338 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 694/A der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 idF des BGBl. 68/2014 abgeändert wird

Die Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 22. Oktober 2014 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Das Arbeitslosenversicherungsgesetz sieht für LeistungsbezieherInnen nach diesem Gesetz eine große Zahl von Verpflichtungen vor. Zu diesen zählen etwa die ständige Verpflichtung, der Arbeitsmarktvermittlung zur Verfügung zu stehen oder sich im Inland aufzuhalten.

Auf diese Weise wird in mehrfacher Hinsicht das Recht auf soziale Kontakte und Familienleben in ungerechtfertigter Weise eingeschränkt. So ist es arbeitslosen Menschen etwa nicht möglich, in dringenden Angelegenheiten Familienangehörige im Ausland zu besuchen, ohne den Arbeitslosenanspruch zu verlieren.

Die Intention des Antrages ist es daher, familiäre Härten zu beseitigen.

Arbeitslosigkeit ist kein begehrenswerter Zustand des Nichtstuns, sondern eine psychisch wie physisch höchst belastende Situation. Gerade in dieser Situation ist die Möglichkeit, soziale und familiäre Kontakte zu pflegen, von großer Bedeutung.

Die gesetzliche Unterbindung dieser Kontakte trifft nicht allein die arbeitslosen Menschen selbst, sondern auch ihr familiäres Umfeld: Wie etwa ist es Kindern arbeitsloser Menschen gegenüber zu rechtfertigen, dass Sie kein Recht auf einen Besuch ihrer Eltern haben? Und warum sollte der Besuch bei möglicherweise erkrankten Verwandten automatisch eine soziale Existenzkrise für eine gesamte Familie zur Folge haben dürfen? Es ist notwendig, auch arbeitslosen Menschen die Gelegenheit zu selbstbestimmten Freizeiten zu ermöglichen.

Diesen Überlegungen folgend sieht etwa das schweizerische Arbeitslosenversicherungsrecht die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Tagen vor, an denen Melde- und Aufenthaltsverplichtungen beschränkt sind. Auch im Rahmen von Verfahren nach dem deutschen Sozialgesetzbuch II sind Tage verringerter Verpflichtungen möglich.

Der vorliegende Gesetzesvorschlag sieht bis zu 20 verpflichtungsfreie Tage im Rahmen des Leistungsbezugs für arbeitslose Menschen pro Jahr vor. Dabei erhalten die Menschen nach jeweils 90 Tagen Leistungsbezug einen Anspruch auf 5 verpflichtungsfreie Werktage (zuzüglich an diesen angrenzenden Wochenend- oder Feiertagen). Es obliegt nicht dem AMS, wann oder wo diese Tage verbracht werden. Ein rechtzeitige Meldung bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS vorausgesetzt entfallen für diese Tage die Verpflichtung, etwa Kontrolltermine wahrzunehmen, Kursmaßnahmen zu besuchen oder Veränderungen des Aufenthalts bekanntzugeben. Einzig die Verpflichtung, die Aufnahme einer Beschäftigung bekannt zu geben bleibt erhalten.

Verpflichtungsfreie Tage fallen erstmals nach 90 Tagen des Leistungsbezugs an und somit erst wenige Tage vor Erreichung der durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit. Eine missbräuchliche Nutzung dieser Tage zur Vereitelung etwa der Vereinbarung einer Betreuungsvereinbarung ist daher nicht möglich.

Unselbständige ArbeitnehmerInnen haben einen Anspruch auf 5 Wochen bezahlten Urlaub im Jahr. Ein Rechtsanspruch von Arbeitslosen Menschen auf insgesamt 4 verpflichtungsfreie Wochen im Verlauf eines Jahres ist somit jedenfalls gerechtfertigt. Angesparte verpflichtungsfreie Tage können im Block verbraucht werden. Nicht in Anspruch genommene verpflichtungsfreie Tage verfallen 12 Monate nach Entstehen des Anspruchs. Es ist daher möglich, nach einem vollen Jahr des Bezugs von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz nach einem Jahr eine Auszeit von insgesamt 4 Wochen in Anspruch zu nehmen.

Zeiten der Arbeitslosigkeit sind leider keine Ausnahmesituation mehr. Rein statistisch betrachtet ist jede und jeder ArbeitnehmerIn dieses Landes alle dreieinhalb Jahre für knapp 100 Tage arbeitslos. Die Statistik gibt jedoch nicht das Ausmaß individueller Betroffenheit wieder: Knapp 125.000 Menschen sind derzeit beim AMS als langzeitbeschäftigungslos vorgemerkt. Diese Menschen hatten somit in jedem Fall keine Gelegenheit, verpflichtungsfreie Tage zu konsumieren, mit Kindern gemeinsame Tage oder Krankenbesuche außerhalb Österreichs zu verbringen. Hinzu kommen etwa 46.000 Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, die derzeit keine Chance auf freie Tage mit Angehörigen haben.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 6. November 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Judith Schwentner die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Johann Hechtl, August Wöginger, Herbert Kickl, Mag. Gerald Loacker, Josef Muchitsch, Ing. Markus Vogl, Mag. Gertrude Aubauer, Ulrike Königsberger-Ludwig, Gabriel Obernosterer, Ing. Waltraud Dietrich, Mag. Helene Jarmer, Erwin Spindelberger, Mag. Michael Hammer und Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit (für den Antrag: G dagegen: S, V, F, T, N).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Gabriel Obernosterer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2014 11 06

                            Gabriel Obernosterer                                                           Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann