225 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über den Antrag 474/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Mikroplastik

Die Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 12. Juni 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Verunreinigung von Flüssen und Meeren durch Plastikteile ist ein zunehmendes und globales Umweltproblem. Jedes Jahr landen etwa 10 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle in den Weltmeeren, die dort als riesige schwimmende Müllinseln an der Wasseroberfläche treiben. Der weltweit größte Müllteppich treibt im Nordpazifik und ist 16mal so groß wie die Republik Österreich. Weniger offensichtlich als die großen und sichtbaren Plastikteile, sind Mikroplastikteile, also Plastikteile mit einer Größe unter fünf Millimetern. Sekundäres Mikroplastik entsteht beim Zerfall größerer Kunststoffteile durch die Einwirkung von Sonne, Wind und Wellen. Da synthetische Kunststoffe nicht biologisch abbaubar sind, zerfallen sie in der Regel in immer kleinere Teile und verbleiben hunderte Jahre in der Umwelt. Eine weitere wichtige Quelle von sekundärem Mikroplastik sind Kunststoffteile, die z.B. durch synthetische Kleidungsstücke ausgewaschen werden.

Primäres Mikroplastik sind Kunststoffteile, die entweder zur industriellen Weiterverarbeitung gedacht sind (z.B. Pellets) oder direkt in Verbraucherprodukten direkte Anwendung finden. Letztere sind vor allem in Kosmetikartikeln und Pflegeprodukten wie Peelings, Duschgelen oder Zahnpasten zu finden. Diese Plastikteile haben unterschiedliche Funktionen und sollen den Produkten z.B. zu einem mechanischen Reinigungseffekt verhelfen. Laut einer Reportage des Norddeutschen Rundfunks soll der Anteil der Plastikteile am Gesamtinhalt bis zu zehn Prozent betragen. In einer aktuellen Untersuchung identifizierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace 550 in Österreich erhältliche Kosmetikprodukte, die Mikroplastik enthalten. Eine Untersuchung der deutschen Umweltorganisation BUND kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Es ist davon auszugehen, dass nur die wenigsten Konsumentinnen und Konsumenten ahnen, dass in derart vielen am Markt erhältlichen Kosmetikprodukten mitunter tausende – und zum Teil mikroskopisch kleine – Plastikteile enthalten. Mit dem Abwasser (z.B. nach dem Zähneputzen oder Duschen) gelangen Kunststoffe wie Polyethylen, Polypropylen oder Polyamid in den Wasserkreislauf. Durch ihre geringe Größe passieren sie Kläranlagen und andere Barrieren und gelangen schließlich bis in die Weltmeere.

Kunststoffteile enthalten unterschiedliche chemische Zusätze, die zum Teil sehr negative Auswirkungen auf marine Ökosysteme haben können. Mikroplastikteile können zudem toxische Zusatzstoffe wie DDT oder PCB aufnehmen und wirken aufgrund ihrer Oberflächenstruktur wie Magneten für diverse Giftstoffe. So lassen sich an Mikroplastikpartikeln deutlich höhere Konzentrationen von toxischen Substanzen als im Meerwasser messen. Die Partikel werden dann samt Schadstoffen von den Meeresorganismen aufgenommen: Mikroplastik wurde in Seehunden, Fischen, Muscheln und kleineren Organismen nachgewiesen, die es mit ihrer Nahrung aufnehmen. Neun Prozent der Fische in der Region des Nordpazifikwirbels haben laut Studien Plastik in ihren Mägen. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) geht davon aus, dass über 250 Tierarten durch Plastikteile im Meer gefährdet sind.

Eine Verunreinigung durch mikroskopisch kleine Plastikteile wurde in verschiedenen Studien in Honig, Mineralwasser oder Bier nachgewiesen. Die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen sind noch vollkommen ungeklärt.

Auch die direkten Auswirkungen auf marine Ökosysteme einer Verunreinigung von Flüssen und Meeren durch primäre Mikroplastikpartikel sind noch wenig erforscht. Allerdings lassen die bereits bekannten Fakten sehr wenig Zweifel daran, dass sie keine negativen Auswirkungen haben könnte. Sicher ist hingegen: Je kleiner das Plastikpartikel ist, desto größer das Risiko der Aufnahme und die Anzahl der Tiere, die es konsumiert. Ist Mikroplastik erst in den Flüssen und dem Meer, kann es nicht wieder entnommen werden. In diesem Fall sollte daher das Vorsorgeprinzip angewendet werden.“

 

Der Umweltausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 26. Juni 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin, Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Christiane Brunner die Abgeordneten Johann Höfinger und Matthias Köchl.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Johann Höfinger, Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Über Plastikteilchen als Belastungsfaktor liegen für Österreich bislang noch keine gezielten Untersuchungen vor, wohl aber für potentielle Inhaltstoffe wie z.B. Weichmacher (BisphenolA, DEHP) oder einige toxische Zusatzstoffe wie PCB, die sich an ihren Oberflächen anreichern können. Bei den Untersuchungen im Rahmen der überblicksweisen Überwachung aus 2004 und 2013 gemäß Gewässerzustandsüberwachungsverordnung lagen die Werte unter den ökotoxikologisch abgeleiteten Umweltqualitätszielen.

Die Europäische Kommission hat im Jahr 2013 in ihrem Grünbuch über „Plastikabfälle in der Umwelt“ festgehalten, dass die zunehmende Verwendung von Mikrokunststoffteilchen in Kosmetika Anlass zur Sorge bietet. Das Grünbuch weist auch darauf hin, dass sich Persistente Organische Schadstoffe wie beispielsweise DDT und polychloriertes Biphenyl (PCB) aus dem umgebenden Wasser an Kunststoffteilchen heften und über die Meeresfauna, die die Kunststoffe als Nahrung aufnimmt, in die Nahrungskette gelangen können. Zudem können laut Grünbuch konventionelle Kunststoffe beim Zerfall in den Meeren potenzielle Schadstoffe, wie etwa hormonell wirksame Weichmacher und Flammschutzmittel freigeben.

Es gibt derzeit bereits auf globaler und europäischer Ebene sowie auch in Österreich vereinzelt Untersuchungen zu dieser Thematik. In Österreich haben sich beispielsweise die Universität Wien und die Universität für Bodenkultur mit Plastik (-Abfällen) in der Umwelt bzw. Mikroplastik auseinandergesetzt. Jedoch gibt es laut ExpertInnen derzeit durchaus noch offene Fragen und Forschungsbedarf, beispielsweise bezüglich des genauen Verhaltens von Mikroplastik in der Umwelt, hinsichtlich Analysemethoden oder auch hinsichtlich genauer Stoffstromabschätzungen.

Initiativen, die von unterschiedlichen AkteurInnen auf europäische Ebene und auch in Österreich gesetzt wurden, gehen in die richtige Richtung, jedoch sind noch weitere Anstrengungen nötig.“

 

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Johann Höfinger, Hannes Weninger mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, T, N) angenommen.

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Johann Höfinger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2014 06 26

                                Johann Höfinger                                                        Mag. Christiane Brunner

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau