249 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 29/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rahmengesetzgebung für Praktika

Die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 29. Oktober 2013 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In den letzten Jahren hat sich die Beschäftigungsform ‚PraktikantIn‘ stark ausgeweitet. Begründet ist dies zum einen in neuen Studienplänen der Universitäten und Fachhochschulen, zum anderen aber auch in der Zunahme der missbräuchlichen Nutzung und Zweckentfremdung dieser Beschäftigungsform. So werden viele ‚Praktika‘ auch abseits der von Schulen oder Hochschulen vorgeschriebenen Pflichtpraktika absolviert. Praktika sind immer häufiger auch getarnte Regelbeschäftigungsverhältnisse, so genannte ‚Scheinpraktika‘. Diese haben nur mehr wenig oder gar nichts mit ‚Ausbildung‘ gemein.

PraktikantInnen agieren oft in einem Graubereich zwischen lernen und arbeiten, übernehmen Tätigkeiten von regulär Beschäftigten, erhalten aber keinen oder zu geringen Lohn. Gesetzliche Auflagen, wie jene über Arbeitszeiten, werden regelmäßig übergangen und in vielen Fällen gibt es nicht einmal schriftliche Vereinbarungen auf die sich PraktikantInnen im Streitfall berufen könnten. Letztlich verbirgt sich hinter dem Etikett ‚Praktikum‘ eine Bandbreite an Beschäftigungsverhältnissen, die von einer befristeten Anstellung, Werkverträgen und Freien Dienstverträgen bis hin zum Volontariat reichen. Für ArbeitnehmerInnen aber auch für ArbeitgeberInnen bedeutet die derzeitige Situation vor allem Verwirrung, Rechtsunsicherheit und starke Anfälligkeit auf Missbrauch. Nur wenige PraktikantInnen können ihren Rechtsstatus einklagen, denn Kriterien für ein Arbeitsverhältnis (wie Bindung an Weisungen und Arbeitszeiten in die Betriebsorganisation) sind oft schwer nachweisbar. Auch eine FORBA-Studie zu PraktikantInnen in Österreich (2011), erstellt im Auftrag des BMASK, kommt zum Schluss, dass prekäre Arbeitsbedingungen von PraktikantInnen vor allem durch die unzureichende rechtliche Regelungen bzw. rechtliche Graubereiche gefördert werden. Bis dato kommt der Begriff Praktikum im kodifizierten Arbeitsrecht nicht vor.

Ob ein Praktikum fair ist, hat derzeit weniger damit zu tun, ob es freiwillig stattfindet oder als Pflichtpraktikum, sondern mehr in der welcher Branche es stattfindet und welche rechtlichen oder kollektivvertraglichen (Sonder-)Regelungen es gibt. Praktika in klassischen ‚Frauenstudiengängen‘ wie Sozialarbeit, Psychologie, Pflege, Lehramt etc. finden fast zur Gänze ‚traditionell‘ unbezahlt statt. 80% der Pflichtpraktika in den Sozialwissenschaften sind unbezahlt und im Gesundheitswesen sind es nahezu alle Pflichtpraktika. Dahingegen sind in Vollzeitstudiengängen technischer FH-Studiengänge 90% der Praktika bezahlt (AMS Studie 2008). Etwa 60% der SchülerInnen-Pflichtpraktika sind klar als Arbeitsverhältnis geregelt. Studierenden Praktika werden hingegen zu 60% unbezahlt und meist auch nicht versichert absolviert. Für die Mehrheit der Pflichtpraktika gilt also, dass sie nicht als Arbeitsverhältnis stattfinden, sondern als ‚quasi-Volontariate‘ mit oder ohne Taschengeld.

Entsprechend den Ergebnissen einer Studie der Interessensplattform ‚Generation Praktikum‘ sind es vier Kategorien, die aus Sicht von PraktikantInnen für ein optimales Praktikum ausschlaggebend wären:

             - die Ausbildungsorientierung,

             - adäquate Einsatzgebiete,

             - sozialrechtliche Absicherung

             - und ein Mindestlohn.

Angesichts der gestiegenen Bedeutung von Praktika im Rahmen der akademischen Ausbildung, der zunehmenden Umgehungen des Arbeitsrechts durch ‚Scheinpraktika‘ sowie der höchst ungleichen Praktikumsbedingungen besteht dringend Regelungs- und Handlungsbedarf. Pflichtpraktika brauchen gleiche und faire Grundbedingungen:“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 2. Juli 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Birgit Schatz die Abgeordneten Johann Hechtl, Ing. Waltraud Dietrich, Ing. Markus Vogl, Mag. Gerald Loacker, August Wöginger und Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, G dagegen: S, V, T, N).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Johann Hechtl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2014 07 02

                                  Johann Hechtl                                                      Dr. Sabine Oberhauser, MAS

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau