch Diversion, konkret durch Tatausgleich, würde dem Trend einer laufend geringeren Anwendung der Diversion in den vergangenen Jahren nicht wirksam begegnet werden.

9.) Bei Verzicht auf den Ausbau des Datenschutzes bei der Übermittlung von im Ermittlungsverfahren gewonnen Daten an Gerichte und andere Behörden wären die Vorgaben des VfGH, der mit Erkenntnis vom 1.10.2013, G 2/2013 die Bestimmung des § 140 Abs. 3 StPO wegen des Verstoßes gegen das Grundrecht auf Datenschutz mit Ablauf des 31.10.2014 als verfassungswidrig aufgehoben hat, nicht umgesetzt.

 

Interne Evaluierung

 

Zeitpunkt der internen Evaluierung: 2020

Evaluierungsunterlagen und -methode: Evaluierungsunterlagen und -methode: Evaluierungsunterlagen und -methode: Sammlung der Daten in der Verfahrensautomation Justiz (in der Folge kurz: VJ) über die Verwendung neuer Rechtsschutzinstrumente, über Ermittlungsverfahren von überlanger Verfahrensdauer, über die Anzahl erfolgreicher Tatausgleiche, über die Anwendung der Strafverfügung sowie der Erledigung "Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens" sowie über die Einsprüche gegen die Bestellung von Sachverständigen.

Buchhalterisch wären die Aufwendungen für die Beiträge zu den Kosten der Verteidigung zu evaluieren.

Schließlich wären die Neueinführung des Verdächtigen als Verfahrensbeteiligten, die teilweise Wiedereinführung des zweiten Berufsrichters in Schöffenverfahren und die damit erhoffte Effizienzsteigerung sowie die Erfahrungen mit der neuen Rechtsgrundlage für staatsanwaltschaftliche Medienarbeit sowie die Übermittlung von Daten an andere Behörden durch Interviews und qualitative sowie quantitative Erhebungen an Hand von Akten zu evaluieren.

 

Ziele

 

Ziel 1: Steigerung der Effizienz des strafrechtlichen Verfahrens und Verkürzung der Verfahrensdauer

 

Beschreibung des Ziels:

1. Effiziente und arbeitsteilige Abwicklung von komplexen schöffengerichtlichen Verfahren

2. Steigerung der Anzahl von Zuweisungen zum Tatausgleich und der Anwendung diversioneller Maßnahmen,

3. Verbesserung der Durchsetzung von Ansprüchen (privatbeteiligter) Opfer,

4. Verfahrensbeschleunigung im Bereich der Strafverfahren auf Ebene der Bezirksgerichte und der Einzelrichter des Landesgerichts, in welchen eine diversionelle Erledigung nicht möglich ist, die Sach- und Rechtslage aber eine rasche Verfahrensabwicklung gestatten würde,

5. Vermeidung der ressourcenintensiven Verwahrung großer Mengen von Suchtgift durch die Schaffung der Möglichkeit einer vorzeitigen Vernichtung,

6. Strengere Konsequenzen für Sachverständige bei der Nicht-Einhaltung von Fristen bei der Erfüllung von Gutachtensaufträgen.

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr 52/2009, wurde vor dem Hintergrund des Bemühens um bessere Verteilung und Auslastung der richterlichen Arbeitskapazität auf den berufsrichterlichen Beisitzer im Schöffenverfahren verzichtet. Diese Maßnahme wurde in der Praxis teils befürwortend, teils ablehnend aufgenommen. Während auf der einen Seite die Entlastung im Bereich finanzieller und personeller Ressourcen als positive Folge der Regelung betont wird, wird andererseits - so etwa auch im Schlussbericht der AG Strafprozess vom August 2013 - als Argument der Forderung nach einer Rückkehr des zweiten Berufsrichters ins Treffen geführt, dass bei Großverfahren oder sonst rechtlich oder tatsächlich komplexen Verfahren der Vorsitzende vor allem in der Beratungssituation Unterstützung fände und der zweite Berufsrichter kontrollierend und fehlervermeidend eingreifen könne.

Diese beiden Ansätze berücksichtigend soll der zweite Berufsrichter im Schöffenverfahren wieder eingeführt werden, wobei dies auch im Hinblick auf die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen aber nur jene Fälle umfassen soll, die durch ihre hohe Komplexität gekennzeichnet sind.

Steigerung der Effizienz von Hauptverhandlungen im Fall von besonders komplexen Verfahren durch die selektive Wiedereinführung des zweiten Berufsrichters. Dies soll im Wesentlichen eine Entlastung des die Hauptverhandlung führenden Vorsitzenden des Schöffengerichts durch die Arbeitsteilung bewirken und sich auch auf das Verfahrensergebnis auswirken (Verringerung von Feststellungsmängeln durch effizientere Verfahrensführung und damit auch reduzierter Aufwand im Rechtsmittelverfahren).

In den letzten Jahren konnte ein Rückgang des Tatausgleichs (TA) verzeichnet werden. Der TA entfaltet jedoch aufgrund der Auseinandersetzung des Täters mit dem Opfer eine kaum vergleichbare spezialpräventive Wirkung. Darüber hinaus ist der TA jene diversionelle Maßnahme, die die Interessen des Opfers am besten berücksichtigt. Maßnahmen zur Belebung des TA scheinen daher dringend geboten.

Bei Erhebung der Ursachen für den Rückgang wird von Praktikern immer wieder ins Treffen geführt, dass prozessual keine Möglichkeit eines vorläufigen Rücktritts besteht, was aufgrund des Erledigungsdrucks als negativ empfunden wird. Zu bemerken ist, dass prozessual ein vorläufiger Rücktritt u.a. bei den diversionellen Maßnahmen einer Probezeit (§ 203 StPO) und gemeinnützigen Leistungen (§ 201 StPO) sowie im Bereich des SMG (§§ 35, 37) besteht.

Weiters hat die Rechtsprechung (15 Ns 82/19t, 15 Ns 52/11g) im Bereich der gerichtlichen Zuständigkeiten (§ 37 StPO) zur Konnexität von vorläufig diversionell erledigten Verfahren eine vom Gesetzgeber nicht vorhergesehene Wendung genommen. Aufgrund dessen entsteht für die Praxis die unangenehme Folge, dass Verfahren, in denen von der Verfolgung vorläufig zurückgetreten wird (Probezeit, gemeinnützige Leistungen und Tatausgleich), konnex mit sämtlichen danach eingebrachten Strafanträgen sind. Die von der Rechtsprechung im Bereich der gerichtlichen Zuständigkeiten entwickelten Grundsätze wurden auf den staatsanwaltschaftlichen Bereich (§ 26 StPO) übertragen.

Zielzustand ist die vermehrte Zuweisung von Strafverfahren zum Tatausgleich sowie generell die Steigerung diversioneller Erledigungen und damit Verkürzung von Strafverfahren. Zur Erreichung dieses Zieles sieht der Entwurf auch für die Zuweisung zum Tatausgleich den vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung vor, wie dies auch bei anderen diversionellen Maßnahmen (gemeinnützige Leistungen und Probezeit) vorgesehen ist.

Der Entwurf sieht andererseits eine Lösung für das Problem vor, dass die Zuständigkeit des Zusammenhanges (§§ 26 Abs. 2 und 37 Abs. 2 StPO) nach vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung zur unerwünschten Verfahrenskonzentration führen, wodurch die Anwendung der Diversion ebenfalls zurückhaltend ausgeübt wird.

Eine Sicherstellung oder Beschlagnahme zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche ist auf Grund des Verweises auf § 367 StPO in § 110 Abs. 1 Z 2 StPO und § 115 Abs. 1 Z 2 StPO nur in Bezug auf dem Opfer gehörende körperliche Sachen zulässig und scheidet daher unter anderem bei Bankguthaben aus, auf die aus betrügerischen Handlungen stammende Geldbeträge überwiesen wurden (OLG Wien, 17 Bs 283/10g).

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll eine Sicherstellung oder Beschlagnahme zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche nicht nur in Bezug auf dem Opfer gehörende körperliche Sachen zulässig sein, wodurch die Durchsetzung von Ansprüchen (privatbeteiligter) Opfer effizienter gestaltet werden soll.

Gerade im Bereich der Kleinkriminalität, in dem einerseits mit Geldstrafen bzw. sehr geringen Freiheitsstrafen zu rechnen ist, die aber jedenfalls keiner Erledigung in Form einer Diversion zugänglich sind, bestehen derzeit keine Bestimmungen, die zu einer Effektuierung des Beschleunigungsgebot beitragen.

Auf der Ebene der Bezirksgerichte und der Einzelrichter des Landesgerichts bei Vergehen soll für jene Strafverfahren, in welchen eine diversionelle Erledigung wegen der Schwere der Schuld oder mangels Erfüllung der sonstigen gesetzlich geforderten Voraussetzungen nicht möglich ist, die Sach- und Rechtslage aber eine beschleunigte Verfahrensabwicklung gestatten würde, ein gänzlich neues Mandatsverfahren eingeführt werden, das rechtsstaatlichen Anforderungen genügt. Reicht das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Verbindung mit der Verantwortung des Beschuldigten zur Beurteilung aller für die Entscheidung maßgebenden Umstände durch das Gericht aus und findet das Gericht nur eine Geldstrafe oder eine ein Jahr nicht übersteigende, gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachzusehende Freiheitsstrafe zu verhängen, soll es künftig möglich sein, diese Strafe ressourcenschonend und rasch ohne vorausgehende Hauptverhandlung mittels Strafverfügung zu verhängen. Dem Gericht steht es jedoch frei, Angeklagten und Opfer neuerlich zu vernehmen, wenn dies zur Klärung der Voraussetzungen des Abs. 1 notwendig erscheint.

Die Sicherstellung größerer Mengen von Suchtmittel (z. B. von Hanfplantagen) und die daran anknüpfende Verwahrung ist mit enormem Aufwand verbunden. Neue Untersuchungsmethoden sehen die Gewinnung einer repräsentativen Querschnittsprobe für die qualitative und quantitative Suchtmitteluntersuchung durch einmalige Probenziehung vor Ort vor, die insbesondere den Aufwand für Sicherstellung und Verwahrung größerer Mengen von Cannabispflanzen entbehrlich macht. Eine Vernichtung ist nach der geltenden Rechtslage erst nach Rechtskraft des Urteils vorgesehen.

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll nun eine Möglichkeit zur vorzeitigen Einziehung von sichergestellten Suchtmitteln geschaffen werden, die es erlaubt, Cannabispflanzen, die nicht als repräsentative Probe gezogen wurden, möglichst rasch und direkt der Vernichtung zuzuführen, sodass es keiner Lagerung der - über die repräsentative Probe hinausgehenden - Cannabispflanzen bedarf.

Gegenwärtig besteht aufgrund der Regelung in § 25 Abs. 3 GebAG die Möglichkeit, nach richterlichem Ermessen die Gebühr des Sachverständigen im Fall von Verzögerungen bei der Erfüllung des Gutachtensauftrages um bis einem Viertel zu mindern, vorausgesetzt es trifft den Sachverständigen ein Verschulden.

Wie dem Prüfbericht des Rechnungshofs zum staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (Bund 2014/5) ersichtlich, ist in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Anstieg der Gesamtausgaben für Sachverständige im Bereich der Staatsanwaltschaften zu beobachten. Diese stiegen im überprüften Zeitraum bundesweit um rd. 280% von rd. 5,15 Mio. Euro (2008) auf rd. 19,57 Mio. Euro (2012) [aaO S. 254].

Der Anstieg dieser Kosten erklärt sich aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz zu einem wesentlichen Teil aus der Kompetenzverschiebung im Hinblick auf die Bestellung der Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaften ab 2008. Zum anderen hat die mit diesem Jahr schlagend gewordene Wirtschaftskrise zu einem Anstieg komplexer Großverfahren im Wirtschaftsstrafrecht geführt. So ergibt sich eine Ausgabenkonzentration in den Jahren ab 2010 insbesondere bei Sachverständigen aus dem Bereich der Fachgruppe Steuer- und Rechnungswesen. Schließlich ist auch - insbesondere im Bereich der medizinischen Sachverständigen - die am 1. Juli 2007 in Kraft getretene Zuschlagsverordnung zu BGBl. II Nr. 134/2007, mit der ein Zuschlag zu den im GebAG angeführten festen Beträgen im Ausmaß von 17% festgesetzt wurde, mit ein Grund für die Mehrausgaben durch die öffentliche Hand gerade im Strafrechtsbereich.

Ungeachtet dessen soll zur Gewährleistung der Einhaltung der in § 126 Abs. 2c StPO zum Ausdruck kommenden Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit das staatsanwaltschaftliche Vier-Augen-Prinzip auch in jenen Fällen gelten, in denen die Kostenschätzung des im Ermittlungsverfahren in Aussicht genommenen oder bereits bestellten Sachverständigen einen Betrag von 10 000 Euro übersteigt. Gleiches gilt für alle weiteren Erhöhungen des geschätzten Betrags auch in jenen Fällen, in denen unter Einhaltung der Revisionsbestimmungen die Betragsgrenze von 10 000 Euro bereits überschritten wurde.

Im Einklang damit soll durch die vorgeschlagene Änderung in § 25 Abs. 1a GebAG (Art. 5 Z 1) die in der Praxis vielfach hypertroph gehandhabte Entbindung des Sachverständigen von seiner Warnpflicht nicht mehr möglich sein. In Kombination mit dem vorgeschlagenen Vier-Augen-Prinzip wird damit ein effektives Mittel zur Kostenkontrolle im Ermittlungsverfahren entsprechend der Vorgaben des § 126 Abs. 2c StPO geschaffen.

Im Einklang mit dem Vorschlag zu § 5 Abs. 5 Staatsanwaltschaftsgesetz (Art. 4 Z 1) soll durch die vorgeschlagene Änderung die in der Praxis mitunter hypertroph gehandhabte Entbindung des Sachverständigen von seiner Warnpflicht künftig nicht mehr möglich sein. Für das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wird im Einklang mit dem vorgeschlagenen Vier-Augen-Prinzip damit ein effektives Mittel zur Kostenkontrolle entsprechend den Vorgaben des § 126 Abs. 2c StPO geschaffen. Gleichermaßen wird im Hauptverfahren sichergestellt, dass dem Sachverständigen nur ein Agieren innerhalb des richterlich überwachten Bereichs der von ihm erstatteten Kostenschätzung möglich ist.

 

Ziel 2: Klarstellung des Umgangs mit Daten aus einem strafrechtlichen Verfahren und Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für die staatsanwaltschaftliche Öffentlichkeitsarbeit während des Strafverfahrens

 

Beschreibung des Ziels:

Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für staatsanwaltschaftliche Öffentlichkeitsarbeit während des Strafverfahrens und Ausbau des Datenschutzes bei der Übermittlung von im Ermittlungsverfahren gewonnen Daten an Gerichte und andere Behörden

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Wie bereits der OGH in seinem Erkenntnis vom 17. April 2013, Ds 2/13, ausgeführt hat, ist das Ermittlungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 zweiter Satz StPO zwar "nicht öffentlich", in seinem Ablauf jedoch keineswegs "geheim". Es liegt im Interesse der Justiz, dem Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger sowie der Medien im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gerecht zu werden. Durch aktive Öffentlichkeitsarbeit soll das Verständnis der Öffentlichkeit für die Rechtspflege und das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz und in ihre Einrichtungen gestärkt werden. Sachliche Information über das Verfahren stellt sicher, dass die Medien ihrer von Art. 10 EMRK geschützten Rolle als "public watchdog" gerecht werden können.

Derzeit besteht keine klare Rechtsgrundlage, auf Basis derer eine staatsanwaltschaftliche Öffentlichkeitsarbeit während des Strafverfahrens vorgesehen ist.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaften im Ermittlungs-, Haupt- und Rechtsmittelverfahren soll auf einer klaren gesetzlichen Grundlage vorgenommen werden können, die auch das Informationsbedürfnis der Medien über Strafverfahren von öffentlicher Bedeutung berücksichtigt.

Mit Erkenntnis vom 1.10.2013, G 2/2013, hat der VfGH die Bestimmung des § 140 Abs. 3 StPO (Verwendung von Daten aus molekulargenetischen Untersuchungen in anderen Verfahren) wegen des Verstoßes gegen das Grundrecht auf Datenschutz mit Ablauf des 31.10.2014 als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Übermittlung von Daten, die in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gewonnen wurden, soll in eingeschränktem Umfang im Wege der Amtshilfe für andere behördliche Verfahren ermöglicht werden.

In Anlehnung an die vergleichbaren Bestimmungen der §§ 57 Abs. 3; 58b Abs. 2, 58c Abs. 1 und 2, 58d Abs. 2 und 71 SPG soll eine Übermittlung von Daten an Behörden und Gerichten, die durch grundrechtsinvasive Eingriffe ermittelt wurden, nur für exakt festgelegte Zwecke möglich sein soll.

 

Ziel 3: Verbesserung des Rechtsschutzes für den Beschuldigten und Schutz vor medialer Vorverurteilung durch Trennung zwischen "Verdacht" und "Beschuldigung".

 

Beschreibung des Ziels:

Durch die folgenden Änderungen im Strafverfahrensrecht soll der Rechtsschutz für den Beschuldigten erhöht werden:

1. Eindeutige Abgrenzung des Begriffs des Beschuldigten von Personen, die ohne hinreichendes Substrat angezeigt werden, und damit Definition des zur Führung eines Ermittlungsverfahrens hinreichenden Anfangsverdachts; Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für das Zurücklegen einer Anzeige im Sinne des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens,

2. Ermöglichung rascher gerichtlicher Kontrolle bei Anträgen auf Einstellung,

3. Amtswegige gerichtliche Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens,

4. Im Ermittlungsverfahren die wirksame Geltendmachung begründeter Zweifel an der Sachkunde eines Sachverständigen, bei einer sich auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen stützenden Anklageschrift das Recht, der Gegenäußerung eine - zum Akt zu nehmende - Stellungnahme samt sachkundiger Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen vorzubringen sowie ein selbständiges Fragerecht der beigezogenen Person mit besonderem Fachwissen bei der Befragung des Sachverständigen,

5. Erhöhung des Beitrags zu den Kosten der Verteidigung auf Niveau der Sätze des Pauschalkostenbeitrags,

6. Recht auf Erhalt einer Begründung bei Einstellung des Ermittlungsverfahrens.

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Der materielle Beschuldigtenbegriff, der dem Beschuldigten eigentlich zum Vorteil gereichen sollte, weil er unmittelbar in die Lage versetzt wird, von seinen Rechten auch Gebrauch zu machen, führt momentan rasch zur öffentlichen Brandmarkung, wobei die Phase der Ermittlungen bis zur Konkretisierung des Verdachts terminologisch mit einer "Beschuldigung" verbunden ist.

Mit der Definition des Anfangsverdachts als Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und der Schaffung einer ausdrücklichen gesetzliche Grundlage, die im Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG) verankert werden soll, für das Zurücklegen einer Anzeige im Sinne des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wird der Zielsetzung der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2013 (333/E XXIV. GP) entsprochen. Dabei wird auch deutlich gemacht, dass gegen diese Art der Erledigung (Verweigerung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens) kein Antrag auf Fortführung zulässig ist (§ 35c StAG). In § 91 Abs. 2 StPO soll klargestellt werden, dass die bloße Nutzung allgemein zugänglicher Informationsquellen, worunter solche zu verstehen sind, die nicht ausschließlich den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stehen, kein Ermitteln iSd StPO darstellt. Nach geltendem Recht kann eine solche Recherche bereits als "ermitteln" ausgelegt werden, was die Zurücklegung der Anzeige verhindert und eine förmliche Einstellung herausfordert.

Künftig soll auch gegenüber der Öffentlichkeit unmissverständlich klargestellt werden, wenn Ermittlungen zur erst zur Konkretisierung einer "vagen" Verdachtslage geführt werden. Durch die Aufnahme des Begriffs des "Verdächtigen" in die Bestimmung des § 48 Abs. 2 StPO soll ferner gewährleistet werden, dass auch einem Verdächtigen dieselben prozessualen Rechte wie einem Beschuldigten zukommen. Da es für die Wahrnehmung der prozessualen Rechte nun nicht mehr auf das Vorhandensein eines konkreten Verdachts ankommt, ist die Rechtsposition des Betroffenen in jenem Stadium der Ermittlungen, in welchem auf Grund eines Anfangsverdachts im Sinne des nunmehrigen § 1 Abs. 3 StPO Ermittlungen zur Feststellung, ob dieser als Täter überhaupt konkret in Betracht kommt (beispielsweise Hausbefragungen, Fahrzeug- oder Alibiüberprüfungen oder eine Befragung zur Identität), geführt werden, wesentlich gestärkt. Diese Abgrenzung wird es aber auch ermöglichen, im Fall eines Anfangsverdachts gegen Mitglieder allgemeiner Vertretungskörper, die Verdachtslage soweit zu konkretisieren, dass ein allfälliges Ersuchen um Auslieferung nicht bereits im Fall einer vagen Verdachtslage zu stellen ist; zulässig soll es z. B. sein, Erkundigungen durchzuführen, was mitunter ausreicht, um den Tatverdacht auszuräumen.

Weiters soll klargestellt werden, dass sich diese Unterscheidung zwischen Anfangsverdacht und konkreter Beschuldigung auch darin niederschlägt, dass das Ermittlungsverfahren solange gegen unbekannte Täter oder die verdächtige Person zu führen ist, als nicht eine Person auf Grund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben (§ 48 Abs. 1 Z 2); danach wird es als Ermittlungsverfahren gegen diese Person als Beschuldigten geführt.

Künftig soll gegebenenfalls auch schon durch jedermann zugängliche oder behördeninterner Informationsquellen (Internet, Grundbuch, Firmenbuch, Telefonbuch, etc.) bzw. nach Durchführung von Erkundigungen dargetan werden können, dass Behauptungen in Anzeigen nicht zutreffen und somit ein Grund für die Verweigerung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht (dazu Art. 4 Z 8 des Entwurfs).

Nach geltendem Recht hat die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Einstellung - wenn sie das Ermittlungsverfahrens nicht einzustellen gedenkt - zwar unter Beachtung des allgemeinen Beschleunigungsgebots im Strafverfahren mit einer allfälligen Stellungnahme an das Gericht weiterzuleiten, eine konkrete Frist für die Einstellung oder Weiterleitung (samt Stellungnahme) ist im Gesetz jedoch nicht vorgesehen.

Zielzustand ist, dass die Staatsanwaltschaft - gleich wie beim Einspruch wegen Rechtsverletzung - längstens binnen vier Wochen entweder das Ermittlungsverfahren einzustellen oder den Antrag auf Einstellung samt einer allfälligen Stellungnahme dem Gericht weiterleitet, wodurch eine rasche gerichtliche Kontrolle ermöglicht wird.

Ein Beschuldigter, der sich jahrelangen Ermittlungen ausgesetzt sieht, trägt eine besondere Belastung. Er kann zwar einen Antrag auf Einstellung des Ermittlungsverfahrens stellen, doch begibt er sich dadurch auch in Gefahr eines "Konflikts" mit der Staatsanwaltschaft und der Bestätigung des Tatverdachts durch das Gericht

In Anlehnung an die Regelung der Höchstdauer der Untersuchungshaft soll auch für die Dauer des Ermittlungsverfahrens ab der ersten gegen einen Verdächtigen (Beschuldigten) gerichteten Ermittlung eine Höchstfrist eingeführt werden, vor deren Ablauf die Staatsanwaltschaft das Gericht mit den Gründen für die Dauer des Ermittlungsverfahrens zu befassen hat. Dadurch soll eine umfassende Kontrolle der Effizienz der staatsanwaltschaftlichen Leitung des Ermittlungsverfahrens und eine frühzeitige Objektivierung der Dauer des Ermittlungsverfahrens gewährleistet werden. Präventiv soll sich die Regelung insoweit auswirken, als Staatsanwaltschaften bestrebt sein werden, das Ermittlungsverfahren vor Ablauf dieser Frist zu beenden, um den erhöhten Begründungsaufwand zu vermeiden.

Vor allem in der Praxis komplexer Großverfahren im Bereich des Wirtschafts- und Korruptionsstrafrechts zeigt sich eine stärker werdende Tendenz, den im Ermittlungsverfahren bestellten Sachverständigen im Fall seiner Bestellung zum Sachverständigen auch für das Hauptverfahren abzulehnen.

Zwar steht es des Verteidiger bereits derzeit frei, eine schriftliche Gegenäußerung zur Anklageschrift einzubringen, aber selbst wenn sich diese auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen stützt, besteht kein Recht, dass eine Stellungnahme samt sachkundiger Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen auch zum Akt genommen wird.

Nach geltendem Recht kann der Angeklagte zwar eine Person mit besonderem Fachwissen beiziehen, um den Verteidiger bei der Fragestellung zu unterstützen, ohne jedoch selbst Fragen an den Sachverständigen richten zu dürfen.

Im Sinne eines fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK sollte dem Beschuldigten ein höherer Einfluss auf den Bestellungsvorgang eingeräumt werden. In Erweiterung der derzeitigen Rechtsschutzmöglichkeiten soll dem Beschuldigten das subjektive Recht zukommen, binnen 14 Tagen ab Kenntnis eines Befangenheitsgrundes oder begründeter Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen einen Antrag auf dessen Enthebung zu stellen und gegebenenfalls auch eine bestimmte andere Person zur Bestellung vorzuschlagen. Im Fall, dass die Staatsanwaltschaft die von ihm vorgeschlagene Person nicht zum Sachverständigen bestellt, soll der Beschuldigte das Recht haben, unabhängig von den Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 letzter Satz StPO Einspruch wegen Rechtsverletzung an das Gericht zu erheben.

Weiters soll ausdrücklich im Gesetz zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Beschuldigten die Möglichkeit zukommt, einer Gegenäußerung zu einer sich auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen stützenden Anklageschrift eine Stellungnahme samt sachkundiger Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen zur Begründung eines Beweisantrags anzuschließen, wodurch diese auch zum Inhalt des Aktes werden soll.

Schließlich soll einer vom Verteidiger beigezogenen Person mit besonderem Fachwissen die Berechtigung zukommen, selbst Fragen zu Befund und Gutachten an den Sachverständigen richten zu dürfen.

Die letzte Anpassung der in § 393a StPO vorgesehenen Höchstbeträge für den Ersatz von Verteidigungskosten erfolgte durch das Budgetbegleitgesetz 2005, BGBl I Nr. 136/2004, welcher eine Indexsteigerung von etwa 20,4% seit dem Jahr 1993 zu Grunde gelegt wurde. Andererseits wurden aber durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009 die Sätze des vom Verurteilten zu entrichtenden Pauschalkostenbeitrags in § 381 Abs. 3 StPO deutlich erhöht.

Durch die nunmehrige Anpassung soll der bei Freispruch zu leistenden Pauschalbeitrags zu den Kosten der Verteidigung deutlich erhöht und an die Sätze des vom Verurteilten zu entrichtenden Pauschalkostenbeitrags angeglichen werden.

Die Staatsanwaltschaft hat die zur Fortführung berechtigten Personen (§ 195 Abs. 1 StPO) von der Einstellung (und Fortführung) des Verfahrens zu verständigen, wobei - anders als bei der Verständigung des Rechtsschutzbeauftragen - die Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung zugrunde liegen, nicht einmal in gedrängter Darstellung anzuführen sind, sondern lediglich auszuführen ist, aus welchem Grund (§§ 190 bis 192 StPO, gegebenenfalls unter Vorbehalt späterer Verfolgung nach § 192 Abs. 2 StPO) eingestellt wurde. Lediglich im grundsätzlich nicht der Einsicht unterliegenden Tagebuch sind die Gründe für die Einstellung einzutragen (§§ 34 Abs. 2, 35 StAG). Während das Opfer jedoch das Recht hat, eine solche Begründung zu verlangen (§ 194 Abs. 2 StPO), kommt eine solche Berechtigung dem Beschuldigten nicht zu. Dieser hat daher keine Möglichkeit, jene Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung seines Verfahrens zugrunde gelegt wurden, zu erfahren.

Durch die Änderung des § 194 Abs. 2 StPO soll auch dem Verdächtigem bzw. Beschuldigten das Recht eingeräumt werden, eine Begründung zu verlangen, in der jene Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung zugrunde gelegt wurden, in gedrängter Darstellung anzuführen sind, weil auch dem (nunmehr) Verdächtigen bzw. Beschuldigten auf Grund dessen unmittelbarer Betroffenheit im Verfahren ein Interesse an der Kenntniserlangung der für die Einstellung maßgeblichen Gründe zuzubilligen ist.

 

Ziel 4: Anpassung des Geschworenen- und Schöffengesetzes 1990 an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Der derzeit in §§ 9, 10 und 12 vorgesehene Instanzenzug des GSchG 1990 gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörden nach § 9 Abs. 1 GSchG 1990 beruht noch auf der Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, durch welche jedoch diesem derogiert wurde. Aufgrund dessen kann gegen den Bescheid nach dem GSchG 1990 nicht mehr das Rechtsmittel der Berufung im administrativen Instanzenzug erhoben werden; vielmehr ist eine Beschwerde einzubringen, über die von den Verwaltungsgerichten des betroffenen Bundeslandes zu entscheiden ist.

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen lediglich die Bestimmungen des GSchG 1990 an die nunmehr geltende Rechtslage anpassen.

 

Maßnahmen

 

Maßnahme 1: Änderungen der Bestimmungen im Bereich des Schöffenverfahrens, der Diversion, der Sicherstellung und Beschlagnahme, der Einziehung von Suchtgift, des Gebührenanspruchsgesetzes sowie Einführung eines neuen Mandatsverfahrens für Angeklagte auf Ebene des Bezirksgerichts und des Landesgerichts als Einzelrichter

Beschreibung der Maßnahme:

Durch die folgenden Änderungen im Strafverfahrensrecht soll die Effizienz gesteigert und die Verfahrensdauer verkürzt werden:

1. Beiziehung eines zweiten Berufsrichters im schöffengerichtlichen Verfahren in den im Gesetz taxativ angeführten Fällen

2. Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Tatausgleiches und anderer diversioneller Maßnahmen

3. Verbesserung der Durchsetzung von Ansprüchen (privatbeteiligter) Opfer

4. Verfahrensbeschleunigung im Bereich der Strafverfahren auf Ebene der Bezirksgerichte und der Einzelrichter des Landesgerichts, in welchen eine diversionelle Erledigung nicht möglich ist, die Sach- und Rechtslage aber eine rasche Verfahrensabwicklung gestatten würde

5. Zeitnahe Vernichtung von nicht als Beweismittel benötigtem Suchtgift

6. Obligatorische Kürzung von Sachverständigengebühren im Fall der verschuldeten nicht fristgerechten Erfüllung des Gutachtensauftrages.

 

Umsetzung von Ziel 1

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, wurde vor dem Hintergrund des Bemühens um bessere Verteilung und Auslastung der richterlichen Arbeitskapazität auf den berufsrichterlichen Beisitzer im Schöffenverfahren verzichtet. Diese Maßnahme wurde in der Praxis teils befürwortend, teils ablehnend aufgenommen. Während auf der einen Seite die Entlastung im Bereich finanzieller und personeller Ressourcen als positive Folge der Regelung betont wird, wird andererseits - so etwa auch im Schlussbericht der AG Strafprozess vom August 2013 - als Argument der Forderung nach einer Rückkehr des zweiten Berufsrichters ins Treffen geführt, dass bei Großverfahren oder sonst rechtlich oder tatsächlich komplexen Verfahren der Vorsitzende vor allem in der Beratungssituation Unterstützung fände und der zweite Berufsrichter kontrollierend und fehlervermeidend eingreifen könne.

Diese beiden Ansätze berücksichtigend soll der zweite Berufsrichter im Schöffenverfahren wieder eingeführt werden, wobei dies auch im Hinblick auf die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen aber nur jene Fälle umfassen soll, die durch ihre hohe Komplexität gekennzeichnet sind.

Steigerung der Effizienz von Hauptverhandlungen im Fall von besonders komplexen Verfahren durch die Wiedereinführung des zweiten Berufsrichters für komplexe und schwierige Verfahren. Dies soll im Wesentlichen eine Entlastung des die Hauptverhandlung führenden Vorsitzenden des Schöffengerichts durch die Arbeitsteilung bewirken.

In den letzten Jahren konnte ein Rückgang des Tatausgleichs (TA) verzeichnet werden. Der TA entfaltet jedoch aufgrund der Auseinandersetzung des Täters mit dem Opfer eine kaum vergleichbare spezialpräventive Wirkung. Darüber hinaus ist der TA jene diversionelle Maßnahme, die die Interessen des Opfers am besten berücksichtigt. Maßnahmen zur Belebung des TA scheinen daher dringend geboten.

Bei Erhebung der Ursachen für den Rückgang wird von Praktikern immer wieder ins Treffen geführt, dass prozessual keine Möglichkeit eines vorläufigen Rücktritts besteht, was aufgrund des Erledigungsdrucks als negativ empfunden wird. Zu bemerken ist, dass prozessual ein vorläufiger Rücktritt u.a. bei den diversionellen Maßnahmen einer Probezeit (§ 203 StPO) und gemeinnützigen Leistungen (§ 201 StPO) sowie im Bereich des SMG (§§ 35, 37) besteht.

Weiters hat die Rechtsprechung (15 Ns 82/19t, 15 Ns 52/11g) im Bereich der gerichtlichen Zuständigkeiten (§ 37 StPO) zur Konnexität von vorläufig diversionell erledigten Verfahren eine vom Gesetzgeber nicht vorhergesehene Wendung genommen. Aufgrund dessen entsteht für die Praxis die unangenehme Folge, dass Verfahren, in denen von der Verfolgung vorläufig zurückgetreten wird (Probezeit, gemeinnützige Leistungen und Tatausgleich), konnex mit sämtlichen danach eingebrachten Strafanträgen sind. Die von der Rechtsprechung im Bereich der gerichtlichen Zuständigkeiten entwickelten Grundsätze wurden auf den staatsanwaltschaftlichen Bereich (§ 26 StPO) übertragen.

Zielzustand ist die vermehrte Zuweisung von Strafverfahren zum Tatausgleich sowie generell die Steigerung diversioneller Erledigungen und dadurch Verkürzung von Strafverfahren. Zur Erreichung dieses Zieles sieht der Entwurf einerseits den vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung auch im Fall der Zuweisung des Verfahrens an en Konfliktregler vor.

Der Entwurf sieht andererseits eine Begrenzung der Zuständigkeit des Zusammenhangs für Verfahren im Stadium des vorläufigen Rücktritts und damit eine Vermeidung von nicht sinnvollen Abtretungen vor (§§ 26 Abs. 2 und 37 Abs. 2 StPO).

Eine Sicherstellung oder Beschlagnahme zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche ist auf Grund des Verweises auf § 367 StPO in § 110 Abs. 1 Z 2 StPO und § 115 Abs. 1 Z 2 StPO nur in Bezug auf dem Opfer gehörende körperliche Sachen zulässig und scheidet daher unter anderem bei Bankguthaben aus, auf die aus betrügerischen Handlungen stammende Geldbeträge überwiesen wurden (OLG Wien, 17 Bs 283/10g).

Mit der vorgeschlagenen Änderung eine Sicherstellung oder Beschlagnahme zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche nicht nur in Bezug auf dem Opfer gehörende körperliche Sachen zulässig ist, wodurch die Durchsetzung von Ansprüchen (privatbeteiligter) Opfer effizienter gestaltet werden soll.

Gerade im Bereich der Kleinkriminalität, in dem einerseits mit Geldstrafen bzw. sehr geringen Freiheitsstrafen zu rechnen ist, die aber jedenfalls keiner Erledigung in Form einer Diversion zugänglich sind, bestehen derzeit keine Bestimmungen, die zu einer Effektuierung des Beschleunigungsgebot beitragen.

Auf der Ebene der Bezirksgerichte und der Einzelrichter des Landesgerichts bei Vergehen soll für jene Strafverfahren, in welchen eine diversionelle Erledigung wegen der Schwere der Schuld oder mangels Erfüllung der sonstigen gesetzlich geforderten Voraussetzungen nicht möglich ist, die Sach- und Rechtslage aber eine beschleunigte Verfahrensabwicklung gestatten würde, ein gänzlich neues Mandatsverfahren eingeführt werden, das rechtsstaatlichen Anforderungen umfänglich genügt. Reicht das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Verbindung mit der Verantwortung des Beschuldigten zur Beurteilung aller für die Entscheidung maßgebenden Umstände durch das Gericht aus und findet das Gericht nur eine Geldstrafe oder eine ein Jahr nicht übersteigende, gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachzusehende Freiheitsstrafe zu verhängen, soll es künftig möglich sein, diese Strafe ressourcenschonend und rasch ohne vorausgehende Hauptverhandlung mittels Strafverfügung zu verhängen. Dem Gericht steht es jedoch frei, Angeklagten und Opfer neuerlich zu vernehmen, wenn dies zur Klärung der Voraussetzungen des Abs. 1 notwendig erscheint.

Die Sicherstellung größerer Mengen von Suchtmittel (z. B. von Hanfplantagen) und die daran anknüpfende Verwahrung ist mit enormem Aufwand verbunden. Neue Untersuchungsmethoden sehen die Gewinnung einer repräsentativen Querschnittsprobe für die qualitative und quantitative Suchtmitteluntersuchung durch einmalige Probenziehung vor Ort vor, die insbesondere den Aufwand für Sicherstellung und Verwahrung größerer Mengen von Cannabispflanzen entbehrlich macht. Eine Vernichtung ist nach der geltenden Rechtslage erst nach Rechtskraft des Urteils vorgesehen.

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll eine Möglichkeit zur vorzeitigen Einziehung von sichergestellten Suchtmitteln geschaffen werden, die es erlaubt, Cannabispflanzen, die nicht als repräsentative Probe gezogen wurden, möglichst rasch und direkt der Vernichtung zuzuführen, sodass es keiner Lagerung der - über die repräsentative Probe hinausgehenden - Cannabispflanzen bedarf.

Gegenwärtig besteht aufgrund der Regelung in § 25 Abs. 3 GebAG die Möglichkeit, nach richterlichem Ermessen die Gebühr des Sachverständigen im Fall von Verzögerungen bei der Erfüllung des Gutachtensauftrages um bis einem Viertel zu mindern, vorausgesetzt es trifft den Sachverständigen ein Verschulden.

Wie dem Prüfbericht des Rechnungshofs zum staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (Bund 2014/5) ersichtlich, ist in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Anstieg der Gesamtausgaben für Sachverständige im Bereich der Staatsanwaltschaften zu beobachten. Diese stiegen im überprüften Zeitraum bundesweit um rd. 280% von rd. 5,15 Mio. Euro (2008) auf rd. 19,57 Mio. Euro (2012) [aaO S. 254].

Der Anstieg dieser Kosten erklärt sich aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz zu einem wesentlichen Teil aus der Kompetenzverschiebung im Hinblick auf die Bestellung der Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaften ab 2008. Zum anderen hat die mit diesem Jahr schlagend gewordene Wirtschaftskrise zu einem Anstieg komplexer Großverfahren im Wirtschaftsstrafrecht geführt. So ergibt sich eine Ausgabenkonzentration in den Jahren ab 2010 insbesondere bei Sachverständigen aus dem Bereich der Fachgruppe Steuer- und Rechnungswesen. Schließlich ist auch - insbesondere im Bereich der medizinischen Sachverständigen - die am 1. Juli 2007 in Kraft getretene Zuschlagsverordnung zu BGBl. II Nr. 134/2007, mit der ein Zuschlag zu den im GebAG angeführten festen Beträgen im Ausmaß von 17% festgesetzt wurde, mit ein Grund für die Mehrausgaben durch die öffentliche Hand gerade im Strafrechtsbereich.

Ungeachtet dessen soll zur Gewährleistung der Einhaltung der in § 126 Abs. 2c StPO zum Ausdruck kommenden Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit das staatsanwaltschaftliche Vier-Augen-Prinzip auch in jenen Fällen gelten, in denen die Kostenschätzung des im Ermittlungsverfahren in Aussicht genommenen oder bereits bestellten Sachverständigen einen Betrag von 10 000 Euro übersteigt. Gleiches gilt für alle weiteren Erhöhungen des geschätzten Betrags auch in jenen Fällen, in denen unter Einhaltung der Revisionsbestimmungen die Betragsgrenze von 10 000 Euro bereits überschritten wurde.

Im Einklang damit soll durch die vorgeschlagene Änderung in § 25 Abs. 1a GebAG (Art. 5 Z 1) die in der Praxis vielfach hypertroph gehandhabte Entbindung des Sachverständigen von seiner Warnpflicht nicht mehr möglich sein. In Kombination mit dem vorgeschlagenen Vier-Augen-Prinzip wird damit ein effektives Mittel zur Kostenkontrolle im Ermittlungsverfahren entsprechend der Vorgaben des § 126 Abs. 2c StPO geschaffen.

Im Einklang mit dem Vorschlag zu § 5 Abs. 5 Staatsanwaltschaftsgesetz (Art. 4 Z 1) soll durch die vorgeschlagene Änderung die in der Praxis mitunter hypertroph gehandhabte Entbindung des Sachverständigen von seiner Warnpflicht künftig nicht mehr möglich sein. Für das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wird im Einklang mit dem vorgeschlagenen Vier-Augen-Prinzip damit ein effektives Mittel zur Kostenkontrolle entsprechend den Vorgaben des § 126 Abs. 2c StPO geschaffen. Gleichermaßen wird im Hauptverfahren sichergestellt, dass dem Sachverständigen nur ein Agieren innerhalb des richterlich überwachten Bereichs der von ihm erstatteten Kostenschätzung möglich ist.

 

Maßnahme 2: Änderungen der Bestimmungen im Bereich der Amtshilfe und im Bereich des Staatsanwaltschaftsgesetzes

Beschreibung der Maßnahme:

Mit der vorgeschlagenen Bestimmung wird daher erstmals eine klare Rechtsgrundlage für die Medienarbeit der Staatsanwaltschaften im Ermittlungs-, Haupt- und Rechtsmittelverfahren geschaffen. Dabei wird klargestellt, dass es Aufgabe der Staatsanwaltschaften ist, die Medien (§ 1 MedienG) unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an sachlicher Information über für die Öffentlichkeit bedeutsame Ermittlungsverfahren im Wege der bei ihnen eingerichteten Medienstellen - die in der Geschäftsverteilung auszuweisen sind - zu informieren. Gleiches gilt für das Verhalten oder die Anträge der Staatsanwaltschaften im (anschließenden) Haupt- bzw. Rechtsmittelverfahren. Eine Information der Medien soll jedoch nur zulässig sein,

1. wenn durch ihren Zeitpunkt und Inhalt die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen, der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowie der Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) nicht verletzt werden und

2. dieser Information weder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen (§§ 1 Abs. 1, 8 und 9 DSG 2000), insbesondere die Interessen und Rechte der Opfer von Straftaten und ihr Anspruch auf staatlichen Schutz vor weiterer Beeinträchtigung sowie der Schutz vor Bekanntgabe der Identität nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 7 bis 7b MedienG und des Verbots der Veröffentlichung nach § 54 StPO entgegenstehen oder ihr Inhalt als verbotene Veröffentlichung im Sinne des § 301 StGB zu würdigen wäre und

3. der Zweck des Ermittlungsverfahrens nicht gefährdet wird.

 

Umsetzung von Ziel 2

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Wie bereits der OGH in seinem Erkenntnis vom 17. April 2013, Ds 2/13, ausgeführt hat, ist das Ermittlungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 zweiter Satz StPO zwar "nicht öffentlich", in seinem Ablauf jedoch keineswegs "geheim". Es liegt im Interesse der Justiz, dem Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger sowie der Medien im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gerecht zu werden. Durch aktive Öffentlichkeitsarbeit soll das Verständnis der Öffentlichkeit für die Rechtspflege und das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz und in ihre Einrichtungen gestärkt werden. Sachliche Information über das Verfahren stellt sicher, dass die Medien ihrer von Art. 10 EMRK geschützten Rolle als "public watchdog" gerecht werden können.

Derzeit besteht keine klare Rechtsgrundlage, auf Basis derer eine staatsanwaltschaftliche Öffentlichkeitsarbeit während des Strafverfahrens vorgesehen ist.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsanwaltschaften im Ermittlungs-, Haupt- und Rechtsmittelverfahren soll auf einer klaren gesetzlichen Grundlage durchgeführt werden.

Mit Erkenntnis vom 1.10.2013, G 2/2013, hat der VfGH die Bestimmung des § 140 Abs. 3 StPO (Verwendung von Daten aus molekulargenetischen Untersuchungen in anderen Verfahren) wegen des Verstoßes gegen das Grundrecht auf Datenschutz mit Ablauf des 31.10.2014 als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Übermittlung von Daten, die in strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gesammelt wurden, soll in eingeschränktem Umfang im Wege der Amtshilfe für andere behördliche Verfahren ermöglicht werden. In Anlehnung an die vergleichbaren Bestimmungen der §§ 57 Abs. 3; 58b Abs. 2, 58c Abs. 1 und 2, 58d Abs. 2 und 71 SPG soll eine Übermittlung von Daten, die durch grundrechtsinvasive Eingriffe ermittelt wurden, an Behörden und Gerichte nur für exakt festgelegte Zwecke zulässig sein.

 

Maßnahme 3: Eindeutige Abgrenzung des Begriffs des Beschuldigten von Personen, die ohne hinreichendes Substrat angezeigt werden, und damit Definition des zur Führung eines Ermittlungsverfahrens hinreichenden Anfangsverdachts; Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für das Zurücklegen einer Anzeige im Sinne des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens; Einführung einer Frist zur Vorlage von Anträgen auf Einstellung an das Gericht zur Stärkung der gerichtlichen Kontrolle, Einführung einer amtswegigen gerichtlichen Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens, Implementierung von Maßnahmen zur wirksamen Geltendmachung begründeter Zweifel an der Sachkunde eines Sachverständigen, Schaffung des Rechts, mit der Gegenäußerung zur Anklageschrift eine - zum Akt zu nehmende - Stellungnahme samt sachkundiger Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen ("Privatsachverständiger") vorzubringen und Gewährung eines selbständigen Fragerechts des Privatsachverständigen bei der Befragung des vom Gericht bestellten Sachverständigen, Erhöhung des Beitrags zu den Kosten der Verteidigung auf Niveau der Sätze des Pauschalkostenbeitrags sowie Recht auf Erhalt einer Begründung bei Einstellung des Ermittlungsverfahrens

Beschreibung der Maßnahme:

1) Eindeutige Abgrenzung des Begriffs des Beschuldigten von Personen, die ohne hinreichendes Substrat angezeigt werden, und damit Definition des zur Führung eines Ermittlungsverfahrens hinreichenden Anfangsverdachts; Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für das Zurücklegen einer Anzeige im Sinne des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens;

2) Durch die Änderung des § 108 Abs. 2 StPO soll der Staatsanwaltschaft - gleich wie beim Einspruch wegen Rechtsverletzung - eine vierwöchige Frist für die Vorlage eines Antrags auf Einstellung an das Gericht gesetzt werden.

3) Durch die Einführung der Bestimmung des § 108a StPO soll eine amtswegige gerichtliche Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens gewährleistet werden, welche lediglich dann vom Gericht verlängert werden kann, wenn dies wegen des besonderen Umfangs der Ermittlungen, der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen oder wegen der Vielzahl der Beteiligten des Verfahrens im Hinblick auf die Intensität des Tatverdachts unvermeidbar ist.

4) Das bestehende System soll dadurch verbessert werden, dass dem Beschuldigten im neu geschaffenen § 126 Abs. 5 StPO das Recht zustehen soll, nicht nur Einwände gegen die Person des gewählten Sachverständigen vorzubringen, sondern auch die Bestellung eines anderen Sachverständigen zu beantragen; die Staatsanwaltschaft soll zu begründen haben, warum sie dem Antrag nicht folgt. Durch die Änderung des § 222 Abs. 3 letzter Satz StPO soll klargestellt werden, dass in der Verteidigungsschrift ausdrücklich auf Befunde von Privatgutachten Bezug genommen und diese damit zum Akteninhalt gemacht werden. Außerdem soll gemäß dem geänderten § 249 Abs. 3 letzter Satz StPO dem Privatgutachter auch das Fragerecht zukommen.

5) In § 393a StPO sollen die vorgesehenen Höchstbeträge für den Ersatz von Verteidigungskosten erhöht werden.

6) Durch die Änderung des § 194 Abs. 2 StPO soll auch dem Verdächtigem bzw. Beschuldigten das Recht eingeräumt werden, eine Begründung zu verlangen, in der jene Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung zugrunde gelegt wurden, in gedrängter Darstellung anzuführen sind.

 

Umsetzung von Ziel 3

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Nach geltendem Recht hat die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Einstellung - wenn sie das Ermittlungsverfahrens nicht einzustellen gedenkt - zwar unter Beachtung des allgemeinen Beschleunigungsgebots im Strafverfahren mit einer allfälligen Stellungnahme an das Gericht weiterzuleiten, eine konkrete Frist für die Einstellung oder Weiterleitung (samt Stellungnahme) ist im Gesetz jedoch nicht vorgesehen.

Zielzustand ist, dass die Staatsanwaltschaft - gleich wie beim Einspruch wegen Rechtsverletzung - längstens binnen vier Wochen entweder das Ermittlungsverfahren einzustellen oder den Antrag auf Einstellung samt einer allfälligen Stellungnahme dem Gericht weiterleitet, wodurch eine rasche gerichtliche Kontrolle ermöglicht wird..

Ein Beschuldigter, der sich jahrelangen Ermittlungen ausgesetzt sieht, trägt eine besondere Belastung. Er kann zwar einen Antrag auf Einstellung des Ermittlungsverfahrens stellen, doch begibt er sich dadurch auch in Gefahr eines "Konflikts" mit der Staatsanwaltschaft und der Bestätigung des Tatverdachts durch das Gericht.

In Anlehnung an die Regelung der Höchstdauer der Untersuchungshaft soll auch für die Dauer des Ermittlungsverfahren ab der ersten gegen einen Verdächtigen (Beschuldigten) gerichteten Ermittlung eine Höchstfrist eingeführt werden, vor deren Ablauf die Staatsanwaltschaft das Gericht mit den Gründen für die Dauer des Ermittlungsverfahrens zu befassen hat. Dadurch soll eine umfassende Kontrolle der Effizienz der staatsanwaltschaftlichen Leitung des Ermittlungsverfahrens und eine frühzeitige Objektivierung der Dauer des Ermittlungsverfahrens gewährleistet werden. Außerdem soll die Bestimmung dazu dienen, die Staatsanwaltschaft zu zügiger und zielgerichteter Ermittlungstätigkeit sowie zur strengen Beachtung des Beschleunigungsgebots auch im Verkehr mit Kriminalpolizei, Sachverständigen und Dolmetschern anzuhalten.

Vor allem in der Praxis komplexer Großverfahren im Bereich des Wirtschafts- und Korruptionsstrafrechts zeigt sich eine stärker werdende Tendenz, den im Ermittlungsverfahren bestellten Sachverständigen im Fall seiner Bestellung zum Sachverständigen auch für das Hauptverfahren abzulehnen.

Zwar steht es des Verteidiger bereits derzeit frei eine schriftliche Gegenäußerung zur Anklageschrift einzubringen, aber selbst wenn sich diese auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen stützt, besteht kein Recht, dass eine Stellungnahme samt sachkundigen Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen auch zum Akt genommen wird.

Nach geltendem Recht kann der Angeklagte zwar eine Person mit besonderem Fachwissen beiziehen, um den Verteidiger bei der Fragestellung zu unterstützen, ohne jedoch selbst Fragen an den Sachverständigen richten zu dürfen.

Im Sinne eines fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK soll dem Beschuldigten ein verstärkter Einfluss auf den Bestellungsvorgang eingeräumt werden. In Erweiterung der derzeitigen Rechtsschutzmöglichkeiten soll dem Beschuldigten das subjektive Recht zukommen, binnen 14 Tagen ab Kenntnis eines Befangenheitsgrundes oder begründeter Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen einen Antrag auf dessen Enthebung zu stellen und gegebenenfalls auch eine bestimmte andere Person zur Bestellung vorzuschlagen. Im Fall, dass die Staatsanwaltschaft die von ihm vorgeschlagene Person nicht zum Sachverständigen bestellt, soll er das Recht haben, unabhängig von den Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 letzter Satz StPO Einspruch wegen Rechtsverletzung an das Gericht zu erheben.

Weiters soll ausdrücklich im Gesetz zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Beschuldigten die Möglichkeit zukommt, einer Gegenäußerung zu einer sich auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen stützenden Anklageschrift eine Stellungnahme samt sachkundiger Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen zur Begründung eines Beweisantrags anzuschließen, wodurch diese auch zum Inhalt des Aktes werden soll.

Schließlich soll einer vom Verteidiger beigezogenen Person mit besonderem Fachwissen die Berechtigung zukommen, selbst Fragen zu Befund und Gutachten an den Sachverständigen richten zu dürfen.

Die letzte Anpassung der in § 393a StPO vorgesehenen Höchstbeträge für den Ersatz von Verteidigungskosten erfolgte durch das Budgetbegleitgesetz 2005, BGBl I Nr. 136/2004, welcher eine Indexsteigerung von etwa 20,4% seit dem Jahr 1993 zu Grunde gelegt wurde. Andererseits wurden aber durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009 die Sätze des vom Verurteilten zu entrichtenden Pauschalkostenbeitrags in § 381 Abs. 3 StPO deutlich erhöht.

Durch die nunmehrige Anpassung soll der bei Freispruch zu leistenden Pauschalbeitrags zu den Kosten der Verteidigung deutlich erhöht und an die Sätze des vom Verurteilten zu entrichtenden Pauschalkostenbeitrags angeglichen werden.

§ 194 StPO sieht derzeit vor, dass die Staatsanwaltschaft u.a. den Beschuldigten sowie die zur Einbringung eines Antrags auf Fortführung berechtigten Personen (§ 195 Abs. 1 StPO) von der Einstellung (und Fortführung) des Verfahrens zu verständigen hat, wobei - anders als bei der Verständigung des Rechtsschutzbeauftragen - die Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung zugrunde liegen, nicht einmal in gedrängter Darstellung anzuführen sind, sondern lediglich auszuführen ist, aus welchem Grund (§§ 190 bis 192 StPO, gegebenenfalls unter Vorbehalt späterer Verfolgung nach § 192 Abs. 2 StPO) eingestellt wurde. Lediglich im grundsätzlich nicht der Einsicht unterliegenden Tagebuch sind die Gründe für die Einstellung einzutragen (§§ 34 Abs. 2, 35 StAG). Während das Opfer jedoch das Recht hat, eine solche Begründung zu verlangen (§ 194 Abs. 2 StPO), kommt eine solche Berechtigung dem Beschuldigten nicht zu. Dieser hat daher keine Möglichkeit, jene Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung seines Verfahrens zugrunde gelegt wurden, zu erfahren.

Durch die Änderung des § 194 Abs. 2 StPO soll auch dem Verdächtigem bzw. Beschuldigten das Recht eingeräumt werden, eine Begründung zu verlangen, in der jene Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung zugrunde gelegt wurden, in gedrängter Darstellung anzuführen sind, weil auch dem (nunmehr) Verdächtigen bzw. Beschuldigten auf Grund dessen unmittelbarer Betroffenheit im Verfahren ein Interesse an der Kenntniserlangung der für die Einstellung maßgeblichen Gründe zuzubilligen ist.

 

Maßnahme 4: Änderung des im Geschworenen. und Schöffengesetz 1990 vorgesehenen Instanzenzuges

Beschreibung der Maßnahme:

Der Instanzenzug betreffend Rechtsmittel gegen Bescheide, die nach dem Geschworenen- und Schöffengesetz 1990 erlassen werden, wird an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 angepasst. Der Instanzenzug geht aufgrund dessen nicht mehr an den Präsidenten des örtlich zuständigen Landesgerichts sondern an das zuständige Verwaltungsgericht des Bundeslandes.

 

Umsetzung von Ziel 4

 

Wie sieht Erfolg aus:

 

Ausgangszustand Zeitpunkt der WFA

Zielzustand Evaluierungszeitpunkt

Der derzeit in §§ 9, 10 und 12 vorgesehene Instanzenzug des GSchG 1990 gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörden nach § 9 Abs. 1 GSchG 1990 beruht noch auf der Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, durch welche jedoch diesem derogiert wurde. Aufgrund dessen kann gegen den Bescheid nach dem GSchG 1990 nicht mehr das Rechtsmittel der Berufung im administrativen Instanzenzug erhoben werden; vielmehr ist eine Beschwerde einzubringen, über die von den Verwaltungsgerichten des betroffenen Bundeslandes zu entscheiden ist.

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen lediglich die Bestimmungen des GSchG 1990 an die nunmehr geltende Rechtslage anpassen. Dadurch werden in Hinkunft entsprechend der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 Rechtsmittel gegen Bescheide nicht mehr von Präsidenten des örtlich zuständigen Landesgerichts entschieden, sondern vom zuständigen Verwaltungsgerichts des Bundeslandes.

 

Abschätzung der Auswirkungen

 

Finanzielle Auswirkungen für alle Gebietskörperschaften und Sozialversicherungsträger

 

Finanzielle Auswirkungen für den Bund

 

– Ergebnishaushalt – Laufende Auswirkungen

 

in Tsd. €

2014

2015

2016

2017

2018

Betrieblicher Sachaufwand

1.679

1.679

1.679

1.679

1.679

Aufwendungen gesamt

1.679

1.679

1.679

1.679

1.679

 

Betrieblicher Sachaufwand: Mit der Änderung von § 393a StPO werden die maximalen Pauschalbeiträge für die Kosten des Verteidigers im Fall eines Freispruches um durchschnittlich 115% angehoben; im Detail ergibt sich eine Erhöhung im Verfahren vor dem Landesgericht als Geschworenengericht von € 5.000 auf € 10.000 (100%), im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht von € 2.500 auf € 5.000 (100%), im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts von € 1.250 auf € 3.000 (140 %) und im Verfahren vor dem Bezirksgericht von € 450 auf € 1.000 (122 %).

Aus diesen Zahlen errechnet sich unter Berücksichtigung der maßgeblichen Jahre 2005 bis 2013 (letzte Anpassung mit 1.1.2005) gerundet ein durchschnittlicher jährlicher Auszahlungsbetrag von € 1,460.000,00 (Summe der Jahre 2005 bis 2013 (Stand 2013) € 13,178.740,66).

Aufgrund der durchschnittlich errechneten Erhöhung von 115% des Pauschalbeitrages ergibt sich dauerhaft eine durchschnittliche Erhöhung und Belastung des Budgets um € 1,679.000 (im Fall der nicht zu erwartenden vollen Ausschöpfung durch die Rechtsprechung).

Hierbei handelt es sich um eine Maximalvariante der Berechnung. Die Zielsetzung ist darauf gerichtet, dass bei Verfahren von außergewöhnlichem Umfang deutlich einzelfallgerechtere Entscheidungen gefällt werden könnten, die eben in besonderen Verfahren auch mit entsprechend hohen Kostenbeiträgen einhergehen würden. Die Rechtsprechung sollte im Rahmen ihres Ermessens den größeren Spielraum entsprechend nützen, sodass der Ersatzbetrag bei der Mehrzahl der Fälle durchaus im unteren Drittel des Grenzwertes verbleiben könnte und nur bei besonderen Verfahren entsprechende Reserven für einen annähernd adäquaten Zuspruch vorhanden wären.

In Anbetracht der trotz erfolgter Erhöhung im Jahr 2005 insgesamt stagnierenden Ausgabenentwicklung im vergangenen Jahrzehnt und der ausdrücklichen Widmung der Höchstbeträge für außergewöhnliche Verfahren, ist letztlich nur mit einer moderaten Belastungssteigerung des Justizbudgets zu rechnen, die wohl nicht 1 : 1 mit der Erhöhung der Kostenersatzhöchstbeträge um (etwas über) 100% gleichgesetzt werden kann.

 

Aus dem Vorhaben ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen für Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger.


Anhang mit detaillierten Darstellungen

 

Detaillierte Darstellung der finanziellen Auswirkungen

 

Bedeckung

 

in Tsd. €

2014

2015

2016

2017

2018

Auszahlungen/ zu bedeckender Betrag

1.679

1.679

1.679

1.679

1.679

 

in Tsd. €

Betroffenes Detailbudget

Aus Detailbudget

2014

2015

2016

2017

2018

Durch Umschichtung

13.02.06 Zentrale Ressourcensteuerung

 

1.679

1.679

1.679

1.679

1.679

 

Erläuterung der Bedeckung

Die Bedeckung erfolgt einerseits durch - im Voraus freilich schwer zu quantifizierende - Einsparungen/reduzierten Auszahlungen auf Grund der erhofften Effizienzsteigerung bei Schöffenverfahren, der Reduktion bzw. Verkürzung von Strafverfahren (Hauptverfahren) auf Grund des Anstiegs von Diversionen (bereits im Ermittlungsverfahren), der Einführung des Mandatsverfahrens, der obligatorischen Minderung des Gebührenanspruchs von Sachverständigen im Fall von verschuldeter mangelhafter oder nicht fristgerechter Erledigung sowie der Verkürzung umfangreicher staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahrens auf Grund der amtswegigen gerichtlichen Prüfung der Höchstdauer, wobei bei realistischer Betrachtung jedoch davon auszugehen ist, dass für den (Groß-)Teil der Aufwendungen in Höhe der veranschlagten 1 450 000 Euro wohl Rücklagen der Detailbudget(s) DB-Nr. 0206 (Zentrale Ressourcensteuerung) herangezogen werden müssen.

 

Laufende Auswirkungen

 

Sonstiger betrieblicher Sachaufwand

 

Bezeichnung

Körperschaft

Menge

Preis je Einheit(€)

2014

2015

2016

2017

2018

Pauschalbeitrag zu den Kosten der Verteidigung

Bund

1

1.679.000,00

1.679.000

1.679.000

1.679.000

1.679.000

1.679.000

GESAMTSUMME

 

 

 

1.679.000

1.679.000

1.679.000

1.679.000

1.679.000

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 3.2 des WFA – Tools erstellt.