Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Beim Rücktritt von einem Staatsvertrag ist grundsätzlich das gleiche Verfahren wie beim Abschluss einzuhalten. Das Übereinkommen zur Gründung des Gemeinsamen Rohstofffonds wurde als Staatsvertrag gemäß Art. 50 B-VG vom Nationalrat genehmigt (BGBl. Nr. 507/1989). Daher ist vom Übereinkommen ebenfalls mit Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 B-VG zurückzutreten.

Der Rücktritt hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Er hat nicht politischen Charakter. Ein Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG ist nicht erforderlich. Da durch den Rücktritt keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder betroffen sind, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Hintergrundinformation:

Der Gemeinsame Rohstofffonds (GF) wurde Ende der 70er Jahre im Rahmen der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) ausgehandelt. Zielsetzung war es vornehmlich den Entwicklungsländern durch höhere Rohstoffpreise ein höheres Exporteinkommen zu verschaffen. Daneben hätten wohl auch Importeure von stabilen Marktverhältnissen profitieren sollen. Der GF hat zur Umsetzung seiner Zielsetzung zwei getrennte Fenster zur Verfügung: Das erste und hauptsächliche Fenster soll Rohstoffabkommen, die Ausgleichslager anlegen, die Finanzierung durch Erbringung von Bankdienstleistungen erleichtern. Das zweite - ergänzende - Fenster soll bei für Ausgleichslager nicht in Frage kommenden (verderblichen) Rohstoffen andere Unterstützungsmaßnahmen wie Steigerung von Produktivität, Schaffung von Mehrwert durch Diversifikation finanzieren. Aus diesem Fenster kann der GF neben Darlehen auch Zuschüsse gewähren. Hauptsächlich wurden auch nur Zuschüsse vergeben.

Der Beitritt zum GF wurde von den Industrieländern mehr als außenpolitische und weniger als wirtschaftspolitische Maßnahme verstanden. Die USA blieben der Institution fern, andere Staaten brauchten lange bis zum Beitritt, sodass der GF erst 1989 in Kraft trat. Zu dieser Zeit war bereits ersichtlich, dass das 1. Fenster die ihm zugedachte Rolle nicht erfüllen können würde. Einerseits mangels entsprechender Rohstoffabkommen, anderseits mangels ausreichender Mittel.

Vorgesehen war ein anfängliches Kapital des 1. Fensters von 47.000 Anteilen. Zum Inkrafttreten waren 31.566 gezeichnet. Im Mai 2013, nach einer Reihe von zwischenzeitlichen Austritten (Australien, Neuseeland, Kanada, Schweiz, Türkei, Frankreich) betrug das Kapital rd. 28.300 Anteile. Nach den jüngsten Austritten Japans und Belgiens wird sich das Kapital des 1. Fensters nur mehr auf rd. 24.400 Anteile (ein Anteil entspricht rd. 6.252 EUR) belaufen. Somit sank das Kapital von anfänglich erwarteten rd. 293,8 Mio. EUR auf zuletzt rd. 152,5 Mio. EUR. Beiträge zum Kapital sind zum Teil einzubezahlen (bar und Schuldscheine), zum geringeren Teil einzahlbar (abrufbar).

Dem 2. Fenster waren zusätzlich umgerechnet einzubezahlende 125,3 Mio. EUR an „freiwilligen Beiträgen“ zugesagt worden.

Mit der Zahlungsmoral steht es nicht zum Besten. Immer noch bestehen Rückstände aus der Einzahlung des Kapitals.

Österreich hatte bereits 1983 ratifiziert, das Übereinkommen ist unter BGBl. Nr. 507/1989 kundgemacht worden. Österreich hat 246 Kapitalanteile im Wert von 1.861.352 Rechnungseinheiten (RE) einbezahlt (bar und mittels Schatzscheine) sowie 70 einzahlbare (abrufbare) Anteile im Wert von 529.653 RE gezeichnet. Ein Kapitalanteil wird vom GF mit 6.252,3107 EUR ausgewiesen, so dass die österreichische Kapitaleinzahlung insgesamt rd. 1.538.068 EUR beträgt. Der Wert der abrufbaren Anteile Österreichs beläuft sich auf rd. 437.662 EUR. Zusätzlich wurde ein „freiwilliger Beitrag“ von 2 Mio. USD an das 2. Fenster geleistet. Die gesetzliche Grundlage dafür ist in BGBl. Nr. 416/1991 niedergelegt.

Von der Möglichkeit Anteile des 1. Fensters an das 2. Fenster zu übertragen hat Österreich nicht Gebrauch gemacht.

Dem damaligen politischen Verständnis entsprechend waren die Mitglieder des GF in vier Gruppen unterteilt (B - OECD, D - Osteuropa, 77 - Entwicklungsländer und China). Keine Gruppe sollte allein dominieren. Zur Zeit des Inkrafttretens hatten die Entwicklungsländer und China über 51% der Stimmen bei knapp 39% der Beiträge. OECD und das damalige kommunistische Osteuropa kamen auf knapp 49% der Stimmen, bei rd. 61% der Beiträge. Laut Übereinkommen gibt es 28 Direktoren und 28 Stellvertreter, aktuell je 25. 15 davon entfallen auf Entwicklungsländer, einer auf China, acht auf OECD und einer auf Russland. Letztlich war/ist also den Entwicklungsländern unabhängig von Beiträgen ein starkes Mitspracherecht eingeräumt, was auch das besondere Interesse der Entwicklungsländer am GF erklären könnte.

Mangels an GF Finanzierungen interessierten und über Ausgleichslager operierenden Rohstoffabkommen gibt es bis jetzt keine Finanzierung aus dem 1. Fenster. Die dort deponierten Barmittel dienen, wie auch im Übereinkommen vorgesehen, durch ihre Erträge zur Abdeckung der administrativen Kosten, was in den letzten Jahren aber wegen der niedrigen Zinsen immer schwerer zu bewerkstelligen ist. In früheren Jahren wurde aus den Erträgnissen des 1. Fensters ein Nettoertragsprogramm dotiert, das Vorhaben im Bereich Marktzugang finanziert.

Somit bleibt das 2. Fenster weitgehend das einzig operationelle Fenster.

Seit Inkrafttreten des GF 1989 bis 2012 wurden Projekte im Gesamtausmaß von rd. 283 Mio. USD mit eigenen Mitteln finanziert, davon 260 Mio. USD aus dem 2. Fenster und 23 Mio. USD aus dem Nettoertragskonto des 1. Fensters. 2012 allein wurden 5,2 Mio. $ aus eigenen Mitteln vergeben. Dem stehen 4,7 Mio. USD für 2012 vorgesehene Verwaltungsausgaben entgegen.

Schon länger zurück gab es vor allem im Lichte schwindender Mittel - zaghafte - Versuche zumindest bei den Verwaltungsausgaben einzusparen (bei Übersetzung, Kostentragung für die Teilnahme an Direktoriumssitzungen) zuletzt dann auch beim Hauptquartier, beim Personal, bei der Leitung der Institution.

Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem rechtlichen Regelwerk des GF wurde vor erst einigen Jahren begonnen und auch erst im Zuge der rapide schwindenden Mittel intensiviert. Hauptgrund für diese schleppende Vorgangsweise war wohl die Sorge vor allem der Entwicklungsländer, dass es zu einer kompletten Neuverhandlung inklusive Ratifizierungsverfahren kommen könnte. Nachdem ein Konsulentenbericht dem GF insbes. hierarchische Kopflastigkeit, mühsames Genehmigungsverfahren, wenig Bekanntheit sowohl der Institution als auch seiner Projektergebnisse, aber durchaus gute Projekte, ein engagiertes Personal und letztlich eine mögliche Existenzberechtigung bestätigte, spießten sich die Diskussionen insbes. am Finden des komparativen Vorteils des GF, an der Wahl zwischen Fortführung des GF als eigenständige Institution oder Anlehnung an eine andere Institution und an der Reduktion des Direktoriums.

Als komparativer Vorteil wurde immer wieder der Rohstofffokus des GF im Gegensatz zum Länderfokus anderer internationaler Finanzinstitutionen und sein breites Rohstoffspektrum genannt. Da aber andere Institutionen, wie z. Bsp. der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), die Afrikanische Entwicklungsbankgruppe, die Weltbankgruppe inkl. der Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) aber in weitaus größerem Umfang besonders Infrastrukturvorhaben, aber auch technische Hilfe und Beratungdienste, die auch direkt od. indirekt dem Rohstoffbereich zu gute kommen, sowie landwirtschaftliche Forschungsvorhaben (durch CGIAR) finanzieren, wenngleich meist über Länderfokus od. regionalen Fokus, wird der Zielbereich „Rohstoffe“ auch anderweitig betreut. Auch das derzeit ins Auge gefasste Abstellen auf dauerhafte Entwicklung, Zugang zu Lebensmitteln und Märkten ist nichts was nicht auch andere Institutionen verfolgen.

Während die OECD Länder eine Anlehnung und Anschließung des GF an eine andere Institution begrüßt hätten, haben sich die Entwicklungsländer, vor allem aus Afrika, vehement dagegen verwehrt, da sie damit letztlich ein Aufgehen des GF befürchteten. Es ist allerdings einzuräumen, dass am GF Interesse bekundende Institutionen mehr an der Vergabe vorhandener Mittel des GF, denn an Einbringung eigener Beiträge interessiert waren.

Auch eine signifikante Reduktion des Direktoriums scheint angesichts vieler Vertretungswünsche, vor allem der (afrikanischen) Entwicklungsländer, schwer zu realisieren.

Es steht also zu befürchten, dass auch ein allfälliger reformierter GF einerseits keinen exklusiven Tätigkeitsbereich haben wird, dementsprechend wenig an weiteren Mitteln lukrieren können wird und anderseits weiter einem ungünstigen Verhältnis zw. operationellen Ausgaben und Verwaltungsausgaben ausgesetzt sein wird.

Es ist auch nicht auszuschließen, dass mangels ausreichender Mittel Schatzscheine abgerufen werden, vor allem zur Abdeckung des Verwaltungsaufwands.

Argumente für den Rückzug Österreichs aus dem GF:

Folgende Argumente sprechen für einen Rückzug Österreichs aus dem GF:

Geringes quantitatives Operationsvolumen - über die Jahre hinweg - rechtfertigt kaum den Unterhalt einer eigenen Institution, auch wenn sie klein war/ist und das Personal 2013 auf unter 20 gefallen ist .

Auch wenn der Rohstofffokus des GF einzigartig ist, kann mit dem bescheidenen Volumen der Bedeutung des Rohstoffbereiches nicht wirklich Rechnung getragen werden. Es gibt auch keinen besonderen komparativer Vorteil des GF.

Es gibt jedoch, wie oben erwähnt, etliche andere internationale Institutionen (IFAD, Afrikanische Entwicklungsbankgruppe, Weltbankgruppe inkl. CGIAR), die in bedeutend größerem Umfang Maßnahmen finanzieren, die ebenfalls dem Rohstoffbereich in Entwicklungsländern zu Gute kommen. Österreich ist an diesen Institutionen und an deren regelmäßigen Mittelaufbringungen beteiligt und demonstriert daher weiterhin sein Interesse an Entwicklung.

Österreich ist auch nicht das erste (europäische bzw. EU) Land, das Konsequenzen zieht und austritt.

Auch die aktuell diskutierte Reform des GF, selbst die bereits gesetzten Einsparungsbemühungen, lassen keine positive Antwort auf die Frage nach Sinnhaftigkeit/Zweckmäßigkeit der Fortführung des GF zu. Es erscheint daher weder gerechtfertigt, die bisherigen Beiträge zum Kapital weiterhin brach liegen zu lassen, noch neue zu leisten - sei es zur Abdeckung des Verwaltungsaufwandes, sei es auch für Operationen nach einer allfälligen Reformierung.

Im Lichte aktueller Austrittsbeispiele ist (noch) mit einer Rückführung der österreichischen Beiträge zum Kapital (1. Fenster) zu rechnen. Die „freiwilligen Beiträge“ an das 2. Fenster sind auf Grund der weitestgehenden Mittelvergabe des 2. Fensters auf nicht rückzahlbarer Basis, verlorene Zuschüsse.

Im Jahr des Inkrafttretens des österreichischen Rücktritts (2015) könnte es auf Grund der Rückführung der österreichischen Zahlungen zu einer geringfügigen negativen Anrechnung auf die österreichische Official Development Assistance-Quote (ODA-Quote) kommen.

Rücktrittsregelung im Übereinkommen des GF:

Laut Art. 30 des Übereinkommens kann ein Mitglied durch schriftliche Mitteilung an den GF zurücktreten. Die Wirksamkeit erfolgt frühestens zwölf Monate nach Einlangen beim GF. Alle bis dahin anfallenden Verpflichtungen bleiben gemäß Art. 32 danach bestehen. Nach Beendigung der Mitgliedschaft sorgt der GF für den Rückerwerb der Anteile; der Wert richtet sich nach dem aktuellen Buchwert am Tage der Beendigung der Mitgliedschaft. Eine Aufrechnung mit allfälligen Schulden des Mitglieds ist möglich.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zum Rücktritt vom Übereinkommen zur Gründung des Gemeinsamen Rohstofffonds ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 und 4 B‑VG (Staatsverträge“ und „Bundesfinanzen“).

Besonderer Teil

Dem Nationalrat wird die Rücktrittserklärung des Bundespräsidenten zur Genehmigung vorgelegt. Der Rücktritt soll so bald als möglich unter Einhaltung der in Art. 30 des Übereinkommens vorgesehenen Zwölfmontsfrist erfolgen.