334 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (319 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitszeitgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden – Arbeits- und Sozialrechts–Änderungsgesetz 2014 (ASRÄG 2014),

über den Antrag 678/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket gegen Lohn- und Sozialdumping durch sogenannte Billigstbieter aus dem Ausland,

über den Antrag 650/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gerechtigkeit beim Bezug des Arbeitslosengeldes für Nebenerwerbslandwirte und

über den Antrag 610/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Verluste für ehemalige KinderbetreuungsgeldbezieherInnen im Arbeitslosenversicherungsrecht

Regierungsvorlage 319 der Beilagen

Das Regierungsprogramm für die XXV. Gesetzgebungsperiode sieht im Kapitel „Arbeitsrecht“ als Maßnahme im Bereich der behördlichen Lohnkontrolle die Überarbeitung des LSDB-G vor.

Weiters nennt das Regierungsprogramm im Kapitel „Wachstum und Beschäftigung für Österreich“ unter Entbürokratisierung und Entlastung das Ziel, durch Bürokratie verursachte Kosten und Zeitaufwand massiv zu reduzieren. Eine der dazu vereinbarten Deregulierungsmaßnahmen lautet: „Beauftragte im Unternehmen: Die Liste der Beauftragten wird im Jahr 2014 mit dem Ziel, drei Positionen abzubauen, überarbeitet“.

In Umsetzung des Regierungsprogramms sind im AVRAG im Bereich der Lohn- und Sozialdumpingbekämpfung folgende wesentlichen Maßnahmen vorgesehen:

-       Verwaltungsstrafverfahren nach § 7b Abs. 5 und 8 AVRAG: Derzeit ist die Nichtmeldung einer Entsendung sowie das Nichtbereithalten der Entsendemeldung in Abschrift sowie der Unterlagen über die Anmeldung des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung am Arbeitsort sanktioniert. Der Straftatbestand des § 7b Abs. 8 AVRAG wird dahingehend erweitert, dass künftig auch die Nichtübermittlung dieser Unterlagen an die Abgabebehörde verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert wird. Weiters wird klargestellt, dass bei Verwaltungsübertretungen nach § 7b Abs. 5 i.V.m. § 7b Abs. 8 AVRAG die Strafe nicht pauschal je Arbeitgeber/in, sondern für jeden/jede betroffene/n Arbeitnehmer/in zu verhängen ist. Zusätzlich erfolgt die Klarstellung, dass die Abgabenbehörde in Verwaltungsstrafverfahren nach § 7b Abs. 5 i.V.m. § 7b Abs. 8 AVRAG Parteistellung hat.

-       Ausweitung der Lohnkontrolle: Vorgesehen ist eine Ausweitung der behördlichen Lohnkontrolle auf das gesamte dem/der Arbeitnehmer/in durch Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien. Die Entgeltkontrolle hat allerdings unter Beachtung des Ausnahmekatalogs des § 49 Abs. 3 ASVG zu erfolgen. Künftig ist damit jede Unterschreitung des nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Entgelts verwaltungsrechtlich strafbar. Entgeltbestandteile, die in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Arbeitsvertrag vereinbart wurden, fallen nicht unter die Lohnkontrolle nach § 7 Abs. 5 AVRAG.

-       Kompetenzzentrum LSDB: Der Aufgabenbereich des Kompetenzzentrums LSDB wird dahingehend erweitert, dass der/die Arbeitnehmer/in über einen sein/ihr Arbeitsverhältnis betreffenden Strafbescheid betreffend Lohndumping zu informieren ist.

-       Nichtbereithalten der Lohnunterlagen: Die Verwaltungsstrafen bei Nichtbereithalten der Lohnunterlagen werden in zweifacher Weise angehoben. Zum einen soll der Strafrahmen auf das Niveau des Strafrahmens für Lohndumping angehoben werden, zum anderen soll klargestellt werden, dass die Strafe wegen Nichtbereithalten der Lohnunterlagen nicht pauschal je Arbeitgeber/in, sondern für jeden/jede Arbeitnehmer/in zu verhängen ist, für den/die die Lohnunterlagen nicht bereitgehalten werden. Weiters wird klargestellt, dass auch die Nichtübermittlung der Lohnunterlagen (sofern dies von der Abgabenbehörde verlangt wird) verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert ist.

-       Neuregelung der Verjährung im Fall des Lohndumpings: Derzeit ist die Strafverfolgung möglich, solange der/die Arbeitgeber/in nicht den vorenthaltenen Grundlohn nachzahlt, auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt keinen Eintritt der Verfolgungsverjährung. Davon abweichend ist künftig vorgesehen, dass der Beginn der Verjährung (Verfolgungs- und Strafbarkeitsverjährung) mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Entgelts eintritt. Bei einer durchgehenden Unterentlohnung, die mehrere Lohnzahlungszeiträume umfasst, beginnt der Lauf dieser Fristen mit der Fälligkeit des Entgelts der letzten Lohnzahlungsperiode.

-       Klarstellung, dass die Bestellung eines/einer verantwortlichen Beauftragte/n nach § 9 Abs. 2 oder 3 VStG für die Einhaltung des AVRAG nur wirksam wird, wenn bei der nach dem AVRAG zuständigen Kontrollstelle eine schriftliche Mitteilung der Bestellung (samt Nachweis der Zustimmung des/der Beauftragten) einlangt.

-       Untersagung der Dienstleistung: Die Untersagung der Dienstleistung wird – zusätzlich zum Tatbestand der Unterentlohnung – auch auf die Tatbestände der Behinderung/Vereitelung der Lohnkontrolle sowie den Tatbestand der Nichtübermittlung der Lohnunterlagen ausgeweitet. Es wird gesetzlich klargestellt, dass der Bescheid über die Untersagung der Dienstleistung auch dem BMWFW und der ZKO elektronisch zu übermitteln ist. Weiters ist vorgesehen, dass das Kompetenzzentrum LSDB und die BUAK in Verfahren nach § 7j AVRAG Parteistellung haben.

-       Vorläufige Sicherheit: Vorgesehen ist weiters, dass die Organe der Abgabenbehörden bei Vorliegen eines begründeten Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 7b Abs. 8 AVRAG (Tatbestand des Nichtbereithaltens oder Nichtübermittelns der Entsendemeldung sowie der Unterlagen über die Anmeldung des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung), § 7i AVRAG (d.h. auch im Fall des Nichtbereithaltens/Nichtübermittlung der Lohnunterlagen, aber auch im Fall der Vereitelung der Lohnkontrolle und insbesondere der Unterentlohnung) oder § 7k Abs. 4 AVRAG (Tätigkeit des/der ausländischen Arbeitgebers/in trotz Untersagung) gegen den/die Auftragnehmer/in eine vorläufige Sicherheit nach Maßgabe des § 37a VStG verhängen können und im Fall der Nichtleistung der vorläufigen Sicherheit die Beschlagnahme von verwertbaren und dem/der Auftragnehmer/in gehörenden Sachen verfügen können.

-       Sicherheitsleistung und Zahlungsstopp: Der Entwurf sieht in mehrfacher Weise eine „Nachschärfung“ bei der Sicherheitsleistung vor. Nach geltender Rechtslage kann die Erlegung einer Sicherheit durch die Bezirksverwaltungsbehörden – bei begründetem Verdacht – ausschließlich im Fall des Lohndumpings mittels Bescheid angeordnet werden. Künftig soll die Erlegung einer Sicherheit in allen Fällen des begründeten Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 7b Abs. 8 AVRAG, § 7i AVRAG oder § 7k Abs. 4 AVRAG zulässig sein. Vorgesehen ist zudem, dass die kontrollierenden Stellen (BUAK, Organe der Abgabenbehörden) bei Vorliegen eines begründeten Verdachtes einer der vorgenannten Verwaltungsübertretungen gegen den/die inländische/n Auftraggeber/in zunächst einen Zahlungsstopp verfügen können und unmittelbar nach der Kontrolle bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde die Erlegung einer Sicherheit beantragen können; die Bezirksverwaltungsbehörde hat über diesen Antrag binnen drei Arbeitstagen nach Einlangen zu entscheiden. Letztlich ist der Entfall der bestehenden Regelung, die die Sicherheitsleistung auf einen Teil des noch ausstehenden Werklohns beschränkt, vorgesehen. Auch die Thematik der Verhängung einer Sicherheit für den Fall, dass der noch ausstehende Werklohn unter € 5.000 liegt, wurde einer Lösung zugeführt.

-       Im Bereich der Verwaltungsstrafevidenz soll einerseits klargestellt werden, dass in der Evidenz auch Strafbescheide nach § 7b Abs. 8 AVRAG und Bescheide nach § 7m AVRAG betreffend die Erlegung einer Sicherheit zu erfassen sind. Andererseits wird klargestellt, dass das Kompetenzzentrum LSDB auch dem/der Auftraggeber/in nach dem Bundesvergabegesetz auf Verlangen Auskunft darüber zu geben hat, ob hinsichtlich des/der im Auskunftsersuchen genannten Arbeitgebers/Arbeitgeberin eine rechtskräftige Bestrafung nach dem LSDB-G vorliegt oder ihm/ihr eine solche zuzurechnen ist.

-       Zustellung: Die Zustellungsregelung des § 7o AVRAG, die für Zustellungen an dieser besonderen Abgabestelle gilt, wird dahingehend geändert, dass eine erleichterte Zustellung an den in § 7b Abs. 1 Z 4 AVRAG bezeichnete/n Beauftragten möglich ist. Weiters wird für gewisse Fälle einer erschwerten Zustellung die Möglichkeit vorgesehen, die Benennung eines Zustellbevollmächtigten aufzutragen.

Darüber hinaus sollen im AVRAG folgende Maßnahmen legistisch umgesetzt werden:

-       transparentere Regelung des Entsendebegriffs verbunden mit einer gesetzlichen Klarstellung, in welchen Fällen keine Entsendung vorliegt;

-       Ergänzung der Entsendemeldung um bestimmte, insbesondere im Hinblick auf die behördliche Lohnkontrolle erforderlichen Angaben; sowie

-       Einschränkung des Montageprivilegs auf das Geschäftsfeld des „klassischen“ Anlagenbaus.

Ergänzend zu den geplanten Neuregelungen im AVRAG soll die im Regierungsprogramm für die XXV. Gesetzgebungsperiode vorgesehene Überarbeitung des LSDB-G im BUAG umgesetzt werden. Im Wesentlichen sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

-       Anpassung der BUAG-Strafbestimmungen an die Strafbestimmungen im AVRAG.

-       Klarstellung des Entsendebegriffs: Um Missverständnissen dahingehend, dass an eine Entsendung ein zeitliches Mindestmaß gebunden wäre, zu begegnen, soll der Terminus „fortgesetzt“ entfallen.

-       Zuordnung bestimmter Arbeitgeber/innenfunktionen an den/die Beschäftiger/in ohne Sitz in Österreich, der/die an ihn/sie (im Ausland) überlassene Arbeitskräfte nach Österreich entsendet.

-       Ergänzung der Erstmeldung entsandter Arbeitnehmer/innen um bestimmte, für die Durchführung der Kontrollen im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping sowie der Zuschlagsentrichtung an die BUAK erforderliche Angaben.

Im Arbeitnehmer/innenschutzrecht wird mit der vorliegenden Novelle die im Regierungsprogramm vorgesehene Deregulierung vorgenommen; folgende Maßnahmen sollen vorgesehen werden:

-       Entfall der Vorschreibung von Brandschutzgruppen nach den Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften;

-       Reduktion der verpflichtenden Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses von zweimal pro Jahr auf einmal pro Jahr;

-       Klarstellung, dass die Funktion von Präventivfachkräften und Sicherheitsvertrauenspersonen vereinbar ist sowie Klarstellung zur Ausbildung;

-       gleichzeitig werden auch die entsprechenden Regelungen in den Durchführungsverordnungen (Arbeitsstättenverordnung, BGBl. II Nr. 368/1998, Verordnung über die Sicherheitsvertrauenspersonen, BGBl. Nr. 172/1996) angepasst.

Im Arbeitszeitrecht sind Erleichterungen für die Arbeitgeber/innen bei den Arbeitszeitaufzeichnungen ebenso vorgesehen, wie das Recht der Arbeitnehmer/innen diese übermittelt zu bekommen.

Die Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes bezweckt die Lösung des Problems, dass Nebenerwerbslandwirte bereits ab einem Einheitswert von 1 500 Euro der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegen, und damit nach einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht als arbeitslos gelten und daher nach Verlust ihrer unselbständigen Beschäftigung kein Arbeitslosengeld beziehen können, durch eine rückwirkende gesetzliche Klarstellung im Sinne der seinerzeit vom Gesetzgeber beabsichtigten Intentionen. Finanzielle Auswirkungen sind damit nicht verbunden, weil dadurch nur der vom Gesetzgeber beabsichtigte und bis zum Erkenntnis des VwGH unbestrittene Zustand wiederhergestellt wird.

Durch die Gleichstellung von Zeiten des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld mit der Zeit des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes soll in verfassungskonformer Weise eine Gleichstellung hinsichtlich der Anwartschaft und der Bezugsdauer erreicht werden. Damit kann die Zeit des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes im Wesentlichen wie bisher und zusätzlich auch die Zeit des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld berücksichtigt werden. Durch die geringfügige Anhebung des Erfordernisses sonstiger Anwartschaftszeiten von 13 auf 14 Wochen ist diese Neuregelung ohne Mehrkosten möglich.

Die einzelnen vorgeschlagenen Maßnahmen sind im Besonderen Teil der Erläuterungen dargestellt.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich der vorliegende Entwurf auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen).

 

 

Antrag 678/A(E)

Die Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 678/A(E) am 16. Oktober 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Der Vorsitzende der Baugewerkschaft und steirische SPÖ-Abg. und Sozialsprecher Beppo Muchitsch lässt in einem Interview mit der Samstag-Krone vom 22. Februar 2014 aufhorchen. Muchitsch beklagt sich zu Recht darüber, dass durch in der österreichischen Bau-Branche eine neue Rekordarbeitslosigkeit herrscht. Gleichzeitig ziehen Bauunternehmen durch Subunternehmen immer mehr ausländische Bauarbeiter aus den EU-Oststaaten Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Bulgarien und Rumänien als Beschäftigte heran.

Dies passiert vor allem auch im öffentlichen Bereich, wo SPÖ Sozialsprecher Muchitsch darauf hinwies etwa beim Bau von Lärmschutzwänden durch die ASFINAG in der Steiermark nur ein Drittel der Bauarbeiter Österreicher waren, zwei Drittel kamen aus Polen. Damit nicht genug kamen auch die verwendeten Bauelemente aus Polen, womit nahezu die gesamte Wertschöpfungskette nicht in Österreich realisiert wurde.

SPÖ-Sozialsprecher Muchitsch macht vor allem öffentliche Unternehmen, wie die ÖBB und die ASFINAG, alle gemeinsam in der Hoheit des von SPÖ-Bundesminister Alois Stöger geleiteten Infrastrukturministeriums, dafür verantwortlich, dass bei Großaufträgen sogenannte Billigstbieter aus Osteuropa engagiert werden.

SPÖ-Sozialprecher Muchitsch im Orginalzitat der Kronenzeitung: ‚Etablierte Gewerbefirmen mit Eigenpersonal, vor allem im Bau-, Bauneben-, Elektro- und Metallbereich, ist es nicht mehr möglich, Aufträge zu bekommen. Lohn- und Sozialdumping gibt es mittlerweile in allen Bundesländern.

Sogar die im Imperium der roten Wiener Stadtverwaltung befindliche Wiener Bestattung, die früher ihre Särge in Eigenregie erzeugte, lässt diese nun von einer slowenischen Firma in Serbien produzieren. Der neue SPÖ Sozialsprecher Muchitsch fordert bei der öffentlichen Hand einen Umstieg vom Billigst- auf den Bestbieter: ‚Bestbieter statt Billigstbieter sollen zum Zug kommen, und die müssen Eigenpersonal haben und Lehrlinge beschäftigen.‘

Die eigenen SPÖ-Parteigenossen, allen voran Sozialminister Rudolf Hundstorfer unterlaufen jedoch diese Forderungen von SPÖ-Bauarbeitergewerkschafter Muchitsch. Vielmehr wird vom Sozialministerium mit Zustimmung von SPÖ und ÖVP die schützende Hand über Firmen und Gewerbeinhaber gehalten, die etwa massive Verstöße gegen die österreichischen Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu verantworten haben. Das für das Arbeitsinspektorat zuständige Sozialministerium weigert sich sogar, die Herkunft der Firmen und Gewerbeinhaber, die gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen verstoßen haben zu nennen.

Gleichzeitig erklärt sich Sozialminister Hundstorfer für unzuständig, gemeinsam mit den anderen Bundesministerien endlich ein modernes Vergaberecht zu schaffen, das bei öffentlichen Aufträgen nicht den auf der Grundlage von Lohn- und Sozialdumping mitbietenden ausländischen ‚Billigstbietern‘ den Zuschlag zu geben, sondern jenen österreichischen ‚Bestbietern‘, die sich an die österreichischen Gesetze halten.“

 

 

Antrag 650/A(E)

Die Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 650/A(E) am 24. September 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die jüngste Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes hat der Verwaltungsgerichtshof zum Anlass genommen, pensionsversicherten Nebenerwerbsbauern mit bloß geringfügigem Erwerbseinkommen vom Bezug des Arbeitslosengeldes auszuschließen. Dies führt dazu, dass Nebenerwerbslandwirte, die auf ihr Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit existentiell angewiesen sind, in die Armutsfalle tappen. Gleichzeitig zwingt man diesen Personenkreis ihre Nebenerwerbslandwirtschaft aufzugeben, um ihren Arbeitslosenbezug nicht zu verlieren.

Bisher war es so, dass Nebenerwerbslandwirte als Dienstnehmer unselbstständig beschäftigt waren und der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung unterlegen sind. Das Arbeitslosenversicherungsgesetze berücksichtigte diese Situation und gewährt Nebenerwerbslandwirten, die ihre unselbstständige Beschäftigung verlieren, Arbeitslosengeld, wenn das in der Landwirtschaft erzielte Einkommen bloß als geringfügig zu qualifizieren ist. Dass das AMS nun unter Hinweis auf die bestehende Pflichtversicherungen in der bäuerlichen Sozialversicherung die Auszahlung von Arbeitslosengeld verwehrt, ist unverhältnismäßig. Dass die Nebenerwerbslandwirte mit jener Gruppe von gewerblich selbständigen Personen formal gleichgestellt werden, die bei aufrechter Gewerbeberechtigung und bestehender Pflichtversicherung in der GSVG kein Arbeitslosengeld beziehen, ist gleichheitswidrig, da es eine ungleiche Situation formal gleich behandelt.

Für Nebenerwerbslandwirte, die von dieser Neuregelung ja nach dem Willen des Gesetzgebers nicht betroffen waren, sollte sich dadurch nichts ändern: Nebenerwerbsbauern sollte bei geringem Einkommen weiterhin der Bezug von Arbeitslosengeld offen stehen. Das hatte seinerzeit der Nationalrat in seinen Erläuterungen sogar ausdrücklich festgehalten. In diesem Sinne wurde das Arbeitslosenversicherungsgesetz vom AMS bis vor kurzem auch vollzogen. Diese Praxis sollte nun wiederhergestellt werden.“

 

 

Antrag 610/A(E)

Die Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 610/A(E) am 23. September 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Der Verfassungsgerichtshof hat § 18 Abs. 3 AlVG mit dem Erkenntnis G 74-75/2013-13 im Dezember 2013 aufgehoben und dem Gesetzgeber eine Reparaturfrist bis Ende 2014 eingeräumt. In diesem Zusammenhang haben die Regierungsparteien in ein Abänderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 beschlossen, mit der das VfGH-Erkenntnisses praktisch auf den Kopf gestellt wird: Obwohl der VfGH eine Ungleichbehandlung zwischen KinderbetreuungsgeldbezieherInnen und anderen Gruppen wie etwa Präsenzdiener festgestellt hatte, sieht die beschlossene ‚Korrektur‘ keine Besserstellung von KinderbetreuungsgeldbezieherInnen, sondern eine Schlechterstellung von Wochengeldbezieherinnen, KrankengeldbezieherInnen, Präsenzdienern und Zivildienern vor. Diese können zukünftig ein Drittel ihrer Leistung verlieren.

Aus diesem Vorgehen der Regierungsparteien können BürgerInnen wohl nur einen Schluss ziehen: Wenn sich wer vor Gericht beschwert und erfolgreich ist, sind quasi Strafmaßnahmen für andere Gruppen die Folge.

Diesem möglichen und absolut demokratiegefährdenden Schluss ist jedenfalls entgegenzuwirken.

Im Morgenjournal vom 3. Juli 2014 stellte Bundesminister Hundstorfer fest, dass ‚es sich nur eine Übergangslösung handle, um ein Gesetz wie von den Höchstrichtern verlangt zu reparieren. Eine Schlechterstellung sei aber nicht geplant. Über den Sommer soll eine endgültige Lösung gefunden werden.‘ Ähnlich äußerte sich NR.Abg. Kollege Muchitsch gegenüber der APA: die Nivellierung der Anspruchsdauer sei ‚überhaupt nicht die Absicht dieses Antrags‘.

Da bis zum Inkrafttreten der Verschlechterung für die genannten Gruppen nur mehr wenige Wochen Zeit ist, stellen die unterfertigenden Abgeordneten daher folgenden Entschließungsantrag.“

 

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Entschließungsanträge 650/A(E) und 610/A(E) in seiner Sitzung am 9. Oktober 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter zu 650/A(E) Abgeordneten Peter Wurm und der Berichterstatterin zu 610/A(E) Abgeordneten Mag. Judith Schwentner die Abgeordneten Johann Hechtl, Ing. Markus Vogl, Ulrike Königsberger-Ludwig, August Wöginger, Mag. Birgit Schatz, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Fritz Grillitsch und Josef Muchitsch sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer. Anschließend wurden die Verhandlungen zu beiden Entschließungsanträgen vertagt.

 

Am 6. November 2014 hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales die Regierungsvorlage 319 der Beilagen und den Entschließungsantrag 678/A(E) in Verhandlung genommen sowie die vertagten Verhandlungen zu den Entschließungsanträgen 650/A(E) und 610/A(E) wiederaufgenommen.

Berichterstatter zur Regierungsvorlage 319 der Beilagen war Abgeordneter Johann Hechtl.

Berichterstatterin zum Entschließungsantrag 678/A(E) war Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch­Jenewein.

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Johann Hechtl, August Wöginger, Herbert Kickl, Mag. Gerald Loacker, Mag. Judith Schwentner, Josef Muchitsch, Ing. Markus Vogl, Mag. Gertrude Aubauer, Ulrike Königsberger-Ludwig, Gabriel Obernosterer, Ing. Waltraud Dietrich, Mag. Helene Jarmer, Erwin Spindelberger, Mag. Michael Hammer und Dr. Dagmar Belakowitsch­Jenewein sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer das Wort.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Am 1. März 2014 ist die Verordnung (EU) Nr. 165/2014 über den Fahrtenschreiber im Straßenverkehr (ABl. Nr. L 60 vom 28.2.2014 S. 1), in Kraft getreten. Sie ersetzt die bisherige Kontrollgeräte-Verordnung 3821/85. Zentraler Inhalt dieser Novelle sind die legistisch notwendigen Anpassungen der Zitierungen an die neue EU-Verordnung die keiner näheren Begründung bedürfen.

Das gestaffelte Inkrafttreten der Verordnung 165/2014 macht überdies eine Übergangsregelung und eine besondere Art der Kundmachung erforderlich. Daneben erfolgt auch eine gesetzliche Klarstellung für die Lenker/innen von Oberleitungsomnibussen.

Zu Art. 1 (Änderung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetztes):

Beseitigung eines Redaktionsversehens bei einer Novellierungsanordnung.

Zu Art. 4 (Änderung des Arbeitszeitgesetzes):

Zu § 13a Abs. 4 und § 18a:

Für Oberleitungsomnibusse sind derzeit, da sie sowohl im § 2 Abs. 1 Z 1 Kraftfahrgesetz als Kraftfahrzeuge, als auch im § 5 Abs. 3 Eisenbahngesetz als Straßenbahnen definiert werden sowohl die Sonderbestimmungen für Kraftfahrzeuge (§§ 13ff.), als auch die Sonderbestimmungen für Straßenbahnen (§§ 18 und 18a) anzuwenden. Diese beiden Regelungsbereiche enthalten aber unterschiedliche, zum Teil einander widersprechende Regelungen.

In der Praxis wurden bisher bei den bestehenden O-Bus-Unternehmen ausschließlich die Regelungen für die Straßenbahnen angewendet. Daher erfolgt nunmehr eine entsprechende Klarstellung. Dies ist zum einen in Bezug auf die neue Kontrollgeräte-Verordnung EU-rechtlich unproblematisch, weil im regionalen Kraftfahrlinienverkehr ohnehin keine Verpflichtung zum Einbau eines Kontrollgerätes besteht, zum anderen sind jedoch die Bestimmungen der Lenker-Arbeitszeit-Richtlinie (EG) Nr. 2002/15 auch für die Lenker/innen von O-Bussen umzusetzen. Es wird daher im neuen § 18a Abs. 2 AZG ausdrücklich festgehalten, dass die zwei Bestimmungen aus dem Lenker-Abschnitt betreffend Ruhepausen und Nachtarbeit (§§ 13c und 14 AZG) auch für O-Bus-Lenker/innen gelten.

Zu § 32c Abs. 9:

Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 entspricht inhaltlich einem Teil des Art. 15 der alten Verordnung 3821/85. Da der Art. 34 bereits mit dem 2. März 2015 in Kraft tritt, § 28 Abs. 5 Z 8 jedoch nicht nur auf Art. 15 sondern auch auf einige andere Artikel aus dem Abschnitt VI („Benutzungsvorschriften“) der Verordnung 3821/85 verweist, muss bis zum Inkrafttreten aller übrigen Bestimmungen (2. März 2016), durch eine Übergangsregelung klargestellt werden, dass die im § 28 Abs. 5 Z 8 zitierten Verstöße gegen Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1, sowie Abs. 2, 3, 5 und 5a der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 während der Übergangsfrist als Verstöße gegen die entsprechenden Bestimmungen im Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 gelten.

Zu § 34 Abs. 28 und 29:

Bezüglich des Inkrafttretens der Verordnung 165/2014 normiert Artikel 48, dass diese – vorbehaltlich der Übergangsmaßnahmen gemäß Artikel 46 – grundsätzlich ab 2. März 2016 gilt, die Artikel 24, 34 und 45 jedoch schon ab dem 2. März 2015. Arbeitsrechtlich relevant ist jedoch nur der Art. 34. Dementsprechend wird daher zunächst im Abs. 28 das Inkrafttreten der Übergangsregelung des § 32c Abs. 9 mit 2. März 2015 festgelegt.

Im Art. 46 der Verordnung 165/2014 wird für den Fall, dass die Durchführungsrechtsakte, auf die in dieser Verordnung Bezug genommen wird, nicht rechtzeitig vor dem grundsätzlich vorgesehenen Datum (2. März 2016) erlassen werden, ausdrücklich normiert, dass weiter vorübergehend die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 einschließlich des Anhangs IB gelten. In diesem Fall hängt der Zeitpunkt der Anwendung der Durchführungsrechtsakte von der Veröffentlichung durch die Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union ab.

Es ist daher notwendig, auch im Arbeitszeitgesetz eine entsprechende Bestimmung über eine allfällige Verschiebung des Zeitpunktes des Inkrafttretens vorzusehen. Es wird daher festgelegt, dass die Novelle grundsätzlich am Tag des Inkrafttretens der Durchführungsrechtsakte in Kraft treten soll, frühestens jedoch mit 2. März 2016. Der zuständige Bundesminister hat den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Durchführungsrechtsakte im Bundesgesetzblatt I kundzumachen. Diese Kundmachung hat zwar nur deklarativen Charakter, dient aber vor allem einer effizienten Informationsweitergabe an die betroffenen Rechtsadressaten.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger in getrennter Abstimmung teils einstimmig teils mit wechselnden Mehrheiten (dafür: S, V, G, T, N dagegen: F bzw. dafür: S, V, T dagegen: F, G, N bzw. dafür: S, V, G, T dagegen: F, N) beschlossen.

Vier im Zuge der Debatte von dem Abgeordneten Mag. Gerald Loacker eingebrachte Abänderungsanträge fanden keine Mehrheit (dafür: T, N dagegen: S, V, F, G).

Die Entschließungsanträge 678/A(E), 650/A(E) und 610/A(E) gelten als miterledigt.

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Johann Hechtl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2014 11 06

                                  Johann Hechtl                                                                  Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann